Das Nachbarhaus (Waterloostraße 3), ein
großer, dreigeschossiger Putzbau mit neo-
klassizistischen Formen, entstand 1914 nach
Plänen von Eduard Wendebourg als Pfarr-
und Gemeindehaus der Schloßkirche.
Um 1900 war ein großer Teil des ehemaligen
königlichen Holzhofes unbebaut; etwa um
diese Zeit stellte die Regierung die Notwen-
digkeit eines Neubaus für die Polizeidirek-
tion mit angeschlossenem Gefängnis fest, da
die alten Gebäude in der Calenberger Neu-
stadt für die Städte Hannover und Linden
nicht mehr ausreichten. Als Bauplatz für das
neue Dienstgebäude wählte man dieses freie
Areal, das günstig auf dem Westufer der
Leine gelegen eine direkte Anbindung an das
geplante repräsentative städtische Zentrum
im Maschpark mit Rathaus und Museum er-
möglichte. Die Verbindung sollte die anzu-
legende Hardenbergstraße herstellen.
Das Gebäude (Hardenbergstraße 1) entstand
von 1900—1903 auf der Südecke zur Water-
loostraße nach Plänen von Kieschke. Die
zweiflügelige, viergeschossige Anlage mit
zweigeschossigen Seitentrakten und hofwärts
Hegendem viergeschossigem Gefängnisbau
besitzt an ihrer nach Norden stadtwärts wei-
senden Hauptfassade (Hardenbergstraße) ei-
nen mächtigen Mittelrisalit, dessen Giebel
Turmhauben einfassen; umgekehrt schließen
ausluchtartige, übergiebelte Fassadenab-
schnitte die halbrunden, oben polygonalen
Ecktürme mit ihren hohen, mehrfach gestuf-
ten Zwiebelhauben (nur der Ostturm voll-
ständig erhalten) ein. Dieses Zusammenspiel
zwischen geschweiften Knickgiebeln und
Hauben verleihen dem massiven Bau gleich-
zeitig die abwechslungsreiche Silhouette und
den repräsentativen, schloßähnlichen Cha-
rakter — Selbstdarstellung der Obrigkeit, die
sich auch in den Reliefs (Bildhauer W. Ste-
phan) wiederfindet. Das Material ist Putz
mit Sandstein, Schiefer für die Dachdeckung
und ursprünglich Kupfer für die Hauben.
Die architektonische Gliederung verschmilzt
stilistische Anregungen der Renaissance,
des Manierismus und des Barock in einer für
die Zeit um 1900 typischen Weise.
Nicht ganz so aufwendig gibt sich das Ge-
bäude der „Oberzolldirektion'' (Oberfinanz-
direktion, Hardenbergstr. 3) auf der Nord-
seite der Straße. 1906—08 nach Plänen des
Ministeriums für öffentliche Arbeiten unter
Leitung von Delius gebaut, ist es auf charak-
teristischer Art „moderner", indem die
strenge Fassadensymmetrie zugunsten einer
zweckbestimmten Gliederung aufgegeben
wurde: Die verschiedenen Abschnitte de-
monstrieren ihre unterschiedliche Nutzung
(villenähnliches Wohnhaus des Präsidenten,
repräsentativer Eingangsbereich mit Trep-
penhaus, Verwaltungstrakte). Das Material
ist wiederum Putz mit Sandstein, besonders
betont sind das schwere Sockelgeschoß und
der Eingangsrisalit. Die architektonische
Gliederung zeigt Einflüsse des Jugendstils,
die auch die „renaissancistischen" Schmuck-
details beherrschen. Nach dem Krieg wurde
das Gebäude durch ein Hochhaus erweitert.
Die Gebäude an der Hardenbergstraße liegen
in reizvoller, parkartiger Umgebung und be-
sitzen durch ihre Größe und die architekto-
nische Ausstattung beträchtliche Fernwir-
kung, die in stadtgestalterischer Hinsicht der
gesamten Umgebung zugute kommt.
Hardenbergstraße 3-5, ehemalige
Oberzolldirektion, 1906/08
Hardenbergstraße Richtung Osten
Hardenbergstraße 1. Polizeidirektion von Osten,
1900—03, Architekt Kieschke
Hardenbergstraße 3-5 (Waterloostraße 5),
ehemalige Oberzolldirektion, 1906/08
Hardenbergstraße 1, Polizeidirektion, 1900-
Architekt Kieschke, Haupteingang
Hardenbergstraße 1, Polizeidirektion, 1900-03,
Architekt Kieschke, Westflügel
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