Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

DOI chapter:
Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0161

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
unternehmers betrieben werden. Die Regiernng hat sich
für die Linie Mudau—Mosback, nicht für Eberbach ent-
schieden, da nur diese baufähig und bauwürdig erschien.
Die Bahn nininit die Staatsmittel stark iu Auspruch;
möge sie jeuem Teil des Odenwaldes den erhofften Auf-
schwung bringen!

Eingegangen sind ferner die Akten über die Wahl in
Lörrach-Land. Zur Prüfuug derselbeu wird die Sitzung auf
6 Minuten uuterbrochen. Birkeniueyer (Zentr.) beantragt
sodann Namens der Wahlprüfungskoinmission, die Wahl
Dreher's (natl.) für giltig zu erklären, was ohue
Debatte geschieht.

Das Haus setzt hierauf die Beratung über das Finanz-
gesetz und die I n te rp e llati o n betr. den Zoll-
taris sort.

Abg. Obkircher (natlib.) giebt zunächst dem Dank
und der Genugthuung seines Beziäes (Mosbach) über die
Eisenbahnvorlage Ausdruck und wendet sich dann zu den Aus-
führungen des Finanzministers. Der „Rechenfehler" im
Staatshaushalte war insofern nicht ohne Belang, als die
Höhe der Rente und des Betriebskoeffizienten nicht nnwesent-
lich dadurch beeinflußt wird. (Frühauf: Sehr gutl) Der Fi-
nanzminister verdiene Dank für die wohlthuenden Worte, die
er für die höheren Beamten gefunden hat; cs sei daher nicht
recht verständlich, warum in der neuesten Beamtenvorlage
die untercn Beamten wieder bevorzugt wurden. Hugs Vor-
schlag zur Reichsfinanzreform, man solle mehr sparen, komme
ihm vor, wie wenn ein Mann der Hausfrau Einschränkung
empfiehlt, aber den Tisch nach wie vor reich besetzt sehen will.
Wenn auf allen Seiten ein ernstlicher Wille vorhanden ist,
muß etwas zustande kommen. Der Staatsminister habe den
Ministerwechsel als bedeutungslos hingestellt. Allerdings sind
sämtliche Minister längst als hervorragende Beamte bekaunt
und diese Oualität war bei Berufung der neuen Minister
wohl ausschlaggebcnd. Wenn dabei als weiteres günstiges
Momerit hinzrffam, daß ein Mitglied katholischer Konfession
ist, so läßt sich dagegen nichts einwenden und zu bestimm-
ten Folgerungen liegt kein Anlaß vor. Er habe die Ueber-
zeugung, daß auch künftig bei Berufungen von Beamten
nur geschäftliche Tüchtigkeit und wissenschaftliche Befähigung
den Ausschlag geben. Wenn Wacker glaube, daß bisher die Kon-
fession ein Hindernis war, so müsse er dem widerstreiten. Ob
die Herren Zehntcr, Lauck, Gießler (Katholikenl) dies auch
glauben? Zu den neuen Männern dürfe man Vertrauen haben,
insbesondere in der Hinsicht, daß sie alte bnreaukratische Zöpfe
abschneiden. Redner kommt weiter auf die Wahlrechtsfrage
zu sprechen, an deren baldiger Lösung die Regierung selbst
ein Jnteresse haben müsse. Wird sie auch jetzt nicht gelöst, dann
trifft die Verantwortung nur die Regierung. Wacker scheine
fich bereits damit abgefunden zu haben, dah die Wahlrechts-
frage erst auf einem der nächsten Landtage gelöst wird, was
um so auffallender ist, als er sonst stets mit jugendlichem
Feuer die Lösung dieser Frage gefordert und den National-
liberalen stets ihre Haltung borgeworfen hat. Cr spricht jetzt
nur noch von der Aenderung der Wahlkreiseinteilung, die doch
unmittelbar vor der Revision des Wahlrechts zwecklos und
in der Wackerschen Fassung für die Nationalliberalen unaü-
nehmbar ist. Die letzten Wahlen haben die alte Legende zer-
stört, daß wir unsere Sitze nur der Regierung zu verdanken
haben. (Sehr richtig!) Mit Bezug auf die historischen Ex-
kurse Wackers bemerft Redner, daß Wacker am allerwenigsten
Grund habe, dcn Nationalliberalen ihre Haltung gegenüber
dem Ministerium Stößer vorzuwerfen. Wacker sei doch bor
vier Jahren selbst an der Spitze gestanden, als dem Ministerium
Nock-Eisenlohr ein Mißtrauensvotum ausgestellt wurde und
Wacker war es, der in einer Zentrumsversammlung im Kaffee
Nowack mit Budgetverweigernng gedroht hat. (Abg. Wacker:
Das ist nicht wahrl) Obkircher: Cs stand doch im „Bad.
Beobachter"! Wacker habe das neue Ministerium überschweng-
lich gelobt; so habe er ihn im Hause noch nie reden hören. Cs
war dies um so erstaunlicher, als die'Regierung erklärt hat,
in gemäßigt-liberalem Sinne die Geschäfte weiter zu füh-
ren. Er fürchte fast, daß aus dem Hosianna in zwei Jahren
rin „Kreuzigt ihn!" werden könnte. Die Empfehlung Wackers
war doch fast zu plump. Nicht weniger stark war seine Be-
hauptung, daß das Zentrum keine konfessionelle Partei sei.
Redner widerlcgt dicse Behauptung durch Zitate aus den
Schriften vön Bismarck, Kraus und Baumstark. Es sei über-
haupt ein Unglück, daß die katholische Vereinswirtschaft einen
folchen Umscmg angenommen hat. Neuerdings giebt es katho-
lische Tanz-, Turn- uud Militärvereine; von den Kanzeln
herunter und in Flugblättern wird das Halten katholischer Zei-
tungen zur Pflicht gemacht (Redner verliest das bekannte Flug-
blatt dcr Reichenauer Pfarrer), ja die „Augsburger Postzei-
tung" hat sogar die Herausgabe eines katholischen Witzblattes
empfohlen. (Heiterkeit.) Das sind gewiß Auswüchse, die Schuld
daran aber tragen diejenigen, ivelche immer einseitig dcn kon-
fessionellen Standpunkt betonen. Dies führt schließlich zu einem
Auseincmdergehen, zu der alten Konfessionsspajtung. Das
Zentrum hat sich selbst schon eine „katholische" 'Partei genannt
und zieht heute noch mit dem Ruf in den Wahlkamps: „Die
katholische Kirche ist in Gefahrl" Trotzdem sagt Wacker: „Wer
uns eine konfessionelle Partei nennt, kennt uns nicht!" Nun,
ich kenne Sie und behaupte es. Redner polemisiert znm Schluß
gegcn Cichhorn. (Lebhafter Beifall bei den Nationalliberalen.)

Abg. Muser (Dcm.) wendet sich gegen die Ausführun-
gen des Finanzministers und der Abgeordneten Burckhardt und
Wilstenß, soweit sich dieselben mit dem Zolltarif befaßtcn und
betont feierlich, daß die demokratische Fraktion geschlossen ge-
gen den Zolltarif ist; auch Heimburger halte die Sätze für zu
hoch. Die „kulturkämpferischen" Aeußerungcn der Abgeord-
neten Binz und Obkircher forderten geradezu eine Erwiderung
heraus; er wolle aber sich darauf weiter nicht einlassen, son-
dern nur die Bemerkung Wilckens zurückweisen, daß die natio-
nalliberale Partei immer die gleiche geblieben ist. Redner sucht
in der sattsam bekannten Weise den Nachweis zu führen, daß die
nationalliberale Partei eine Regierungspartci war, wobei
er auch den Satz ins Feld führte, der seinerzeit iu einem Ton
angebenden nationalliberalen Blatte, dem „Schwäbischen Mer-
kur" gestanden hat: Der Rücktritt Eisenlohrs habe die natio-
nalliberale Partei ihrer Berpflichtung gegenüber der Rcgie-
rung enthoben. (Rufe: Korrespondent gehört ja nicht der
nationalliberalen Partei an!) Nun, dann war es eben auch
so ein Baumstark, den Sie (zu den Nationalliberalen) so gern
zitieren. (Heiterkeit.) Mit groher Wärme verteidigt sodann
der demokratische Führer den Abgeordneten Wacker gegen die
Angriffe Obkirchers. Das Wackersche Mißtrauensvotum war
nach Musers Ansicht durchaus legal, wcil es sich gegen die
Haltung der Regierung in der Wahlrechtsfrage richtete. Jn die-
fer Frage müsse jetzt Ernst gemacht werden. Wenn man der
Regierung so entgcgenkomme, wie die Nationalliberalen (Mu-
fer hätte besser gesagt: wie Wackerl), dann dürfe man auf
keinen Erfolg rechnen.

Abg. Zehnter (Zentr.) glaubt, daß das finanzielle
Verhältnis der Einzelstaaten zum Reich in allernächster Zeit
auf eine andere Basis gestellt werden mutz. Auf die Ein-
kommensteuer darf aber das Reich nicht greifen, weil diese
die Grundlage der einzclstaatlichen Steuern bildet. Redner
kommt auf den Fall Weipert zu sprechen, der von gewisser
Seite in einer Weise behandelt worden sei, die er nur be-
dauern könne. Es liege absolut kein Grund vor zu der An-
nahme, daß Weipert ein Unrecht geschehen ist. Die Strafe

war eine gerechte und dem Verschulden öurchaus angemessene.
Durch die fortgesetzte Besprechung der Affäre werden nur die
Rechtsbegrisfe vcrwirrt, besonders wenn Weipert als Märthrer
der badischen Eisenbahn und Justiz hingestellt wird. Redner
bekennt sich als warmer Freund des neuen Zolltarifs. Aus der
programmatischen Erklärung der Regierung habe seine Par-
tei die Ueberzeugung gewonnen, daß es der Regierung Crnst
ist und daß sie diesem Programm gemäß handeln wird. Cr ver-
zichtet darum auf retrospektive Betrachtungen und wolle nicht
wie Oberkicher Vorlesungen über alte Reden halten. Binz
und Obkircher sollen sich einmal im Reichstag hören lassen;
dort werden sie nicht einmal bei ihren Freunden Beifall.sin-
den. Jn Berlin werden solche Vorträge nur noch in antiquari-
schen Trödlerläden sehr billig verkauft. (Heiterkeit.) Zum
Schlusse bemängelt Redner die. Geschäftsordnung des Hauses,
welche hauptsächlich daran Schuld sei, daß die parlamentarischen
Verhandlungen an Wertschätzung berloren haben und eine
gewisse Degoutierung eingetreten sei. Er schlage vor: keine
so großen Kommissionen zu bilden, die Generaldiskussion der
Kommissionsberatung vorausgehen zu lassen, zu den Kommis-
sionsverhandlungen stets einen Rcgierungsvertreter beizu-
ziehen, die schriftliche Berichterstattung zu beschränken und
die Generaldebatten abzukürzen. Dann werde man den Ver-
handlungen des Hauses auch wieder mehr Jnteresse entgegen-
bringen.

Trotzdcm es mittlerweile neun Uhr geschlagen hatte, erteilte
Vizcpräsident Lanck in aller Gemütsruhe dem Abgeordneten
Dr. Goldschmit das Wort, so daß Dr. Wilckens unter
allgcmeine Zustimmung die Vertagung der Debatte auf morgen
neun Uhr beantragte. Nach persönlichen Bemerkungen der Ab-
geordneten Obkircher, Wittum und Eichhorn wurde dann die
Sitznng geschlossen.

Karlsruhe, 24. Jan. Die Budgeikommissiori
der Zweiten Kammer hat heute das Kultnsbudget in erster
Lesung beendigt und nur zu einzelnen Positiouen weitere
Auskunft zu erhebcn beschlossen, im Uebrigen aber die An-
forderungen genehmigt. Sodann wurde mit der Be-
ratung des Budgets des Ministeriums des Jnnern be-
gonnen.

Württemberg.

Stuttgart, 24. Jan. Die Kammer begaim heute
die Verhaiidlungen über die Einh eitsm ar ke. Es sprachen
dte beiden Referenten. Liesching (Volksp.) trat in zwei-
stündiger Rede für den Antrag der Kommisstonsmehrheit
ein, dic durch den Vertrag perarilaßren Abweichungen nicht
zn beanstanden. Vizepräsident v. Kiene empsiehlt aus
politischen und finanziellen Griinden die Ablehnung der
Einheitsmarke, dnrch welche ein württembergisches Reservat-
recht gefährdet sei. Debytte nnd Abstimmung erfolgen
morgen.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
außerordentlichen Professor an der Universität Gießen, Dr. Wilhelm
Wetz, zum ordentlichen Professor für englische Philologie an der
Universität Freiburg ernaunt.

Karlsruhe, 24. Jan. Heute srüh 8 Uhr 60 Min.
sind die Erbprinzesstn von Sachsen-Meiningen, Prinz-Adolf
zu Schaumburg-Lippe nnd seine Gemahlin, Prinzessin
Viktoria geborene Prinzessin vou Preußen hier abgereist.
Der Großherzog und die Großherzogin begleiteten die
hohen Verwandten zum Bahnhof, von wo dieselben sich
zunächst nach Franksurt begaben und dann nach Berlin
reisen werden. Der Großherzog nahm heute von 11 Uhr
an den Vortrag des Finanzministers Dr. Buchenberger
entgegen. Nachmittags von 6 Uhr an hörte Seine Königl.
Hoheit die Vorträge des Geheimen Legationsrats Dr. Frei-
herrn von Babo und deS Legationsrats Dr. Seyb.

Ausland.

Oesterreich-Ungarik.

Lemberg, 24. Jan. Wie bei der Demonstration
am Dienstag anläßlich des Jahrestages des polnischen
Aufstandes von 1863 die Beschädigung des Wappen-
s-childes am russischen Konsulate erfolgen konnte, ist nicht
aufgeklärt. Die Demonstranten wurden auf dem Wege
zum russischen Konsulat von der Polizei auseinanderge->
trieben und -das Konsulatsgebäude wurde von der Polß-
zeimannschaft und einer Kavallerieabteilung bewacht.
Die Erhebungen, wann und durch wen die Beschädigung
erfolgts, stnd bisher erfolglos gebliebert. Der Statt-
halter Graf Pininski hat dem russischen! Konsul Pustosch-
kin im Auftrage nnd im Namen des Kaisers Bedauern
wegen der Beschädigung des Wappenschildes ausgedrnckt.

Diiuemark.

Kopenhagen, 24. Jan. Der Statsrat hat be-
schlossen, den Vertrag über den Verkanf der Antil-
len nnterzeichnen zn lassen. Der Vertrag wird als-
dann dem> amerikanischen Senate zur Ratifizierung vor-
gelegt werden.

Astcn.

— Die „Times" meldet aus Peking: Bei dem
Empfange der Gesandten fiel das leidende Anssehen
des Kaisers auf, welcher ein Bild physischer Schwäche und
tiefer Melancholie bot. Der Kaiser empfing die Gesand-
ten Mittags in der Reihenfolge des Datnms ihrer Akkre-
ditierung, erst den englis-chen Gesandten, dann den rus-
sischän, französischen, deutschen japanischen und portul
giesischen. Jedey. übergab seine Beglaubigung und eine
Ädresse wurde verlesen ,worauf der Kaiser antwortete.
Die Gesandten verließen den Palast durch das östliche
Thor, wo ihnen ihre eigenen berittenen Wachen und chine-
sische Jnfanterie entgegenkam, die sie zu den Gesandt-
schastän zurückeskortierten. Das Schauspiel an beiden
Thoren war glänzend und zog viele Zuschauer an.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 28. Januar.

v. Die AuSstellmrg des Kunstvereins biell-t für morgen, nach-
dsm der größte Teil der zulctzt gebotenen Knnstwerke abgesandt
ist, fast durchweg Nenes und zumeist sehr viel Jnteressantes (und
Anzicbendes; den Mittelraum füllen heute die 14 Oclgemälde
von George Bernier-Brüssel. die alle sehr naturwahr, heiter und
duftig sind. Ferner ist e'me Sonder-Ausstellung von 2V Oel-
gemälden, Aquarellen und Pastellen, in Vortraits, Genre und
Landschaften von Johannes Marx-München (Hetdelberg) aus-
gestellt, die gewiß das größte Jnteresse erregen werden. Fünf

stimmungsbolle Landfchaften von Emil Lugo sprechen für st^'
Zwei Gemälde von großa>tiger Wirluug sind „Siesta" von
Peter Bayer-Karlsruhe, und das sebr große figurcnreiche Ge-
mätde „Wclken" von Ludwig Mark-Budapest. Hars Schlei-b'
Berlin sandte ein prächtiaes Gemälde „Rheingrafenstein". l'tstkk
20 Gemälde von verschiedenen Karlsiuher Malern geben etnev
Einblick in di- großarligen Leistungen der lüünstler, von dencv
fast j-dec ein onderes Feld behandelt. Auf die Ortginol-Fächek
von Frau Margarete Erler sei voch besonders hingewiesen, De^
Neuen wird so viel auf einmal g-boten, daium sei zum regck
Besuch des Kunstvereins au^gnordert.

-tz Eine Versammlung deutscher Verkchrs-Vereine fanb
gestern in Frankfurt im Hotel Schwan statt. Die Dclegiertest
wurden durch den Vorsitzenden des Frankfurter Vercins zus
Förderung des Fremdenverkehrs, Ehrenfels, begrüßt. Stadtrw
Dr. Woell hieß die Aersainmelten namens der Stadt Frankfust
Willkommen, die sich mit Stolz eine Fremdenstadt nenne und stch
geehrt fühle, daß hier der Grundstein zu dem zu gründenden
Bnnd dentscher Verkehrsvereine gelegt werden soü>
Dm Vorsitz übernahm OberstlenNiant a. D. Lehmann - Göttingett-
Den einleitenden Vortrag über die Anfgabe der Verkehrsvereine
hielt Prof. Kamp. Der Redncr teilte die interessierten Korporationett
in Verkehrs-, Anstedlungs- und Verschönernngsvereine. Jst bishek
gmug geschehen oder erscheint ein Zusammmschluß aller Gruppett
gebotm? Letztere Frage ist zu bejahen. Manche Ziele könnett
nur durch festen Zusammmschluß aller Verkehrsvereme erretcht
werdm, z. B. Eismbahnreformen. Eine Hanptansgabe des Bundes
ist eine Anskunftsstelle zum Anstausch von Propaganda- und
Reklamemitteln uud die Schaffung einer illustrierten Bunoes-
zeitimg, betitelt „Dentsche Stttdte- imd Bäderzeitschrift". Jn dek
Debatte zeigte stch allgemeine Zustimmung zn diesen Ansichtm und
es wurde die Gründnng des Bundes mit dem Sitz in Franksurt
beschlossen. Dm Vorstand dcs Bimdes bilder vorlänfig der Vor-
stand des dortigm Vereins znr Förderimg des Fremdmverkehrs-
— Von Heidelbcrg habm dm Verhandlungen die Herrctt
Stadträte Krall nnd Ellmer sowie als Delegierte des Gemeitt-
nützigm Vereins die Herren Max Klingel und Adolph
Brechter beigewohnt.

« Nadelmalerci. Wie aus dem Jnseratentei! ersichttich. ist
die Ausstellung der prachtvottm Nadelmalnei „SixttnisÄk
Mad onna" moigen Soinüaa, ten 26. Jan. ds. Js., in der
Zeit von 11 Uhr vorm. bis 6 Ubr abends zu besichligea

1- Strafkammer. Vorsitzender: Landgerichtsdirektor Dr.
Wcst, Vertreter der Großherzoglichen Staatsbehörde: StaatS-
anwalt Dr. Sebo 1 d.

1. Jm Juli vorigen Jahres war der Tüncher Johau»
Kramer von Mannheim nach Verbüßung einer längereu
Strafe aus dem Zuchthause in Bruchsal entlassen worden-
Jm September heiratete er und bald darauf wurde das junge
Ehepaar durch eiiien Mann, namens Ulrich, dessen Bekarmt-
schast Kramer im Zuchthausc gemacht hatte, zu einem gemern--
samen Raubzuge nach Grombach, wo gerade Kirchweih gefeiert
wurde, veranlaßt. Hier gelang es dem Ulrich, in dem Gast-
hause zur Krone ein Kästchcn mrt Wertpapieren, einem Spar-
kassenbuch, barem Gelde und Schmucksachen aus dem Privat-
zimmer der Wirtin (einer Witwe) zn stehlen, wobei im Kramer
mer als Aufpasser jedenfalls behilflich war. Lehterer bereitetc
in einem anderen Gasthause gleichfalls einen Diebstahl vor,
gelangte aber nicht zur Ausführung desselben. Das gestohlene
Kästchcn wurde spüter in der Nähe des Dorfes gefunden: vo»
dem Jnhalte fehlte aber das baare Geld, das die Diebe geteilt
hatten, und die Schmucksachen. Ulrich ist nach Amerika flüchtig
gegangen. Der angeklagte Kramer leugnet zwar die Teilnahme
das Gericht gelangt jedoch zu der Ueberzeugung seiner Schuld
und spricht gegen ihn wegen Hehlerei eine Gefängnisstrafe vou
zwei Jahren aus, an denen drei Monate Untersuchungshaft
abzurschneii sind.

2. Der 25jährige Schieferdecker Wolfgang Backmund
von Würzburg leistete einer Dirne hier Zuhälterdienste, zu ivcl--
cher er bereirs früher in Würzburg in einem gleichen Ver-
hältnis stand, das ihm damals schon eine Gefängnisstrafe em-
brachte. Heute wird er zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr
und sechs Mouaien sowie zu Verlust der bürgerlichen Ehren-
rechie auf die Dauer bon drei Jahren verurteilt. Auherdeitt
erkannte das Gericht auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht und
Ueb'-rwcistmg an die Landespolizeibehörde nach Verbüßuug
der Sirase. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oef--
fentlichkeit stait.

8. Leichenschauer Christian Bopp von Elsenz beurkuudcte
in dem Totenschein eines Kindes, dasselbe sei an Brechruhr
gestorben, während. nach Ansicht des Bezirksarztes, der den
Angeklagten für einen gefährlichen Kurpfuscher hält, Maseru
vder Diphtherie vorlag. Bopp wird von der nach Paragraph
348 R. St. G. B. erhobenLU Anklage sreigesprvchen, -a es
nicht erwiesen ist, daß das Kind wirklich nicht an Brechrulst
tzest.,rbe,i isr.

I Plötzlicher Tod. Der 83 Jahre alt« l-dige Maurer
Fohenn Gäriner rurde geüern Mittag in eincm Neub'u des
Stadtt-ils Neuenheim vom Herzschlag betroffen und lot vott>
Platze aetraaen.

js Geiändete Leiche. Beim Grubeuhos wurde gestern Mittag
die Lriche eines Mannes aelandet, der anscheinend deui Arbeiter«
stande ai-gehärte und Mitt- der 40er Jahre stand. Die Leiche
maa etwa 2-3 Wochen im Wasser g legen haben, Näheies ist
z. Zt. nicht bikmnt.

— Polizeibericht- Ein Schre'bgehilfe, e'm Schlosssr und
ein MecheiUker wurden wegcn Bettelns verhaftet. Wegett
Unfuas kamen zwei Versonen zur Anzoäae.

Dilsberg, 23. Jan. (Unsere e i n st wvitberühmr
ten Festungswerke), denen leider Vandalismus iM
18. Jahrhundert bös zugesetzt hat, wurden in den letzten Jahreu
einer gründlichn Ausbesserurig unterworfen, die nun ihrcrU
Cnde entgegengeht. Da zur Zeit auch die Zugangspfade und
Stratzen zu hiesigem Platze wieder in Stand gesetzt werdem
so ist für unsere Bergfeste nebst Citadelle eine Zunahme des
Fremdenbesuches bestimmt zu erwarten.

Mannheim, 24. Jan. (Der Frankenthalek
Frauenmord.) Aus Gießen wird telegraphiert: Wie der
„Gießener Anzeiger" aus Schotten meldet, hat man dort eiu
Jndividuum verhaftet, in welchem man den Mörder der Kinder-
gärtnerin Belser in Frankenthal erwischt zu haben glaubt. Sr
hat drei Finger der linkcn Hand verbunden, welche Wunde er
sich wahrscheinlich beim Zertrümmern der Korridorscheibe zu-
gezogen hat. Durch das Verhör ist bereits festgestellt wordeU,
daß die Papiere des Verhafteten gefälscht sind.

Ludwigshafen, 24. Jan. (Gerüchte.) Ueber den Bec-
bleib des seit einigen Tagen vermißten 13jährigen-Mädchens
Maria A.drian sind hier die ungeheuerlichsten Gerüchte
verbreitet. Die einen erzählen, die Leiche des Kindes sei bei
der Walzmühle, schrecklich zugerichtet, gelandet worden; an-
dere wieder raunen sich geheimnisvoll zu, daß die Leiche, iu
einem Sack eingenäht, arg verstümmelt, bei der Hemshost
schachtel gefnnden wurde. Dazwischen wird die Nachricht kol-
portiert, daß man die Leiche des Mädchens, das schändlich zuge-
richtet worden wäre, auf dem Friedhofe gefunden habe. Nach
den von der „Neueu Pf. Presse" bei der Polizei eingezogeneu
Erkundigungen ist dort von einem Auffinden des Mädchens oder
dessen Leiche absolut nichts bekannt und auch keine nähere
Nachricht eingelaufen, welche das Verschwinden des Mädchens
auszuklären vermöchte.

Karlsruhe, 24. Jan. (Ehrung.) Heute sind 25 Jahce
verflossen, seit Geh. Hofrat Dr. v. Sallwürk zum Mitglieb
des Großherzoglichen Oberschulrates ernannt worden ist. Wie-
ser Tag sollte nicht vorübergehen, ohne dem Jubilar aus deck
großen Gebiete seiner Thätigkeit die wohlverdiente Anerkennunü
seines gesegneten Wirkens zu bringen. Dies geschah durch eine
Deputation, die im Namen der Kollegen der Höheren Mädchen-°-

-
 
Annotationen