Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0157

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
142

II, Abschnitt. Griechische Theater ausserhalb Athens.

Fachgenossen, die mit mir die Ruinen untersucht haben (vergl. auch die Erklä-
rung von W. Loring, Excav. S. 91).

Die Bedenken E. Gardner's können demnach an der Baugeschichte, wie
sie oben entwickelt wurde, nichts ändern. Ich betrachte es vielmehr als sicher,
dass die Unterstufen der Vorhalle zugleich mit dem ganzen steinernen Theater
erbaut sind. Dadurch ist aber auch der weiteren Hypothese Gardner's von der
Existenz eines Logeion, anfänglich von im Flöhe und später (nach Erbauung der
Throne und des Canals) von 1,3 5m Höhe, vollständig das Fundament entzogen.
Wir könnten daher auf ihre Besprechung ganz verzichten, doch scheint es mir
nicht überflüssig, sie auch durch andere Argumente als hinfällig zu erweisen.

Indem Gardner das steinerne Theater einerseits und die Vorhalle des Thersi-
lion ohne ihre unteren Stufen andrerseits für gleichzeitig hält, kommt er zu dem
Resultate, dass der Boden vor der Vorhalle, die er übrigens auch als Hinter-
grund für die dramatischen Aufführungen ansieht, um I"' und später um 1,35m
höher gelegen habe als der Orchestraboden, und stellt nun die Hypothese auf,
dass dieser Höhenunterschied durch eine Bühne ausgeglichen worden sei.

Zunächst wäre es seltsam gewesen, wenn man den von dem Theatron um-
gebenen Orchestrakreis in demselben Augenblick, als man ihn erbaute, dauernd
durch eine feste Bühne in zwei Teile von verschiedener Höhe zerschnitten und
dadurch als runden Tanzplatz zerstört hätte. Eine hölzerne, nur zeitweilig errichtete
Bühne kann nämlich deshalb nicht in Betracht kommen, weil nach Entfernung einer
solchen die rohen Porosfundamentc der Säulenhalle sichtbar gewesen wären und
ausserdem ihre beiden oberen Stufen in der Luft geschwebt hätten. Auch Gardner
giebt deshalb einer festen Bühne wenigstens für die ältere Zeit den Vorzug.
Ferner hätte eine feste Bühne eine vordere Abschlussmauer nötig gehabt, von
der aber auch nicht ein Stein gefunden ist. Denn dass die oben besprochene
Schwelle mit den Löchern für das hölzerne Proskenion nicht zu einer solchen
Bühne gehört haben kann, ist schon wegen ihrer jüngeren Entstehungszeit aus-
geschlossen. Dabei ist auch die weitere Annahme Gardners, dass diese Schwelle
zu einer jüngeren beweglichen Bühne gehöre, die an Stelle der älteren festen
getreten sei, unhaltbar, weil es als undenkbar bezeichnet werden muss, dass diese
hölzerne Bühne bald darauf wieder in eine steinerne verwandelt und dabei ihre
Höhe von 1,35m auf mindestens 3,Som vergrössert worden sei. Endlich darf auch
daran erinnert werden, dass die Höhenlage des Fussbodens im Inneren der Ske-
nothek und der dort befindlichen Schwelle für die verschiebbare Skenenwand mit
dem Fussboden der angenommenen Bühne, wie hoch sie auch gewesen sein
mag, durchaus nicht zu vereinigen ist.

Ohne weiter auf die zahlreichen allgemeinen Gründe, welche gegen das Vor-
handensein einer niedrigen griechischen Bühne sprechen, einzugehen, weil sie im
VII. Abschnitte behandelt werden sollen, glaube ich die einzige Bühne dieser
Art, Avelche man gefunden zu haben vermutete, hiermit als in Wirklichkeit nicht
vorhanden erwiesen zu haben.
 
Annotationen