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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

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Michel, Wilhelm: Neue Bildnis-Aufnahmen von Frank Eugène Smith
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https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0089

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Bildnis-Auf nähme.

NEUE BILDNIS-AUFNAHMEN VON FRANK EUGENE SMITH.

Die Meisterleistung der neuen Serie ist das
Bildnis Fritz v. Uhdes: fabelhaft modelliert,
prachtvoll im Ton, ruhig und groß in der Be-
leuchtung und von altmeisterlicher Vornehmheit
in Haltung und Komposition.

Auch alle die übrigen Bilder geben Proben
von Smiths bekannten Qualitäten: Vornehmheit
der Auffassung, Fülle des seelischen Ausdruckes,
und vollendete Sicherheit des Geschmackes.
Meisterlich ist auch das Bildnis des kleinen
Prinzen Luitpold komponiert, nicht nur in den
Linien, sondern auch in der Anordnung der
Massen, in der Verteilung von Licht und Schat-
ten. _ Kurz, überall bemerkt man die Arbeit
eines feinen Gefühls für Rhythmus und Wohllaut
der Flächenfüllung. Jetzt und immer wird man
den Münchener Meister, dem seit einiger Zeit
die künstlerische Leitung der graphischen Ab-
teilung der Münchner Lehr- und Versuchs-An-
stalt für Photographie übertragen wurde, mit
Vergnügen an der Verfeinerung und Vervoll -
kommenung der Kamerakünste arbeiten sehen.
Man kann sich des Gefühls nicht erwehren,

daß in dieser Entwicklung des photographischen
Bildnisses bei dem gleichzeitigen Tiefstande
der eigentlichen Porträtkunst etwas Sinnvolles
liegt. Von der Bildniskunst früherer Zeiten ist
uns nichts geblieben als ein kläglicher Rest.
Nur Liebermann, Corinth, in einigem Abstände
Stuck und fünf, sechs andere deutsche Künst-
ler malen heute noch Bildnisse, die ernsten
Anforderungen genügen. Unsere Malerei hat
ihre neuen Mittel durchaus an der Landschaft
entwickelt. Aber zur Deutung des physisch-
seelischen Komplexes, wie ihn der Mensch dar-
stellt, fehlen die Mittel. Es ist nicht uninteres-
sant, die Arbeiten von Smith und seinen Mit-
strebenden unter dem Gesichtswinkel eines
Ersatzes für diesen Mangel zu betrachten. Von
diesem Gesichtspunkte aus erscheint die weit-
gehende Plattenbearbeitung und die schwierige
Kopiertechnik, wie sie die neuere Photographen-
schule übt, keineswegs als Verstoß gegen die
Materialgrundsätze des Lichtbildes, sondern
als erlaubte Beimischung von subjektiv künst-
lerischen Elementen. - w M

l9'l/12. 1.8.

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