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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Meyer-Riefstahl, Rudolf: Die Münchner Muhammedanische Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0230

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DIE MÜNCHNER MUH AMMEDANISCHE AUSSTELLUNG.

VON RUDOLF MEYER-RIEFSTAHL—PARIS.

Die altorientalische Kunst war bisher nur
einem kleinen Kreise von Kennern und
Liebhabern bekannt, außer den Teppichen, die
von altersher sich der Wertschätzung der
Künstler und Sammler erfreuten. Wohl hatten
schon einzelne Ausstellungen in Paris, London
und Wien stattgefunden, welche dieses neue
Kunstgebiet weiteren Kreisen erschließen woll-
ten, doch sind diese Schaustellungen alle nicht
über den lokalen Rahmen hinausgewachsen.
Not war eine zusammenfassende Ausstellung,
die einmal die Schätze orientalischer Kunst aus
altem Besitze mit den Forschungsresultaten der
letzten Jahre in einer großen Vorführung ver-
einigte, zu der alle in Betracht kommenden
Faktoren mitwirken mußten. Dieses Projekt
ist durch die muhammedanische Ausstellung in
München verwirklicht worden: 3500 Ausstel-
lungsgegenstände gaben ein vollkommenes Bild
altorientalischer Kunst und erweisen zugleich,
daß diese Kunst etwas formal außerordentlich
streng und folgerichtig Durchgebildetes ist, auf
das die Gesetze der Komposition ebenso anzu-
wenden sind wie auf die europäische Kunst.
Das ist die wichtigste Errungenschaft dieser
Ausstellung, weil dadurch diese Werke ver-
gangener Zeiten für die Welt von heute etwas
aktuelles und lebendiges bekommen.

Ein besonders für den Kunstgewerbler von
heute interessantes Gebiet, das bisher fast voll-
kommen unbekannt war, ist das der Keramik.

Erst zwei Gebiete orientalischer Keramik waren
bis vor wenigen Jahren allgemeiner zugänglich,
zwei Ausläufer einer alten Tradition: die soge-
nannten Rhodus- und Damaskusfayencen einer-
seits, die wir richtiger und kritischer als tür-
kische Fayencen des sechzehnten Jahrhunderts
bezeichnen und andererseits die spanisch-mau-
rische Lüsterkeramik, die unter christlicher
Herrschaft in Spanien noch bis auf den heutigen
Tag fortlebt. Von der älteren, wir möchten
sagen der klassischen Keramik wußte man
nichts, bis europäischeGelehrte und orientalische
Händler Ausgrabungen in Ägypten, Syrien,
Mesopotamien und Persien zu veranstalten be-
gannen. Da wurden nun die seltsamsten Schätze
ans Tageslicht gefördert, welche bewiesen, daß
der Orient um das zwölfte und dreizehnte Jahr-
hundert eine keramische Technik besessen hat,
die vielleicht das höchste geleistet hat, was auf
diesem Gebiete je geleistet worden ist. Nach-
dem man einigermaßen einen Überblick über
die wichtigsten Typen bekommen hatte, wur-
den diese keramische Stücke plötzlich zu den
gesuchtesten Stücken des Antiquitätenhandels,
besonders Amerika legte die höchsten Summen
in diesen Werken an, so daß die altorientalische
Keramik heutzutage mit Preisen bezahlt zu
werden pflegt, denen eine gewisse ungesunde
Übertreibung nicht abzusprechen ist.

Unter den verschiedenen Techniken, welche
die orientalische Keramik verwendet, ist be-

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