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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0079

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' 1 cheint tögkich. SonntegS ausgcnommen. — Prcis mit Familtenblättern mvnotlich bO Pfg. in'S Hans gebracht, bei der Expedition und t>en Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Poft de

i ^ zogen vierteljährlich 1.35 Mk. auSfchließlich Zu't.llgebühr.

seigenpreis: 20 Psg. für die Ispaliige Pctrtzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Gejchästs- und Privatanzeigcn ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an beftimmt
vorgeschriebeneu Tagen wird kcine Berantwortlichkcit übernommen. — Anfchlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelbrrger Zeitung und den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Montag, 13. Jaiiulir 1902. _ Zweites Dlatt. ^_44. JalirgMg. — st. 1V.

Deulsches Reich.

die K ^^ ??^^chastliche Gedeihen der Stadt Posen bildet
ftov ^^"illung der inneren Festmnpsuinwallnng ein seit
ver>, ^ ^v^rtanntes dringendes Kedürsnis. Die Militär-
s'^uung willigte in die Erweiterilng der Festuiigs-
werni Posen nicht leistnngsfähig genng ist, ein

^to ?^estungsgelände zn erwerben nnd auch der
die Versügnng darüber sichern inöchte, beab-
P, L Staat den Erwcrb des Geländes. Der dem
die Zahlende .Nanspreis beträgt 11 250 000 Marts
^Psten der Erschliesznng des Geländes 6 Äiillionen
Dis wisret einen Znschnß von einer Million. Nls

^?vlitioiissondS des Oberpräsideiiten zur Be-
vin der Besestignng des Teutschtiuns in den Pro-

üö/br S>sl- nnd Westprenßen, Oppeln und den

u , i^bvn .streisen Schleswig Holsteins wird eine Mil-
aeü! lSvgen das Vorjahr 400 000 Mark mehr) aus-
s^wn. Hierzn wird beinerkl: Die den Oberpräsi-
iii, ^?u Posen, Westprenszen nnd Schlesien zur Ver-
siärk"^ sivhenden Acittel bedürfen erheblicher Ver-
lw' uni gegenüber der perschärften polnischen Agi
)li,-s" Tentschtnin in geeigneter Weise zn schützen.
biet ?HMb sich die Notwendigkeit, das Verwendiingsgc-
del, itvnds ans die Provinz Ostpreuben cinszu-
tion d»u Beinühnngen der großpolnischen Agika-

ni diese Provinz einzndringen, entgegenznlreten.

Ieutscher Weichstag.

Berlin, II.Januar.

. Aui BundeZratstische der Reichskanzler, Posadowsky,
^Awann. Krätke, Gosiler, Köller, Althoff.

,'Pg. Tattler (nat.-lib.) bcmerkt gegenüber Oertel,
lcho, - ^ nicht für richtig, gcgen eine eventuelle Obstrnktiot
dbr ^^bt.mit ber goldencn Rncksichtslosigkcit zn drvhen. Ai<
sick, ^°'bnfrage beharre er a»f seinem Äandpunkte und lasse
da^ knirch anonyme Briefc nicht beirren. Redner billigt
.Z^rfahren gcgcn die pvlnischen Studenten, Ivelche an der
lkoeps'br llniversirät ihr Radanlust bekundetcn. Die Ange-
I^Zbcit des jungen Herrn Professvr cspahn habe ihrcn Ver-
llenommen, aber Iveder dem altcn noch dem jungen Hcrrn
weder Herrn Direktvr Althoss noch Herru von llöller
Aew? dem Zentrum, noch denen, dic in dcr Matznahme der
öis-li ^Bcrnng ein Miltel sahen, sich eine katholisch-thcvlo-
Prot -B'"kvltät zu schaffen, hat dies reine Fceude bereitet.
al? Michaelis erwies der Sache cincii schlechten Dienst,
vl? ^ oincn andeee» Fall hincinzog. Jch will nicht erörtern,
»Ib,/'" ssall Atrhosf existiert, wenn ja, so gehört er Vvr das
OsaS i '^uhans. Hierher aber gchöre der Fall Spahn. Die
biei "^ringischc Regierung ist formell im Recht, aber in
boi/" kiortigen Kreiscn, wie in den Kreisen der Gebildeten
wni Dentschland sei eine grohe Erregung entstanden und
' werde es nicht verstehcn, wcnn die deulfche Volksver-
j^ ?ug stch uichr damit befasse. Das Aufsehen Erregende licgt
^hatsache, dah ein katholischer und cin protestantischcr
d^.!?llchtslchrer nebcn einander bernfen werden und w'cil da-
tarli r -" Vcrpflichtung ausgcdrückt crscheinr, datz immer ein
Iv,i?wllier evangclischer Lchrer sein müssen, und

Nvd .'-'n eine Andentnng liegt, als gebe es cine protestantische
Fgn katholische Geschichtswisfenfchafr. Das ist nrcht der
^^vnhns Blerufnng ist eben ein Schritt auf der Bahn,
-n, "Wtschen nach ihrcr Konfession immcr mehr auseinander
DsZeitzen.

y

Der Teufelsmufikant.

Novellctte von Fritz Fernau.

(Nachdruck vcrbotcn.)

s-,. herrlrcher Frühlingstag neigte sich seinem Ende zu.

^snom Weinberge am Abhange des Schwarzwaldes war
do,- Inzahl Bauern nnd Bänerinncn versammelr, nm nach
xD ^?ges Last ein heiteres Fest zu begchen, die Hochzeit
Vro Wuigen Paarcs, welches sert langcm verlobt war. Dre
Leb -/'M rin hübsches, aufgewecktes Mädchen, der die Vvlle
Vrä^" -uus ^cn dnnklen Augen strahlte, wührend der
ruhig und in sich gekehrt schien. Er war der
tzi'KNnt. des Dorfes. Nebcn seincm Hänschen war seine
deii Ä" höchstes Gut. Mit ihren Töncn erheiterte er
iie ^ewohnern dcs Dorfes die abendlichcn Ruhesllmden und
hg.s^Oorgten ihn dafür mit dcm, ivas er zum Leben nötrg
Er war ein stattlicher Bnrsch und manches von den
Erw - " blickre voll Ncid auf sein junges Wcib Margarete.
Paai- von der übrigen Gesellschaft satz das junge

O doch nicht, um srch, wic man vermuten mutzte, in trau-
r»lir ^irbcsgeflüster ihres jungen Glücks zu frenen. Wohl
ihres r?Augen der jnngen Frau zärtlich auf dem Antlitz
CZ s ^utteu, doch seine Gedanken waren offenbar abwescnd.
bewO^' uls kauschte er eincm fernen Gcräusche. Schweigcnd
^ieda rsib» seiu Weib eine Zett lang, glncklrch rn dcm
eiidlin^?' 'h" """ Oanz ihr eigen nennen zu können. Doch
sraw r- sie sich vernachlässigt zu fühlen und zärtlich

antw - '' ftiue Gedanken so sehr beschäfttgten. Doch er
e-.-. »»tete nicht, sondern hieli mit angehaltenem Arem sein

Hao

Ichrnolleüd

'h^.aahe auf den Bodcn, nm besscr lauschen zu können.

^"'anend wandtc sie sich ab und brach eine der schneewcihen
^i'h'nren, die in üppiger Füllc über ihrem Haupte hingen.
z>, sh't'n blickte sie dabei nach rhren Hochzeitsgästen, um
'khen, ob man anch nicht das wunderbare Benehmen ihres

Staatssekretär v. KöIler danlr Sartler, datz er ihm Ge-
legenheir gegcben, dcn Fall Spahn klarzustellen. Dcr KReiS,
in deni Eregung geherrscht haben svllrc, war doch wohl nicht
so grotz, wie die Blätter scheinen lassen wollten. Es giebt
auch Ivohl einc Menge Gebildeter, dre nicht über die Sache
erregt waben (Zusitimmmg im Zentrnm). Der Satz von einer
karholischen und protestantischen Wissenschafr ist llebertreibung.
Von einem solchen Gcdanken war bei dem Falle Spahn gar
nicht dic Rede. Man kann auch dcr Regierung im Reichs-
lande nicht zntrauen, datz sie Schritte gelhan hat, nm Dentsch-
land i» Konse ssionen anseinander zu reitzen. Das Projekt
dcr Errichtnng einer katholisch-thevlogischen Fakultät neben
dcr protestanrischen bestand schon bei der Gründung der llni-
versitär Stratzburg. Jn dem Jahre 1894, 1896 und 1897
wnrde die Fragc im Landesausschusse neuerdings angeregt
nnd anch von den nichttathvlischen Mitgliedern wärmftenS unter-
stützt.Ende 1901 wurde eineProfessur frei. Drellnivcrsität zählre
damals 1078 Ltndierende, davo» 360 Kathvliken, 607 Prote-
stanicn, wahrend 6 protestantische und 6 israelitische Profcs-
svren nnr vier Kathvliken gegenüberstanden. Diese Erwägun-
gen vcranlahten die Regrerung, der Frage nähcr zu treten.
bei Berfung eines ueuen Professors das karholische Element
zn berücksichiigen. (Die ganzen Ansführungcn Köllers werden
von steigender Heiterkeit nnd Hörtl Hörtl-Rufen Bachems
bcgkeitct. > War dic laiserliche Regierung besugt, -das zu
rhun? Die Angelegenhcit isr geregelt dnrch Verotdnung vvm
24. Febrnar 1875. Die Ansnahmc von Privatdozeiitcn erfvlgt
durch die Faknktür. Die Fakultät hat aber kein Recht, be-
fragt oder gehört zu werden, wenn der Kaiscr oder der Reichs-
t'anzler oder der Skatrhalter einen ordentlrck)en odcr anhcr-
ordcntlichen Prosessor bernfk. Selbstverständlich hokt die Rc-
gierung fast stcrs das Votnni der Fakultät ein, aber ein Recht,
gehörr zn werden, hac diese nichr. Wie glauben voll nnd ganz
das Richrigc getroffen zu habeu und habeu auch das Dcr-
trauen, datz die Professoren ihre Pflicht voll erfüllen. Die
Erregung war künstlich vou der Presse geschürt und nngerecht-
fertigt. Wir haben daS Vcrtranen, dah unsere Prvfessoren
nur das vortrageu, was sie als Wahrhett erkaunt haben.

Abg. Bachem (Zentr.) führt ans, so lange ein jüdischer
und ein protestamischer Prosessor in Strahbnrg Geschichte do-
ziert haben, regte sich Sattler nicht anf, jctzt aber rst scine
Errcgmig groh. Es gicbl allcrdings mir eine Geschichtswissen-
schaft; die Benrteilimg der historischen Thatsachen häugt aber
vom persönlicheii Standpuiikte ab. Es sind in der Geschrchts-
wissenschaft die katholischen Dozenten von Rücksichten a»f die
Kirche genan so srci, Ivie die Prütestameii.

Abg. Bebel (Soz.) bemerkr, bcim Zentrnm gehr es
nrcht nach Tüchtigkeit dcr Gelehrten, sondern nach ihrcr Reli-
gion. Die e-trahburger Fakultät hat drer Hcrreu vorge-
schlagcn, crnamit wrirde ein nnbekannter Mann, der nur
eine im bhzantischen Srtle gehaktene Geschtchte des grohen
Kurfürsten geschrieben haben soll. Der Redner geht sodann
anf die Krise ein »nd verkangt die Verstaatlichung der ge-
samlen Kohlenbergbanes. Es werde endlich Zeit, dah dcr
Reichstag den von dcn Arbeitern seit Jahrzehnten geforderten
achtstüiidigcn Nvrmalarbeitstag bewillige. Das Zencrnm und
die Nationalliberalen wetteiferten in der BewilligniigSlnst.
Der ReichSschatzsekretär spricht von Tabak- und Biersteuer.
Welchc Stcuer wollen Sie demi uoch? Jch begreife, datz die
Konkrahenteii von eincm gewisseu Mihtrauen crfaszl wurdcn,
wcnn sic unsere Weltpolitik betrachtcn. Wührend dcr dentsche
Kaiser auf Jahre hinans den Friedcu sichcrn zu wolleu er-
ilärt, bedauertc eiu hvher Militär in einem Aufsatze, datz wtr
schon 30 Jahre Frieden haben. Die Erbitrernng der Chinesen
angesichts dcr Rücksichtslosigkeitcn dcr Enrvpäcr ist mir zu
erklärlich. Den Kotau hat Prinz Tschun, ja doch uicht ge-
macht. Er frage dcu Kriegsminister, wer deu Befchl zur
Wegnahnie dcr astronomischen Jnstrnmentc gegeben habe. Be-
züglich Chamberlains begreife er die Erregnng nicht. Wcc
wolle denli lchigncn, datz anch im'zweiten Teile des französi-
schcn Krieges schlimme Dinge geschehcn, Franktircurs er-
schosscn nnd Dörfer niedergebrannt wurden? Der Redncr geht
anf den Fall Feilitzsch ein; Soldatenschinder hätten lvir in

ManneS bcmerke. Vergebens bcmühte sie sich, glncklich nnd

svrglos zu crschcinen, als sie den triumphiercnden Blick eines
abgewiescnen Verehrers anf sich gcrichtet sah.

„Entzückend! .Bezaubcrndl" rönte es gerade da Vvn den
Lippen Gerhards, ihres Gattcn.

Freudig blitzte cS in deu Augeu der juugeii Frau und
ein Lächeln flog Uber ihre blUhenden Wangeu; doch Gerhard
dachte uicht au sie, wie sie sich schuell überzeugte. Mit

zuckeudcn Fingern zerpflpckte sie dic Blüteu in ihrer Hand
und ein schwerer Seufzer stahl sich über ihre Lippen. Gerhard
hörte es und crschreckt fnhr er aus ssinem Sinne cnchor.

„Warum seufzest du, Margarete, heute, au deiuem Hoch-
zeitslage?" fragre er, zärrlich ihr !ns Auge schend. Halb
lachend, halb weinend, antwortete sie:

„Dn warst sonst nie so, wic heute, Gerhard. Du bist
wie abtveseud."

„Ncin, neiii, meiu Licb. Doch ist es möglich, diese

herrlichcn Töne ohne Entzücken zu vernehmen?"

„Was für Töne? Jch höre nichts."

„Nichts?"

„Nein, ebensowenig wie du; dn mußt träumen. Jch
habe dir oft gcsagt, datz die Violine meine Nebenbnhlerin
ist nnd ich hatte schon oft Grund, eifersüchtig auf sie zu
sein; und min gar an Deinem Hochzeitstage. Das ist recht
schlecht von dir."

„Sei nicht böse, liebste Margarete," üar Gcrhard, indcm
er die Falten von ihrer Stirn kütztc. „Jch liebe die Misik,
ja, aber ich kicbe kein sterbkichcs Wesen autzer dir; und wie
wäre es möglich, datz meine Leidenschaft für diese herrliche
Kunst dein Glück beeiuträchtigen sollte?"

„Jch weitz nich^" erwiderte Margarete. „Aber wcnu
du au einem Tage, wie dem heutigen, dich solch thörichten
Phantasien hingeben kannst, wie soll es erst rn Zukunft
loerdcn?"

„Phantasicn, mein Lieb? Nein, nein, diese Töne waren
nicht in meiner Phantasie; oder wenn sie es lvaren, ich
wünschte, sie wären es für immer. Oh, Margarete, wie

Prentzcn gcmig. Cr schlietzl mit dcr Ankündigung, datz die
Obstruktion dcr Sozialdemokraten gegen den Zolltarif, wenn
sie sie für nökig hieltcn, nicht verhindcrt werden könne. Der
vorliegcnde Zolltaris werde jedenfalls nicht durchgehen.

Reichskanzlcr Oiraf Büloiv: Dcr Vorredner betome
eine Rede des Kaisers im vorigen Frnhjahre. Wenn Sie die
Rede nachlescn würden — ich habe sie nicht hicr, sonsk würde
ich Jhnen den Passus vorlcscn — würden Sie sagcn, datz
in der Rede jeder Gcdanke au Eroberungcu und alles, was eine
dcrartige Tendenz in sich schlietzt, vollkommeu fern gelegeu
hat. Diese Rede war eiue Friedenskuiidgebniig. Nu» bar sich
der Vorredner weiter bemüht, einen Gegensatz zu konsrruieren
zwischcn einer vernünftigeii Wcltpvkitik — und uur eiue ver-
nünflige Welrpolitik würden wir machen — und einer ver-
nünftigen Heimarspolitik. W!r werden gleichsalls nur eine
vernünftigc Heimatspvlitik trcibcn. (Heiterkeit,) Jch sage,
zwischeu einer veruünftigcn Weltpolitik mid etner vernüiistigen
Hcimatspokitik besreht kein Gegeusatz, lvas nachzuloeisen ich
schon vvr einiger Zeit mir erlaubte. Fch weise üvrigens
darauf hin, datz gerade Bcbel, ich will nicht sagen in fanatischer,
abcr dvch ein entschiedcner Olegner der Welrpvlitik isr und
neben der Welrpolitik gegen nnsere Heimatspolitik polemisiert.
Wenn Abg. Rickert das thnn würde, deir ich zn meiner Freude
wieder hicr sehe, ivürde ich das zu einem gewissen Grade
begreiflich findcn. Wenn Abg. Barrh dics thäte, würde ich
ihn ebenfalls vcrslehen. Das Rotz dcr Wcltpolitik unS gegen-
üver zu ruinmeln, darf sich Herr Bebel iiicht gestatteiij es
sci denn, datz er vorher mindestens für drci Flottenvorlagen
gestinimr har. (Hcirerkeit.) Weiter sagte Herr Bebcl, datz
seitens der Trcibundverbündcten Misztrauen gegcn unZ be-
stehe; ich möchte Herrn Bebcl wirklich bittcn, zu sageu, lvoraus
er diese Ausicht grüudet. Jch brn viel ehrlichcr, als Herr
Bebel amiimmk, uud sage also, dah bci »nseren Verbündeten
gar kein Niitztrauen gegen nns bestehk. Jch hattc gestern die
Freude, ein Telcgramm ans Rom zu crhaltcn, lvonacki mein
verehrter Frennd, Minister Prinetti, nnserem Botschafter ge-
sagt hat, in dcr Rede, die ich hier vor cinigen Tagen über die
auswäriige Politik hielt, sei kein Wort, daS er nicht unber-
schrieben hätre, mid, lvcnn Herr Bebel den Blick wcrfen wollte
in d!e Wiener Presse, könnte er sich überzengen, datz auch
dort meine Ausführnngen in dicser Weise beurtcilt wurdeu.
Der Reichskanzler »immt dann noch die dcutschen Trnppen
der Chinacrpeditio» in Schutz. lluser Heer gcht aus dem
Chinafeldzug miv allen Ehren hervor. (Leblzäfter Beifall.)
Den Angrifsen Bebels auf das Hccr skände das Urteil des
deurschen VolkeS nnd dcr öfscntlichen Mcimmg gegenüber.

Nach einer längeren Rede des Kriegsmimsters v. Goß -
ler mid einer Rede des bayerischen Genercklmajors Endres
wtrd die Weiierberatnng anf Moniag vertagt.

Ausland.

Frankreich.

P a r i s, 10. Inn. Dem „Ionrnnl" znfolge hnt der
.ftriegsminister Genernl Andree bei seineni knrzlich
dem Minislerprnsidenten Wnldeck-Ronssenn nbgestntteten
Besnche zwei von ihm geplnnte dienstliche Mnßnnhmen
mit demselben erörtert. Hiernnch soll dcr Kriegsminister
liinftig nnch fiir .ftriegszeiten der Oberbefehlshnber des
Heeres sein. Dns Pntent des Getiernls Brugere diirfte
nicht mieder ernenert werden. Dieser würde nnr die
Vizeprnfidentschnft des obersten .shpiegsrntes nnd den
Oberbefelft nn der detitsch-frnnzösischen Grenze bebnt-
ten. <Fer,ier plnnt Andree eine Umgestnltnng des Gene-
rnlstnbs.

Asien.

— Ein Bericht des Vnrenn Reuter nns Peking vom
8. Fnnnnr giebt einige interessnnte Mitteilnngen i'iber
die L>timmnng, in der sich der K nise r und die Kniserin-

viel mehr empfindc ichlrnein Glück, weiiu tch zngleich solchen
Tüncn lauschen kann, wre sie aus jener Gruppe von Bänmen
hervortönen!"

„Jch höre nichts von solchen Töncn," sagtc Margarete
ärgcrlich; „lvenn sic überhanpt vvrhanden Ivärcn; sv tvürde
ich sie ebensogut wie du hören."

„Du hürst sie uicht? Aber horch doch nur: Fetzt kommen
sie wieder — näher — tmmer näherl"

„Jch HLre gar uicht!"

Es mutz ein Hanch scin von jenem Riesenchor, dcr mit
herrlicher Stimme stets sein: „Ehre sei Gott in der Höhel"
ertönen lätzt."

Da plötzlich errönte ein lanter dumpfer Mitzton, entsetzt
schric Margarete anf nnd hielt die Hände vor die Ohrcn. Ger-
hard sprang cmpor, währcnd einc dichte Wokke die crschreckten
Darfbewohner einzuhüllen schien.

„Fetzt hüre ich es," slüsterte Mar-garete keise, mit
zilternder Stimmc. „Das war kei'/e sterbliche Hand, die
das vollbrachtel Es !yar zu furchtbarl"

„Pstl" rief Gerhard, leise und voll Eifcr. „Horch nur!
Jst es nicht /jerrlich? Jst es nicht göttlich?"

Die Töne einer wundcrbarcn Melodie wurden vom Winde
herübcrgctragen nnd alle lanschtcn in.stnmmer Andacht.

„Es kann ntchts Gutes seiu, Gcrhard. Lah uns gehenl"
flehtc die junge Frau, „noch tönt scnes furchtbarc Kracheu
mir iu den Ohrcn. Weitzt du nicht, dah keiu guter Geist
in jencm Walde wohnk. Komm, Liebcr;" uiid sie versuchtc,
ihu hinwegzuzieheu, „es ist nicht gut, dieseu Zaubertönen
zu lnuschcn."

„Mag es Engel oder Tenfel sein, ich wikl ivissen, was
es istl" rief Gcrhard, sich losreitzend und kollkühn hinter
den Bänmen vcrschwindcnd. Wie cr wcitcr kief, wurde die
Weise lauter uud fröhlicher, um schlietzlich tu kaum hör-
barcs Rauschen aufzulösen. Er hätte weiucii könncu beim
Anhören ihrer erhebcndcn Klage. Danii war cs gkcich dem
Zwitschern der Vögcl — nur lveit schöner aks das — dann
 
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