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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

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Michel, Wilhelm: Albert Weisberger, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0289

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ALBERT WEISGERBER.

»Am See« (Skizze).

ALBERT WEISGERBER-MÜNCHEN.

VON WILHELM MICHEL.

München als Kunststadt ist die Stadt der
Hoffnungen, will sagen, daß hier jeden
Augenblick junge Künstler auftreten, die Gutes
oder sogar Großes versprechen. Aber wie oft
bleibt es bei den Hoffnungen! Wie oft ist es
nur das bischen Jugend, das eine Zeitlang in
Gebilden schäumt, und dann, wenn bei lang-
samerem Umlaufe des Blutes die eigentliche
konstitutionelle Kraft hervortreten soll, sind
Kisten und Kasten leer. Die frühen Erfolge,
die in München mit seinem duldsamen Publi-
kum und seiner unbillig langmütigen „Kritik"
so leicht zu haben sind, lähmen zudem den
Trieb nach vorwärts. So kommt es, daß hier
die Sterblichkeit der „Hoffnungen" fast ebenso
hoch ist wie ihre Geburtenziffer.

Eine „Hoffnung", die sich erfüllt hat, ist
Albert Weisgerber. Seine erste große Kol-
lektiv-Ausstellung bei Brakl im November 1911
hat darüber die endgültig entscheidende Auf-
klärung gebracht, entscheidend, weil objektiv
und unwidersprechlich. Diese Ausstellung hat
manche schiefen Vorstellungen von Weisgerber

berichtigt. Sie hat die Möglichkeit geboten, die
verschiedenartigen Erzeugnisse seines Schaff ens,
die man zusammenhanglos in den Ausstellungen
der letzten Jahre zu Gesicht bekam, in seine
Entwicklung entsprechend einzureihen.

Gerade in diesem Falle war dies doppelt
willkommen. Denn Weisgerbers Lehr- und
Wanderjahre standen länger, als wir dies von
unseren schnellfertigen „Hoffnungen" gewohnt
sind, unter dem Zeichen des Experimentes.

Darüber gibt seine jetzige Kollektion Auf-
schluß. — Man sieht den jungen Künstler hier,
immer mit gleichem Ernste und gleicher Red-
lichkeit des Strebens, hüben und drüben An-
schluß suchen, man sieht ihn dabei auch auf die
verschiedenartigsten freigewählten Einflüsse
versuchsweise reagieren.

Neben Bildern, die ungefähr die durchschnitt-
liche künstlerische Weltanschauung der Münch-
ner Secession repräsentieren, hängen Gemälde,
die Reflexe der verschiedensten Richtungen
des alten und jungen Frankreich geben. Manet,
Cezanne, Liebermann, der neueste Pariser Im-

i9ia.iv. i.
 
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