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Ness, Wolfgang [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 1): Stadt Hannover — Braunschweig, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.44751#0082

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SCHIFFGRABEN UND EHEMALIGE
GEORG-STADT/MARI EN-STADT
(vgl. 09 OSTSTADT/04 SÜDSTADT)
Die erste umfassende Erweiterung des Stadt-
bereichs, die das Stadtgebiet von 157 ha auf
2354 ha, also um etwa das Fünfzehnfache
vergrößerte, fand 1859 mit der Eingemein-
dung der „Vorstadt Hannover" statt. Dieses
eingemeindete Gelände wurde 1862 in zwei
Bezirke geteilt, die heute in Teilen zum
Stadtteil Mitte gehören: Das Gebiet nördlich
des Schiffgraben und östlich der Bahn er-
hielt nach König Georg V. den Namen
„Georg-Stadt", der Teil südöstlich des
Schiffgraben wurde nach der Königin ,,Ma-
rien-Stadt" benannt. Diese Grenzziehung
entsprach der alten Teilung in Steintor- und
Aegidien-Gartengemeinde.
Der zum Torftransport 1365 angelegte
Schiffgraben, der vom Warmbüchener Moor
über Steuerndieb durch die Eilenriede zum
Neuen Haus und von dort über Aegidientor
in den Stadtgraben führte, wurde 1861 we-
gen der Geru'chsbelästigung zugeschüttet und
unterirdisch abgeleitet. Die den Graben seit
der Mitte des 19. Jh. begrenzende Balustrade

fand eine neue Aufstellung am Engesohder
Friedhof (vgl. 04 Südstadt).
Von der nach der Zuschüttung einsetzenden
großbürgerlichen Wohnbebauung hat sich
nur wenig erhalten. Nordöstlich der Bahn
bestehen noch vier Bauten, die zwischen
1863 und 1872 von Otto Goetze errichtet
wurden (Schiffgraben 37, 39, 41, 43). Die
zweigeschossigen Einzel- und Doppelhäuser
aus Backstein zum Teil mit Sandsteingliede-
rung bilden trotz unterschiedlicher Gestal-
tung im einzelnen durch ihre großen über-
giebelten Risalite und die Verwendung neu-
gotischer Stilelemente eine geschlossene
Gruppe.
Im Bereich des Schiffgraben zwischen So-
phienstraße und Bahnlinie blieben auf der
Nordseite vier Villen bzw. villenartige
Wohnbauten zwischen Neubauten stehen.
(Schiffgraben 13, 17, 23, 27). Die Fassa-
den der in den achtziger Jahren des 19. Jh.
entstandenen Häuser sind mit Ausnahme
von Nr. 27 asymmetrisch mit außermittigen
Risaliten mit Dreiecksgiebel und Altan
aufgebaut, da ursprünglich wohl je zwei
Bauten paarweise aufeinander Bezug nah-
men. Zum Teil sind die Putzbauten in der

Art der Villen Heinrich Köhlers (vgl. 09
Oststadt, Schiffgraben 53, 57) strenger klas-
sizistisch ausgebildet (Nr. 13, 17), aber auch
üppigerer renaissancistischer Stuckdekor wur-
de verwandt (Nr. 27). Im Gegensatz zur
Baugruppe jenseits der Bahn sind die Vorgär-
ten stark reduziert.
Während auf der Nordwestseite des Schiff-
graben Wohnhäuser zur Ausführung kamen,
wurde die Südostseite Standort öffentlicher
Gebäude. 1879—81 entstand gegenüber der
Einmündung der Sophienstraße nach Ent-
wurf von Ferdinand Wallbrecht das neue
Provinzial-Ständehaus (Schiffgraben 10, heu-
te Finanzministerium), da das der Stände-
versammlung dienende Landschaftliche Haus
1881 dem Durchbruch der Karmarschstraße
zum Opfer fiel.
Der dreigeschossige Monumentalbau in hel-
lem Sandstein mit gelben Ziegelflächen ist
über rechteckigem Grundriß um zwei Innen-
höfe errichtet und zeigt stark plastische
Gliederung in Anlehnung an italienische Re-
naissance-Formen. Das Dach ist hinter einer
umlaufenden Balustrade verborgen. Im Mit-
telrisalit mit Monumentalordnung und Un-



Schiffgraben 17, um 1885

Schiffgraben 13, 17

Blick aus der Sophienstraße auf Schiffgraben 10, Provinzial-Ständehaus, heute Finanzministerium,
1879-81. Architekt F. Wallbrecht

Schiffgraben 6, 1913/14, Architekten Magunna
und Scheele 11



Schiffgraben 10, Mittelrisalit, Bauplastik von
Dopmeyer, Engelhard u.a.

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