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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Meyer-Riefstahl, Rudolf: Paul Gauguin
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Schulze, Otto: Bildhauer Bernhard Hoetger
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0130

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Otto Schulze—Elberfeld :

im Kolorismus steht er in seiner reifen Zeit nicht
auf dem naturalistischen Standpunkte: er ist
sich vollkommen bewußt, daß seine Inter-
pretation der Farben in der Natur eine durchaus
freie Synthese ist. Dem impressionistischen Pro-
gramm ist er insofern treu geblieben, als er
schwarze und braune Farben vermeidet und
seine Bilder nur aus reinen Farbenklängen auf-
baut , wobei er das Prinzip der Teilung des
Tones allerdings bald aufgibt und große har-
monisch zusammengestimmte Farbenflächen ge-
geneinander abwiegt. In der Komposition seiner
Gemälde u. Skizzen bringt er überall die großen
dominierenden Linien zum Ausdruck und merzt
die überflüssige Einzelheit streng aus. So ist sein
Gesamtwerk ein zielbewußtes und einheitliches
Hinarbeiten auf einen großen Monumentalstil.

Für die heutige Kunst ist Gauguin einer der
großen Anreger geworden. Schon in Pont Aven
in der Bretagne hatte sich um ihn ein Kreis von
Schülern gebildet, die auf die gesamte franzö-
sische Kunst der neunziger Jahre von hervor-
ragendem Einfluß gewesen sind: es genügt
Künstler wie Bonnard, Vuillard, Serusier, Denis
zu nennen, die mehr oder weniger lange unter
dem direkten Einflüsse Gauguins standen und
von seinen Gedanken nachdauernd beeinflußt
wurden. Gerade in unseren Tagen aber tauchen
zahlreiche Probleme des monumentalen Stiles
aufs neue auf, mit denen sich die neunziger
Generation vielleicht etwas verfrüht und meist
ohne Hoffnung auf Realisierung auseinanderzu-
setzen versuchte. So wird heute Gauguin wieder
von besonderem aktuellen Interesse sein. —

BILDHAUER BERNHARD HOETGER.

VON OTTO SCHULZE -ELBERFELD.

Der deutsche Künstler hat es zu allen Zeiten
besonders schwer gehabt, seine besondere
Eigenart zu behaupten. Er hat stets mehr als
andere internationale Beziehungen unterhalten;
er hat stets das Fremde als das Größere zum
Vorbild genommen; er ist lieber in die Schule
gegangen als selbst Schule zu machen. Und so
ist es nicht ausgeblieben, daß noch bis in die
jüngste Zeit hinein unsere Kunstwissenschaftler
mit Geflissenheit und deutscher Gewissen-
haftigkeit und Gründlichkeit bei unsern deut-
schen Künstlern die fremden Einflüsse in deren
Werken nachzuweisen suchen.

Auch Bernhard Hoetger wäre diesem Schick-
sal verfallen, wenn man nicht noch in letzter
Stunde auf sein starkes Können aufmerksam
gemacht worden wäre. Selbst daß er versehent-
lich immer zu den Franzosen gezählt wurde,
hat ihn nicht davor bewahrt, nur wenig bekannt
zu werden. Bernhard Hoetger ist von Geburt
Westfale, Hörde ist seine Heimat. Als er sich
1908 in Mannheim mal wieder seinen deutschen
Landsleuten in Erinnerung brachte, da begeg-
nete er im großen ganzen dem üblichen deut-
schen Kopfschütteln und damit einem gehörigen
Maß Unverständnis. Gewiß, Hoetger zeigte hier-
bei einige Kleinwerke in Holz und Bronze, die
nicht von jedermann verstanden werden konn-
ten , weil sie zu archaisch anmutend waren.
Man dachte dabei an Buddhismus und indische
Kunst. Aber Hoetger fand doch seine Gemeinde,
eine kleine zwar zunächst, aber doch keine

redende, bewundernde und gute Ratschläge
gebende, sondern eine kaufende. In gewissem
Sinne hört die Not des Künstlers auf, wenn
seine Werke museumsfähig werden. Die Lei-
tungen unserer Museen sind tatsächlich ein
Gradmesser für den Wert oder Unwert der
Werke unserer deutschen Künstler geworden.
Und so ist auch Bernhard Hoetger als Plastiker
von dieser seltenen Ausnahme betroff en worden;
in den Museen zu Hagen, Barmen und Elber-
feld begegnen wir seinen Werken, und zwar
nicht vereinzelt, sondern in verschiedenen
Schöpfungen. —

Die wenigsten deutschen Bildhauer sind so
geworden wie Hoetger geworden ist, denn wir
hätten sonst heute eine von der Plastik anderer
Nationen unterschiedliche deutsche Plastik.
Hoetger ist frei von der Abstempelung irgend
einer Schule oder eines Meisterateliers ; er hat
gelernt wie Kinder zu lernen pflegen, die eigen-
willig ihren Weg gehen, die in Erwachsenen
ihre Peiniger und Unterdrücker sehen. Hand-
werklich ist er von der rohesten, unbeholfenen
Technik, künstlerisch von der Seele des Kindes
geknechtet gewesen, das heißt Sklave jener
Unbefangenheit und göttlichen Eingebung, die
sich schöpferisch mit dem Schöpfer selbst eins
fühlt. Der Versuch steht am Anfang der Dinge;
der Seele wird eine Hülle gegeben, die fremden
Augen unbeholfen scheint. Die Seele wächst,
sich immer neue Hüllen suchend, bis schließlich
Seele und Form eins ist wie am sechsten

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