KRANZ MET/.NKR BERLIN.
Fragment sterbender Krieger.
EINDRÜCKE VON DER BRÜSSELER WELT-AUSSTELLUNG.
VON DR. HERMANN MUTHESIUS.
Eine der dringendsten Aufgaben der Zeit
wäre es, Welt-Ausstellungen durch inter-
nationales Abkommen zu verbieten. Das schöne
Programm, das der Prinzgemahl Albert für die
erste Welt-Ausstellung in London 1851 aufge-
stellt hatte: friedlicher Austausch ernster Ar-
beit an Stelle der feindseligen Bekämpfung
der Völker, der Regungen edler Menschlichkeit
durch die Hebung von Technik, Wissenschaft
und Kunst — wer von den Arrangeuren von
Welt-Ausstellungen denkt heute noch an so
etwas ! Das ganze Ziel ist die Heranziehung
der Fremden. Grundstücks-Spekulanten, die
eine Stadtgegend aufschließen wollen, Bier-
brauer und Hotelwirte sind die eigentlichen Ge-
winner. Die Technik, die Kunst, die Wissen-
schaft leisten hierzu Frohndienste. Die Frage
ist für niemand mehr, ob er sich beteiligen wolle
oder nicht, sondern die, ob er sich leisten kann,
wegzubleiben. Und die meisten Industrien
glauben, sich das nicht leisten zu können. So
entstehen die heutigen Welt-Ausstellungen, und
so ist wohl auch die von Brüssel entstanden.
Sie ist erfolgreich, denn es wimmelt von Frem-
den. Alle Hotels sind überfüllt. Täglich finden
Feste statt, die große Hauptstraße Brüssels, die
vom Nord- zum Südbahnhofe führt, ist perma-
nent illuminiert. Allabendlich Umzüge mit Mu-
sik. Kongresse ohne Zahl. In der Ausstellung
selbst sind diesmal, und das ist ein Rekord,
zwei getrennte, große Vergnügungsparks vor-
handen, die „Bruxelles Kermesse" (die nie feh-
lende Stadt in Pappe) und die „Pleine des At-
tractions", die letztere eine amerikanische Ver-
anstaltung ä la Lunapark. An beiden Stellen
Kneipen, Theater, Bänkelsänger, Rutschbahnen,
Bauchtanz, Menagerien, Cowboy truppen, Neger-
dorf. — In diesem Trubel werden nun, gleichsam
als Abwechselung, auch ernste Sachen gezeigt.
Alle Hauptländer führen ihre Industrie-Erzeug-
nisse, ihre Maschinen, ihre Kunst vor, einige
gewähren auch Einblicke in ihr Schulwesen,
ihre Staatseinrichtungen, in die Art und Weise,
wie sie ihre Städte verwalten, ihre Eisenbahnen
befahren, ihre Post befördern, ihre Straßen
pflastern. Natürlich ist Studienstoff in Fülle
aufgehäuft. Nur fragt sich jeder, der ihm näher
treten will, warum denn dies in solchem Trubel
geschehen müsse, der alles andere eher als die
Sammlung zum Studium fördert. Man nimmt
wohl mit Recht an, daß der Studienstoff auf
Welt-Ausstellungen nicht gehörig zur Geltung
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Fragment sterbender Krieger.
EINDRÜCKE VON DER BRÜSSELER WELT-AUSSTELLUNG.
VON DR. HERMANN MUTHESIUS.
Eine der dringendsten Aufgaben der Zeit
wäre es, Welt-Ausstellungen durch inter-
nationales Abkommen zu verbieten. Das schöne
Programm, das der Prinzgemahl Albert für die
erste Welt-Ausstellung in London 1851 aufge-
stellt hatte: friedlicher Austausch ernster Ar-
beit an Stelle der feindseligen Bekämpfung
der Völker, der Regungen edler Menschlichkeit
durch die Hebung von Technik, Wissenschaft
und Kunst — wer von den Arrangeuren von
Welt-Ausstellungen denkt heute noch an so
etwas ! Das ganze Ziel ist die Heranziehung
der Fremden. Grundstücks-Spekulanten, die
eine Stadtgegend aufschließen wollen, Bier-
brauer und Hotelwirte sind die eigentlichen Ge-
winner. Die Technik, die Kunst, die Wissen-
schaft leisten hierzu Frohndienste. Die Frage
ist für niemand mehr, ob er sich beteiligen wolle
oder nicht, sondern die, ob er sich leisten kann,
wegzubleiben. Und die meisten Industrien
glauben, sich das nicht leisten zu können. So
entstehen die heutigen Welt-Ausstellungen, und
so ist wohl auch die von Brüssel entstanden.
Sie ist erfolgreich, denn es wimmelt von Frem-
den. Alle Hotels sind überfüllt. Täglich finden
Feste statt, die große Hauptstraße Brüssels, die
vom Nord- zum Südbahnhofe führt, ist perma-
nent illuminiert. Allabendlich Umzüge mit Mu-
sik. Kongresse ohne Zahl. In der Ausstellung
selbst sind diesmal, und das ist ein Rekord,
zwei getrennte, große Vergnügungsparks vor-
handen, die „Bruxelles Kermesse" (die nie feh-
lende Stadt in Pappe) und die „Pleine des At-
tractions", die letztere eine amerikanische Ver-
anstaltung ä la Lunapark. An beiden Stellen
Kneipen, Theater, Bänkelsänger, Rutschbahnen,
Bauchtanz, Menagerien, Cowboy truppen, Neger-
dorf. — In diesem Trubel werden nun, gleichsam
als Abwechselung, auch ernste Sachen gezeigt.
Alle Hauptländer führen ihre Industrie-Erzeug-
nisse, ihre Maschinen, ihre Kunst vor, einige
gewähren auch Einblicke in ihr Schulwesen,
ihre Staatseinrichtungen, in die Art und Weise,
wie sie ihre Städte verwalten, ihre Eisenbahnen
befahren, ihre Post befördern, ihre Straßen
pflastern. Natürlich ist Studienstoff in Fülle
aufgehäuft. Nur fragt sich jeder, der ihm näher
treten will, warum denn dies in solchem Trubel
geschehen müsse, der alles andere eher als die
Sammlung zum Studium fördert. Man nimmt
wohl mit Recht an, daß der Studienstoff auf
Welt-Ausstellungen nicht gehörig zur Geltung
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