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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0281

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Kleine Kunst-Nachrichten.

STADT-THEATER FÜR HÄGEN i. W. Die Stadt
Hagen i. W., die fast 100000 Einwohner zählt,
muß sich zur Zeit zur Veranstaltung von Theater-
Aufführungen mir einem Saal begnügen, dessen
Abmessungen kaum den allerprimitivsten Anforde-
rungen genügen. Um diesem Übelstande abzuhelfen,
hat sich eine Aktiengesellschaft gebildet, die die
Errichtung eines Neubaues veranlagt hat. Da das
Kapital der Gesellschaft beschränkt ist, mußte bei
dem Entwürfe des Baues auf äußerste Sparsamkeit
gesehen werden, wobei aber, im Interesse einer
angemessenen Betriebseinnahme, 1000 Sißplätje er-
zielt werden mußten. Der von Prof. Dr. Vetterlein-
Darmstadt entworfene Bau wächst zur Zeit schnell
empor, damit er im Oktober 1911 schon in Be-
nußung genommen werden kann. Er umfaßt etwa
34000 cbm und enthält alles, was zu einem guten
Stadttheater gehört. Die Bühne ist 20 m breit
und 15 m tief. Dazu kommt eine 15 m breite,
6 m tiefe Hinterbühne. Die Kosten des vollständig
betriebsfertigen Baues betragen nur 650000 Mark.
Der Hauptfront ist seitlich ein Restaurationsbau an-
gegliedert, der einen harmonischen Übergang nach
den Nachbargebäuden bilden wird. Durch die sorg-
fältige Abwägung aller Massen, allmähliches An-
steigen nach hinten und Beschränkung des äuße-
ren dekorativen Aufwands wird ein vornehmer und
edler Eindruck erzielt, der den Bau als einen
Tempel der Musen charakterisiert. — p.

£

BERLIN. Während des September und Oktober
waren bei Cassirer eine Anzahl von Ge-
mälden jüngerer norwegischer Künstler aus-
gestellt, fast durchweg Arbeiten von jenem hohen
Niveau malerischer Kultur, dem wir dank den großen
Franzosen nunmehr überall in Europa begegnen.
Den Besten aber gelingt es auch hier wie bei uns,
über eine allgemeine, spezifisch malerische Leistung
hinauszukommen und das Werk mit jener persön-
lichen Stimmung zu erfüllen, die wir jenseits des
Handwerklichen immer lauter zu fordern berechtigt
sind. Wo man noch direkte Einflüsse konstatieren
muß, wie z. B. den Edward Münchs, da entdecken
wir zugleich das geringste Vermögen bei unzweifel-
hafter Begabung (auch wie bei uns). So L. K a r s t e n
und Theodor Lauring. Wie immer, wenn man
auf die Schulung an Cezannes Werken stößt, ist
das rein Malerische einwandfrei, die individuelle
Empfindung aber verflacht, man könnte fast meinen:
absichtlich, wie bei Bernhard Folkestad, der
das Stilleben pflegt, und den Gemälden Sören
Onsagers, der sogar noch Pariser Milieu bringt.
Dann aber kommen zwei Künstler, bei denen das
Handwerkliche nur mehr unbestimmt die Basis
europäischer Impressionisten-Kultur erkennen läßt,
und von denen Henrik Lund das spezifisch Nor-
dische in einer allgemeinen Heiterkeit der Färbung

betont, A. C. Svarstad aber in"Koloristik, Wahl
des Ausschnitts, der Optik sich als der weitaus
Persönlichste erweist. Die starken dekorativen
Werte: Rot, Blau, Violett, Grün, Orange sind nicht
nur in vollendete Harmonie zu einander geseßt,
sondern die Bilder entfernen sich von äußerlicher
Dekoration infolge der gleichzeitigen Pflege eigent-
lich malerischer Probleme: Raum, Form, Luft und
Licht. Auch er ist gereist (ersichtlich aus den
Motiven) und war in Italien, Paris, Flandern. Aber
er blieb stark genug, überall Nordländer zu sein
und Persönlichkeit. - Man kann der „Schwe-
dischen Sezession" vom Jahre 1886, die in den
Räumen der „Berliner Sezession" während des
Oktober und der ersten Novembertage ausstellte,
nicht nachsagen, daß man es an „nordischer Eigen-
art" hätte fehlen lassen. Ja, sie erscheinen als
so gute Schweden, daß man sie in der Mehrzahl
schlechte Maler nennen muß. Beinahe 300 Bilder
und einige 60 Plastiken erlauben eine Charakteristik
der künstlerischen Bestrebungen dort zu Lande,
die im wesentlichen zutreffend sein mag. Man
pflegt die nordische Landschaft und geht nicht
wenig ihren seltsamen Lichteffekten nach. Daher
die unmalerisch hart abgesetzten Farbenkomplexe,
oft durch zeichnerische Konturierung selbst schwar-
zer Färbung, begrenzt. Ja, kohlrabenschwarze
Schatten entdeckt man verwundert, und die Öl-
technik dieser Schweden wirkt wie kolorierter
Holzschnitt oder Farbenlithographie, so bei Nils
Kreuger, der sonst nicht schlecht zeichnet. Ge-
legentlich erinnert sich einer daran, daß er eigent-
lich in Öl und im Tafelbild doch „Maler" sein
müßte, und man findet ein gutes Porträt oder
hübsches Interieur, wie bei Richard Bergh und
Aron Gerle. Aber sobald sie dann zu landschaf-
tern beginnen, wird die Malerei unstofflich, äußer-
lich dekorativ und im ganzen ohne höheres Niveau.
Besonders wenn sich die Technik dem Pointillis-
mus nähert, wie bei Eugene Jansson, Lind-
ström, Nordström, Norrman, von Hennings
usw. Aber mit nicht geringer Freude begegnet man
dann zwei „Malern", Ernst Josephson, dem Be-
gründer der Gruppe, von dem man allerdings schon
weit bessere Sachen sah und dessen nur psycho-
logisch interessierende Arbeiten aus seiner Wahn-
sinnszeit man nicht in solcher Breite hätte aus-
stellen sollen, - und Carl Wilhelmson, der in
der Stimmung und Farbenwahl an Carl Larsson
erinnert und uns suggestiv nordisches Empfinden
und Milieu erleben macht, ein vortrefflicher Künst-
ler. Bruno Liljefors war einmal ein „Maler",
aber heute wendet sich von seiner äußerlichen
Manier der mit Bedauern ab, der seine früheren
Werke kennt. - Die Plastik weist durchaus
sichere und angenehme, freilich auch keine über-
ragenden Leistungen auf. - ewald bender.

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