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Ness, Wolfgang [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 1): Stadt Hannover — Braunschweig, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.44751#0152

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Ausbau des Stadtteils entlang des ehemaligen
Weidendamms (heute Hindenburgstraße) mit
großbürgerlichen Wohnhäusern. Die in den
siebziger Jahren am Schiffgraben entstande-
nen Villen knüpfen gleichfalls an diese Ent-
wicklung an (siehe 09 Oststadt). Die Villa
Rümpler ist trotz der späteren Ergänzungen
noch deutlich im Äußeren und insbesondere
im Grundriß erkennbar: Sie bildet heute im
Bereich des Haupteingangs des vom Institut
für Denkmalpflege genutzten ehemaligen
St. Vinzenzstifts den Kern der gesamten
Anlage.
Der zweigeschossige gelbe Ziegelbau mit sei-
ner ehemals reich gegliederten Fassade besaß
vor dem erhaltenen Eingangsrisalit an der
Nordseite einen dreieckigen Vorbau, zu dem
eine Freitreppe vom Vorgarten hinaufführte.
Die Nordostecke des Gebäudes wurde durch
den noch vorhandenen zweigeschossigen Er-
ker betont, der ehemals von einem hohen
Turmhelm bekrönt wurde. An der Scharn-
horststraße bildete die frühere Loggia die
Verbindung mit dem dreiachsigen Risalit,
dessen hoher Ziergiebel ebenfalls durch
Kriegszerstörung verloren ging.

1882 wurde das Gebäude an den Orden der
Barmherzigen Schwestern, die bis zu diesem
Zeitpunkt ein kleines Krankenhaus am
Kreuzkirchhof geführt hatten, verkauft. Die
Villa mit dem dazugehörigen großen Garten
wurde in die unmittelbar beginnende Vergrö-
ßerung durch Chr. Hehl einbezogen. Entlang
der Scharnhorststraße entstand ein dreige-
schossiger Baukörper, der sich in Gestalt
und Material an der bestehenden Villa orien-
tierte.
Spätere Erweiterungen erfolgten 1885 nach
Ankauf des südlich angrenzenden Grund-
stücks, wo an der Ecke Gellertstraße eben-
falls nach Plänen von Hehl das Ärztehaus er-
baut wurde. 1901 wird ein weiterer Trakt an
der Kirchwenderstraße von C. Prediger er-
richtet.
Die gesamten Baulichkeiten, zumeist dreige-
schossig mit ausgebauten Dachgeschossen,
sind in ihrer Fassadengestaltung trotz unter-
schiedlichen Baualters durch Übernahme
und Wiederholung formaler Elemente soweit
einander angeglichen, daß sie als einheitli-
cher Komplex erscheinen. Die Gebäude sind
in gelbem Ziegelmaterial unter Verwendung


St. Elisabethkirche, 1894/95, Architekt C. Hehl

von Formsteinen für Fenster- und Türgewän-
de erstellt; umlaufende Gesimse, Traufzo-
nen, Sohlbänke und Zierdetails bestehen
aus rotem Steingußmaterial. Der Flügel an
der Scharnhorststraße zeigt gegenüber der
Villa einfachere Formen, während der An-
bau der Kirchwenderstraße sich durch stär-
kere Plastizität der Fassadengestaltung her-
vorhebt.
Von städtebaulicher Bedeutung ist insbe-
sondere die Eingangssituation an der Nord-
ecke, an der sich das Gebäude mit dem von
Risaliten, Loggien, Erkern und Türmen
eingefaßten Vorhof zur Eilenriede öffnet.
St. Elisabethkirche

Nachdem lange Zeit der Gottesdienst der
Katholischen Gemeinde des umliegenden Ge-
bietes in der um 1884 im Keller des St. Vin-
zenzstiftes eingerichteten Kapelle stattfand,
wurde 1894/95 auf der Südseite des Stifts-
grundstücks die St. Elisabethkirche gebaut.
Die in der Straßenflucht der Gellertstraße
gelegene dreischiffige Basilika entstand nach
Plänen von Chr. Hehl in romanisierenden
Formen. Auf Grund der Lage des Baugrund-
stücks (relativ schmal und tief) konzentrier-
te sich Hehl bei der Gestaltung des Äußeren
speziell auf die Straßenfront. Die in Bruch-
stein mit Sandsteingliederungen errichtete
Fassade erhebt sich über der Vorhalle, die
sich mit drei auf Säulen ruhenden Rundbö-
gen öffnet. Die Dreiteilung des Hauptportals
wiederholt sich im Obergeschoß, wo drei Ni-
schen Plastiken der Heiligen Elisabeth, St.
Bernwards und St. Godehards bergen. Über
einem Rundbogenfries wird die Eingangs-
front vom Giebelfeld mit einem Drillings-
fenster abgeschlossen. Zur linken Seite der
Front erhebt sich, einem Campanile ähnlich,
der quadratische Turm, dessen einzelne Ge-
schosse von Rundbogenfenstern mit Tei-
lungssäulchen durchbrochen sind.
Die Langseiten des Baus, die zur Straße hin
kaum in Erscheinung treten, sind glatt ver-
putzt; lediglich die Fensteröffnungen sind
durch Sandsteinlaibungen hervorgehoben.
Das Innere der Säulenbasilika ist im Mittel-
schiff mit einer flachen Decke versehen,
während die gangartigen Seitenschiffe mit
stichkappigen Tonnengewölben überspannt
sind. Die beiden wenig ausladenden Quer-
hausarme mit Nebenapsiden weisen Querton-
nen auf und erfahren keine Trennung durch
Arkadenstellungen zum Mittelschiff. Der Al-
tarraum ist mit einer Längstonne überspannt
und wird von schmalen Anräumen begleitet,
von denen sich jeder mit zwei Säulenarkaden
zu ihm öffnet. Dieses Motiv läßt sich von der
aus dem 11. Jh. stammenden Kirche St. Fos-
ca zu Torcello bei Venedig ableiten.
Die einheitliche Ausmalung der Kirche er-
folgte in den Jahren 1897—1904 durch den
hannoverschen Maler Oskar Wichtendahl und
zeigt Szenen aus dem Leben der Hl. Elisa-
beth von Thüringen, der das Gotteshaus ge-
weiht ist.
Insbesondere auf Grund dieser vollständig
erhaltenen Ausmalung muß die Kirche heute
als einer der bedeutendsten Sakralbauten
Hannovers angesehen werden.

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