Die Eroberung des Kunstwerkes.
— Wir suchen mit einer gewissen Altklugheit,
und weil es amüsant ist, nach Fehlern, beson-
ders in der Perspektive und den Proportionen;
nur muß dabei stets erkundet werden, ob Fahr-
lässigkeit, bewußte Gleichgültigkeit oder geniale
Absicht vorliegt.
Dem gleichen Inquisitorium unterwerfen wir
die Plastik. Zunächst gilt es zu erfahren, haben
wir vor uns Knochen, Holz, Bronze oder Mar-
mor, ein Original oder einen Gipsabguß. Eine
Skulptur kann nur in dem Material, auf das hin
der Künstler sie anlegte, gewürdigt werden. —
Nicht minder wichtig ist die Frage, ob es sich um
ein vollständig unabhängiges oder ein in engem
architektonischem Zusammenhang stehendes
Werk handelt, um eine Statue, die für einen
bestimmten Ort oder Raum gedacht und gefer-
tigt wurde, einen Altar, eine Freitreppe, einen
Marktplatz oder um ein von Bosketten versteck-
tes Wasserbecken. — Aus welcher Entfernung
wurde das Werk in der Originalauf Stellung wahr-
genommen : Tempelfriese wollen anders be-
trachtet sein als Porträtbüsten. — Ein Denkmal
kann leicht von ungünstiger Seite in Augen-
schein genommen werden. Um gerecht zu sein,
muß man es in enger werdendem Bogen um-
kreisen ; steht es gegen eine Wand, nach links
und rechts, vorwärts und rückwärts treten;
führen Straßen-Zugänge direkt darauf hin, muß
der Beschauer aus diesen heraus, langsam näher
kommend, den sich entwickelnden Eindruck
beobachten. Manchmal, so leider auch bis auf
wenige Ausnahmen in Berlin, werden alle Ver-
suche, einen guten Gesamtüberblick zu erlangen,
vergeblich sein. — Besondere Vorsicht ist ge-
boten , wenn eine Unmenge gleichartig arran-
gierter Felsblöcke nebeneinander stehen, eine
Erscheinung, die glücklicherweise in ihrer, die
Augennerven grausamlich malträtierenden Art
nicht häufig. Trotzdem, man lasse sich durch
eine derartige Marmor - Attacke nicht in die
Flucht schlagen, sondern suche; sogar in der
Markgrafen-Tabelle finden sich drei, vier gute
Werke. Auch betreffs des Sockels ist doppelte
Aufmerksamkeit angebracht, ohne weiteres darf
man ihn dem Konto des Bildners nicht zu-
schreiben ; in letzter Zeit sind Fälle vorgekom-
men , da der Meister des Körpers von dem
geplanten Postament, selbst von dem Gesamt-
Arrangement nicht unterrichtet war.
— Wir suchen mit einer gewissen Altklugheit,
und weil es amüsant ist, nach Fehlern, beson-
ders in der Perspektive und den Proportionen;
nur muß dabei stets erkundet werden, ob Fahr-
lässigkeit, bewußte Gleichgültigkeit oder geniale
Absicht vorliegt.
Dem gleichen Inquisitorium unterwerfen wir
die Plastik. Zunächst gilt es zu erfahren, haben
wir vor uns Knochen, Holz, Bronze oder Mar-
mor, ein Original oder einen Gipsabguß. Eine
Skulptur kann nur in dem Material, auf das hin
der Künstler sie anlegte, gewürdigt werden. —
Nicht minder wichtig ist die Frage, ob es sich um
ein vollständig unabhängiges oder ein in engem
architektonischem Zusammenhang stehendes
Werk handelt, um eine Statue, die für einen
bestimmten Ort oder Raum gedacht und gefer-
tigt wurde, einen Altar, eine Freitreppe, einen
Marktplatz oder um ein von Bosketten versteck-
tes Wasserbecken. — Aus welcher Entfernung
wurde das Werk in der Originalauf Stellung wahr-
genommen : Tempelfriese wollen anders be-
trachtet sein als Porträtbüsten. — Ein Denkmal
kann leicht von ungünstiger Seite in Augen-
schein genommen werden. Um gerecht zu sein,
muß man es in enger werdendem Bogen um-
kreisen ; steht es gegen eine Wand, nach links
und rechts, vorwärts und rückwärts treten;
führen Straßen-Zugänge direkt darauf hin, muß
der Beschauer aus diesen heraus, langsam näher
kommend, den sich entwickelnden Eindruck
beobachten. Manchmal, so leider auch bis auf
wenige Ausnahmen in Berlin, werden alle Ver-
suche, einen guten Gesamtüberblick zu erlangen,
vergeblich sein. — Besondere Vorsicht ist ge-
boten , wenn eine Unmenge gleichartig arran-
gierter Felsblöcke nebeneinander stehen, eine
Erscheinung, die glücklicherweise in ihrer, die
Augennerven grausamlich malträtierenden Art
nicht häufig. Trotzdem, man lasse sich durch
eine derartige Marmor - Attacke nicht in die
Flucht schlagen, sondern suche; sogar in der
Markgrafen-Tabelle finden sich drei, vier gute
Werke. Auch betreffs des Sockels ist doppelte
Aufmerksamkeit angebracht, ohne weiteres darf
man ihn dem Konto des Bildners nicht zu-
schreiben ; in letzter Zeit sind Fälle vorgekom-
men , da der Meister des Körpers von dem
geplanten Postament, selbst von dem Gesamt-
Arrangement nicht unterrichtet war.