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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0118

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2. Das Theater in Oropos.

IO3

der Orchestra liegt. Ist man durch sie in die Skene eingetreten, so bemerkt man
an der Rückseite der Vorderwand in der Höhe des Fussbodens vier grössere
Steine mit quadratischen Löchern, die offenbar zur Aufnahme starker Holzbalken
gedient haben. Ob darin die Reste einer älteren, aus Holz bestehenden Vorder-
wand der Skene erkannt werden dürfen, muss unentschieden bleiben.

Im Innern des Saales sind noch mehrere Schichten einer Längsmauer aus
Brecciaquadern erhalten, welche in ihrer Mitte eine der Thür der Skenenwand
entsprechende Öffnung hat. Dass sie aus einer späteren Zeit stammt als die übri-
gen Wände des Saales, wird durch die Art ihres Anschlusses an die Seiten-
wände, durch ihre Höhenlage und ihr Material bewiesen. Für die Ermittelung ihres
Zweckes ist es ausschlaggebend, dass sie als Stützmauer gebaut ist. Die zur Or-
chestra gerichtete Seite ist nämlich glatt bearbeitet und zeigt die bei Stütz-
mauern gewöhnlich vorkommenden regelmässigen Absätze der einzelnen Schichten.
Die andere Seite ist roh und kann niemals sichtbar gewesen sein. Der hintere
Teil des Skenensaales war daher sicher mit Erde gefüllt und nur ein schmaler
corridorähnlicher Raum übrig geblieben. Die Erdschüttung reichte jedenfalls bis
zum ersten Stockwerke und hing vermutlich mit der Errichtung der grossen trep-
penförmigen Stützmauer hinter der Skene zusammen.

Unsere besondere Beachtung verdient die vor der Skene befindliche Säu-
lenhalle, deren gute Erhaltung wir schon erwähnten. Auf einem durchgehenden
Stylobat standen bei der Ausgrabung die Schäfte von 8 dorischen Säulen und
2 Eckpfeilern von je 1,88"' Höhe noch aufrecht. Von ihren Kapitellen hat sich nur
ein kleines Bruchstück gefunden, welches zwar die Form des Kapitells, nicht
aber sein genaues Höhenmass zu bestimmen gestattet. In Folge dessen kann die
Säulenhöhe und weiter auch die Höhe der ganzen Wand nicht vollkommen genau
angegeben werden. Wenn wir erstere zu rund 2,om und letztere zu 2,51111 an-
nehmen, kann der Fehler höchstens 0,05m sein, weil die Kapitellhöhe ungefähr
dem halben Durchmesser entsprechen muss. Von dieser kleinen Ungenauigkeit
abgesehen, sind der Grundriss und der Aufriss der Säulen nnd ihres Gebälks
in allen Einzelheiten gesichert. Von den 9 Zwischenräumen der Stützen waren
8 geschlossen, nur der mittelste enthielt eine bewegliche Thür, die sowohl an
ihrer Schwelle als auch an dem zugehörigen Architrave zu erkennen ist. In wel-
cher Weise jene geschlossen waren, lernen wir einerseits aus der Form der
Säulen und andererseits aus der auf dem Architrave befindlichen Inschrift. Die
Säulen bestehen nämlich im Grundrisse aus drei Teilen, aus einem Halbkreise,
einem breiteren und einem schmaleren Viereck (vergl. Abbildung Fig. 37). Of-
fenbar waren nur die beiden ersteren Teile sichtbar, und in den durch das
schmalere Viereck gebildeten Falz war die Verschlussvorrichtung eingeschoben.
Als solche haben unzweifelhaft die in der Inschrift des Gebälks erwähnten Pinakes
gedient, nämlich Holztafeln, welche mit Darstellungen verschiedener Art bemalt
waren. Sie wurden mit Riegeln befestigt, welche in die an den Stützen noch jetzt
sichtbaren Löcher eingriffen.
 
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