Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

DOI Artikel:
Westheim, Paul: Schweizer Bilder
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0037

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SCHWEIZER BILDER.

Ein Saal mit Schweizer Bildern, ver-
sprengt in eine Allerweltskunst, wie sie
die Jahresernte der Großen Berliner Aus-
stellung bietet, ist für uns Stadtkinder gleich
einer Sonntagsfahrt ins Freie, wo die Bäume
wirklich grünen, wo die Wasser ohne Rohr-
druck plätschern und blühendes Gewächs auch
°hne Treibhaus und Wintergarten zu gedeihen
verrnag. Das Auge genießt ein Schauspiel
der Natur. Zurück lassen wir das alltägliche

Th
M

eater. Das Theater der heroisch gestimmten
'etshausfassaden und der pathetisch aufge-
lesenen Ateliermalereien. Zurück das Thealer
r Konventionen, das die Cafehausmenschen
Und die Cafehausmaler für die Wirklichkeit
Rehmen. Diese Schweizer, die mit ihren Mal-
kästen auf Höhen und Schneefeldern herum-
«■"axeln, schauen in die freie Gotteswelt nicht
durch jenen Tabaksdunst, der Dinge und Er-
scheinungen einbettet in das eine gleichmäßige,
stumpfe, akademisch trockene Grau. Kontur
Und Farbe, Stoff und Gebärde verschwimmen
vor ihren Sehnerven nicht in diesen unbestimm-

baren Dunstnebeln, die die Meister als Arbeits-
geheimnis an ihre Jünger vererben, damit auch
ihnen das Pinseln von der Hand gehe wie ge-
schmiert.

Hodler war der Operateur, der ihnen den
Star der konventionellen Herkömmlichkeit ge-
stochen. Hodlerhat — wieder einmal im rechten
Augenblick — die Fenster aufgestoßen und da
lagen, ausgebreitet vor den aufnahmefähigen
Sinnen, nie empfundene Schönheiten, lag als
ungehobener Schatz eine Natur, die scheinbar
bis dahin noch niemals klar und eindeutig von
Malersinnen erfaßt worden ist. Hodler hat
außer dem ganz Persönlichen seines Parallelis-
mus, seiner rhythmischen Flächenbezwingung
etwas mit seinem Oeuvre geboten, was er
der reinen Atmosphäre der heimischen
Berge verdankt und was als bodenständiges
Gut die ganz anders beschwingten Naturen
seiner Umgebung und seiner Gefolgschaft um
ihn schart. Ich meine jene Helligkeit der
Farbgebung, jenes beinahe kalte, von
Blau und Weiß beherrschte Kolorit,

«3
 
Annotationen