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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Breuer, Robert: Die Gartenstadt Hellerau
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L.-D.: Vom Kleinwohnhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0480

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Vom Kleinwohnhaiis.

architekt hermann muthesius.

Straßenbild »Beim Gräbchen«

Haus- und Städtebau, eine künstlerische Tra-
dition, so könnte eine Bauvorschrift mit einem
Mindestmaß von Bestimmungen auskommen.
Die lebendige architektonisch durchgebildete
Baugesinnung, von dem Bewußtsein sozialer
Verpflichtung getragen, träte an die Stelle der
Paragraphen, und die Städte würden empor-
wachsen gleich den alten Dorf- und Stadt-
anlagen, gut und sicher, der gefertigte Aus-
druck einer neuen Lebenszucht und Sitte."
Die Kleinhäuser stehen zumeist in Reihen, zu
vieren, auch zu sechsen und sieben, ohne schei-
denden Brandgiebel. Einige wurden als Ein-
zelhaus gebildet. Bisher den größten Teil baute
Riemerschmid, freundlich und charakterfest.
An andern erprobte Tessenow seine mehr kalli-
graphische und meditierende als architekto-
nische Begabung. Muthesius gab den seinen
einen besonderen Grad der Wohnlichkeit und
der heiteren Zivilisation. — r. b.

£

VOM KLEIN WOHNHAUS. Die nachfolgen-
den Worte Baillie Scotts, die wir frei
wiedergeben, mögen zum Nachdenken anregen.

„Ein behagliches und schönes Wohnhaus für
eine begrenzte Summe zu bauen, ist vielleicht
eines der schwierigsten Probleme, die der Ar-
chitekt zu lösen hat. Er muß vergessen, daß

er in der Tradition des Baugewerbes erzogen
wurde und muß versuchen, die lang verschol-
lene Baukunst zu erlernen. Er muß mehr den
Wert seines Werkes für die Menschheit
und weniger den eignen Profit im Auge
haben. Die Bewohner solcher Häuser haben
ebenfalls viel zu lernen, und viel zu vergessen
an traditionellen Absurditäten und Vortäu-
schungen. — Gewöhnlich wird der gesamte
Rauminhalt in möglichst viele, getrennte, kleine
Räume aufgeteilt und diese Räume werden dann
mit möglichst vielen Möbeln vollgepfropft. Das
Ergebnis ist wie ein Schuh, der drückt. Gerade
das Kleinwohnhaus muß unter allen Umständen
einen Raum enthalten mit genügender Boden-
fläche und „Ellbogenfreiheit". Alle Räume, die
selten von mehr als ein oder zwei Personen be-
wohnt sind, mögen im Kleinwohnhaus verhält-
nismäßig klein gehalten werden. Sie sollen
gewissermaßen als Einbauten und Nischen des
großen zentralen Raumes wirken, an seiner Ge-
räumigkeit teilnehmen. Im größeren Landhaus
ist das Zimmer- und Korridorsystem wohl am
Platze, im Kleinwohnhaus dagegen muß der
zentrale Hauptteil des Hauses zu einem Innen-
raum gestaltet werden, der dem Eintretenden
sofort den Eindruck vermittelt, daß er sich in
einem Hause befindet. — l.-d.

1911. VI. 6.

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