ARCHITEKT INO A. CAMPBELL—MÜNCHEN
Wohnhaus in Zehlendorf. Gartenseite.
EIN LÄNDLICHES WOHNHAUS VON ARCH. I. A. CAMPBELL.
VON ADOLF VOGT.
Von den beiden ländlichen Häusern, die der
Architekt Campbell für Herrn Schicken-
danz gebaut, ist das ältere hier bereits publi-
ziert worden. Nun sie zur Gruppe vereint,
stützt und erklärt eins das andere. Und der
Eindruck verstärkt sich, daß sie fast als Protest
gedacht sind gegen die üblichen Villen und
Landhauspaläste, die in der Umgebung, wie in
allen Berliner Vororten, dominieren. Der Ber-
liner scheint sich in der freien Natur nicht frei
und leicht und natürlich geben zu können. Die
neue Kultur ist bei ihm noch nicht so tief ge-
drungen, daß er dem veränderten Ort, den ver-
änderten Verhältnissen sich selbstverständlich,
mit ungezwungener Grazie anpassen könnte.
Die Berliner Villen sind zu ihrem größten
Teil überlastet mit Architektur und mit reprä-
sentativen Absichten. Wir bewundern die fei-
nen, schlichten, weithin gelagerten „Edelsitze"
der alten Rittergüter, aber die Heutigen können
es sich nicht versagen, all ihre Müllersche oder
Lewysche Herrlichkeit laut, nackt schon im
Äußern zu verkünden. — Campbell versucht,
wie einige Strebensverwandte (Straumer u. a.),
der Stimmung des Ländlichen im Landhaus
wieder gerecht zu werden. Daher die glatten,
weiß getünchten Mauern, deren keusche Fläche
von keinerlei Architektur gestört wird, daher
die entsagungsvolle Strenge der Giebelzüge und
die wenigen herben Gegensätze, die sich aus
den Baugliedern von selbst ergeben: dem weißen
Putz der Wände, den roten Ziegeln des Daches
und den roten Terrassenmauern, den grünen
Rasenflächen und dem weißen Lattenzaun. In
den Proportionen und den Konturen der Wände,
Giebel und Fenster spricht aber doch eine zarte
und weiche persönliche Linie, die die kalte
Nüchternheit des Reißbretts bannt. Und die
schlichte Erscheinung vereinigt sehr mannig-
fache Tendenzen, die das Interesse steigern und
von den im Künstler selbst noch ringenden
Naturen herstammen. Da ist die gotische Strenge
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Wohnhaus in Zehlendorf. Gartenseite.
EIN LÄNDLICHES WOHNHAUS VON ARCH. I. A. CAMPBELL.
VON ADOLF VOGT.
Von den beiden ländlichen Häusern, die der
Architekt Campbell für Herrn Schicken-
danz gebaut, ist das ältere hier bereits publi-
ziert worden. Nun sie zur Gruppe vereint,
stützt und erklärt eins das andere. Und der
Eindruck verstärkt sich, daß sie fast als Protest
gedacht sind gegen die üblichen Villen und
Landhauspaläste, die in der Umgebung, wie in
allen Berliner Vororten, dominieren. Der Ber-
liner scheint sich in der freien Natur nicht frei
und leicht und natürlich geben zu können. Die
neue Kultur ist bei ihm noch nicht so tief ge-
drungen, daß er dem veränderten Ort, den ver-
änderten Verhältnissen sich selbstverständlich,
mit ungezwungener Grazie anpassen könnte.
Die Berliner Villen sind zu ihrem größten
Teil überlastet mit Architektur und mit reprä-
sentativen Absichten. Wir bewundern die fei-
nen, schlichten, weithin gelagerten „Edelsitze"
der alten Rittergüter, aber die Heutigen können
es sich nicht versagen, all ihre Müllersche oder
Lewysche Herrlichkeit laut, nackt schon im
Äußern zu verkünden. — Campbell versucht,
wie einige Strebensverwandte (Straumer u. a.),
der Stimmung des Ländlichen im Landhaus
wieder gerecht zu werden. Daher die glatten,
weiß getünchten Mauern, deren keusche Fläche
von keinerlei Architektur gestört wird, daher
die entsagungsvolle Strenge der Giebelzüge und
die wenigen herben Gegensätze, die sich aus
den Baugliedern von selbst ergeben: dem weißen
Putz der Wände, den roten Ziegeln des Daches
und den roten Terrassenmauern, den grünen
Rasenflächen und dem weißen Lattenzaun. In
den Proportionen und den Konturen der Wände,
Giebel und Fenster spricht aber doch eine zarte
und weiche persönliche Linie, die die kalte
Nüchternheit des Reißbretts bannt. Und die
schlichte Erscheinung vereinigt sehr mannig-
fache Tendenzen, die das Interesse steigern und
von den im Künstler selbst noch ringenden
Naturen herstammen. Da ist die gotische Strenge
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