Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

DOI Artikel:
Meyer-Riefstahl, Rudolf: Paul Gauguin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0124

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rtidolf Meyer-Riefstahl—Paris :

PAUL GAUGUIN t Gemälde: »Josef und Frau Potiphar

Gauguins abenteuerliche Lebensschicksale
scheinen eine Widerspiegelung des Lebens sei-
ner Vorfahren zu sein. Er wurde am 7. Juni
1848 geboren. Sein Vater stammte aus Orleans
und war Mitarbeiter des radikalen Blattes
„National". In seiner Mutter Adern rollte süd-
amerikanisches Blut. Sie war die Tochter der
Flora Tristan, die von einem spanischen Ober-
sten und einer Französin abstammte und in
Frankreich als Schriftstellerin und Freundin
Proudhons wie als Anhängerin des Saint Simo-
nismus eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte.
In Gauguin scheint der selbständige extra-
vagante Geist seiner Ahnen wieder lebendig
geworden zu sein.

Gauguins Vater war im Jahre 1851 nach Lima
ausgewandert. Hier verlebte Gauguin die frühen
Jahre seiner Kindheit, die wohl einen dauernden
Einfluß auf den Inhalt seines Bewußtseins be-
halten haben. 1855 kehrte die Mutter wieder
nach Europa zurück. Gauguin absolvierte das
Gymnasium und trat dann in die Handelsmarine
ein um später in die Kriegsmarine überzutreten.

1871 wurde Gauguin aus der Marine entlassen

und beschloß, sich dem Bankfach zuzuwenden.
Er kam hier, wie er überhaupt eine seltene
Fähigkeit sich zu adaptieren besaß, räch vor-
wärts, so daß er sich 1873 verheiratete und eine
materiell glänzende Stellung erlangte. Er soll
in einem Jahre bis vierzigtausend Franken ver-
dient haben. Doch Gauguin fühlte sich in diesem
Berufe nicht befriedigt, er beschäftigte sich in
seinen Mußestunden mit Malerei. Zunächst voll-
kommen dilettantisch und ohne klarere Ziele,
wie eine im Salon des Jahres 1876 ausgestellte
Landschaft beweist. Erst im Jahre 1876 be-
ginnen sich ihm bestimmte künstlerische Ziele
darzustellen, als er die Bekanntschaft mit der
Kunst Camille Pissarros auf einer Ausstellung
bei Durand Ruel machte. Wie für so viele andere
später hervorragende Künstler wurde Camille
Pissarro auch ihm zum Lehrmeister. Gauguin
benützt nun jede Minute, die ihm sein Beruf
frei läßt, dazu, zu zeichnen und zu malen und
die Natur im Sinne des Impressionismus zu stu-
dieren. Bald fühlte er die Kraft in sich, sich an
den verschiedenen Ausstellungen der Impressio-
nisten zu beteiligen, wo er zunächst als Nach-

110
 
Annotationen