Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

DOI article:
Lehrs, Max: Franziska Bruck - Berlin
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0408

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
FRANZISKA BRUCK-BERLIN.

Bunter Zinnienstrauß,

FRANZISKA BRUCK-BERLIN.

VON MAX LEHRS DRESDEN.

Mannigfach sind die Wege des guten Ge-
schmacks, die zu den sonnigen Höhen der
Kunst führen, lohnend und aussichtsreich, aber
abseits vom ausgetretenen Geleise der Heer-
straße und einsam. Wer sie erwählt und den
hastenden Schwärm der Menge meidet, der blind
und taub, nur dem Vordermann folgend, weiter
drängt, kommt vielleicht später ans Ziel, aber
er wandert in besserer Gesellschaft und hat die
stille Freude, den rechten Weg gefunden zu
haben aus eigener Kraft.

So ging es Einem oder richtiger: Einer, von
der ich hier erzählen will.

Wir reden soviel von Kultur und Kunst: von
der „Kunst im Hause", von der „Kunst auf der
Straße", von der „Kunst im Leben des Kindes",
und es wurde sogar eine Ausstellung von „Stu-
dentenkunst" veranstaltet. Aber die „Kunst in
der Verwendung der Blumen" hat man, wie es
scheint, vergessen. Und doch spielt sie eine so
große Rolle oder sollte sie wenigstens spielen,
daß man ihr füglich mehr Beachtung schenken
könnte, als es tatsächlich bisher geschehen ist.

Schon zur Zeit unserer Großmütter hat es
zarte Frauenhände gegeben, die einen Blumen-
strauß mit Geschmack zusammenzustellen wuß-
ten und die dafür auch eine passende Vase, ein
Glas fanden, in denen er am besten zur Geltung
kam. Aber das geschah immer nur zur eigenen
Freude oder zur Freude der Nächsten, im Her-
zen des Hauses, unter Ausschluß der Öffent-
lichkeit. Die Blumenhändler begnügten sich
mit der Schaustellung des Rohmaterials; sie
überließen die Kunst dem Käufer. Denn man
wird nicht ernsthaft behaupten können, daß
die in unseren Blumenläden zum Verkauf ge-
stellten Buketts, auch nach Überwindung der
schrecklichen Zeiten des Drahtgestells und der
papierenen Spitzenmanschette, irgend welchen
Anspruch auf künstlerische Bedeutung erheben
konnten. Im besten Falle bot man eben gleich-
artige Blumen, in Bündeln vereinigt, zum Kauf,
und ihre graziöse oder farbige Eigenart sorgte
dann von selber für die künstlerische Wirkung.

Wie sich auch hierin allmählich ein Wandel
vollzog, das hat Lichtwark in seinen dankens-

1911. v. 6.

393
 
Annotationen