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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0158

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7. Das Theater von Megalopolis.

H3

Es giebt in der That kein Theater, welches durch seine besonderen Ein-
richtungen und durch seine mehrfachen Umbauten besser das Spiel in der Or-
chestra veranschaulicht, als das Theater von Megalopolis: In der ersten Hälfte
des IV. Jahrhunderts finden wir ein einfaches Erdtheater und darin als Spiel-
platz eine runde Orchestra und als Hintergrund die auf zwei Stufen sich erhe-
bende stattliche Säulenhalle des Thersilion. In der zweiten Hälfte des Jahrhun-
derts wurde ein steinernes Theater gebaut und die ganze Orchestra um im tiefer
gelegt. Diese bildete auch jetzt den einzigen Spielplatz für Chor und Schauspie-
ler. Die als Hintergrund dienende Säulenhalle hatte wegen der Tieferlegung drei
neue Stufen erhalten und erhob sich jetzt auf einem Unterbau von fünf Stufen.
Passten bei irgend einer Aufführung die Säulen nicht als Hintergrund, so wurde
eine grosse Skenenwand, welche gewöhnlich in der nebenan liegenden Skenothek
stand, als Dekoration vorgeschoben. Die Aufstellung der Throne und die damit
verbundene geringe Tieferlegung eines Teiles der Orchestra änderten an der
Art des Spieles nichts.

Eine kleine, aber unwesentliche Änderung trat erst ein, als behufs Errichtung
eines hölzernen Proskenion eine steinerne Schwelle vor dem Thersilion in einem
Abstände von 7"1 von der Säulenwand hergestellt wurde. Der Spielplatz wurde
dadurch etwas verkleinert, indem ein Stück der Orchestra in Fortfall kam. Die
Schauspieler befanden sich jetzt zwar noch an ihrem alten Platze in der Orchestra,
waren aber durch die neue Schmuckwand, vor der sie spielten, den Zuschauern
etwas näher gerückt; die Höhe ihres Standplatzes hatte sich nicht verändert.
Dieser Umbau ist vielleicht nach der Zerstörung der Stadt im Jahre 222 erfolgt,
weil die Verkleinerung der Orchestra nach diesem Unglück am ehesten zu verstehen
ist, Ob damals die hohe Säulenwand des Thersilion noch hinter dem Proske-
nion aufrecht stand, ist nicht bekannt; möglicher Weise lag sie schon damals
in Ruinen, wie es für die Zeit des Pausanias sicher überliefert ist. Auf jeden
Fall bestand sie nicht mehr, als statt des hölzernen Proskenion eine steinerne
Schmuckwand errichtet wurde. Denn dass der untere Teil der Thersilion-Säulen
dauernd durch das Proskenion verdeckt gewesen sei, ist nicht denkbar. Wann
diese steinernen Säulen des Proskenion mit ihren Pinakes errichtet wurden, wis-
sen wir nicht. E. Gardner mag Recht haben, wenn er sie vermutungsweise dem
ersten vorchristlichen Jahrhundert zuweist. Eine Änderung des Spielplatzes hatte
dieser Umbau keinesfalls im Gefolge.

Eine letzte Veränderung der Skene hat vielleicht noch in spätrömischer Zeit
stattgefunden; denn es sind einige Steine ausgegraben worden, die auf das Vor-
handensein eines römischen Logeion hinzuweisen scheinen (vergl. Excav. S. 88).
Jedoch sind diese Reste so gering und lassen sich mit der Thatsache, dass zwei
Säulen des Proskenion noch aufrechtstehend gefunden sind, so wenig in Einklang
bringen, dass es ratsamer ist, keinen weiteren Umbau anzunehmen. Wann der
ganze Bau zerstört worden ist, ist nicht überliefert. Zur Zeit des Pausanias war
er jedenfalls noch gut erhalten und wegen seiner Grösse berühmt.
 
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