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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0016

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und Niisfuhr pro Kopf der Bevölkernttp Badeno im
Jahre 1900 anf 161,2 Liter berechnet worden, gegen
171,6 Liter im Iahre 1899, weist alfo gleichfalle einen
Rückgang auf.

Aus Stadt und Land.

II. 0. Karisrulic, 30. Dezember. (LandwIrts a f t-
liche A u s st c l l ii n g.) Auf der im kommendcn Jahre
in Mannheim statlsindenden Ausstellung der Dcutschen Land-
wirtschaftsgscllschaft wird das Grohherzogtnm Baden natur-
gemätz in hertiorragcndem Masze vertreten sein. Es ist nicht
nur eine starke Beschickung der Ausstellung durch badische
Landwirte und Viehzüchter zu erwarten, soudern es wird fich
auch die Grohherzogliche Regierung am statistischen und
wissensck)aftlichen Teil der Ausstelluug beteiligen. Die erfor-
derlichen Kosten sind auf 15 000 Mark veranschlagt, während
zur llnterstützung badischer Aussteller und Ausstellergruppen,
insbesonderc der Zuchrgenossenschaften, 40 000 Mark vorge-
sehen sind. FLr Prämienzwecke sind 15 000 Mark in Aus-
sicht gcnommen. Der Gesamtaufwand Badens für diesc Aus-
stellung wird sich hicrnach auf 70 000 Mark belaufeu. Für
die anläszlich des fünfzigjährigen Regierungsjubilänms des
Grotzherzogs in Karlsruhe statrfindende jtandesgartcuaus-
stellung ist cine staatliche Beihülfe von 7000 Mark zugesagt
worden.

II. E. Durlach, 1. Jan. (D e r F e u e r b e st a t t u n g s-
verein Du r l a ch) wird im laufenden Jahre ein Krema-
torium errichten. Ein Plan geht dahin, die neuerbaute
Friedhofkapelle zu unterkellern und in dem gewonnenen Raum
das Krematorium cinzurichten; das andere Projekt sieht eincn
vollstündigen Bau mit Kolumbarium (Urnenhalle) vor. T'e
Kosten belauscn sicb aus 20 000, eventuell 23 000 Mack.

Aus Vaden. Der 18jähriger Eisengießer Wilheim Stein
in Manuheim erschotz sich am 1. ds. in eincr Wirt-
schaft. Wegen familiärer Zwistigkeiten verlietz er seine
elterliche Wohmmg, ging von Wirtschaft zu Wirtschaft und
suchte seinen Aelger mit Alkohol hinunterzuspülen. Ahnimgs-
los überlieh ein Gast ihm eine» Revolver. Als Stein den
Lauf an die Schläfe setzte, war man immer noch der Meinnng,
es handlc sich um cine Spielerei. Plötzlich krachte ein Schutz
und töilich getroffen sank Steiu vom Stuhle. Auf dem Billard
fand Man einen Zettel, in dem der Lebensmüde seine Freunde
bat, mit seiuer Leiche zu gehen. — Der 17 Jahre alte Mau-
sardendieb Adam Link aus Frankfurt a. M., welcher in der
Zeit vom 20. bis 30. September ds. Js. in Manuheim gegen
40 Diebstähle verübte, wurde von dcr Srrafkammer Mannheim
zu einer Gefängnisstrafe von vier Jahren und drci Monaten
verurteilt. — Fürst Max Egon zu Fürstenberg hat für die
Grohherzog F r i e d ü i ch - I u b il ä u m s s p e,n d c 2000
Mtark gezeichnet. — Jn Hüfingeu brannte das Haus
des Malers Oskar Kaltenbach ab. Das Feucr entstand dadurch,
datz Kaltenbachs Lehrling Emil Wiehl mit einer offenen, bren-
nenden Kerze zum Füttern in den Stall ging. Er läugnete
anfänglich, legte aber bald. laut „Don. Wochbl." später
im Ortsarrest ein Geständnis ab. Der Schadcn beträgt etwa
8000 Mark.

KleirZs Zeitrmg.

— Hilildcbratcn ist in Guben cin vielfach beliebter
Leckerbissen. Die Frettnde dieser Delikatesse, so schreibt
die „Gnb. Ztg.", werden gewiß mit Freude vernehmen,
das; jetzt Vorsorge getroffen wird, daß sie sich beim
Genusi dieser Lieblingsspeise nicht Ansteckungen durch
erkrankte oder mit Parasiten behaftete Hunde aussetzen.
Jn der letzten Stadtverordnekenversammlnng wurde
nämlich der Antrag des Magistrats angenommen, daß
Hunde, die znr menschlichen Nahrung dienen sollen-
ebenso wie alle anderen Schlachttiere nnr im Schlacht-
hause geschlachtet werden dürfen.

— UneigennütziA Vater (überrascht den WuiiklrLrer, wis
er während der Klavierstunde ieiiie Tochtsr küßt): „Herrrr! Bs-
zahle ich Sie dafür ? — Musiklehrer: „R-in, dss thue ich tt m-
s o n st."

- Zarte Andentung Herr (im Eikenbahnmagenl: „Ictzt
kommt ein sehr langer Timnel, Fröulein, sürchtcn Sie sick nicht?"
— Fiäulein: „O neic, in diesem Tunnel habe ich schon einmal
Einen geohifeia t."

— Zm Heirats-Vurean. Bscmittler: „Womit kann ich Jhnen
diecen?" — Dams (schüchtsrn): „Ach bitte, legen Ste mir doch
etnmal ein paar Posibeawte vor!"

— Heiteres aus dem Gerichtssaal. Ilntccsuchliugscichtcr:
„Sic habcn sich aus dcc Haft vocfühcen lassen mit dcc An-
gabe, datz Sic g e st e h e n wollcn." — Häftling: „Ja, ich
gestehe, datz ich es unbegreiflich finde, wie man mich nun
schon seit dcei Wochen unschuldig in Haft behalten kann." —
Vorsitzender: „Angeklagtcr, Sie haüen sechs Ellen Tuch ge-

stohlen." — Angcklagtec: „Jch bitte, datz ist doch einc Lilei-
nigkeit gcgen dic Länge der Erdachse, den Abstand dec Ecde
von der Sonne oder dic Unermetzlichkeit des Weltcaumes." —-
Vocsitzendec: „Wie kommt es dcnn, datz Sie dcm vollkommen
vcrmögenslosen Angcklagten Geld borgten?" — Zeuge: „Er
sagte zu mir: „Herr, ich habc Vectrauen zu Jhnen, borgen
Sic mir vierzig Kronenl Und da habe ich Sie ihm denn ge-
borgt." — Richter: „War der Angcklagte betrnnken?" Sicher-
heitsmachmann: Nein, er hat ganz vcrnünftig gesprochen."
Richter: „Was hat cr denn gesagt?" — Sicherheitswachmami:
„Er hnt fort imd fort über dic Wache geschimpft."

Jrdcs Johr de? LebenS, wir es abgeht, ii'inmt auch waS > on
uns ols Bcute uut (Wiclaud.)

Verantwortlich für den redaktionellen Teii F. Montua, sin >

_Jnseratenteil Th. Verkenbnsch. beide m Heidelbera

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sind ferner eingegangen: bei Prof- Lossen: Frl. F. 3
Hrn. Br. 5 „//, Hrn. G. 3 , H. Pr. S. 10 -//, H. Br. Speyer

3 .ä/, H. S. 20 H. Dr. F. Frl. O. 2„tt, Frl. F. 2^,
Frl. Sch. 2 Fr. M. 20 Fr. K. 30 „//, Fr. L. 10
Fr. G. M. 10 ^/, Fr. M. 1 ^/, Fr. W. 1 Fr. S. 1 „L,
Frl. b. E. 1 „//,, Frl. B. 2 „//, Frl. K. 1 „c. Dienstmädchen

1 H. R. G. 2 H. G. 1 Fabr. K. 5 „itz, Fabr. K.

3 „//, Fr. L. 10 ^/, Fr. I. 1 — Jn der Buchhandlnng von

Rochow: Dfl. 1 „ä, Ungen. S Rdg. 3 ^/, R. E. 3 .>/,
A. Hr. 1 ^/. K. E. F. 2 „//, Ctlr. 5 Flg. 6 ^/, Ung.l^t,
Fr. Pf. Mckl. 2 „//, Ww. 1 „// Ges. v. Frl. Büchler i. d. HandelS-
schule f. Frauen n. Mädchen 65 Rtg. 20 ^/, Fr. 1,50 .^/,
E. H. 1,50 Dr. E. A 5 „//, F. Gtr. 0,50 „//, Frl- Pf.
10 ^/,, Wlhn. 5 „//, M. Kdr. 2 „,//, G. Fx. 1 ^/, A. Slbmn.

2 ^/, H. Grl. 6 „//., S. Hlon. 3^/ — Bei Prof. Rohrhurst:
Feierabendhaus Nhm. 10,50 ^/ Fr. D. F. 5 ^/, A. R. Handsch.

3 ^/, E. R. 3 ^/, Fr. P. E. 4 „//, Reall. St. 2^/, Ung. 2ä/,
Gesangverein Eintracht Nhm. 30 „//, F. T. Nhm. 1 ->«, Ungen.

2 ^i, D. 10 „// — Bei Prof. Schäfer: Ges. v. Frl. H. Guter-
mann 55 ^/ Polss. Schmdt. 3 .»/, G. R. Crst. 15 ^/, E. u. O.
Crss. 2 ^/, K. Feigl. 5 „//, Pr. Gottlb. 10 „//, Fr. G. R. K.

3 ^/, Frl. Rgnr. 0,50 ^/ Ges. v. K. Ueb. an Silvester 17 „//.,
Wollwarenhdlg. B. 12 P. wollene Strümpfe. — Im Verlag der
„Heidelberger Zeitnng": F. D. 1 ^/

Weitere Gaben werden entgegengenommen in den Buchhand-
lungen von Köster, Rochow, Petters, in den Musikalienhandlungen
von Pfeiffer und Hochstein, in der Oberrheinischen Bank und
Rhein. Creditbank, bei Seilermeister Schaaff, Kaufmann Bürkle
und Kaufmann Karl Müller (Thomas Nachf.), bei Prof. Lossen,
Prof. Dietrich Schäfer und in Neuenheim bei Kaufmann Mezger,
Brückenstr-, Fr. Stadtpfarrer Schneider nnd Professor Rohrhurst,
sowie im Verlag der „Heidelberger Zeitnng".

„Du wirst gesteheu, oder üie Toten selbst werden aiis
ihren Gräbern kommen, dir die Wahrheit zu entreitzenl"

Noch während er sprach, that sich leise die Thüre anf, und
Bertha Warham erschien am Eingang. Bleich nnd ernst blieb
sie im Schatten stehen, und nie sah sie schöner aus, als jetzt
mit dem üppigen, kurz geschnittenen Haar und den drohend
leuchtenden Augen.

Larsen taumelte cmpor und streckte abwehrend die ?lrme
aus. „Berthal" keuchte er. „Mein Gott — Bertha!"

„Sage die Wahrheit, Joseph Larsenl" sprach sie ernst.
„Sage sie, odcr deine tote Mutter wird aus dem Grabe cmf-
steigcn und Dich anklagen!"

„Bertha!" schrie er auf und sein Gesicht" ward leichen-
Llatz. „Berthal"

„Mörder!" hob sie wicder an, „sage die Währheitl"

Larsen sah nicht mehr die anderen nm sich herum, sah
einzig und allein das rachedrohende Gesicht, und seine Wider-
standskraft war zu Ende.

„Jch habe es gethan", stieß er heiser hervor. „Jch habe

sie ermordel, weil —" er kam nicht weiter; mit einem
schaurigen Aechzen brach er auf seiner Pritsche zusammen.

Als er die Uugen wieder aufschlug, stand Bertha am-
Futzende seines Lagers. Auch noch andere Personen befcmden
sich im Zimmer: Carnow, Steinhoff, ein Arzt, nnd vor einem
Neinen Tisch satz der Notar.

Und in den dämmernden Abend hinein offenbarte der
nnselige, von Gewissensbissen und Leidenschaft gequälte Mensch
cndlich sein furchtbares Geheimnis. Mit eilender Feder schrieb
der Rotar das Geständnis nieder, das Carl Jermhnghams
Unschuld verkünden imd ihm die Freiheit wiedergeben sollte.

S e ch s und d r e i hig ste s Kapitel. >

Mc. Jermhn, der an seiner noch immer unvollende
tvnienschaftlichen Abhandlung geschrieben hatte, legte eben
Feder bei Seite, um scinen Verteidiger zu begrühen, der
verdrietzlichem Gesicht in die Zelle trat.

^ »Jch sihe, Sie finden die Sache unbequem", saate S
Jermyn.

„Unbeqiicm, ja, nnd verteufclt imerfreulich. Mensch,

bin erstaimt über Jhre Ruhel"

Mr. Jermhn lächelte — es war sein altes, überlegenes
Lücheln.

„Jch habe Jhren Fall wie Sie wünschten, nach allcn
Richtungen hin erwogen —"

„U»d sind bereit, mir, wie ich Sic bat, ganz offen
Jhre Meinung zu sagen?"

„Ja, ich bin froh, daß ich mich aussprechen kann —
Jermhn, wir sind in der änßersten Klcmmel"

„Sie meinen, die Geschworenen werden mich nicht frei-
sprechen?"

„Sie können Sie nicht freisprechen. Sie ahnen gar nicht,
wie diesc beiden verdammten Detektivs Jhnen nachgespürt,
wie Sie sie Schritt für Schritt verfolgt imd jede einzelne
Jhrer Bcweguugen ausspioniert haben. Sie haben die Sache
autzerordentlich geschickt augefangen. Jermyn, unb doch haben
sie Jhnen einen Auswcg nach dem anderen abgeschnitten. Na,
und Jhrc Frau, das mntz ich sagenl Jch habe an sie geschrie-
ben —"

„J-ch sagte Jhnen ja, daß das imtzlos sein würde."

„Ja, ich wcitz, nutzlosl Hören Sie einmali"

Er nahm einen Brief aus der Tasche, setzte sich seinen
Kncifer anf nnd las:

„Geehrter Herrl Auf Jhren Appell im Jnteresse des
Mannes, den Sie Jermyn nennen, habe ich nur zu er-
widecn, datz er allerdings dem Gesetz, aber nicht meiner Em-
pfindnng nach mein Gatte ist, und daß ich, wenn ich vom
Gericht vorgeladen werden sollte, gegen ihn ebenso Zeugnis
ablegen iverde, wie ich es gegen einen mir fremden Menschen
thun würde. Weiter habe ich nichts zu sagen. Jhrem Klienten
habe ich keirierlci Botschaft zu senden.

Bertha Wacham."

„Da haben wir'sl Nach meiner Meinung ist mit diesem
Briefe die Sache erledigt."

„Sie halten den Fall für hoffnungslos?"

„Ja. Jch iverde die Sache natnrlich zu Ende führen,
aber praktisch ist sie bereits erledigtl"

Jermyn crividerte nichts. Die Angelegenheit schien für
ihn genügend besprochen; denn er rückte seinen Stnhl an den
Tisch nnd legte sein Manuskript zurecht.

„Jft es veendet?" fragte der Anwalt, ebenfalls froh,

das unerrrägliche Thema vcrtassen zu kömien.

„Jn einer halben Stcmde wcrde ich es fertig haben."

Als der Anwalt gegangen Ivar, griff Jermhn wieder
zur Feder und schrieb, vier, fünf, zehn Minuten lang. Dann
stützte er dcn Kopf in die Hand — brachte abermals eine —
zwei Zeilen zu Papicr, nnd die Buchstaben flossen nur zögörnd
aus der Feder.. Die Schrift war jctzt mcht mehr so fest.
Er stand anf und ging, in dem engen Raum hin und her.

Jn scine kalten, blaucn Augen trat immer mehr ein
fester Entschluß, schlietzlich schritt er zu seinem Koffer in der
Ecke und holte einen kleinen Toilettekasten aus Ebenholz
daraus hervor, den er auf den Tisch setzte nnd öffnete.

Langsam nahm er die zierlichen Elfenbeingerätschaften
cine nach der anderen herans, hob einen mit Sammet einge-
fatzten Einsatz ans dem Kasten und drnckte auf eine Stelle
nahe am Rande. Der halbe Doppelboden sprang wie der
Deckcl eincr Kapsel zurück nnd lietz eine tleine Vertiefung
sehen, in der ein zierliches Pistol, ein scharf geschliffenes
Messerchen, zwei oder drei ivinzige Phiolen nnd ei» kleiner
Stahlchlinder nebst (einigen glänzenden Nadcln verborgen

Nachdem^sein Geständnis untcrschriebcn, gesiegelt und der
zuständigen Stelle uiiterbreitet worden war, bcfand sich Joseph
Larsen allcm Anscheine nach vollkommcn bei Verstanb. ?lber
am dritien Tage brach der Wahnsiim ärger denn je bei ihm
aus, so datz sein Verbleiben im Gefäiignisse unmöglich ivurde.
Carnow und Steinhoff ilüeriiahmen es, ihn nach dem Jrren-
hause zu schaffen. Der Sicherheit halber, und um für einen
etwaigen Widerstcmd gcrüstet zu sein, hatten ihm die beiden
Detektivs Handschcllen cmgelegt. Sie fanden mit ihm in einem
leeren Ranchwagen Platz. Aber schon auf einer der nächsten
kleinen Stationen erhielten sie eine unwillkommene Gesellschaft.
Ein anderer Fahrgast, ebenso wahnsinnig wie Larsen, der laut
tobte nnd heulte und mit den Ketten rasselte, an die er ge-
fesselt war, wnrde in denselben Wagen gebracht. Bei diesem
Anblick betäm er einen neuen Wutanfall, die Versuche seiner
Begleiter, ihn zu beruhigen, machten ihn nur noch rasender,
nnd der Wagen wurde zu einem Tummelplatz höllischer
Geister.

(Fortsetzung folgt.)
 
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