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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Meyer-Riefstahl, Rudolf: Die Münchner Muhammedanische Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0238

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Die Münchner mithammcdanischc Ausstellung.

nischen, haben gewiß noch malerischen Reiz,
ein so individuelles Leben wie die alten Stücke
haben sie nicht mehr.

Auch das Gebiet der orientalischen Teppich-
kunst konnte bisher nicht in so umfassender
Weise studiert werden, als dies auf der Münch-
ner Ausstellung der Fall war. Das Hauptstück
der gesamten Ausstellung bildete der große
Jagdteppich aus dem Besitze des Kaisers von
Österreich, eines der interessantesten Doku-
mente der feinen künstlerischen Kultur Persiens
unter den Safiwiden im sechzehnten Jahrhun-
dert. Alle wichtigen Gruppen der orientalischen
Teppichkunst: die armenischen Teppiche mit
ihrer strengen primitiven Zeichnung, die süd-
persischen Vasenteppiche, die Baum- und Gar-
tenteppiche, die Jagd- und Tierteppiche mit
ihren zierlichen Darstellungen, die Herat-Tep-
piche mit ihrem zarten Rankenwerk, die Polen-
teppiche auf prunkendem Gold- und Silber-
grund, die farbenprächtigen Erzeugnisse der
türkischen Teppichkunst, das alles vereinigt
sich zu einem erschöpfenden Gesamtbilde und
zeigt eine klare Linie der Entwicklung.

Auf dem Gebiete der Metallarbeiten brachte
die Ausstellung eine große Überraschung: die
Gruppe sassanidischer Bronze- und Silber-Ar-
beiten aus dem dritten bis siebenten Jahrhun-
dert mit ihrer so strengen und archaischen

Formengebung. Es ist interessant zu sehen, wie
diese Werke manches klar und selbstverständ-
lich geben, wonach das moderne Kunstgewerbe
bei seinem Suchen nach Einfachheit mühsam
strebt. — Auch die ausgestellten Werke der
Buchkunst brachten viele Überraschungen, da
sie interessante, kulturhistorische Streiflichter
auf die kulturellen Beziehungen zwischen chine-
sischer und vorderasiatischer Kunst warfen.
Die persische Buchkunst zeigt sich durchaus
von der chinesischen Formensprache beeinflußt
und versteht doch durch einfache Formen- und
Farbenrhythmen ihre eigenen Gedanken in per-
sönlicher Weise zum Ausdruck zu bringen.

Damit sind die Gebiete der orientalischen
Kunst bei weitem nicht erschöpft: unter den
syrischen Glasarbeiten, den ägyptischen, ge-
schliffenen Bergkristallen, den zarten Elfenbein-
arbeiten aus Spanien und Mesopotamien, den
tauschierten Mossulbronzen befindet sich man-
ches köstliche Stück, das in technischer wie
rein künstlerischer Beziehung dem modernen
Kunstgewerbe wertvolle Anregungen geben
kann. Diese Anregungen werden um so frucht-
barer sein können, als sie eine Nachahmung der
einzelnen Form kaum zulassen, sondern viel-
mehr auf allgemeine stilistische Eigenschaften
und auf die Neubelebung einzelner vernach-
lässigter Techniken sich erstrecken werden. —

'AYENCE-GKFÄSS. PERSIEN XII-XIII. JAHRH. SAMMLUNG KEVORKIAN_PARIS.

1910/11. III. 5. ^
 
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