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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Schmid, Max: Wettbewerb für das Bismarck-National-Denkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0452

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WETTBEWERB FÜR DAS BISMARCK-NATIONAL-DENKMAL.

VON MAX SCHMID—AACHEN.

Selten ist das Urteil eines Preisgerichtes mit
so viel Spannung erwartet worden, als der
Entscheid über den Entwurf für das Bismarck-
National-Denkmal auf der Elisenhöhe beiBinger-
brück. Durch der Parteien Gunst und Haß war
die Angelegenheit vom ersten Tage an ver-
wirrt. Schon gegen die Wahl der Elisenhöhe
wandten sich sofort erbitterte Gegner. Als
aber am 22. Januar ds. Js. die Preisrichter
auf der Elisenhöhe versammelt waren, um ge-
wissenhaft den Ort selbst zu prüfen, ehe sie
die Entwürfe aburteilten, da ging das Urteil
dahin: „Der Platz ist hervorragend zur Errich-
tung eines Denkmals geeignet". Hoch genug
und frei genug, um nicht durch spätere An-
und Umbauten dem Blick entzogen zu wer-
den. Und doch nicht so wolkenhoch, daß
nicht ein mäßig großes Bauwerk hier zur vollen
Wirkung kommen könnte. Von allen Seiten her
bleibt es immer gleich schön sichtbar. Wer aber
hinaufsteigt durch den stillen Wald, den mäch-
tigen Rheinstrom zur Seite, mit dem Blick auf
Binger Loch, Mäuseturm und Ruine Ehrenfels,
wer droben den herrlichen Ausblick auf den
weiten Rheingau und weiter den Einblick ins
Rhein- und Nahetal genießt, der zweifelt nicht,
daß allen künftigen Besuchern der Denkmal-
stätte hier weihevolle Stunden sich bieten
werden. Wer hier ein Denkmal errichten will,
muß sich den Forderungen dieser Situation
fügen. Mancher Feinfühlige hatte es schon
längst ausgesprochen: „Wie schade, daß auch

diese Stelle durch ein Denkmal verschandelt
werden soll". Aber muß denn jegliches Denk-
mal von Menschenhand die Natur verschimpfie-
ren? Schon steht an jener Stelle ein kleines
tempelartiges Gebäude von rund 8 m Höhe,
dessen außerordentlich malerische und stim-
mungsvolle Wirkung einstimmig anerkannt wird.
An seine Stelle einen besseren, künstlerisch
vollendeten, schön gegliederten Bau zu setzen,
der in den Dimensionen nicht wesentlich über
das Gegebene hinausgeht, das war nach Mei-
nung vieler die eigentliche Aufgabe, die sich
für den Wettbewerb ergab. Dem gegenüber
muß festgestellt werden, daß von rund 379
Wettbewerbern nur wenige so gefühlt. Auch
läßt der Wortlaut des Preisausschreibens ver-
muten, daß bei Erlaß desselben dieser Ge-
dankengang nicht vorherrschte. An dieser
Stelle, die das Rheintal beherrscht, sahen
manche schon im Geiste einen riesigen, den
Hügel als Basis der eignen machtvollen Schön-
heit benutzenden Bau himmelhoch auftrotzen.
Freilich — — gefordert wird das im Preis-
ausschreiben nicht. Ausdrücklich ward erklärt,
daß jede mögliche Lösung den Künstlern frei-
gestellt sei. Einzig die Angabe, daß 1 800 000
Mark als Maximum der Bausumme vorgesehen
seien, ließ die Auffassung zu, als müsse diese
Summe auch erreicht werden. In Wahrheit
hatte der Denkmals-Ausschuß damit nur eine
äußerste Grenze ziehen wollen. Und doch
haben von den Bewerbern nicht wenige die

1911. VI. 3.

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