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Ness, Wolfgang [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 1): Stadt Hannover — Braunschweig, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.44751#0106

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03 NORDSTADT

Der Stadtteil Nordstadt erstreckt sich nord-
westlich der Schloßwender- und Arndtstraße
zwischen der Leine im Südwesten und der
Eisenbahnlinie nach Bremen und Minden im
Osten. Am Anfang der Herrenhäuser Straße
verläuft die Grenze in Richtung Norden pa-
rallel zum Berggarten (vgl. 14 Herrenhausen)
durch eine ehemalige Obstplantage (heute
Fakultät für Gartenbau und Landeskultur
der TU Hannover), folgt ein Stück in westli-
cher Richtung der Haltenhoffstraße und
biegt erneut nach Norden entlang des Burg-
weges ab, der unterhalb des früheren Ritter-
gutes Burg die Bahnlinie kreuzt. An der Was-
serkunst knickt die Grenze nach Osten ab,
schwenkt dann aber nach Norden östlich am
Großen Garten vorbei und mündet auf die
Herrenhäuser Straße.
Mittelalterliche Wüstungen im Gebiet der
Nordstadt, deren erste urkundliche Erwäh-
nung bis in das Jahr 1062 zurückgeht, haben
sich in Straßennamen erhalten (Am Putten-
ser Felde, Schöneworth).

Der heutige Bezirk Nordstadt setzt sich im
wesentlichen zusammen aus Teilen der ehe-
maligen Steintorgartengemeinde, die als Vor-
stadt Hannover 1859 eingemeindet wurde,
sowie Teilen des zwischen 1882 und 1928
eingemeindeten Schloß- und Gartenbezirks.
DIE GARTENGEMEINDEN DER
NORDSTADT
Die Gartengemeinden hatten sich aus dem an
die Stadt angrenzenden Feld- und Garten-
land entwickelt, das seit dem 14. Jh. in den
Besitz der Hannoveraner Bürger übergegan-
gen war. Das Land wurde seit etwa 1600 an
Kleinbürger der Stadt verpachtet, die dort
Gartenbau betrieben (,,Gartenleute'').
Zu Beginn des 18. Jh. gab es in den Garten-
gemeinden ca. 200 Wohnhäuser. Diese Zahl
steigerte sich bis 1800 auf 500. Von der frü-
hen Bebauung hat sich in der Nordstadt nur
das um 1820 gebaute „Gartenhaus" Am Ju-
denkirchhof 11c erhalten. Der schlichte
klassizistische Fachwerkbau mit hohem
Zwerchhaus über den drei mittleren Achsen,
zu dem ein ehemals symmetrisch angelegter
Garten gehörte, ist das letzte Zeugnis einer

Am Judenkirchhof 11c, „Gartenhaus",
um 1820


Georgengarten, ehemaliger Pferdestall, 1842/43



ursprünglich ländlichen Besiedlung der Stein-
torgartengemeinde und zudem das älteste
Gebäude der Nordstadt.
Die Steintorgartengemeinde gehörte poli-
tisch zum Amt Langenhangen, seit 1824
zum Amt Hannover. Eine Gliederung der im
19. Jh. ständig wachsenden Gemeinde erfolg-
te 1829 mit der Bildung von acht Ortschaf-
ten, die 1843 mit den aus der Aegidiengar-
tengemeinde gebildeten sechs Ortschaften
zur „Vorstadt Hannover" vereinigt wurden.
Zum Teil haben sich die Ortsnamen in den
Straßennamen erhalten (Königsworth,
Schloßwende, Nordfeld). Bei der Eingemein-
dung 1859 hatte die Vorstadt Hannover ca.
20 000 Einwohner.
DER EINFLUSS DER RESIDENZ
Für die Entwicklung der Nordstadt im 18.
Jh. ist neben der Entstehung der Gartenge-
meinde der Einfluß der herzoglichen Som-
merresidenz Herrenhausen von großer Be-
deutung.
Georgengarten
Im Anschluß an den 1665 begonnenen Bau
der Sommerresidenz errichtete der Hofadel
mehrere Gartenanlagen mit kleinen Schlöß-
chen und Lusthäusern im alten Überschwem-
mungsgebiet der Leine zwischen Herrenhau-
sen und Stadt, aus denen sich der Georgen-
garten entwickelte.
Graf Wallmoden vereinigte durch Ankauf die
Gärten der Hattorf (1769) und Goertz
(1766). 1818 wurde daraus königlicher Be-
sitz. Es erfolgte seit 1835 die Umwandlung
zum Landschaftspark, der 1859 um den sich
südöstlich anschließenden Wangenheim-Gar-
ten erweitert wurde. Heutiger Hauptbau ist
das ehemalige Wallmoden-Palais (seit 1818
Georgspalais), das 1780—82 anstelle des
1779 abgebrochenen Lusthauses durch Bau-
meister Tänzel nach Wallmodens Ideen und
Plänen Borchers ausgeführt wurde. Einem
zweigeschossigen Mittelbau sind niedrigere
Seitenflügel angefügt, von denen der linke
nach Kriegszerstörungen neu errichtet wur-
de. Auf der Südseite springt der Saal als Mit-
telrisalit polygonal vor, die Sphinxe auf den
Treppenwangen von dem abgebrochenen
Lusthaus Fantaisie (1707—09) von Remy de
la Fosse. Der Nordseite ist eine geschwunge-
ne Auffahrt vorgelegt, die vier Kandelaber
von Laves, 1840. Heute dient der Bau als
Wilhelm-Busch-Museum. An den alten Wall-
modengarten erinnert nur der Obelisk.
Von Laves stammen weiterhin die beiden um
1826 errichteten symmetrischen verputzten
Massivbauten (Kavaliershäuser Jägerstraße
15/16), die Bestandteile einer nicht zur
Ausführung gelangten Neubauplanung des
Wangenheimschen Gartenpalais bildeten. In
dem westlichen Gartengebäude ursprünglich
Pferdeställe, im östlichen Wohnungen für
Bedienstete; heute Nutzung als Wohnge-
bäude.
Für die Umgestaltung des Georgengartens
lieferte Laves die Entwürfe zweier Brücken:
die geschwungene Augustenbrücke (1840)
aus Naturstein und eine eiserne Fahrbrücke
(1837). Pläne Laves' für einen Pferde-
stall und Wagenremise wurden von Tramm

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