DOI Artikel:
Westheim, Paul: Vom Kleingerät
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0492
Vom Kleingerät.
HERMANN ROTHE (FIRMA ROTHE & KROP).
TISCH FÜR EINE ABEND - GESELLSCHAFT.
BLUMENSTERN AUS BLAUEN ANEMONEN,
NVMPHENMOOS UND BLAUEN BÄNDERN.
den, wieso diese Entwicklung kommen mußte,
warum es notwendig gewesen, das ganze Zimmer
vom Fußbodenbelag bis zur Deckengestaltung
in eine Hand zu geben. Ohne dieses Avance-
ment vom Gewerbekünstler zum Innenarchi-
tekten wäre ein Durchsetzen der neuen Ideen
mühevoller, langwieriger, gewaltsamer gewesen.
Aber diese notwendige Verschiebung hatte zur
Folge, daß die besten aus dem Gewerbe empor-
steigenden Kräfte sich festgelegt sahen auf ein
tektonisches Gestalten, das sie hinderte, sich
mit gleichem Eifer den mannigfaltigen klein-
gewerblichen Aufgaben hinzugeben. Der „arri-
vierte" Keramiker, Textil- oder Plakatzeichner,
die begabtesten unter den Buchkünstlern und
Metallarbeitern wurden zu Raumbildnern, die
bei der Größe der auf sie eindringenden An-
forderungen mit dem Vielerlei des Kleinwerkes
sich, so gut es eben gehen mochte, abfanden.
Kunsthandwerk und Kunstindustrie mußten
so die eigenartige Erfahrung machen, daß die
tüchtigsten Erfinder, die sie aus dunkler Un-
bekanntheit emporgehoben hatten, nach kurzer
Zeit für sie nur noch halb, nur noch gelegent-
lich in Betracht kamen. Genug der Namen,
die wie ein Meteor durch irgend ein Spezial-
gewerbe sausten, wären anzuführen. Wohin-
gegen die kleinen Begabungen, die ungeord-
neten Talente, halbreife Schülernaturen nun-
mehr in Anspruch genommen werden mußten.
Nicht ganz so auffallend äußerte sich das auf
allen denjenigen Gebieten, die fester mit dem
tektonischen Gestalten verknüpft waren. Ta-
peten, Möbel- und Bespannstoffe, Linoleum,
Teppiche, Beleuchtungskörper, Glasfenster, auch
in gewissem Sinne die dekorative Malerei pro-
fitierten von dieser Entwicklung. Der Innen-
architekt, der seinen Räumen höchste Erlesen-
485
HERMANN ROTHE (FIRMA ROTHE & KROP).
TISCH FÜR EINE ABEND - GESELLSCHAFT.
BLUMENSTERN AUS BLAUEN ANEMONEN,
NVMPHENMOOS UND BLAUEN BÄNDERN.
den, wieso diese Entwicklung kommen mußte,
warum es notwendig gewesen, das ganze Zimmer
vom Fußbodenbelag bis zur Deckengestaltung
in eine Hand zu geben. Ohne dieses Avance-
ment vom Gewerbekünstler zum Innenarchi-
tekten wäre ein Durchsetzen der neuen Ideen
mühevoller, langwieriger, gewaltsamer gewesen.
Aber diese notwendige Verschiebung hatte zur
Folge, daß die besten aus dem Gewerbe empor-
steigenden Kräfte sich festgelegt sahen auf ein
tektonisches Gestalten, das sie hinderte, sich
mit gleichem Eifer den mannigfaltigen klein-
gewerblichen Aufgaben hinzugeben. Der „arri-
vierte" Keramiker, Textil- oder Plakatzeichner,
die begabtesten unter den Buchkünstlern und
Metallarbeitern wurden zu Raumbildnern, die
bei der Größe der auf sie eindringenden An-
forderungen mit dem Vielerlei des Kleinwerkes
sich, so gut es eben gehen mochte, abfanden.
Kunsthandwerk und Kunstindustrie mußten
so die eigenartige Erfahrung machen, daß die
tüchtigsten Erfinder, die sie aus dunkler Un-
bekanntheit emporgehoben hatten, nach kurzer
Zeit für sie nur noch halb, nur noch gelegent-
lich in Betracht kamen. Genug der Namen,
die wie ein Meteor durch irgend ein Spezial-
gewerbe sausten, wären anzuführen. Wohin-
gegen die kleinen Begabungen, die ungeord-
neten Talente, halbreife Schülernaturen nun-
mehr in Anspruch genommen werden mußten.
Nicht ganz so auffallend äußerte sich das auf
allen denjenigen Gebieten, die fester mit dem
tektonischen Gestalten verknüpft waren. Ta-
peten, Möbel- und Bespannstoffe, Linoleum,
Teppiche, Beleuchtungskörper, Glasfenster, auch
in gewissem Sinne die dekorative Malerei pro-
fitierten von dieser Entwicklung. Der Innen-
architekt, der seinen Räumen höchste Erlesen-
485