PAUL GAUGUIN t
Ölgemälde: »Menschliches Elend«
PAUL GAUGUIN.
VON RUDOLF MEYER-RIEFSTAHL-PARIS.
Anläßlich der Ausstellung d. Sam,n,ung Vollard ,„ der >>Mode„,en Galerie Tha„nhauSer«-MUnchen u. Aruolds Kunst-Salon-Dresden.
T)aul Gauguin ist einer der vier großen Maler,
1 welche der französischen Kunst im ausge-
henden neunzehnten Jahrhundert neue Wege
gewiesen haben. Sein Platz ist neben Cezanne,
Seurat und van Gogh. Ihm fehlt das tief inner-
liche und leidenschaftliche eines Cezanne oder
van Gogh, er kennt nicht die klare Überlegtheit
eines Seurat. Sein Temperament ist leicht an-
geregt und entflammt sich schnell. Er zerquält
sich nicht über den inneren Sinn der Formen,
sondern berauscht sich schnell am bunten Ge-
wände der Farbe. Man hat ihm vielfach den
Vorwurf gemacht, ein Poseur zu sein und am
Äußerlichen zu hängen, man hat seine Reisen
in die tropischen Länder als Effekt-Hascherei
belächelt, ebenso wie sein abenteuerliches
Kostüm in Paris nach seiner Rückkehr aus Ta-
hiti allgemeines Kopf schütteln erregte. Und
doch gehen alle diese Urteile dem Menschen
Gauguin nicht auf den Grund, sie erkennen seine
wahre Seele nicht, sie verstehen nicht, daß es
Menschen geben kann, denen eine Idee ein
Heiligtum ist, mit der sie zugleich ein komö-
diantenhaftes Spiel treiben. Gauguin ist eine
solche Natur. Wer tiefer in ihn einzudringen
versucht, muß erkennen, daß dieser Mann von
seinen Idealen und Ideen, für die er in so schau-
spielerischer Weise eintrat, im tiefsten Herzens-
grunde erfüllt war, und daß er in diese stellen-
weise etwas karikaturenhafte Opposition zu
unserem heutigen Kulturleben wohl zum großen
Teile auch durch die vollkommene Ablehnung
getrieben wurde, mit der ihn seine Zeitgenossen
zeitlebens kränkten. Ein Cezanne, ein schwer-
mütiger, grüblerischer Kopf, spann sich zu
Aix in der Einsamkeit ein , ein feuriges Tem-
perament wie Gauguin aber war zu solch stiller
Entsagung durchaus nicht geschaffen.
109
Ölgemälde: »Menschliches Elend«
PAUL GAUGUIN.
VON RUDOLF MEYER-RIEFSTAHL-PARIS.
Anläßlich der Ausstellung d. Sam,n,ung Vollard ,„ der >>Mode„,en Galerie Tha„nhauSer«-MUnchen u. Aruolds Kunst-Salon-Dresden.
T)aul Gauguin ist einer der vier großen Maler,
1 welche der französischen Kunst im ausge-
henden neunzehnten Jahrhundert neue Wege
gewiesen haben. Sein Platz ist neben Cezanne,
Seurat und van Gogh. Ihm fehlt das tief inner-
liche und leidenschaftliche eines Cezanne oder
van Gogh, er kennt nicht die klare Überlegtheit
eines Seurat. Sein Temperament ist leicht an-
geregt und entflammt sich schnell. Er zerquält
sich nicht über den inneren Sinn der Formen,
sondern berauscht sich schnell am bunten Ge-
wände der Farbe. Man hat ihm vielfach den
Vorwurf gemacht, ein Poseur zu sein und am
Äußerlichen zu hängen, man hat seine Reisen
in die tropischen Länder als Effekt-Hascherei
belächelt, ebenso wie sein abenteuerliches
Kostüm in Paris nach seiner Rückkehr aus Ta-
hiti allgemeines Kopf schütteln erregte. Und
doch gehen alle diese Urteile dem Menschen
Gauguin nicht auf den Grund, sie erkennen seine
wahre Seele nicht, sie verstehen nicht, daß es
Menschen geben kann, denen eine Idee ein
Heiligtum ist, mit der sie zugleich ein komö-
diantenhaftes Spiel treiben. Gauguin ist eine
solche Natur. Wer tiefer in ihn einzudringen
versucht, muß erkennen, daß dieser Mann von
seinen Idealen und Ideen, für die er in so schau-
spielerischer Weise eintrat, im tiefsten Herzens-
grunde erfüllt war, und daß er in diese stellen-
weise etwas karikaturenhafte Opposition zu
unserem heutigen Kulturleben wohl zum großen
Teile auch durch die vollkommene Ablehnung
getrieben wurde, mit der ihn seine Zeitgenossen
zeitlebens kränkten. Ein Cezanne, ein schwer-
mütiger, grüblerischer Kopf, spann sich zu
Aix in der Einsamkeit ein , ein feuriges Tem-
perament wie Gauguin aber war zu solch stiller
Entsagung durchaus nicht geschaffen.
109