Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

DOI Artikel:
Der Damen-Salon im Hause Brakl - München
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0147

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1

PROFESSOR LEO PUTZ—MÜNCHEN.

»AUS DEM LEBEN EINER FRAU«

WANDMALEREI IM HAUSE BRAKL, MÜNCHEN.

DER DAMEN-SALON IM HAUSE BRAKL-MÜNCHEN.

Seit kurzem ist das Damenzimmer in dem
von Prof. Emanuel v. Seidl erbauten
und vor einiger Zeit an dieser Stelle gewürdig-
ten Haus Brakl fertiggestellt. Als ganz beson-
deren Schmuck erhielt der Raum eine Wand-
bemalung von Professor Leo Putz, die den
Künstler über ein Jahr beschäftigt hat, und die
man mit einigem Recht das Hauptwerk seines
bisherigen Lebens nennen kann. Die auf Lein-
wand gemalten und in die Wand eingelassenen
Bilder wirken nicht dekorativ-flächenhaft, sozu-
sagen als Arabesken mit Menschen- und Pflan-
loblen' wie das sonst Wandbilder, die man
°1 ' zu tun pflegen. Nein: sie sind das Gegen-
teil davon. Der Künstler hat sie in der gleichen

dT/SS1°niSÜSChen Technik' wie alle seine Bil"
e^n!alt' ^Ur etwas gereifter scheinen Strich
und Kolorit gegen früher. Der Wirklichkeitsein-
ftft H ,!ebensgi-oßen Figuren ist beabsich-
tigt, denn Putz möchte, daß sie sich gewisser-
maßen mit der Gesellschaft, die hier verkehren
wird, vermengen, in ihr aufgehen sollen. Diese

„Funktion" eines Wandbildes ist entschieden
neu. Aber es läßt sich darüber diskutieren, und
man kann sogar sagen, daß der Versuch, soweit
das eben möglich war, ausgezeichnet geglückt
ist. Es ist übrigens ein Zweifaches, wodurch
dieser Zyklus vom Leben einer Frau,
der sich über drei Wände hinzieht, so stark
und überzeugend wirkt. Das eine ist die Farbe,
das andere der reiche Gehalt an Stimmungs-
werten. Wir sehen die Frau zunächst als Kind,
das Blumen (märchenhaft große Gänseblümchen)
aufliest, die aus der Luft herabfallen. Dann als
etwa neunjähriges Mädchen (das Modell hierzu
war das liebenswürdige Töchterchen des Haus-
besitzers) ; daneben der einzige Akt der Kompo-
sition: ein junges Mädchen, das den bunten
Kleidertand abgestreift hat und eben ins Wasser
steigen will — der Seehintergrund (Motiv:
Chiemsee) und der Kastanienbaum sind allen
Teilen des Zyklus gemeinsam, sein cantus firmus.
Nun folgt, der Fensterwand gegenüber: links
die junge Braut, selig-zaghaft im Arm des Bräu-

133
 
Annotationen