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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Die Quellen des Behagens: Ein wichtiges Kapitel unserer heutigen Wohnkultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0089

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TAFELDEKORATION. PORZELLAN■ TIERFIGUREN UND BLUMEN UND BLÄTTER IN NIEDRIGEN GLASVASEN.

DIE QUELLEN DES BEHAGENS.

EIN WICHTIGES KAPITEL UNSERER HEUTIGEN WOHNKULTUR

Gute Luft und richtige Beleuchtung sind
die Grundbedingungen aller Wohnkultur.
Unsere modernen Röhrenheizungen sind die
angenehmsten und unentbehrlichsten Erwärmer
des modernen Hauses, aber die Mühelosigkeit
ihrer Handhabung, ihre wunderbare Bequem-
lichkeit, macht meist die Menschen sorglos und
nachlas sig und läßt sie die wichtigen Maßnahmen
zur Aufrechterhaltung einer schönen gesunden
Luft vergessen. So kommt es denn, daß die
Atmosphäre in den Stadthäusern, in den Villen
und sogar auch in den Landhäusern zumeist
schlechter ist als es Raffinement oder auch
nur schlichtes Wohlbehagen verlangt. Hier er-
mangelt sie der Feuchte, dort der Frische, hier
der Leichtigkeit und dort der — sagen wir
Ungefärbtheit — alles zum hygienischen und
ästhetischen Nachteile der Bewohner. Man sehe
sie an, die ständig in der staubhaltigen und
trockenen Atmosphäre des Großstadthauses
Lebenden; immer haben sie über kleine Leiden
zu klagen, Rachenkartarrhe, Kopfbeschwerden,
Blutandrang sind häufige Quälgeister des Orga-
nismus, von schlimmeren, den Nerven gefähr-
lichen, um keine Schreckgespenster zu malen,
nicht erst zu reden. Von einem wirklichen

Behagen ist in solchen Räumen nie die Rede
und seien sie auch mit Schönheit und Bequem-
lichkeit aller Art versehen. Ich übertreibe
nicht, jeder mit verfeinerten Atmungsorganen
Versehene wird mir zustimmen.

Ähnlich steht's mit der Beleuchtung. Licht
haben wir genug. Alles leuchtet, daß es nur eine
Art hat, Spiritus, Gas, Elektrizität, Azetylen und
Petroleum und wie sie alle heißen die zu höch-
sten Leistungen gepeitschten Sklaven unserer
Lichtherrschaft, sie rächen sich für ihre Fron,
indem sie uns und unsere Werke schonungs-
los und ohne Rücksicht beleuchten zum Über-
druß. Von oben und von den Seiten schleudern
ungezählte Glühbirnen ihre harten Feuergarben
in unsere Festsäle, daß Puderstäubchen auf
schönen Wangen Schlagschatten werfen, und
dort, wo man einst am traulichen Familientische
sich im weichen Lichte einer grüngeschirmten
Hängelampe glücklich nahe fühlte, da verbreitet
nur zu oft ein messingstrotzendes Leuchtmon-
strum ein Licht so öde und nüchtern, als seien
die Bewohner Zahlen, mit denen es gälte, schwere
Berechnungen zu machen oder anatomische
Präparate, die einer gründlichen Prüfung be-
dürfen! Elektrische Aufklärung ä tout prix,

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