KÜNSTLER UND KUNSTPREISE.
VON GEORG SWARZENSKI.
(SCHL
4LUSS.)
Die Bildung von Marktpreisen für die einzel-
nen Kunstgattungen und Meister, von Re-
kordpreisen für die in der Qualität und Impor-
tanz besonders hervorragenden Einzelstücke
findet ihre notwendige Voraussetzung darin,
daß die betreffenden Gattungen, Meister oder
Werke in ihrem künstlerischen Werte allgemein
anerkannt sind. Der ganze Kunsthandel be-
ruht auf dieser Voraussetzung der sogenannten
„Klassierung" der Kunstwerke, und er ist des-
halb auch an dem Prozesse der „Klassierung"
außerordentlich lebhaft interessiert.
Dieser Prozeß der Klassierung der Kunst-
werke bildet naturgemäß nun auch die ent-
scheidende Triebfeder in der Entwicklung des
Marktes für die moderne Kunst. Denn auch
hier handelt es sich um nichts anderes, als um
die Konzentration des für Sammlungszwecke
freien Kapitals auf die wenigen, wirklich her-
vorragenden Hauptmeister und Hauptstücke,
auf die eigentlich entscheidenden künstlerischen
Erscheinungen der Produktion unserer Zeit.
Nichts ist interessanter und lehrreicher, als
diesen Kampf um die Klassierung der neueren
und neuen Meister zu verfolgen. (Nichts auch
wichtiger, da hier ja die Möglichkeit auch offen-
steht, das Bedeutendste und Folgenschwerste,
was wenigstens für die meisten Gebiete der
alten Kunst längst in festen Händen ist, wirk-
lich noch zu erwerben.)
Der Kampf zeigt einen ganz typischen Ver-
lauf. Am Anfang steht das beschämende Kapitel
der Verkennung, der Verspottung und Ent-
rüstung. Das Publikum lacht, und die „Künstler-
schaft" ist mit einer sonst selten vorkommenden
Einmütigkeit empört. Ein oder ein paar Freunde
fangen an zu kaufen, — mit Hingabe, Be-
geisterung und der bewußten Zähigkeit einer
Überzeugung. Innerhalb der verlästerten Kunst-
kritik finden sich Stimmen, die für den neuen
Meister eintreten; ein intelligenter Kunst-
händler beginnt sich für ihn zu interessieren
und versucht, seine Arbeiten zu plazieren und
womöglich zu monopolisieren. Die Diskussion
MAX PECHSTEIN BERLIN. GEMÄLDE: »ZWIESPRACHE«
1912. VI. 2.
43J
VON GEORG SWARZENSKI.
(SCHL
4LUSS.)
Die Bildung von Marktpreisen für die einzel-
nen Kunstgattungen und Meister, von Re-
kordpreisen für die in der Qualität und Impor-
tanz besonders hervorragenden Einzelstücke
findet ihre notwendige Voraussetzung darin,
daß die betreffenden Gattungen, Meister oder
Werke in ihrem künstlerischen Werte allgemein
anerkannt sind. Der ganze Kunsthandel be-
ruht auf dieser Voraussetzung der sogenannten
„Klassierung" der Kunstwerke, und er ist des-
halb auch an dem Prozesse der „Klassierung"
außerordentlich lebhaft interessiert.
Dieser Prozeß der Klassierung der Kunst-
werke bildet naturgemäß nun auch die ent-
scheidende Triebfeder in der Entwicklung des
Marktes für die moderne Kunst. Denn auch
hier handelt es sich um nichts anderes, als um
die Konzentration des für Sammlungszwecke
freien Kapitals auf die wenigen, wirklich her-
vorragenden Hauptmeister und Hauptstücke,
auf die eigentlich entscheidenden künstlerischen
Erscheinungen der Produktion unserer Zeit.
Nichts ist interessanter und lehrreicher, als
diesen Kampf um die Klassierung der neueren
und neuen Meister zu verfolgen. (Nichts auch
wichtiger, da hier ja die Möglichkeit auch offen-
steht, das Bedeutendste und Folgenschwerste,
was wenigstens für die meisten Gebiete der
alten Kunst längst in festen Händen ist, wirk-
lich noch zu erwerben.)
Der Kampf zeigt einen ganz typischen Ver-
lauf. Am Anfang steht das beschämende Kapitel
der Verkennung, der Verspottung und Ent-
rüstung. Das Publikum lacht, und die „Künstler-
schaft" ist mit einer sonst selten vorkommenden
Einmütigkeit empört. Ein oder ein paar Freunde
fangen an zu kaufen, — mit Hingabe, Be-
geisterung und der bewußten Zähigkeit einer
Überzeugung. Innerhalb der verlästerten Kunst-
kritik finden sich Stimmen, die für den neuen
Meister eintreten; ein intelligenter Kunst-
händler beginnt sich für ihn zu interessieren
und versucht, seine Arbeiten zu plazieren und
womöglich zu monopolisieren. Die Diskussion
MAX PECHSTEIN BERLIN. GEMÄLDE: »ZWIESPRACHE«
1912. VI. 2.
43J