ZU EINEM FRIEDHOFS-ENTWURF VON FR. GILDEMEISTER.
VON RUDOLF ALEXANDER SCHRÖDER.
Seitdem Folgerichtigkeit und idealisierte
Zweckmäßigkeit wenigstens im Prinzip als
Grundlagen jeder ehrenwerten Architektur
wieder eingesetzt sind, hat man angefangen,
sich auch des Gartens und Parks wieder an-
zunehmen, der seit den Tagen unserer Väter
durch einen mit so vielen ähnlichen Verschlech-
terungen parallel verlaufenden Entwertungs-
und Verbilligungs-Prozeß der großen englischen
Tradition zu jenem nur allzu wohlbekannten
Gebilde herabgesunken war, durch dessen
Schlängelpfade an „Gruppen" zu je drei Bäu-
men und wurstförmigen Teichen vorüber Sonn-
tags Nachmittags der hocherfreute Spießbürger
zur beliebten Borkenhütte wallt. Leider kann
man nicht behaupten, daß nur die „englische"
Tradition einer solchen Verkümmerung anheim-
gefallen sei. Welch horrende Hervorbringungen
zeitigt nicht immer noch auf unseren öffent-
lichen Plätzen die Notwendigkeit eines archi-
tektonischen Gartenschmucks. Man sollte als
gebildeter Mensch über derlei Angstgeburten
kaum noch lachen. Es ist eine zu billige
Genugtuung. — Nun, man darf wohl sagen,
im Prinzip seien diese Scheusäligkeiten über-
wunden, und wenn sie auch de facto noch
eine geraume Weile „fortzeugend Böses" ge-
bären werden, so darf man sich doch darüber
freuen, daß tüchtige Kräfte am Werk sind und,
um einen kühnen Tropus zu gebrauchen, hie
und da Oasen in der Gartenwüste aufblühen.
Einer der tüchtigsten unter den jüngeren Gar-
tenkünstlern, Fr. Gildemeister aus Bremen,
dürfte den Lesern dieser Zeitschrift schon be-
kannt sein. Die hier veröffentlichten Pläne für
die Gestaltung des neuen Friedhofs seiner
Vaterstadt konnten, wenn wir recht berichtet
sind, von den Preisrichtern nicht berücksichtigt
werden, weil Gildemeister verabsäumt hatte,
gleichzeitig Pläne für die notwendigen Baulich-
keiten vorzulegen. Uns will es allerdings schei-
nen, als ob bei einer so umfangreichen An-
lage, in der die Gebäude unmöglich anders als
durch ihre Lage dominieren können, es haupt-
sächlich darauf ankomme, daß Ausnutzung und
Gestaltung des zu bepflanzenden, mit Wege-
netzen und Grabstellen zu versehenden Areals
künstlerische und praktische Forderungen so
vollkommen als möglich befriedige. Wenn man
den Gildemeisterschen Entwurf mit den in der
Konkurrenz preisgekrönten vergleicht, so wird
selbst der Laie auf den ersten Blick sehen, daß
415
VON RUDOLF ALEXANDER SCHRÖDER.
Seitdem Folgerichtigkeit und idealisierte
Zweckmäßigkeit wenigstens im Prinzip als
Grundlagen jeder ehrenwerten Architektur
wieder eingesetzt sind, hat man angefangen,
sich auch des Gartens und Parks wieder an-
zunehmen, der seit den Tagen unserer Väter
durch einen mit so vielen ähnlichen Verschlech-
terungen parallel verlaufenden Entwertungs-
und Verbilligungs-Prozeß der großen englischen
Tradition zu jenem nur allzu wohlbekannten
Gebilde herabgesunken war, durch dessen
Schlängelpfade an „Gruppen" zu je drei Bäu-
men und wurstförmigen Teichen vorüber Sonn-
tags Nachmittags der hocherfreute Spießbürger
zur beliebten Borkenhütte wallt. Leider kann
man nicht behaupten, daß nur die „englische"
Tradition einer solchen Verkümmerung anheim-
gefallen sei. Welch horrende Hervorbringungen
zeitigt nicht immer noch auf unseren öffent-
lichen Plätzen die Notwendigkeit eines archi-
tektonischen Gartenschmucks. Man sollte als
gebildeter Mensch über derlei Angstgeburten
kaum noch lachen. Es ist eine zu billige
Genugtuung. — Nun, man darf wohl sagen,
im Prinzip seien diese Scheusäligkeiten über-
wunden, und wenn sie auch de facto noch
eine geraume Weile „fortzeugend Böses" ge-
bären werden, so darf man sich doch darüber
freuen, daß tüchtige Kräfte am Werk sind und,
um einen kühnen Tropus zu gebrauchen, hie
und da Oasen in der Gartenwüste aufblühen.
Einer der tüchtigsten unter den jüngeren Gar-
tenkünstlern, Fr. Gildemeister aus Bremen,
dürfte den Lesern dieser Zeitschrift schon be-
kannt sein. Die hier veröffentlichten Pläne für
die Gestaltung des neuen Friedhofs seiner
Vaterstadt konnten, wenn wir recht berichtet
sind, von den Preisrichtern nicht berücksichtigt
werden, weil Gildemeister verabsäumt hatte,
gleichzeitig Pläne für die notwendigen Baulich-
keiten vorzulegen. Uns will es allerdings schei-
nen, als ob bei einer so umfangreichen An-
lage, in der die Gebäude unmöglich anders als
durch ihre Lage dominieren können, es haupt-
sächlich darauf ankomme, daß Ausnutzung und
Gestaltung des zu bepflanzenden, mit Wege-
netzen und Grabstellen zu versehenden Areals
künstlerische und praktische Forderungen so
vollkommen als möglich befriedige. Wenn man
den Gildemeisterschen Entwurf mit den in der
Konkurrenz preisgekrönten vergleicht, so wird
selbst der Laie auf den ersten Blick sehen, daß
415