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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

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Westheim, Paul: Gedeckte Tische: Aus der Ausstellung im Hohenzollern-Kunstgewerbe-Haus, Berlin Januar und Februar 1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0476

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DER. /

GEDECKTE ff.
m TISCH M

23.-31. JANUAR, \QXL,

AUSSTELLUNG IM
HOHENIOLLERN
KUNSTGEWERBE
HAUS

CONIGGRATIERST^

JULIUS GIPKENS BERLIN.

GEDECKTE TISCHE.

AUS DER AUSSTELLUNG IM HOHENZOLLERN-KUNSTGEWERBE-HAUS
BERLIN JANUAR UND FEBRUAR 1912.

Die mondaine Gesellschaft mit der
Künstlerschalt in einen werktätigen
Kontakt zu bringen, scheint eine der Absich-
ten, die die wechselnden Sonderausstellungen
der Herren Friedmann & Weber bestimmen.
Einmal rauschte die „Dame" selbst mit ihren
Boudoirs, Jupons und galanten Kulissen durch
die weiten Räume des Hauses, dann waren
es die Hofnarren der neuen Gesellschaft:
die Karikaturisten oder das Spielwerk der gro-
ßen Kinder: die Puppen. Jetzt in der Hoch-
saison der Gastereien gab es, wie früher schon
einmal: Gedeckte Tische.

Damen der Gesellschaft und Künstler konn-
ten sich nebeneinander als Regisseure be-
tätigen. Paritätisch waren die 34 Tische und
Tischchen verteilt an alle, die Anregungen zu
geben versprachen. Frau Prinzessin August Wil-
helm von Preußen bot ihren Tisch neben dem
einer Journalistin oder einer Kunstgewerblerin.
Die Berliner und die Kopenhagener Porzellan-
Manufaktur präsentierten festliche Tafeln neben
dem Blumenstück, das Franziska Bruck kom-
poniert hatte, neben dem galanten „Souper ä

deux" des Leiters der Fachschule für Dekora-
tions-Kunst, Julius Klinger, neben dem, was
Architekten und Maler auf das Stichwort vom
gedeckten Tisch zu antworten wußten.

Mit Vergnügen war festzustellen, daß an den
Tischen selbst ein Ausgleich zwischen den Grup-
pen stattgefunden hatte. Die Künstler sind nicht
künstlich, die Herrschaften nicht in dem nun
schon veralteten Sinne „hochherrschaftlich" ge-
blieben. Mit wenig Ausnahmen fand man einen
selbstverständlichen Ton, servierte man Tafel-
stilleben, als ob man daheim wäre oder Gäste
erwartete. Eine erfreuliche Talsache für alle,
die eine Aufgabe darin erblicken, die ange-
wandten Künste frei zu halten von einer welt-
fremden Artisterei, die ein paar — vielleicht
gewichtigen — Problemen nachgrübelt, aber
letzten Endes doch immer außerhalb der Sphäre
bleibt, die für gepflegte und gut situierte Men-
schen einzig in Betracht kommt. Ich meine jene
Sphäre selbstsicherer Eleganz, die ohne ver-
stiegene Pathetik und Bluff-Nebenabsichten den
künstlerischen Esprit der Zeit aufzunehmen
versteht. Wollwickelrosen, die an hinterwäld-

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