Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

DOI Artikel:
Niemeyer, Wilhelm: Bildhauer Richard Luksch, Hamburg
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0137

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SONDER-AUSSTELLUNG PROFESSOR RICHARD LUKSCH IM MUSEUM FÜR KUNST

UND GEWERBE ZU HAMBURG.

BILDHAUER RICHARD LUKSCH - HAMBURG.

VON WILHELM NIEMEYER.

X- überb"ckbare Schaffens

summe
ie

des Bildhauers Richard Luksch gibt d-
Anschauung eines logisch fortschreitenden und
stetig emporsteigenden Entwicklungsganges,
der den Künstler in die erste Reihe der heu-
tigen Plastiker geführt hat. S eine Kunst hat in
ihrer Werdeperiode wichtige zeitgenössische
Formtendenzen in sich aufgenommen und sie
durch ihre Leistungen mitvertreten, um zuletzt
als ihre Verschmelzung zu einem persönlichen
Stil von sicherer Kraft und bewußtem Schön-
heitswillen zu werden.

Von Anfang an eignet Luksch der spezifische
Bildhauersinn, der Instinkt für den plastischen
Ausdruck organischer Form, für das Leben der
skulpturalen Fläche, also für den Anteil des
Naturbildes am plastischen Werk, seinen imi-
tativen Faktor. Diesem seinem Ausgangsbesitz
den Gegenwert, das abstraktive Element, die
architektonische Formbindung hinzuzugewinnen
und beides zu organischem Formleben zu ver-

schmelzen, ist demgemäß der Inhalt der be-
wußten Selbstentwicklung des Künstlers. Nach
der Verschiedenheit dieses Gegenwertes teilt
sich der Formweg seiner Kunst in klar abge-
setzte Entwicklungsperioden.

Ein Frühwerk, „Der Wanderer", das 1898
in Dachau entstand, als plastische Leistung
bereits völlig sicher, sucht in lyrischer Pathetik
den Gegenwert, der die naturgegebenen Formen
zum plastischen Ganzen schließt. Über nebel-
hafte, dem Boden zu seinen Füßen entquellende
Gestalten, Verkörperungen der herandrängen-
den Lebensmächte, schreitet die männliche Ge-
stalt, die Maske des Antlitzes ganz Wille und
Selbstspannung. Der Gegensatz der Stoffe, Holz
der Gestalt gegen Muschelkalk des zu Visionen
verlebendigten Sockels, entspricht dem drama-
tischen Dualismus des Werkes. Die in vager
Knäuelung aufwogenden Erscheinungen geben
in weich anmutigen, sicher andeutenden Formen
Zeugnis von echtem plastischen Gefühl, die

123
 
Annotationen