Ernst Zimmermann:
entwurf karl bertsch. Damenzimmer. Ausstellungshaus der Deutschen Werkstätten. Hellerau.
KUNST UND KULTUR.
von professor DR. ernst zimmermann.
Nicht gerade friedlich und ohne Kampf ist,
wie jedermann weiß, jene Kunst, die wir
die „moderne" nennen und die uns endlich nach
Generationen wieder eine gesunde tiefere Kunst
bringen sollte, in unsere Zeit eingezogen. Es
hat hier Kämpfe, Ignorierungen, Mißhandlungen
und Mißverständnisse in Hülle und Fülle ge-
geben, wie sie nie bisher einem Zeitalter der
Kunst beschieden gewesen und wohl so leicht
auch nicht wieder beschieden sein werden, und
dieser Kampf hat eigentlich, wenn wir die jetzt
immer mehr erkannten und immer mehr ent-
deckten Vorläufer dieser Zeit mit hinzu rechnen,
sofort begonnen, sobald die alte durch Jahr-
hunderte hindurch gegangene Kunst der Renais-
sance im Empire geendet hatte und nun die
durch die französische Revolution geborene
neue Zeit sich auch ihre eigene Kunst erschaffen
wollte. Da platzten alte Gewöhnung und Neue-
rungsdrang bald überall aneinander, und diese
Zusammenstöße wurden nur immer heftiger
und leidenschaftlicher, je breiter und mutiger
472
der Ansturm der Neuerungssüchtigen ward.
Die eigentliche Schlacht hat aber dann erst vor
etwa dreißig Jahren begonnen und hat fast
Jahrzehnte getobt, und, wenn es auch jetzt im
allgemeinen nicht mehr zweifelhaft sein kann,
wer hierbei Sieger geblieben ist: ein kleiner
Guerillakrieg tobt immer noch weiter und selbst
an den übrigen Stellen sind die Sieger vielfach
noch nichts weniger als allgemein als solche
gefeiert worden.
Dieser furchtbarste Kampf, den die Jahrhun-
derte je gesehen, ist in der Tat in erster Linie
ein wirklicher Kunstkampf gewesen: echtes
Kunstkönnen stand völligem Kunstunverständ-
nis gegenüber, eine schon wieder höher poten-
zierte Schaffenskraft einem völlig zurückgeblie-
benen Auffassungsvermögen. Es hatten Künst-
ler wie Publikum in ihrer Entwicklung nicht
gleichen Schritt gehalten, und so war der Ab-
stand zwischen beiden, den eine gesunde Ent-
wicklung nur ständig verringern sollte, nur immer
größer geworden, so groß schließlich, daß eine
entwurf karl bertsch. Damenzimmer. Ausstellungshaus der Deutschen Werkstätten. Hellerau.
KUNST UND KULTUR.
von professor DR. ernst zimmermann.
Nicht gerade friedlich und ohne Kampf ist,
wie jedermann weiß, jene Kunst, die wir
die „moderne" nennen und die uns endlich nach
Generationen wieder eine gesunde tiefere Kunst
bringen sollte, in unsere Zeit eingezogen. Es
hat hier Kämpfe, Ignorierungen, Mißhandlungen
und Mißverständnisse in Hülle und Fülle ge-
geben, wie sie nie bisher einem Zeitalter der
Kunst beschieden gewesen und wohl so leicht
auch nicht wieder beschieden sein werden, und
dieser Kampf hat eigentlich, wenn wir die jetzt
immer mehr erkannten und immer mehr ent-
deckten Vorläufer dieser Zeit mit hinzu rechnen,
sofort begonnen, sobald die alte durch Jahr-
hunderte hindurch gegangene Kunst der Renais-
sance im Empire geendet hatte und nun die
durch die französische Revolution geborene
neue Zeit sich auch ihre eigene Kunst erschaffen
wollte. Da platzten alte Gewöhnung und Neue-
rungsdrang bald überall aneinander, und diese
Zusammenstöße wurden nur immer heftiger
und leidenschaftlicher, je breiter und mutiger
472
der Ansturm der Neuerungssüchtigen ward.
Die eigentliche Schlacht hat aber dann erst vor
etwa dreißig Jahren begonnen und hat fast
Jahrzehnte getobt, und, wenn es auch jetzt im
allgemeinen nicht mehr zweifelhaft sein kann,
wer hierbei Sieger geblieben ist: ein kleiner
Guerillakrieg tobt immer noch weiter und selbst
an den übrigen Stellen sind die Sieger vielfach
noch nichts weniger als allgemein als solche
gefeiert worden.
Dieser furchtbarste Kampf, den die Jahrhun-
derte je gesehen, ist in der Tat in erster Linie
ein wirklicher Kunstkampf gewesen: echtes
Kunstkönnen stand völligem Kunstunverständ-
nis gegenüber, eine schon wieder höher poten-
zierte Schaffenskraft einem völlig zurückgeblie-
benen Auffassungsvermögen. Es hatten Künst-
ler wie Publikum in ihrer Entwicklung nicht
gleichen Schritt gehalten, und so war der Ab-
stand zwischen beiden, den eine gesunde Ent-
wicklung nur ständig verringern sollte, nur immer
größer geworden, so groß schließlich, daß eine