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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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Zweites Blatt.

44. JahrgMg. — wr. 23

Dienstag. 28. Jannar 1902.

^rscheint täylich, SonntagS auSgenommen. -- Preis mit Familienblöirern monatlich bv Pfg. in'S HauS gebracht, bei der Expedition uno oen Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post b?-

rchgen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

^vzeigenpreiS: 20 Pfg. für dir Ispaltige Petttzeile odrr derm Staum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiefige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßlgt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimwk
vorgeschriebenen Tagen wird krine Verantwortlichkeit Übenwmmen. — Nnschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitnng und den Plakatsäulen- Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

I ^ ^ 'H' ^ I ^ ^ ^



Entschließen Sie sich zu einem

Probe-Bezug

der

Heidelberger

Zeitung

für den Monat Februar

und Sie werden diese reichhaltige, billige Zeitnng
für die Zukunft nicht mehr entbehren wollen.
Unsere Träger und Zweigstellen sowie alle Post-
anstalten und Briefträger nehmen Bestellungen
entgegen.


Aie Areiheit des katHolischen Iorschers

^childert recht anschaulich dcr klcrikale „Westf. Meikur":

Denken wir uns einen Gelehrien, der bei seinen For-
ichungcn zu einem Ergebnisse kommt, welches stch mit der
wthol. Lehrc nickt vcreinigcn läß!. Jst er Katholik, so hat er
°iiierseits dic w i s s c n s ck a s t li ch bcgründete Lehre der Kirche,
Mdererseits das Ergcbnis scincr Forschung. Zwei Wege,
^ie zu dcmselben Ziele führen müßten, laufcn auseinander.
M das Ziel uur ems sein kaiin, die cine Wahrheit,
wlgt, daß einer von ihnen, ein Jrrwcg sein muß. Wer
^ird cs sein? Das kann keinem Zweifel unterliegen.
^enn der Forscher nickt von Größcnwahn befallen ist,
'vird er stch sagen, daß er trotz allen Scharfsinns und
"Ker Gclehrsamkeit sich nicht mehr zutrauen darf, als.dem
^oitesworte, das ihm >n der Kirche geboten und desscn
^utorüät nicht von cinem Gelehrten, sondern von Geistcs-
Aroen aller Jahrhunderte begründet wird und von dessen
Kahrheit er sclbst sich wissenschaftlich überzeugt hat.
^lso, so wird er sich sagen, habe ich geirrt,
^enn ich auch deu Jrrtum für den Augcnblick noch uicht
^Ufdccken kann. Das ist seine Ueberzeugung, und diese spricht
^ vus. Und wenn cr seiren Schriftcn dic xrotostatio
vorausschickt, so spricht er nur die ureigenste Ueber-
'EUgung aus, daß es jedesmal so sein wird, wevn Glaube
^Ud Forschung scheinbar iu Konflikt gcraten. Es ist also
Uel Spiegelfechterei, wenu behauptet wird, es könne nie-
e'als voikommcn, daß 'ein Katholik seine Ueberzeugung
aussprechen dürfe.

, Das ist eben keine freie Forschung und Wissenschaft,
"udern cine unfreie und gebundene, eine, die keinen
^ssenschaftlichen Wcrt hat. Sie ist, um einen drastischen
Ksdruck zu gebrauchcn, für die Katz. Was eine solche
Tnssevschaft zu lcisten vermag, das hat uns in haar-

Sneewittchen.

Roman von A. I. Mordtmann.

(Fortsetzung.)

tz. »Mein Williams hatte in seiner Trunkenheit doch noch Vcr-
Ud genug, sich nicht zu rühren. Er wartete bis die anderen
etz'öingen, und dann blieb er noch eine ganze Weile liegeu,
er aufstand und sich entfernte. Und dann vollführten alle
tz^Ufel der Hölle in seinem Herzen einen Kampf mil den
Ü^eln, dic darin uoch sein mochten von früher her. Wenn
^ Banditen mich totschlugen, dann war Juanita sein; denn
Ih^.Uatte ihr längst versprochen, und ihr Hallunke von Vater
x,Wc es, datz er ihrctwegen seinem cvangelischen Bekenntnis
tz^gen würde. Jhr beiden Oelgötzcn mögt jetzt leicht den
jzM Wber Williams brechen; aber wenn Jhr Juanita gckannt
tz skt und wütztet, wie einem solche Mädchen allc Sinne und alle
>>>^P>ken, was von Verstand im Kopfe und von Phantasie
stx, Herzen steckt, gefangen nehmen und in ihren Zauber-
bannen, datz einem darüber Erde und Himmel und
und Seligkeit zum Gespött werden — dann würdet Jhr
Ers rcden, sage ich Euchl"

i>l,z"Büe nun alle bösen Geister in Williams rangen und
i>^ daran waren, ihn niederzuzwingen, stieg in dem Dunst
fr,- Dampf, der ihn umnebelte — er hat es 'mir später sclbst
ihh^lt — seincs Vaters vor ihm auf, wie er

beim Scheiden nach Weise der alten Patriarchen seinen
gcgeben hatte, und wie unter dem dichten weitzen Haar
^lten Mannes die blaucn Augen so scharf und doch so mild
st^ ^rigesehen hatten, indem er sagte: Wenn wir uns wiedcr-
^if,. - Mein Sohn, sorgc, datz Du nicht Deine Augen vor
Niederzuschlagen brauchst."

wurdc ihm heitz und kalt zu Sinne. Er eilte heim,
^ine Pistolc zu sich und stürzte nach dem Hause des
>>>>, Schon war es die höchste Zeit; denn er kam gerade
»>^ mich, der oon Juanita herauskam — merkts Euch,

sträubender Wcise das Mittelalter gezeigt. Erst als die
Forschung frei wurde, hal die Wisscnschast ihren
Triumphzug angetreten.

Deutsches Reich.

Württcmberg.

Stnttgart, 25. Jan. Der Postmarkenvertrag
mit der Reichspost hat das Plenum der Abgeordneten-
kammer ohne Anstand passiert. Nur das Zentrum
stimmte gegen den Antrag, auf den man sich schließlich in
der Kommission als auf ein allscitig befriedigendes
Kompromiß geeinigt hatte. Die staatsrechtlichcn Streit-
punkie, mit deiien sich die Kommission solangc abgemüht
haite, haben nicht vorgehalten; über die Rechthabereien
und Haarspaltereicn der Juristen hat das verständige
Ermcssen gesiegt. Regierung und Kammer haben beidc
ihren Standpunkt vollständig gewahrt, aber sie sind sich
zugleich beide entgegengckommen. So ist schließlich allcs
in Harmonie verlaufen, und es soll ein gutes Omen sein,
daß ein Werk, das immerhin von nationaler Bedeutung
ist, zum erstenmal in der Geschichte Württcmbcrgs unter
Milwirkung der Volkspartei zu Stande gekommen ist.

Prcuste».

Posen, 25. Jan. Der Kaiser spendete 20 000
Zuschuß für den Bau der katholischen Schule in
Krzykosz im Kreise Schroda.

Ausland.

Belgien.

— König Leopold unterhandelt mit dcm Cröbit
Lyounais wegen der Bildung eines belgisch-französischen
Marokko.Bahn-Konsortiums.

Frankreich.

Paris, 24. Jan. Jn eincr heute abgehaltenen Ver-
sammlung dcr Aktionäre des „Figaro" wurde der frühere
Redaktionssekretär Calmette zum Direktor ernannt.
Calmette veröffentlicht eine Erklärung des Jnhalts, das
Blatt werde unter seiner Leitung zu seinen alten Ueber-
lieferungen zurückkehren, in erster Linie ein echt pariserisches,
litterarisches und Nachrichtenorgan sein, die Armee, die ver-
folgte Religion, die Gewissensfreiheit verteidigen, die
sozialistischen Chimären bekämpfen und bei aller Achtung
vor den hervorragenden Mämiern der Monarchisten mit den
gegebenen Thatsachen rechnen und für eine tolerante liberale
Republik eintreten.

England.

London, 24. Jan. Unterhaus. O'Kclly fragt,
ob die Polttik der britischen Regierung die Aufrcchter-
haltung des status guo in Asien mit Einschluß der
Mandschurei verfolge uud ob die Politik der Regierung hia-
sichtlich Peisiens mit der Besetzuug eines Seehafcns im
Persischeu Golf seitens der Russen vereinbart sei. Lord
Cranborne erwidert, es sei wiederholt darauf hingewiesen
worden, daß eines der Ziele der Politik der Regierung im
äußersten Orient die Aufrechterhaltung des stntus c^uo in
China sei, wie vertragsmäßig sestgestellt worden sei. Die
Besetzung eines HafenS im Persischen Golf seitens irgend

Jhr beidenl ich kam Vvn ihr hcraus, die seiu Abgott war! —
als mich, sage ich, drei Kerle mit Stöcken und Dolchen-
anfielen. Den einen hatte ich mit einem Ruck vom Halse,
würgte ihn und brauchte ihn als Schild gcgen die andercn; da
knallte Williams den zweiten nieder, und wir hätten leichtes
Spiel gehabt, wcnn nicht, wie aus dem Boden gewachsen, noch
zwei Kerle aufgetaucht wärcn. Na, zu zweien kämpft es sich
ja bcsser, und wir kriegten denn auch das Pack unter, ohne mehr
als ein paar ungefährliche Schrammen davon zu tragen.
Da schauts, das verdanke ich dem Williams."

„Und Juanita?"

Gerard lachte.

„Die nahm am Ende doch den Williams. Und das war
gut so. Denn wenn ich alles bedenke, so brn ich ihm dafür,
datz cr mir die schöne Tarifenina abgenommen hat, viel-
leicht noch mehr zu Dank verpflichtet als sür die Rettung meines
Lcbens."

Nachdem Gerard diese Geschichte erzählt haüe, war keine
Rede mehr davon, die klcine Juanita jemals den Nonnen von
Nuestra Senhora da Punta Marroqui zu schicken. Sie folgte
willig ihrem neuen Beschützer und machte nur zur Bedingung,
datz Kapitän Lorenzen sie oft besuchen müsse. Das geschah
auch ehrlich, so lange der Kapitän in Hamburg war. Als er
daun wieder eine längere Seereise cmtrat und von Juanita M-
schied nahm, konnte das weinende und schluchzende Mädchen
sich gar nicht von ihm trennen. Sie wollte sich, als er fortging,
durchaus nicht trösten lassen, und Gerard schwor bei allen
Geigen der Welt, er wollte lieber zehntausend Seehunde und
neunundneunzigtausend blane Füchse in seinem Hause haben,
als so eine unversiegliche Thränenquelle; was ihn aber nicht
hindcrte, gleich darauf, um sciuen kleinen Schützling aufzuhei-
tern, wie ein fünfjähriger Bube erst Ball und dann Kochen
mit ihr zu spielen.

3. Katzitel.

1lnwetter. ' .

Acht Jahre sind verstrichen. Lorenzen fährt noch immer

einer Bcacht sei mit dcr Aufrechterhaltung des status stuo,
die die Politik der Regiermig anstrebe, unvcreinbar. Dcw
Staatssekretär für Jndien, Haniikton, erklärt auf eine An-
frage: Der Emir von Afghanistan versicherte dem
Vizekönig von Jndien, cr folge den Fiißstapfen seines
Vaters und werde der Frennd seiner Freimde sein. Er
erfuhr, fügte der Emir hinzu, die britische Regierung werde
gleichfalls sein Freund sein nnd die freundschaftlichen Bande
zwischen beiden Regierungen aufrcchterhalten und weiter
festigen.

Asicn. - '

— Der „Köln. Volksztg." wird in einer Zuschrist aus-
Tsingtau vom 5. Dezember 1901 txr Nmstand als be-
sorgniserregend bezeichnet, daß Auantschikai seine wohl-
disziplinierten, zuverlässigen Soldaten nach Tschili ziehe.
Man wird dicselbcn in dem von Räubern und Marodeurew
schrccklich heimgesuchten Tschili wohl gebrauchen können.
Schon jctzt hört man, daß er mit eiserner Hand Orduung
schafft. Aber anch Schantung kann eines schweren mili-
tärischen Druckes nicht entbehren; das Räubcrunwesen
schießt bei jeder Vermindermig des Druckes sofort ins-
Kraut. Jm übrigen ist in Schantimg alles friedlich und
ruhig.

Peking, 26. Jan. Der Hof wies Juanschikar
einen Kredit von 5 Mill. Taels zur Unterhaltung
einer Armee von 100000 Mann in. Petschili an.
Juanschikai, welcher thatsächlich die Kontrolle über die
Armec mid Marinc ausübt, beantragte England um
Jnstriikteure sür die Biarine und Japan mn solche für das
Heer zu ersuchen. 40 japanische Offiziere sind bereits in
amtlichen Stellmigen bei dem chinesischen Heere. Die Be-
hörden fandcn cinen Schatz von mehr als 100 Mill. Taels
in Gold und Silber, welchen man vor der Flucht versteckte,.
unversehrt wieder vor. Es vergingen mehrere Tage, biL
man ihn ausgcgraben hatte.

Amerika.

Washington, 26. Jan. Der Ackerbausekretär unter-
breitete dem Kongreß eine Nachtragsforderung von
40 000 Dollars, um die Untersuchnng des für die
Ausfuhr bestimmten Fleisches vom 1. März
bis Ende des laufenden Rechnungsjahres d nrchzuführen.

Aus Stadt und Land.

85t. Lahr, 26. Jan. (V e r n r t e i l t.) Sergeant Geitzel
vom hiesigen Regiment wurde gestern vom Kriegsgericht zu 13
Monaten Gefängnis und Ansstotzung aus dem Heere verurteilt.
Die Uutersuchungshaft wurde nichr angcr?chnet. Es ist der--
sclbe, von dem seiner Zeit berichtet wurde, dah er Briefe und
Geld untcrschlagen hat. Das Urteil ist vom Gerichtsherrrr
noch nicht bestätigt.

L1T Lörrach, 26. Jan. (Ein Gcwitter im I a n u-
ar.) Gestern Nachmittag gegen 3 Uhr ging hier unter Blitz
und Donner ein mehrere Minuten anhaltendcs Hagelwetter
nieder, bei dem Schlohen in Taubeneigröhc fielen. Auf den
Hagel folgte ein Regenguh, diescm bei heftigem Sturm ein
dichtes Schneegestöber. Nach etwa zehn Minuten Dauer die-
ser verschiedenartigen himmlischen Ergüsse hcllte sich das Wet-
ter auf, der Wiud blicb stark. Ueber Abwechselung im Wetter
können wir nns in diesem sogenannten Winter wirklich nicht
beklagen.

zur Sec, ohue je wiedcr eine Spur der „Dona Loisa" zu fin-
den. Juanita ist zu einem wundcrholden Mädchen herange-
wachsen nnd Paul Mäuvillon ist in Wcstafrika nicht am Fieher
gestorben, sondern mit einem kleinen Vermögen heimgekehrt»
das ihm die Gründung eines eigenen, wcnn auch bescheidenen
Geschäftes crmöglicht. Aber die von Mauvillon angebotene
Hilfe hat er bishcr hartnäckig abgelehnt. Gerard spielt noch
immer Cello und verfolgt mit Ivachsender Begeisterung
Richard Wagners glanzvöll anfsteigendes iGestirn. Ernst
Mauvillon hat das Glück gehabt einen echten Hals zu erwcrben
und Hartmann sammelt neuerdings mit Vorliebe arsacidische
und kufische Münzen.

Ein heiher Sommeriag dcs bösen Jahres 1867 ist eben
zur Rüste gegangen. Noch liegt klarer Himmel über den in
bleierncr Ruhe regungslos sich ausbreitcndcn Gewässern der
Alster, aber es wird nicht lange mehr so bleiben; dennffchon
ertönt von Westen hcr dumpf grollender Laut von einem her-
anziehendcn Gewitter; die Bewohner der alten Hansestadt
blicken ihm sehnsüchtig-entgegen, da sie von ihm eine Abkühluug
der seit vielen Tagen unerträglich sengendcn Hitze erwarten.

Noch em anderes Gcwitter steht über Hamburg, das nicht
wanken und weichen will und, sich jeden Tag mit neuen Schlägen
cntladcnd, Unglück und Verzweiflung in zahlreiche Häuser
bringt, auch in solchen Häusern, die als gefeit gegen Katastrophen
solcher Art gclten: die Handelskrisis. Ueber Nacht ist sie ausge-
brochen, und selbst die kundigsten Börsenbesucher, die sich mit-
tags dic böse Neuigkeit'zuflüsterten: Ulberg u. Cramer hätten
ihre Zählungcn einstellcn müssen, ähnten nicht, wie diesem
crstcn Znsammensturz Krach auf Krach folgen würde, bis die
furchtbare Ausdehnung des Unheils selbst in den besonnen-
sten Köpfen die Furcht anftanchen lieh, cs möchte mit dem
Kredit der ersten Handelsstadt dcs cnropäischcn Festlandes
für unabsehbare Zeit vorbei sein.

Jn jcnen schlimmcn Tagen erwarteten jede» Abend die
Anqehörigen mit angstvollem Gemüt die Heimkehr des Gatten,
des Vaters oder Brudcrs, und suchtcn schon am Gesichte des
 
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