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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0108

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Frcilag. 17. J»Mllr 1W2.

Zweites Blatt.

44. Jllhrgaug. — Hr. 14.


^schrint täglich, SormtagS auSgerwmmerr. — PreiS mit FamtlienblLttern uronatlich 50 Pfg. tn'S HauS gebracht, bn der Expedition und t»m Zweigstellen abgehoit 40 Pfg. Durch die Post b -

zogen vierteljährltch 1.35 Mk. auSfchlieblich Zust.llgebühr.

^uzeigenpreiS: 20 Pfg. fur die Ifpaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Psg. Für hiesige Gefchästs- und Privatauzeigeu ermästigt. — Für die Aufnahme von Anzcigen an bestimmi
vorgefchriebenen Lagen wird keiue Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsänlen. Fernsprech-Anfchlntz Rr. 82.

Aapanische Instrukteure für die chinestsche
Aruree.

AuS Tientstn ist die Meldung eingelaufen, daß Iuan-
ifhikai alS OberbefehlShaber dcr chincsischen Armee zur Zeit
uber 10 000 Mann in Peking znsammengezogen habe; er
veabstchtige, demnächst noch eine größere Anzahl von Truppcn
m der Nähe der chinesischen Hauptstadt aufzustellen.
Äuanschikai soll die Kaiserin.Witwe zndem mit Mißtrauen
stegen die fremden Mächle mit Ausnahme Japans zu er-
iüller, suchen.

^ Angesichts dieser Nachricht ist ein Aufsatz des Rußkij
^nvalid von erhöhtem Jntercsse, der von ciner
Annäherung Chinas an Japan und von einer
^eorganisatiou dcr chinesischcn Armee durch japanifche Offi-
zu berichten weiß. Jn dem Artikel, der dem
Material osfiziöser japanischer Blätter entnommen ist,
heißt es:

Der frühere General-Gouverneur der Provinz Schantung
Auanschikai, der nach dem Tode Lihung-Tschaiigs den Posten
°cs VicekönigS von Petschili bekleidet, hatte bereits im Juli
I. mit der japanischen Regierung Unterhandlungen
^züglich der Kommandierung japanischcr Offiziere zur
^eorganisation nnd Ausbildung der chinesischen Truppen
"ngeknüpft. Zur Zeit tst diese Frage endgiltig in positivem
^irine entschieden und sind die Details über die Zahl
zu kommandirenden japanischen Offiziere und die
«hnen zu gewährenden Gebälter ausgearbeitct. An der
.^>Pitze der militärischen Mission wird der Kommandierende
japanischen Occupationsdetachements in Peking, Gene-
tal-Major Aamane, stehen, und zu deren Bestande werden
llehören — fünf Stabsoffiziere der Jnfanterie, ein Stabs-
"isizier der Kavallerie, ein Stabsoffizier der Artillerie und
Oberoffiziere aller drei Waffengattungen. Aus den chine-
Üschen Truppen der Pctschili-Provinz werden ein Jnfantcrie-
^ataillon, eine Schwadron und cine Batterie ausgeschieden
'verden, um als Lehrtruppenteile zu diencn; von diesen
^erden das Jnfanterie.Bataillon in Paotingfu und die
s^rigen in Tientsin untergeb.acht werden. Zu elnenr ein-
iührigen Dienst bei diesen Truppenteilen wird alljährlich
"ie erforderliche Zahl der entwickelsten und fähigsten Mann-
ichaften chinesischen Truppen abkornmandiert werden. Nach
EjNer einjährigen Ausbildung nnter der Leitnng japanischer
^ffiziere werden diese Niannschaften zu Unteroffizieren
rrnannt und verbleiben zum Teil bei den Lehrtruppenteilen
«ls Cadre-Untcroffiziere, teils kehren sie zu ihren Regimentern
öurück. Der Kaiser von Japan hat sich mit sämmtlichen
^etails dieser Frage einverstanden erklärt, doch bedarf es,
Uui dcn Wunsch Nuanschikais in Ausführung zu bringen,
Uoch der Gehnemigung der Kaiserin-Mutter, die dieser Tage
Peking eingetroffen ist. Den japanischen Nachrichten zu-
^olge bildct die bcvorstehende Kommandirung der erwähnten
^ffiziere nur den Anfang der freundschaftlichen Beziehungen
^ischen der chinesischen und drr japauischen Armee, da von
japanischen Gencralstab außerdcm die Absendung einer
^deutenden Anzahl Offiziere an alle wichtigeren Militär-
^nstitutionen und -Anstalten Chinos, an die Militärschulen
Und Arsenale in Tientsin und an die Gewehr- nnd
^ntronenfabriken projektiert sein soll.

Die japanische Presse verhehlt ihre Freude nicht über
diese Wcndung der Dinge, die in der nächsten Zukunft zmn
Abschluß einer MilitärkonventiorrzwischenChtna
und Japan führen kann, wozu man in soichem Falle
auch Korea heranzuziehen hvfft. Die auf diese Weise ge-
schaffene Vereinigung der militärischen Kräfte der „gelbcn
Rasse" soll dann a!s Gegengewicht gegen das „alte Europa"
diencn.

Deutsches Neich.

--- Ter Kaiser hat einer Reihe von Beamten der
Pvst- und Telcgraphrnvcrwaltnng zu Wcnhnachten cine
nnerwartete Frende dadurch gemacht, daß er auf Nntrag
des Staatssekretärs Krätke 29 Beamtm nnd 14 klnker-
beamten Dienstschulden im Betrage von 18 849 Mark
erließ. Davon entfallen 12 802 Mark auf Veanste und
6047 Mark auf Untercheanile. Diese Dienstschulden
riihren im wesentlichen ans dem Verluste von Kassengel-
dern und Postsendnngen her, fur welche die Beteiligten
ersatzpflichtig gemacht worden waren. Jm einzelnen han-
delt eS sich um Beträge von 31 bis 1500 Mark.

—- Ans Anlaß des Altenbekener Eisenbahn-
nngtn.cks hat der Kaiser Weisung ergehen lassen,
die besagt, daß der S a t o n w a g e n des KronPri n-
zen nicht an den Schlnß der Eisenbahnznge angehängt
wird. Früher wnrde dem Wagen eine beliebige Stelle
des Znges angewiesen.

Bade«.

— Mit dem sog. „Rechenfehler" in der Eisen -
b a h n b e t r i e b s r e ch n u n g für 1900 hat es sot-
gende Bewandtnis: Die an tüe Bezirks- und Lokalstellen
hinausgegebenen Materialien werden allgemein als v er-
brancht angesehen und auf das lanfende Jahr gebncht;
nur die in den Magazinen vorhandenen Materialien
werden alS Akliva betrachtet nnd das ist auch in der frag-
lichen Rechnnng geschehen. Nun sind aber wegen des im
Gang befindlichen Umbaues der Geleise (Verstärknng
des Oberbaues) in dem Rechnungsjahr ganz anßer-
gewöhnlich große Niengen von Materialien hinanSgege-
ben morden, welche infolge von Witterungseinflüssen
nnd anderen Ursachen nicht mehr alle bis zmn Jahres-
schluß vettvendet werden konnten. Der Wert der noch 'zn
verwendenden Schienen, Weichen und Schwellen n. s. w.
betrug ani 31. Tezember, wie angegeben 4,3 Millionen,
und da die Höhe des Betrages nachträglich der General-
direktion betannt wurde, hielt sie es für besser, diesen Po-
slen eifft in das fotgende Jahr zu verrechnen. Geschädigt
wnrde bei der Sache niemand; was in dem lanfenden
Jahre an Ueberschüssen mehr vorhanden ist, wird im fol-
genden weniger sein nnd umgekehrt. So wird die Sache
nunmehr amtlich dargestellt.

Ausland.

England.

— Der abermatige Nufruf an die Frei w i l -
ligvn im Vereinigten Königreich, an Stelle det znrück-
tehrenden Mitgtieder ihrer KorpS frische 10 000 Mann
für den Diensl in Südaft-ika zu stellen, ist diesmal wiv-
kuugslos vctrhallt. Es melbet sich niemaud. - Der
Grund soll öarin liegen, daß die geleisteteu Dieuste
seilenS der Krfegsleitung keine Anertennung finden;

daß mau die Freiwilligeu imnier als eine Arl „dlimmer
Jungen'chehandett und sie dabei doch anf die gefährdetsten
Posten stellt und sie schließüch mit einer Tageslöhnnng
von einem Schilling abfertigt, während der Aeomanry
fünf Schiüinge bewilligt werden. Die Folge ist, datz die
Freiwilligen keine Lust mehr haben sich „nnter cher
Kanone" behandeln zn lassen nnd dafür ihre Haut zu
lNarkte zu tragen nnd datz Jene, die doch in den Krieg
ziehen wollen, den Freiwilligen-Rock abstreifen nnd sich
als Neomen engagieren lassen. Es soüen schon einige
Tausend diesen Ausweg eingeschlagen haben, was auch,
wie es heitzt, die starken Anmeldungen für die Aeomanry
erklärt.

Aus Stadt und Land.

L.6. Müllheim, 14. Jsn. (Der B ürg era u S >'ch uß) ge-
nehmigte einen auberordcntUchen Holzhieb, der 10—15000 Mark
einbringen soll. serner einen Kredit bon 20000 Mk. zur Bc-
streituna der GarnisonSvorarbeitcn. (Erstellung von Pläncn,
Ausmessungen, Wegarbeiten u. s. w.) Die künftige Garnison
wird ein Bataillon Jnfonterie umfassen, wodurch der Stadt die
Verpflichtung erwächst sür das Vorhandcnsein von Wohnungen
für l StabSosfizter, 4 Hauplleute und 14 Leutnants zu sor^en.
Da« Terrain sür Kaserne und Lazarcthgebäude, sowie Exerzrer-
piatz hit die Gemeinde uucutgeltlich zu stellen, cbenso hat sie für
einen passenden Schietzstand Sorge zu tragen und dle nötigen
Stratzen zu bauen-

Ans Vadcn. DaS Anwesen dis Heir» Faller, „Rutscherhos'
In Bruggbach. ist vollständig niedcrgebrannt. Es wird bös«
willige Brandstiftung vermutet und zwar richtet sich der Verdacht
aus einen Hirtenbubcn. — Ratschreiber Walter von Emmen-
dingen, welcher noch Unierschlagung von 251 Mark Vereins-
gelder flüchtig ging, hat sich der Staatsanwaltschaft selbst gestellt-
— Am Dreikönigsfeste wnrde 56 Theologen des Erzbischöft
lichen KonviktS die 4 niedercn Weihen ertcilt. Untcr ihnen be.
findet sich auch ein Hecr, dcr vor mehreren Zahren längere Zeit
als Bahnassistent angestellt war, Anton Bulscher aus Sinzheim
Nach Absolvierung des Gymriasiiims im Jahre 1892 war er übrr
6 Jahre im Bchndienst thätig, bis er im Jahre 1899 sich dem
Studium dsr Tdcologie zuwandte.

X Patentbericht für Bade» voni 14. Januar 1902, mir-
gcteilt vom Znternationalen Patcntbureau C. Klcyer in
Karlsruhe iBaden), Kriegdstratze 77. (Auskünste ohne Recherchen
werden den Abonnentrn dieser Zcttung kostenfrei erteilt.
Die Ziffcrn vor den betreffenden Nummern bezeichnen die Klaffe.
Patentanmeldungen: 11o. W. 18082. AuSziehalbum
od. dgl. mtt aelenkig unler einander verbundenen Blättern.
Fa. Ernst Wolff, Pforzheim. 29. August 1801. 24§. St. 6995.
Schornstetnthür mit uwklappbarem Behälter zur Rutzaufnahme.
Emil Strub, Freiburg t. Bg. 6. Junt 1901. 49 k. D. 11 565.
Löthkolbcnanordnnng sür Benzinlampen. Emil Dewerth, Karls»
ruhe t. Kaiserallee 89. 23. Mat 1901. Gebrauchsmuster-
Ei ntr ag nn gen: 34k 166270. Luftpumpe z»m Aufblasen
von Gunimiktssen, bestehend aus einem mit Lippenventii, Rück-
schlagventil und Rohrverschraubung versehenen Gnmmiball. Hugo
Schmidt, Mannhcim, Städt. Krankenhaus. 5. Dezember 1901.
36 o. 166 374. Warmwasseraulage für Wasch. und Badezwecke
mit Sichcrheitsvorrichtung. Otto Müller, Freiburg i. B. 63 k.
166 376. Fahrradschlotz. 5t. Fr. Projahn, Konstanz. Vom
22. November 1901.

Kleine Zeitrmg.

- Frniikfurt, 15. Jcm. Eiir iimgebnuter O-Zug
Wageu erster und zweiter Klasse wnr Diemstag Nachmit-
tag auf dem Frankfurtcr Hauptbahuhof zu besichtigen.
Der ueue Wagen, desseu Ilmbau iu der hiesigen Eisen-
bahnwerkstätle 2 ausgeführt wurde, zeigt folgende Ein-
richtungeu für den Nvtfall: Die Fallfenster in deu Ab-
teilen uud Seitengäugen tönnen bis zur Fensterbrüstung

Am Fenster.

Novcllctte von A n n a Treichel.

(Schlnß.)

. .Neiu, Schweigea um jeden Preis, auch seine Liebe mutzte
jstf verborgen bleibcn — aber das war so uamenlos schwerl
stieuu er sie sah, niutzte er sich zügeln, ihr nicht zu sagen, wie
iehr ex sw liebe, wie unglücklich er seil
^ llnd doch — was hilft alles Verständigseiu-Wolleu, das
gxht seineu Weg — vb zu seinem Heil oder Unheit.

. Ottomar befaud sich uebst einigen auderen Gästeu bei
Yellerms. Allmählich stieg die Temperatur in dem Zimmer
«ud vxx Major sagte zu Magdaleue: „Es wird zu heitz hier,
tönutest das Fenster iu der Iiebeustube öffneul"

. Sie erhob sich willig, mit ihr zugleich sprang auch Otto-
Zar, sich vcrbindlich aubietcnd: „Erlauben Sie, dah ich
^hveu das Amt abnehme -—" Sie protestierte, der Gast
»ande übcr der Kabalierspflicht — das Eude davou Ivar,
mtz sie zusammeu giugeu, den kleineii Dieust auszuübeu.
,:"d dort am Feuster, durch das die milde Luft ber Früh-
'ugsnachx berauscheud hereiiistrvmtc, verlor er die Besiu-
Wv' packte sie au, tützte sie und stammelte: „Magdaleue,
'Aliebedichl"

Verwirrt Ivaud sie sich los — still kehrteu sie zu deu
nideren zurück. Magdaleue wartete uuu, dah Ottomar käme
"'w offiziell um sie wcrbel Austatt desseu war er hingcgau-
gsti und hatte sich mit Mclitta Goldberg verlobt. Seiu Gläu-
^öer hatte ihm geschrieben, dah vou Prolongiereu seiner Schuld
"v absolut keiue Rede mehr seiu könne und warum die An-
^stgenheit Goldberg uoch immcr uicht iu Ordnung gebracht
die Familie würe doch schon durch ihu vou den Absichteii
^ Herru vou Rhcding unterrichtet und gern bereit, die
'""che zi, arrangieren.

r . Dieser Brief, den er vorfand, als er gerade von Hellerns
^uukehi-te — o grausame Jroniel — war Ottomars Urteil.

Arme, getäuschte Magdaleue —- OttomarS „ich liebe
dich" klang in ihrem Ohre, sein Kutz brannre auf ihrcm
Munde -— und er war der Berlobte einer andcren, dic er
nur des Geldes rvegeu erwählt, wie man allgcmeiu sagie.
Fhr waukte die Welt und der Himmel stürzte darüber zu-
sammcul

Danu machteu Otwmar uud Meliria die Brauivisitcu
iu der Stadt, bei den Bekanuten und Vorgesetztcn. Anch
zn Hellerns kamcn sie, muhten sie ja kommen!

Ottomar hatte nie gewuht, was Furcht und Bangcn be-
deutete — jetzt zirterte sein .Herz.

Welche schwere Stundel Magdaleue kämpfte iu -Lekuiiden-
kürze eiuen harteu Kampf. Sollte sie gegenwärtig sein bei
dem Besuch oder sich zurückziehen? Nein, uicht feige fliehcu!
Jhr Stolz siegte.

Ruhig, mit boruehmcr Verbiichlichkcii trat sie ihm ent-
gegeii, mau merkte uichts von dem Sturm ihrer Seele.

Während sie sich gelasseu unterhielten, empfand sie etwas
wie einen körperlichen Schmerz, weniger durch Ottomars An-
weseuheit' als durch die mangelhafte Hcrzensbildung der
Brüut, welche der änherliche Schliff nicht ganz berbeckte.
Nur einmal begegneten sich Otiomars nnd Magdalenens Blicke,
um sofort wieder scheu auseinander zu fahreu. Was aber
war das für eiu seltsames gequältes Etwas in Ottomars
Auge? llnd ihm hatte Magdalenes todestrauriger Blick ge-
sagt, wie sehr gesündigt worden war, an diesem licbeiiden
Herzeu.

Als das Brautpaar giug, sraud Magdaleue am Feustcr
uud schaute ihueu nach — bis sich plötzlich cin Schleier um
ihr Gesicht legte, uud sie ohnmächtig zu Bodeu sauk.

Eiuige Taqe später ging Zn aufregendes, kaum glaub-
liches Gerücht durch die Stadt. Ottomar vou Rhcding habe
sich erschosseul

Iliid zu derselbeu Stunde hielt Magdalene eiueii Brief in
der Haiid, der ihr alles erklürte.

Der dem Tode Geweihte schrieb: „Nun weitzt du alles,
mein Liebling, und wirst mir verzeihen. Würe ich stark

gcwcseu uud hätie dir rechtzeitig gebcichtet, vielleicht würe
dvch noch alles gur gcwordeu, auch wcun wir jenseirs des
Ozeans uuser Lebcn hätteu fristeu Ktüssen. 9inn sühne
ich mir dcm Tode das Leid, wclches ich über dich gebracht —
seit der Hölleuqual jeuer Visitenstuude in eurcni Hause ist meine
Verzweiflung ins Rieseugrotze gewachseu uud ich kaun nicht
der Gatte jener geldstolzeu ciiifültigcn Persou werdeu, die in
mir nur ihr Geschöpf sieht -— ich dachte iu meiuem eleuden
Selbfterhaltuugstricbe, es würde gehen, aber iiein, es geht
nichtl Lcbewohll Oitomar."

Diescs war das letzte, was Magdaleue vou Ottomar
empfiug — das allerletzte/»ber war, datz sie uüt deu Blicken
dem stilleu Trauerzuge folgte, der seine irdische .Hülle davou-
führte.

Wieder stand sie am Fenstrr und sah, wie der Sarg die
Strahe. passierte, auf der er so oft gekommen war, —
lcbend, lebenSfroh uud — geliebtl Eiu Gedauke, der doch
dcu Wahiisinu in sich bargl Als sie genas vou dcr schweren
Kraiikheit, in der sie vcrfallen, Irnr sie die alte Magdalene
uicht mehr — uur eiu Schatteu noch war vou jencr übrig-
gebliebeu.

Aber auch jetzt noch zog es sie immcr wicder zu jeuem
Platze, von wv aus sie ihu zucrst gesehcu, ihren Baldur,
deu sie so abgörtisch gelicbt, dort, wo er sie das eiue Mal
geküht, wo sie di» tötliche Qual erduldet, ihn au der Seite
eiuer audereii, Unwürdigeu, zu erblickeu, dort, wo sie dem
roteu Otwrnar vou Rheding ihren lctzten berzeihenden Grutz
uachgesandt — am Fcnster.

Mancher vcrdankt dem Vatcr sein Gcld, dem Geld sei.ue
Fran, der Frau sein Amtdind dcm Amte seüien Verftand.

— Dem Kräftigcn gehört die Welt.

(Grillparzer.)

— Entsprechend. A: „Nun, wie wm's in der Hu„de-Aus-
stellung?" — B.: „Hab' mtch sehr gcmopstl'
 
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