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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Baer, Casimir H.: Das Kunsthaus in Zürich
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0042

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Das Kunsthaus in Zürich.

auch den einzel-
nen Kunstwerken
zu neuen Reizen
u. abgeklärterem
Eindruck verhel-
fen. Säle mit dun-
kelroter und tief-
grüner Wandbe-
spannung enthal-
ten Gemälde des
XVI. u. XVII. Jahr-
hunderts ; mit zar-
tem Grau u. Blau
verkleidete Räu-
me bergen Werke
von Anton Graff,
Tischbein, von den
beiden Geßner,
von Werdmüller,
Freudweiler, Lips
und Heß, ein ande-
rer Saal in Grün-
grau Landschaften
neuererMaler,wie
C alame, Zünd, An-
dreas Achenbach,
J. G. Steffan, Joh.
Jac. Ulrich u. a. m.
In einem achtecki-
gen Kabinett sind
älteste Zürcher
Meister auf leuch-
tendem, mit Gold-
fäden durchwirk-
tem Rot zu neuem
Leben erwacht;
daneben entzük-
ken Kollers voll-
endete Zeichnun-
gen auf graulila
Grund. Boecklins
„Gartenlaube" hat
ihrenPlatz im gro-
ßen Oberlichtsaal des obersten Geschosses er-
halten, der in Grau und Gold überaus vor-
nehm geschmückt ist. Hodlers „ Heilige Stunde "
wirkt überwältigend in einem einfachen weißen
Raum, in den man durch zwei ganz helle Kabi-
nette schon von weitem Einblick erhält.

Der Gegensatz zwischen der kühlen Ruhe,
mit der die Wände der Ausstellungssäle auf die
stetig wechselnden Kunstwerke warten, und der
fast leidenschaftlichen Intensivität, mit der sich
die Räume der Sammlung mit den ihnen blei-
bend anvertrauten Gemälden zu einheitlicher
Wirkung vereinen, ist zweimal wirksam unter-
brochen, gemildert und verstärkt. — Steigt man

CURJEL UND MOSER. Kunsthaus in Zürich. Detail der Fassade.

aus dem schlich-
ten, graublauen
Vestibüle des Erd-
geschosses die
graue Marmor-
treppe empor,
überrascht die
lichte Freudigkeit
der hohen Halle,
die den ersten
Stock mit dem
zweiten verbin-
det. Am Sockel u.
andenweichprofi-
lierten Türgewän-
den wiederholt
sich der rötliche
Nassauer Marmor
des unteren Trep-
penhauses ; darü-
ber erglänzen die
Wände in leicht
getöntem Weiß,
das unter dem
Oberlicht durch
einen breiten, mit
Gold diskret be-
lebten, ornamen-
talen Fries abge-
schlossen wird.
Köstliche Bilder
und eine Loggia
in Grün und Gold
steigern die fest-
liche Stimmung zu
buntem Jubel. Das
ist einer der Ruhe-
punkte des wun-
dersamen Hauses.
— Nicht weit da-
von findet man
einen dunkelge-
mütlichen Raum,
und ein Tisch mit
zum Verweilen und
die Architekten

in dem bequeme Stühle
Büchern und Zeitschriften
Rasten einladen. So waren
mit Verständnis und Geschmack bemüht, ihrer
vielgestaltigen Aufgabe gerecht zu werden, und
der Erfolg blieb nicht aus. Die überall sorgsam
abgewogenen Raumverhältnisse, die reiche,
gleichwohl nie aufdringliche Ausschmückung, die
durchaus moderne und geschmacklich selten ab-
geklärte Formengebung, all das verfehlt seinen
Eindruck nicht; dem feinabgestimmten Zusam-
menklang, der beim Durchschreiten des Hauses
laut und lauter ertönt, diesem „Willen nach
Harmonie" kann sich niemand entziehen. —

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