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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0131

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Nadischer LaridLag.

Karlsruhe, 20. Jan. (24. Sitzung der Zweiteu
Kammer.) Präsideut Gönuer eröffnet die Sitzung um
4 Uhr. Eingegangen: Petitionen aus den Städlen Breisacb,
Neckargemünd, Smgen, Zell i. W. und Boxberg um Eui-
reihung in eine höhcre Gehaltsklasse des Wohnungsgeld-
tarifs, eine Eiugabe von Angestellten der Wnrenhausbranche
gegen die Sonderbesteuerung der Warenhäuser, sowie eine
Petition beireffend die Errichtung einer Jr-enanstalt i n
Hinterland.

Dcr Gesctzentwnrf betr. die Gemeindebest.nlernng und
das Gemeindewahlrecht wird der Kommission füi Aende-
rung der Verfassnng, der Staaisverirag bctr. die Main-
Neckarbahn und beir. die Bahn B!i t nberg-Pertheim der
Komnüssion für Eisenbahnen und Ltrahen überwiesen.

Die Beratung über das Finanzgesetz und die
Jntervellation über den Zolltarif mird iortgesetzi.

Abg. Dreesbach (Soz.) ersuchr die Regierung, über
die Folgen der Rheiukanalisation eingehende statistische Er--
hebungen zu machen. Er könne die Befürchtung nicht unter-
drücken, daf; der bezügliche Staatsvertrag nicht zum Besten
des badischen Staates ausfällt. Wenn dadurch neue Verkehrs-
wege erschlossen würden, so wäre er der letzte, der dagegen
s^rechen würde; äber es handelt sich uicht darum, sondern um
erne Verkehrsverschiebung. Der Schiffsverkehr sei nur lohnend
bei einem Massenverkehr, dieser aber sei für die kurze Strecke
bis Strastburg nicht zu erreichen. Jn Zukunft wird sich der
Umschlagsverkehr in Straßburg, nicht in Kehl abspielen. Dadurch
würde der Verkehr Mannheims schwer getroffeu, der dreimal
so grotz ist, als der Verkehr in den vier nächst grötzten Statio-
nen des Landes. Daraus kann man ersehen, datz Mannheim
die Nährmutter der badischen Bahnen ist. Der Ausfall an
Getreidefrachten nach der Schweiz würde sich auf ca. 380 000
Mark, an Kohlenfrachten aus 300 000 Mark stellen. Man kann
sonach den Schaden, dcn die badischen Bahuen durch die Schiff-
barniachung des Oberrheins erleiden, ohne Uebertreibung aus
Millionen berechnen. Der Kehler Hafen könne gegenüber
dem von der Reichsregierung protegierten Straßburg nicht auf-
kommen. Vor dem Kehler Hafen bilden sich fort und fort
Sandbänke, welche die Einfahrt in den Hafen gefährden. Ueber-
haupt seien die Fachleute über das ganze Kanalisationsprojekt
verschiedener Ansicht. Bayern soll angeblich erst mürbe ge-
worden sein, nachdem man ihm für sein Lieblingsprojekt, den
Mainkanal, Zugeständnisse gemacht hat. Auch soll sich Bayern
nur zu einem einmaligen Beitrag von 800 000 Mark ver-
pflichtct haben. Unter solchen Umständen habe Baden keine
Ursache, schwere Opfer zu bringen, namentlich wenn Verluste.
zu befürchten sind. Er bitte also, eingehende statistische Er-
hebungeu zu machen.

Staarsminister' von Brauer will auf dicse Frage nicht
näher eingehen, da im Budgetnachtrag eine crste Ratc für
die Korrektion des Oberrheins eingestellt sei. Man werde also
noch aus diesem Landtag Gelegenheit haben, die Frage gründ-
lich zu besprechen; selbstverständlich werde die Regierung dann
auch entsprechendes statistisches Material vorlegen. Der
Staatsminister legt sodann den vom Abgeordneten Fendrich
angezogenen Kupserdiebstahl dar. Es sei Vorsorge getroffen,
datz solche Fälle nicht mehr vorkommen. Die Kontrollvor-
schriftcn wurden aber deswegen nicht verschärft, um eine un-
nötige Pedanterie und Vielschreiberei zu vermeiden.

Abg. Frühauf (freis.): Die Ausführuugen des Fi-
nanzministers in der ersten Kammer gegen die Schüldenwirt-
schaft (Deckung unproduktiver Ausgaben durch Anlehen) könne
jeder untcrschreiben. Der Zuschutz von 2 Millionen an die
Eisenbahnschuldentilgungskasse erwccke den Anschcin, als würde.
die Eisenbahn wie ein schwaches Kind mühsam durchgefüttert.
Die Cisenbahn sei aber in 60 Jahren ein starker Mann gewor-
den, dessen Arm dem Lande schon viel genützt habe; wenn die-
ser Arm erlahmen sollte, wäre es ein schwerer Schlag sür
das Land, die Schwarzmalerei in der Thronrede sei man schon
gewöhnt, aber das Budget sei wirklich mit zu grotzer Zurück-
haltung aufgestellt, die Schwarzseherei rühre nur von der An-
schauung des Finanzministers von derEisenbahnschuld und vom
Eisenbahnbetrieb her. Diese Anschauung werde er bekämpfen,
solange er hier stehe. Die Verschlechterung des Betriebskoef-
fizienten von 65 auf 77 Prozent habe er gleich darauf zurück-
geführt, datz unbegründeter Weise Ausgaben auf das Be-
triebsbudget gebucht wurden. Ebenso verhalte es sich mit dem
Rückgange der Rente; beides werde jetzt durch die Buchung
nicht verbrauchter Vorräte im Werte von 4,8 Millionen auf das
Jahr 1900 erklärt. Durch die Berichtigung des Fehlers steige
die Reute wiedcr auf 4,09 Prozent. Redner bemängelt die Ver-
anschlagung der Reineinnahmen auf nur 14 Millionen; eine
solche gcringe Einnahme hätten wir noch nie gehabt. Ein gro-
tzer Teil der technischen Verbesserungen dürste auf das Bau-
konto gebucht werden, dann habe man gleich wieder einen
Ueberschutz von 17 Millionen wie im Vorjahre. Die Eisenbahn-
schuld enthalte auch die Kosten für Häfen und Wasserbauten
im Betrage von mindestens 40 Millionen, wofür ein be-
sonderer Konto hätte eröffnet werdcn sollen. Die reine Eisen-
bahnschuld betrage nicht über 300 Millionen. Die Ausgabe von
5 Millionen in Schatzscheinen werde wegen der Geringfügigkeit

— Olmütz, 17. Jan, Das Glück hat sondecbare
Einfälle. Der wegen Mordes zum Tode durch den Strang
verurteilte und später zu lebeuslänglichem Kerker b'gnadigte
Gemeindevorsteher von Klein-Sohl, Helfert, hat nach dem
Strafantritt auf ein ihm gehöriges Los den Haupttreffer
von 50 000 Kronen gemacht.

— Warnmig znr rechtcn Zeit. Zwei Studenten
sühren am Vorletzten eines Btonats zwei Damen in ein
Restaurant. Kaum hat sickp die Thür hinter ihnen ge-
schlossen, so raunt der eine Student denr anderen heimlich
zu: Dn, um Goteswillen, bestelle hier keine Austern, hier
giebt's nämlich welche!"

An A. v. Freydorf.

Wie hat Dein Lied mick hoch begliickt!

O möcktten alle nur so denkenl
Dann blieb der Zauber »nverrückt,

Jn den wir täglich uns versenken.

Dann bliebe grün dte Poesie,

Gewobrn um dte alten Mauern,

Die uns erfaßt, man weiß nicht wie;

O, möchte sie doch ewig dauernl

Heidelberg. _ A. Sendele.

— Untcroffizier: „Natürlich, dcm Einjährigen sind wieder
die Finger bon der Kälte steif — Sie wünschen wohl, datz mit
heizbaren Gewehreu exerziert wird."

— Pessimist. „Wo ich in den letzten drei Wochen ivar?
Auf der Hochzeitsreise." — „Ach ich dachte mir gleich, datz
Jhnen etwas passiert sein mutz."

— Poesie und Prosa. „Sag', lieber August. denkst du auch
noch manchmal an das Festeffen, be! dem wir uns kennen
lernten?" — „Ob ich noch daran denke! Das ganze Menu könni'
ich dir hersagen."

des Betrages nach autzeu einen schlechten Emdruck machen.
Die Amortisationskasse, dic Domänenkasse, der umlaufende
Betriebsfoud enthielteu zusammen 78 Millioncn, die jeden
Augeublick in einer Kiste hier hereiugebracht iocrden könu-
ten (Heiterkeit). Die Eisenbahnrcform werde den Aufschwuug
erhöhen, uud sie nütze der Gesamtheit der steuerzahlenden Be-
völkerung. Die hoheu Pcrsonentarife bilden die schwerste Be-
lastung des unter der wirtschaftlicheu Depressivn leidendeu
Vvlkes. Man möge doch weuigsteus iu die Prüfung der
Frage ^jutreteu, ob nicht eine Ermätzigung möglich sei, mehr
als eiue Prüfung verlange mau nicht. Er beantragte eine
Kommissiousberatuug, wie sie iu Württemberg stattgefunden
hat. Längerer Aufschub gehe nicht au, iveil man jahrelauger
Beraruug mit deg tüchtigsten Männeru der Rcgierung be-
dürfe, um zuErgebnisseu zu kommen, die man nach allenSeiteu
verreidigeu könne. Auch die Frage der preutzisch-hessischen
Gemeiuschaft bedürfe genauen Studiums; denn sie töune plötz-
lich an uns herantreten, daiin müßten wir uns übcr die Folgen
der Anuahme oder Ablehuung klar sein. Reduer bcfürwortet
gesetzliche Festlegung der Tarife. Es sei anormal, datz die
Regierung mit einem Federstrich auf Millionen Vvn Eiunah-
men verzichtcn könne. Das Budgetrecht habe keincu Wert, wenn
es sich nur um kleine Pvsteu drehe. Durch Verbilligung uud
Erleichterung des Verkehrs könne der uotleidenden Landwirt-
schaft weit eher aufgeholfen werden, als durch Zölle. Er
lade darum auch die Agrarier eiu, seinem Antrag auf Eiu-
setzung einer Tarifkommission beizutreten. Die öffentlichen
Kassen sollten nicht die Marktlage ausnützen, souderu gerade
in Zeiten wirtschaftlicher Depressiou billige Darlehen geben.
Die Erklärung des Staatsministers habe wohl auf allen Seiten
spmpathisch berührt. (Abg. Wacker: „Meine Se?") Selbst
Hcrr Wacker wird darüber befriedigt seiu, datz eiu Katholik
ins Ministerium berufen wurde. Er (Redner) sei allerdiugs
der Meinung, datz bei solchen Berufuugen die Konfession keine
Rolle spieleu sollte.da nach den bisherigeuErfahrungen derTeusel
mit eiuemFiuger nie zufrieden sei,sondern die ganzeHand wolle.
(W a ck c r: Die Antwort werde ich Jhnen morgen geben.)
Redner beklagt den Lehrermangel und die häufigeu Vertretun-
geu von Amtsrichtern durch Praktikauten und Referendäre. An
den Unterrichtsminister richte er die Frage, ob er wtsse, datz der
Oberschulrat gegene Professor Heimburger wegen eines Flug-
blattes, mit dessen Abfassung er nichts zu thun harte, eine
Untersuchuug eingeleitet habe. (Abg. Hcimburgcr verlätzt unter
der Heiterkeit des Hauses seinen Platz.) Auch möchte er wissen,
wie sich der Justizminister zu dcr Frage der Berufung gegen
Strafkammerurteile und des Strafvollzuges stelle. Dah in
dieser Beziehung unsere-'gesetzlichen Bestimmungen zu wünschen
übrig lasscn, beweise dcr Fall, dah kürzlich einem jungen Eisen-
bähnexpedienten zugemutet wurde, täglich 800 Düten zu ma-
chen bei Strafe des Hungerns. Er hoffe, daß der neue Mini-
ster energisch eingrcifc, damit solche Dinge künftig uicht mehr
vorkommeu. Der Minister des Jnnern möge dafür sorgen, dah
der zum allgemeinen Aergeruis bestehende Uebelstand des indi-
rekten Wahlrechts endlich beseitigt wird. Rcducr wünscht,
datz der Staat, so lange leistungsfähige Firmen im Lande Vvr-
handen siud, Arbeiten nicht an ausländische Firmen vergiebt.

Finauzmmister Dr. Buchenbcrger: Ein grotzer Teil
der Ausführungen Frühaufs sei eiue fortgesetzte Serie vou
Mißverständnissen uud unrichtigeu Voraussetzuugen, die an-
schcinend auch im Hause eine gewisse Verblüffung hervorgerufen
haben. Frühauf habe die Sachkenntnis dcs hohen Hauses
offenbar sehr gering eiugeschätzt. Unser Budget muß sich nach
dcm Stand des allgemciucn Staatshaushaltes richten und
darf sich nicht auf Anlcheu stützeu. Solauge er am Ruder sei,
werde er jede Schuldenwirschaft feriihalten, weil Badeu an
dcr Reichsschuld partizipicrt und ohnchin eine grotze Eisenbahn-
schuld hat. Es giebt allerdiugs Politiker, denen die grötztc
Schuld cine Bagatellsache ist uud die Jahr sür Jahr die grötzte
Eisenbahnschuld aufnehmen würden. Der Standpunkt Früh-
aufs laufe darauf hiuaus: iu guten Jahren wird flott ge-
wirtschaftet und in mageren macht man Schulden. Das sinv
ungeheuerliche Programmsätze, die unmöglich die Zustimmung
auch nur von drei Mtgliedern des Hauses finden werden.
Ob Schatzanweisungeu unbedingt notwendig sind, habe er selbst
nicht behauptet, man werde aber sehr wahrschemlich solche aus-
gcben miissen, weil schon in den letztcn Jahren der Betriebsfond
uicht ausreichte, um über augenblickliche Zahlungsschwterig-
kcitcn hiuwegzukommen. Dies hänge hanptsächlich mit unseren
Zahlungsvcrpflichtuiigcn an das Reich zusammen. Frühauf
habe ihn als cinen gewvhuheitsmätzigen Pessimisten hingestellt.
Dem gcgenüber beziche er sich auf das Zeugnis, das ihm von
allcn Partcicu schon ausgestellt ivorden sei, datz er immer ob-
jektiv und nüchtern dic Ergebuisse vorgetragen habe. Den Vor-
wurf der Schwarzmalerei müsse er zurückweiseu.

Staatsrat Freiherr von D u s ch will auf die von Frühaiif
angezogenen Details uicht eiugehen, um die Debatte nicht
zu verlängern. Er möchte nur konstatieren, datz wir vor
keinem Lehrcrmangel stehen. Der Fall Heimburger wäre besser
nicht hereingezogen worden im Jnteresse von Heimburger
selbst. Durch Erlatz vom 8. November wurde Heimburger die
Mitzbilligung der Regierung wegeu seines Verhaltens ausge-
sprochen. Der Oberschulrat war an der ganzen Sache nicht be-
teiligt; er, der Minister, trage die volle Verautwortung. Das
Wahlflugblatt grenze au Strafbarkeit. Da Heimburger
dem Wahlkomitee angehörte, so kam man zu dem Ergebnis,
datz das Verhalten Heimburgers nicht derart war, wie mau
cs bon eincm Beamteu verlangen konnte. (Frühauf: Heim-
burger war an der Abfassung ja nicht beteiligtl) Heimburger
hätte sich von dem Jnhalt überzeugen sollen; cr hat auch
später nach der Ausgabe des Flugblattes uicht gegen das-
selbe protestiert. Was den Fall Weipert betrifft, so sei ihm
über dessen unwürdige Behandlung im Gefängnis nichts be-
kannt geworden. Wenu ihm Frühauf als Opfer der Justiz
hinstelle, so gehe das zu weit. Von den schweren Strafbestim-
mungen sei nach seiner Ansicht in milder Wcise Gebrauch ge-
macht worden. Jedenfalls sei es nicht förderlich, wenn richter-
liche Urteile in dieser Weise zum Gegenstcmd einer Kritik
gemacht werden.

Um 6 Uhr 45 wird die Beratung abgebrochen und auf
morgen halb 10 Uhr vertagt. Nach einer Vereinbarung unter
den Parteien sollen nur noch einige Redner zum Worte kom-
mcm, die übrigen haben auf das Wort verzichtet.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben d:m
Mitglied drs Direktoriums der Firma „Friedrich Krupp" Konlre-
admiral a. D. Karl Barandrn in Kiel das Kommandeurkreuz
erster Klasse des Ordens Bertbold des Ersten und dem
Maler Professor Friedrich Kallmorgen in Karlsruhe das
Ritteikreuz eister Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen
verliehen.

Karlsruhe, 20. Jan. Gestern Vormittag nahmen
die Großherzoglichen Herrschaftcn mit der Kronprinzessin
Victoria an dem Goitesdicnst in dcr Schloßkwche leil, wo-
bei Hofprediger Fischer die Predigt hielt. Darnach em-
pfing der Großherzog den Vize-Obcrzeremonienmeister Gra-
fen Berckheim und erteilte noch mchrere Sludienzen. Um
1 Uhr folgten die höchsten Herrschaften einer Einladung
der Prinzessin Wilhelm zur Frühstückstafel. Abends be-
suchien Jhre Königl. Hoheiten die Oper im Großh. Hof-
theater. Heute Vormittag nahm der Großherzog den Vor-
trag des Staatsrats Freihecrn von Dusch eiilgegen. Hier-

auf meldete sich der Generalmajor von Kloeden, KommaR
deur der 61. Jnfanieric-Brigade n Siraßburg. Jm Laufe
des Nachmittags höne Seiue Königliche Hoheit die Vor°
träge des Geheimen Legationsrils Dr. Freiherrn von Bab»
und dcs Legationsrats Dr. Seyb. Auf hcute Abend 8 Uhk
stnd zahlreiche Einladungen zu einem großen Hofball e>0
gangen, bei weichem zwischen 500 und 600 Peisonen er»
scheinen wcrden.

Ausland.

Oesterreich-Ungarn.

Wien 18. Jau. Der Finanzniliiisicr Böhm-Bawell
kündigte heute im Budgctausschusse des Abgeordnercuhauses
an, daß im Schvße dcs Fmalizminislcriuws eingehende
Sludien über ein Braunlweinmonopot veranstallet
worden sei n. Das E gebnis dicscr Stndien werde zn ge-
eignetec Zeit bekannt gegeben w ide».

England.

— Den soeben veröffentlichten anitlichen Ausmeiseil
nach befanden sich in den „Zu s l u ch t s l a g e r n"
in Transvqal, Natal und dem O r a n j e-G e-
biet im Monat Dezember: 17 688 Männer, 42905
Frauen nnd Mädchen und 56 424 Kinder, zusammen
117 017 Perscmen. Davon starben 2380 und zwar 160
Männer, 453 Frauen nnd 1767 Kinder, was einer jähv-
lichen Sterbeziffer von rnnd 24 Prozent (244 per Jahr
und Tausend) entspricht. Jm Vergleich mit den beiden
Bormonaten zeigt, bei annähernd dsrselben Zaht
den: in den Zufluchtslagern Untergebrachten, die Sterbe-
zahl eine Abnahme, und ist sie von 339 im Oktober und
285 im November auf die erwähnte Zahl von 244 per
Jahr und Tausend gesunken. Die Ziffer ist noch immer
erschrecklich h o ch. Herr Chamberlain nimmt aber
diese Abnahme zur Veranlassung, an Lord Milner ein
Schreiben zu rjchten, in dem er seiner Freude über die
eingetretene Besserung nnd allen Beteiligten an der Ver-
waltung der Zusluchtslager seinen Dank und der Uebckr-
zeugung Ansdruck giebt, daß sie in ihren Bemühungen
nicht erlahmen werden, bis die Sterbeziffer auf eine nor-
male Höhe herabgemindert ist.

— Wie gemeldet, ist Dr. Krause wegen angeblicher
Aufreizung zur Ermordnng des Geheimagenten Forster
verurteilt worden. Dieser Herr Forster, der auch Trans-
vaalbürger war, trat schließlich in den Dienst des Jntelli-
genz-Bureans (Geheimdienst) und wuirden auf seine An-
gaben hin, viele Johannisburger Bürger verhaftet oder
ausgewiesest. Daß er von den Transvaalern, die in ihm
einen Verräter erblickten, nicht mit sonderlich günstigen
Augen betrachtet wurde, läßt sich leicht denken, und
ebenso, dasz man ihn gerne aus dem Wege geräumt sehen
wollte. Dies soll angeblich in Briefen, die Dr. Kranse
an den nnglücklichen Broeksma gerichtet hatte. empfohlen
worden sein. Forster war der zuerst vorgerufene Zeuge
nnd die Zugeständnisse, die er über seine Vergangen-
heit zu machen hatte, übten nicht gerade einen günstigen
Eindruck aus. Oberstleutnant Davies, der aus Jo-
hannesbnrg gekommen war, um Zeugenschaft abzulegen,
erklärte, daß die Briefe des Angeklagten von ihm als
Zensor geöffnet nnd dami wieder verschlossen Broeksma
zugestellt worden seien. Alls an Privatpeirsonen addres-
sierten Briefe seien dieser Zensur unterworfen gewesen,
ausgenommen die an die Konsuln zur Zustellung ge-
richteten Briefe. Der Angeklagte habe nach einiger Zeit
das amerikanische Konsulat zur Weiterbeförderung seiner
Korrespondenz mit Broeksma benützt, um den Jnhalt
geheim zu hatten. Vom Anwalt des Angeklagten gefragt,
ob die Briefe trotzdem geoffnet worden seien, varweigeüe
der Zeuge bezeichnender Weise, mit Zustimmung des
Richters, jede weitere Auskunft.

Scrbien.

— Ein Korrespondeut des „Berl. Lokcil.-Anz." frischt
die Nachricht auf, daß der König von seiner Unpopu-
larität übcrzeugt und regierungsmüde sei. Als Thron-
folger sei der Sohn des Prinzen Peter Karageorgiewitsch
in Aussicht genommen.

Spanien.

Madrid, 19. Jan. Die Jnfantin Christine
ist höute gestorben. (Die Jnfantin Christine, am
5. Juli 1833 geboren, war eine Schwester des Jnfanten
Franz von Assisi, des Gemahls der Königin Jsabella;
sie war mit dem Jnfaisten Sebastian vermählt, der 1875
gestorben ist. Red.)

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 2l. Januar.

K Die bhronik der §tadt Heidelberg für das Jahr 190«,
im Auftrage des Stadtrats bearbeitet von Direktor Thorbecke.
ist kürzlich im Druck erschimen (Verlag von I Hörniilg. hier).
Der Preis des stattlichen Bändchcns betiägt nur 80 Pfg. In
zehn Abschnitten giebt die Chionik einen gedrängten Uederblick
über das wirtschastliche und soziale Leben Heidelbergs im ge-
nannten Iahre. Auch Kirche, Schulen, Universität und Kunst
finden gebührenhe Berücksichtigung. Die Erinnerung an ueun
verstorbene Milbürger wird durch Btlder derselben festgehalten.
Die Chionik sollte in keinem Heidelberger Bürgerhause fehlen.
Wie oft kommt es beim Gespräch über städiische Angelegenheiten
und Ereignisse vor, daß eine ganzeGestllschaft nlcht mehr festzustellen
vermag, wann und wie sich diests zugetragrn hat. Da btetet die
Chronik ein bequcmes Juformotionsmittel. Jn dem hastigen
Leben der Gegenwart verdrängt ein Tagesereignis schnell daS
andere. So ist es für viele geradezu ein Bedürfnts, ein Nach-
schlogebuch zu besitzen, das jederzeit über die Vorgänge in dcr
Stadt zuverlässige Auskunft giebt.

O Kaiser Panorama. Dst von dem unglücklichcn König
Ludwig II. von Bayern an besonders malerischen Punkten der
Voralpen crbauten Lustschlösser üben noch tmmcr eine große An»
ziehungskraft auf das Publikum aus, obwohl schon fast 16 Jahre
vergangen sind seit jenem Pfingstmorgen, an welckiem der dem
Wahnsinn verfallene und der Herrschergewalt entkleidete Fürst
als Leiche aus dem Starnberger See gezogen wurde. Auch von
den Besuchern des Kaiserpanoramas, namentlich aus der Damen-
welt, wird wohl nach keiner Serie so häufig gefragt, wie nach
denjenigen, welche die bayrischen Königsschlösser vorführen. Jn
dieser Woche lernen wir in 50 verschiedenen Aufnahmen die
Schlösser Hohenschwangau und Neuschwnnstein und deren innere
Räumlichkeiten kcnnen. Von der Prachtliebe, um nicht zu sagen
VerschwendungSsucht, des ungtücklichen Königs bekommt man
beim Durchwandern der prunkvollen, teilweise von Gold strotzen»
den Sälen und Gemächern etne zulreffende Vorstellung.

* Der ExveditionSgehilfe Weipert wurde am Freitag auS
dem Gefängnis auf Urlaub entlassen. Die Budgetkommission der

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