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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0027

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I. Abschnitt. Das Dionysos-Theater in Athen.

erhalten. Darnach ist es sicher, dass sie nur an der zum Bezirk gerichteten
Seite Säulen hatte. Innensäulen waren wegen der geringen Tiefe des Baues
nicht vorhanden.

In Ermangelung des bisher nicht nachgewiesenen Oberbaues haben wir einen
sichern Anhalt zur Datirung der Säulenhalle zunächst in dem Baumaterial der
erhaltenen Teile. Auf dieses müssen wir etwas näher eingehen, weil wir beim
Skenengebäude des Theaters dieselben Bausteine wiederfinden werden. Zu den
Fundamenten sind regelmässige viereckige Quadern aus Breccia verwendet; die
Stufen der Vorderfront und die hochkantigen Platten der übrigen Wände be-
stehen aus bläulichem Marmor, der vermutlich vom Hymettos stammt. und den
wir daher, im Gegensatz zu dem wahrscheinlich bei dem Oberbau angewende-
ten weissen Marmor vom Pentelikon, kurz hymettischen Marmor nennen werden.
Er liegt bei der Stoa nicht unmittelbar auf der Breccia des Fundaments auf,
sondern ist überall durch eine Zwischenschicht aus Piräuskalk (Porös) von ihr
geschieden. Aus dem letzteren Baustein bestehen ferner diejenigen Platten der
Rückwand, welche verdeckt lagen. Auch der Oberteil dieser Wand war wahr-
scheinlich ganz aus Porosquadern hergestellt. Die gleichzeitige Benutzung dieser
drei Steinsorten ist für die athenischen Bauwerke einer bestimmten Zeit charak-
teristisch. Man findet sie z. B. nebeneinander beim choregischen Denkmal des
Lysikrates, bei den Stoen des Attalos und des Eumenes, bei der Stoa im As-
klepieion und beim Dipylon, also bei Bauten, welche der Zeit vom IV. bis zum
II. Jahrhundert vor Chr. angehören. Während Porös allein bekanntlich schon bei
viel älteren und auch noch bei jüngeren Bauwerken Verwendung gefunden hat,
kommen die Breccia und der Hymettos - Marmor auch einzeln fast ausschliesslich
in jenem Zeitabschnitt vor. Ein Gebäude mit Fundamenten aus Breccia, welches
sicher aus noch älterer Zeit stammte, ist mir in Athen nicht bekannt. Und was
den Hymettos - Marmor betrifft, so ist schon früher bemerkt worden, dass er zu
Inschriften, von wenigen Ausnahmen abgesehen, erst vom IV. Jahrhundert ab und
namentlich erst seit der Zeit des Lykurg benutzt worden ist. Von seiner Ver-
wendung bei Gebäuden gilt dasselbe.

Wir dürfen hiernach, solange nichts dagegen spricht, die Säulenhalle unse-
res Bezirks der Periode vom IV. bis II. Jahrhundert zuweisen. Eine etwas ge-
nauere Bestimmung ermöglichen die zur Verbindung der Quadern verwendeten
Eisenklammern. Während nämlich im IV. Jahrhundert noch fast allgemein die

älteren |-1 förmigen Klammern zur Anwendung gelangen, benutzt man in den

folgenden Jahrhunderten fast nur die jüngeren, j j förmigen Eisen. Da nun bei
der Stoa die ältere Form vorkommt, dürfen wir den Bau in die Zeit vom
Ende des V. bis zum III. Jahrhundert setzen. Dass sie in der That im IV.
Jahrhundert erbaut ist, wird sich bei der Besprechung des Skencngebäudcs zeigen,
mit dem sie, wie der Augenschein lehrt, gleichzeitig ist.

Uber den Aufbau der Halle lässt sich nur wenig sagen. Auf drei Stufen aus
Hymettos-Marmor erhoben sich an der Südseite, also nach dem Inneren des
 
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