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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

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Servaes, Franz: Maler, Dichter, Kritiker
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https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0025

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sehen wir dagegen einen völlig mit wachem
äußeren Leben begabten Menschen sehnsüch-
tig daliegen und dem auf ihn zuschwebenden
Gottgeist einen Arm entgegenstrecken, worauf
aus der Berührung der beiden äußersten Finger-
spitzen das höhere Leben der inneren Erleuch-
tung, wie im Überspringen eines elektrischen
Funkens, in den Harrenden übergeht. Das ist
nicht bloß visuell, das ist auch rein geistig eine
ganz andere Vorstellung, als sie in der Bibel
enthalten ist. Hier sehen wir also geradezu das
Schulbeispiel einer poetischen Erfindung, die
sich unmittelbar in eine malerische umsetzt.

Wie dieser Prozeß vor sich gegangen ist, bleibt
naturgemäß ein Geheimnis. Hier liegt eben eine
geniale Intuition vor; zugleich aber (und dies
muß Liebermann gegenüber betont werden)
eine von jeglichem real empfangenen Natur-
eindruck losgelöste Vision. Den Begriff der
Vision hat Liebermann überhaupt völlig außer
acht gelassen. Wenn man seine Ausführungen
liest, so sollte man glauben, daß es beim
Maler eine Phantasietätigkeit vor Beginn der
eigentlich technischen Arbeit überhaupt nicht
gebe. Er scheint vielmehr die Wirksamkeit
der Phantasie und Erfindung ganz in den Akt
 
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