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Ness, Wolfgang [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 1): Stadt Hannover — Braunschweig, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.44751#0089

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Rathaus
Aus dem Wettbewerb für das Rathaus ging
1898 Oberbaurat Eggert aus Berlin als Sie-
ger hervor, der auch die Bauleitung über-
nahm. Die Innenausstattung stand unter der
Leitung von Gustav Halmhuber. Der Rat-
hausbau begann im Jahre 1901, die Einwei-
hung erfolgte 1913 durch Kaiser Wilhelm II.
Der dreigeschossige Bau auf hohem rustizier-
tem Sockelgeschoß ist ein umfangreicher,
um zwei Innenhöfe gruppierter Komplex aus
heimischem Sandstein. Über einer vierecki-
gen von außen nicht sichtbaren Kuppel, die
mit einem Sandsteingewölbe die Zentralhalle
überdeckt, erhebt sich mit hohem „Tam-
bour" der zweite zentrale Kuppelbau, der
von einer zweigeschossigen Laterne bekrönt
ist und eine Höhe von ca. 100 m erreicht.
Der Fußpunkt der kupfergedeckten, zwei-
schaligen Kuppel wird durch eine umlaufen-
de Galerie hervorgehoben, aus der heraus
sich die seitlichen Blendgiebel, schrägge-
stellte Ecktürmchen und die beiden Giebel
der Uhren auf der Vorder- und Rückseite
entwickeln. Die bisher von einem Turm über-
ragten Rathausbauten des Deutschen Reichs
erfahren im Neuen Rathaus mit der vom Typ
des Parlamentsgebäudes adaptierten Kuppel
eine formale Erweiterung, die als weithin
sichtbarer Orientierungspunkt in der Stadt-
landschaft dominiert.
Die Gestaltung der Hauptfassade wird be-
stimmt durch die starke Betonung des Mit-
telbereichs. Dieses risalitartig dem Haupt-
baukörper vorgelegte Bauglied wird flankiert
von zwei runden Ecktürmchen, die von later-
nenartig endenden Zeltdächern gedeckt sind.
Der über eine breitgelagerte Freitreppe er-
reichbare dreiachsige Portikus wird von der
darüberliegenden Laube vor der Ratsstube
beherrscht. Den Giebel der Laube ziert das
hannoversche Stadtwappen.
Die an den Mittelrisalit beidseitig anschlie-
ßenden Fassadenabschnitte erhalten durch
umlaufende Geschoß- und Fensterbankge-
simse eine starke horizontale Betonung. Die
rundbogigen Fenster sind durch rustizierte
Umrahmungen gefaßt. Unter den Fenstern
des zweiten Obergeschosses zeigt ein Fries
mit neun Figurenreliefs Ereignisse der Stadt-
geschichte. Der Bau ist durch ein steiles Sat-
teldach gedeckt, das im Traufbereich durch
Dacherker gegliedert ist. Den seitlichen
Abschluß der Vorderfront bilden die risalit-
artig vorspringenden Ecken der Seitenflügel.
Auf der Südseite öffnet sich in der Breite des
dreiachsigen Mittelrisalits die Eingangshalle
in drei großen Bögen auf die erwähnte Trep-
penanlage. Im ersten Obergeschoß sind den
mit Maßwerk versehenen Rundbogenfen-
stern schmale Balkone mit Balustradenab-
schluß vorgelagert, von denen umlaufende
Gesimse zu den Fenstern im Obergeschoß
der Hauptfront überleiten. Die dreiachsigen
Fassadenabschnitte sind ähnlich der Vorder-
front durch Dacherker bekrönt. Den Über-
gang zu den zurückspringenden Seitenflügeln
bilden zwei über quadratischem Grundriß
aufgeführte Türme.

Das Raumgefüge des durch G. Halmhuber in
Jugendstilformen ausgestatteten Inneren
wird bestimmt durch die 38 m hohe Zentral-
halle, die man nach Durchschreiten der quer-
gelagerten Eingangshalle durch ein rundbogi-
ges, säulengerahmtes Portal erreicht. Auf der
Südseite führt eine monumentale Freitreppe
ins erste Obergeschoß zum heutigen Rats-
saal, dem ehemaligen Festsaal, an den sich
im Osten der Empfangssaal (ehemaliger
„Blauer Saal") und im Westen der Mosaik-
saal (ehemaliger „Grüner Saal") anschließen.
Alle Säle wurden im Zweiten Weltkrieg
schwer beschädigt und 1959 völlig umgestal-
tet. Weitere Zugänge in das Obergeschoß be-
stehen durch offene, gewendelte Treppen-
anlagen in den vier Ecken der 30 m X 21 m
großen Kuppelhalle, die durch umlaufende
Galerien verbunden sind.
An der Ostseite der Halle liegt der Hodler-
Saal, das ehemalige Sitzungszimmer des Ra-
tes. In dem 1981 restaurierten Saal wird
die Westwand von dem 5 X 15 m großen Ge-
mälde „Einmütigkeit" des Schweizer Malers
Ferdinand Hodler geschmückt. Das Bild

zeigt die Bekennung hannoverscher Bürger
zur Reformation.
Auf der Nordseite der Halle liegen die Rats-
stuben (nach außen durch die Laube ge-
kennzeichnet, s.o.) und die Zimmer des
Oberbürgermeisters und Oberstadtdirektors.
In den um die Innenhöfe gruppierten Seiten-
flügeln ist in fünf Geschossen ein Teil der
städtischen Verwaltung untergebracht.
Für die Bauverwaltung wurde 1955 westlich
des Rathauses ein neues Gebäude errichtet,
vor dessen Eingang das Tor der früheren
Ulanenkaserne vom Königsworther Platz auf-
gestellt wurde (siehe 03 Nordstadt). Das
rustizierte Rundbogenportal trägt das Wap-
pen des Königreichs Hannover.

Neues Rathaus, Südseite, Terrassenanlage und
Weggestaltung


Neues Rathaus, Nordseite. Detail


Neues Rathaus, Südseite


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