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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Breuer, Robert: Die Wiedergeburt des Monumentalen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0153

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DIE WIEDERGEBURT DES MONUMENTALEN.

Wie alle atheistischen Aufstände , so hat
auch der Naturalismus unserer Kinder-
jahre ein schnelles Ende genommen. Die Leute
von Büchner bis Haeckel, die uns den Mut
gaben, als Jünglinge gegen den Thron der Götter
zu rennen, verloren gar bald ihre begehrte Un-
fehlbarkeit. Heute glaubt man nicht mehr, daß
aus den Laboratorien und den Leichensälen die
letzte Erkenntnis und der höchste Friede kom-
men können. Die Menschen des zwanzigsten
Jahrhunderts haben wieder die Sehnsucht aus-
gesandt; durch alle Lande und Zeiten, durch
alle Kulturen schweifen die Suchenden, Ant-
wort auf die ehernsten aller Fragen zu finden.
Piatons Phaidros, die Schriften des Giordano
Bruno, die Sprüche desLao-Tse, die Predigten
des Meisters Eckehart und die Rätsel des Para-
celsus wurden neu aufgelegt; die Bibliotheken
füllen sich mit Mystikern und Asketen; die
blaue Blume der Romantik treibt ihre alten
Blüten neu hervor. Man will wieder von der
ewigen Geburt und von der Abgeschiedenheit

und von denen hören, die Gottes liebe Freunde
und bei ihm heimisch sind. Freilich, entwöhnt,
die Sprache der Romantik zu führen, verirrten
sich die Neuen oft im Schwulst und im Gestrüpp.
Sie überschlugen sich und schwelgten im Ge-
klingel der Worte. Trotz alledem, die Entwick-
lung einer neuen Mystik, einer neuen religiösen
Romantik, scheint langsam zu reifen. Doch
sollte man eigentlich das Wort „Romantik"
nicht gebrauchen, sollte dafür „Kraft" setzen,
Elastizität und Willen. Denn darum handelt es
sich letzten Sinnes : daß die neue , religiöse
Sehnsucht zu einer großen und lachenden Ge-
sundheit, zu einem neuen Emporwachsen des
Menschen helfen soll.

Man beginnt Klopstock und Claudius wieder
zu lieben und sieht in Goethe nicht mehr allein
den großen Heiden. Man erinnert sich, daß der
Sänger des Flohliedleins und der Held des
Prometheus auch nach Frieden rief;
Der du von dem Himmel bist,
Alles Leid und Kummer stillest.


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