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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0185

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Verzögerung in der Verhandlung der Frage seitens des Bnn-
desrates aus. Ein Teil seiner Freundc sei bereit, der Auf-
hebmig des K 2 des Jesuitengesetzcs zuzustünmen, alle halten
aber die Aufrechterhaltung des 8 1 für notwendig.

Abg. Schrader (freis. Ver.) erklärt, einige seiner
Freunde seien für die Aufhebung des ganzen Jesuitengesetzes,
einige auch nur für Aufhebung des Z 2.

Abg. Richter (freis. Volksp.) erklärt, seine Partei sei
einstimmig für die Aufhebung des 8 2, aber bezüglich des 8 1
seien die Meinungen seiner Freunde geteilt.

Abg. Bachem (Zentr.): Dcr Staatssekretär gab namens
des Reichskanzlers eine Erklärung ab und verschwand dann
sofort. Wir müssen wieder in Ablvescnheit eines Regierungs-
vertrcters beraten. (Staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky
Letritt dcn Saal. Heiterkeit.) Fühlt der Reichskanzler denn
nicht, >vie der Bundesrat sich selbst bloßstellt, wenn er keinen
andercn Grund hat, die Nichtstellungnahme des Bundcsrates
zu motivieren, als die Besorgnisse der protestantischen Be-
völkerung, die ihren Grund haben in früheren geschichtlichen
Ereignissen? Thatsachen liegen nicht vor, nur Angriffe und
bcrgehohe Verleumdungen. Die Zusage des Bundesrates, noch
in dicser Session Stellung nehmen zu wollen, ist ja, nachdem
wir 6—7 Jahre gewartet haben, überaus tröstlich l Wir werden
aber mit der Thatsache rechnen müssen, dasz der Bundesrat auch
jetzt noch immer nicht zu eincr Stellnngnahme kommt. Die
Jesnitcn könnten ohne Deutschland auskommen, denn die Welt
ist grotz, aber das deutsche Reich kann niemals ohne Ein-
schränkung ein Rechtsstaat gcnannt iverdcn, so lange eine Klasse
von Staatsbürgern unter Ausnahmcgesetzen leide.

Abg. Delsor (Els.) erklärt sich namens seiner Freunde
für die Aufhebnng des Jesuitengesetzes.

Abg. S t ö ck e r. (wild, kons.) beklagt die Gehässigkeit der
Pülemik zwischcn den beiden christlichen Kirchen.

Nach weiterer Debatte wurde die Bcsprechung der Jnter-
pcllation geschlossen.

Die Beratung des Etats des Reichsamts des Jnneren wird
sodann cin Stück weitergeführt.

Morgcn 1 Uhr Antrag B ajs sermann beireffend kauf-
männischc Schiedsgerichte; Anträge betreffend Abänderung des
Wahlgesetzcs; 2. Lesung des Toleranzantrages.

Baden.

— Dem „Beob." ist aufgefalleu, daß die zwei Ab-
geordneten, die sich in der Finanzdebatte am schärfsten in
kultmkämpferischem Sinne ausgesprochen haben, „zusälliger-
weise" zwei Kathvliken sind, Obkircher uud B!nz.

Il.O. Karlsruhe, 26. Jan. Tie neue Vctition des
badischen Lehrerv ereins e:sncht die Stande, die
GehaltSverhältnisse der Hauptiehrer noch im Lante dicser
Landtagsscssion mit Wirkung vom 1. Jannar 1902 einer
Ncuordnung zu unterziehen und zwar -n weitergehender
Weise, als dies der erste Gesctzentwurf vorsi kt. Bstresfs
der Umzugskosten wird gebeten, diese bei Versetzungcn der
Hauptlehrer ohne Einschränknng nach den für Bsamte der
Abteilung 6l des Gehaltstarifs aeltende!! Bestimmnugen
festzusetzen.

Madischer Landtag.

8.0. Karlsruhe, 28. Jaunar. (29. Sitzung dcr
Zweiren Kammer.) Am Regiernngsrisch: Sraaisw.inister
v. Brauer, FinanzNinister Buchenberaer, Geh. Rat Frhr.
v. Reck mid Ministerialrat Dr. Nikolai. Präsident Gönncr
cröffiiet die Sitzung um U''r.

Eingegaiigeu: Pctitionen von kleincn und mittleren
Brauereibesitzern betr. dis Malzsteuer, dcr geprü-tcn Geo-
meter um Einreihung in dsn Gehallstarii; ferncr eine Ein-
gabe von Beamten der Stadt Oberkirch nm Einreihnng
des Orts in eine höhere Ortsklasse des Wohnungsgeld-
tarifs.

Zur Beratmig steht das Bndgct des Staats-
mi i! i ste ri u m s, über welches Abq. Hug (Zentr.sjden (voa
unS in der Havpisachc bereits veröffenrlichten) Kominissions-
bericht erstattet. Er beantragt, sämtliche Titel uuv.'iändcrt
zu genehmigcn.

Abg. Dr. Wilckens (natlib.) bemerkt zu Titel 2 (Land-
stände), datz seine Fraktion nicht abgeneigt sei, an der bon
Zehntcr vorgeschlagenen Abänderung der Geschäftsordnnng
mitzuwirken. Jnbezug auf die Anregung bci^effend Reduktion
!>er Zahl der Kommissionsmitglieder möchte er übrigens Vor-
sicht empfehlen, da nur anf dem jetzigen Weg auch die kleinen
Parteicn gebührcnde Berücksichtigung finden können. Auch dem
Vorschlag, datz die Generaldebaite den Kommissionsberatungen
vorauszugehen habe, stehe er skcptisch gegenüber, da dann
eventuell jeweils zwei Generaldebatten zu befürchten stehen.
Die Kommissionsberichte sind ohnehin in letzter Zeit wesentlich
eingeschränkt worden und könnc bei gutcm Willen der Bericht-
erstatter auch ohne Aenderung der Geschäftsordnung: wenn
thunlich, noch weiter eingeschränkt werden. Mit der Anregung,
datz nur wenige Redner in der Generaldebatte das Wort er-
greifen sollen, sei er, wie schon früher bcmerkt, ganz cinver-
standen. Redner bemängelt sodann den Zustand des Land-
tagsgebäudes, dessen Nebcnräume, insbesondere Kommissions-
zimmer, den hygienischen Anforderungen in keiner Weise ent-
sprechen. Er wolle nicht geradc einen Neubau in Anregimg
bringen, möchte aber doch mi die Regiernng die Anfrage richten,
ob nicht das vor einigen Jahren erworbene nebenanliegende
Anivesen für die Zwecke der Kommissionen eingerichtet werden
könnte. Endlich möchte er betonen, datz die Landtags-Bericht-
erstattnng dcr Karlsruher Zeitung nicht anf der Höhe der
Zeit stche, auf der sie sich befindcn sollte. Er wolle dem
jetzigen Berichterstatter keinen Vorwurf machcn, da verschiedcne
Umstände mitsprcchen; abcr er möchte doch konstatieren, dah die
Sache früher besser gelanfcn ist als jctzt. Man sollte zum min-
desten eine zweite juristische Hikfskraft anstellen; der fincmzielle
Gesichtspunkt spiele keine Rollc.

Abg. Birkenmeyer (Zentr.) erinnert daran, daß
schon im vorigen Landtag eine Aendcrnng dcs Wahlprüfungs-
berfahrens verlangt wurde. Hinsichtlich der Zehnter'schen Vor-
schläge möchte er betonen, datz die Bildung der Kommissionen
mit dcr Geschäftsordnnng nichts zu thun habe.

Abg. Dr. Heimburger ist unter der Bedingnng, dasz
-ie kleinen Fraktionen nicht vergewaltigt werden, mit der Ab-
änderung der Geschäftsordnung einverstanden. Die General-
debattc könnte man am besten dadurch abkürzen, daß Spezialia
grundsätzlich ausgeschlossen werden. Redner findet, im Gegen-
satz zu Wilckens, auch den Zustand dcs Sitznngssaales, nament-
lich der Ventilation, der Verbcsserung sehr bcdürftig. Ob der
von Wilckens borgeschlagene Weg, die Berichterstattung durch
Zuzichung eines weitercn Juristen zu verbessern, der richtige
sei, möchte er sehr bezweifeln. Die Berichterstaüung sei doch
in erster Reihe Sache der Journalisten. Wenn man dieselbe
einem erfahrenen Journalisten übertrage, wcrden die Berichte
sicherlich besser.

Abg. Fendrich (Soz.) findet namcntlich die elektrische
Bcleuchtung im Halbmondsaal sehr mangelhaft. Was die Bc-
richte der Karlsruher Zeitung betrifft, so kann Juristen die
Eigenart der Redner garnicht bekannt sein. Man sollte daher

gkeich zum Schmied, nicht erst znm Schmiedle gehen und die
Berichrerstattung einem tüchtigcn Journalisten übertragen.
So viel er bemerkt habe, fehle es nicht nn solchen in Baden.
Jm übrigcn sollten stenographische Berichte in Baden ebenso
gnt möglich sein, wie in Bayern, Württemberg und Hessen.
Wenn die Kommissionen kleiner gemacht werden, müssen die
Rechte der kleinen Fraktionen gewahrt bleiben.

?lbg. Zehnter (Zentr.) glaubt, datz sich seine Vorschläge
ohne Äenderung der Geschäftsordnung durchführen lassen,
wenn letzterc nnr nach modernen Prinzipien gehandhabt wird.
Für stenographische Bcrichte schwärme er nicht; schon früher
wurden solche gedruckt, es hat sie aber kein Mensch gelesen.

Finanzminister Bnchenberger will die Wiüische be-
züglich der Berichterstattung dem Minister des Jnnern über-
mittcln. Den Mängeln im Landtagsgebäude werde die Re-
giernng gerne abhelfcn.

Abg. Wacker (Zentr.) möchte selbst auf die Gefahr hin,
bci den Kollegen Mitzfallen zn erregcn, in dieser Frage bremsen.
Gegcn früher seien die jctzigen Zustände des Hgnses golden zn
ncnnen. Es gebe eine Reihe bicl dringendere Ausgabcn. Anf
nllc Fälle solltc man warten bis nach der Lösung dcr Wahl-
rechtsfrage, die eine Vermehrung der Abgeordnetenzahl in
dlussicht stellt.

Abg. Geck (Soz.) har vergcssen, zu beantragen, die Apa-
nagen zu streichen. Das hiefür ansgeworfene Geld gäbe einen
siattlichen Baufond für ein neucs Landtagsgebäude.

Nach einem Schluszwort des Berichterstatters werdcn sämt-
lichc Trtel angenommen.

Abg. Hug (Zentr.) bcrichtet weiter über das Budget dcs
M i n i st e r i u m s.

Abg. Geck (Soz.) belkagt, datz die Bnndesratsbevollmäch-
tigten den Reichstagsverhandlnngcn so häufig fern bleiben und
nicht einmal wisseri, warum sie für oder gegen eine Vorlage
srnd. Wozn habe man also das neue grotze Haus in der Linne-
strasze für die badische Gesandtschaft erworben? Für erne der-
artige Rcpräsentation brauche man keinen Diplomatcn, es
thuts auch ein Registrator. 'Man könnte cventuell im badischen
Gesandtschaftshotel die badischen Rerchstagsabgeordneten
unterbringen^ (Herterkcit.)

Staatsminister v. Braucr erläutert, warum die Bun-
desratsmitglieder ihre Stellrmg zu den einzelnen Fragen nicht
motivreren können. Baden sei im Bundesrat auszerordentlich
gnt vertreten. Der Vorschlag, rm Gesandtschaftshotel eine
Unterkunft für dre Volksvertreter zu schaffen, komme leider gu
spät; im jctzrgen Haus seien die Zrmmer bereits vergeben, dre
?lnregung Geck's werde also ein schöner Traum bleiben.
(Heiterkeit.)

Nach kurzen Bemcrkungen der Tlbgg. Mnser, Wacker und
Wilckens wird der Titel angenommen mit allen gegen 5 (soz.)
Stimmen.

Abg. Dr. H e i m b u r'g e r (Dem.) bringt der Rcgierung
znr Kenrrtnis, datz in Postbeamtenkreisen vielfach die Anschau-
nng herrsche, datz die badischen Beamten die ihnen durch das
Reservatrecht vorbehaltenen Stellen häufig nicht erhalten.
llnter Zurücksetzung der Badener werden die höheren Stcllen
fast ausschlietzlrch durch Preuszen besetzt; so seicn fast sämtliche
Pofträte in Karlsrnhe nnd Konstanz, sowie die heiden Ober-
postdirektoren Preutzen.

Staatsminister b. Brauer wcitz wohl, datz solche Klagen
in Postbeamtenkreisen bcstehen. Er könne aber versichern, datz
von einer Bevorzugung preutzischer Beamten nicht die Rede sei.
Jm Ministcrrum führe man strenge Kontrolle nnd die Rerchs-
postverwaltung sei bisher ihren Verpflichtungen nachgekommen.
Llllerdings werden häufig frcmde Staatsangehörrge, die sich
naturalisieren lietzcn, oder eine Badnerin geherratet habcn
(Heiterkeit), bei nns verwcndet; doch gebe stets die Oualifi-
kation den Llusschlag. Dre Klagen beruhen gewöhnlich darauf,
datz dic betressenden Beamten sich für eine höhere Stelle ge-
eignet halten, während dies nach sorgfältiger Prüfung nicht der
Fall ist.

Abg. Eichhorn (Soz,) äutzert sich gegen die Position:
„Für Orden und Medaillen je 23 200 M.", werl die Jnstr-
tntion vollständig übcrflüssig sei. Staatsministcr v. Brauer
möchte die schöne Sitte aller christlichen Staaten, verdicnst-
vollen Bürgern nnd Beamtcn dnrch Orden eine Aufmnntcrung
zn gebcn, nicht aufgehoben wissen. verzrchte auf wertere
Bemerkungen, da das Haus die Llnforderung zweifellos ge-
nehmigcn' werde.

Abg. Geck (Soz.) crwidert anf >eine Bemerkung dcs Abg.
Wacker (Zentr.) etwas malitiös, die Sozialdemokraten
brauchen ihre ablehnende Haltung nicht besonders zu motr-
bieren, sie holen die Gründe der Ablehnung aus dem bürger-
kichen Lager. Die Position wird sodann mit allen gegen 8
Stimmen (der Sozialdemokraten und Demokraten mrt Aus-
nahme des ?lbg. Heimburger, der bei der Abstimmung nicht
anwesend ist) angenommen; desgleichen die übrigen Positionen.

Schlntz der Sitzung: 7 Uhr. Nächste Sitzung: Donnerstag,
halb 10 Uhr. Tagesordnung: Bndgct des Justizminrsteriums.

Aus der Karlsruher Zeitung»

— Exveditionsassistent Wilhclm Neeff in Neckarsteinach
wurde uach Heidelberq versttzt. F-rner wmdm die Exveditions-
assistenten bei der Zentralverwoltmifl: Leovo'.d S t o b e rj,
Morkus Lebuiann, Oskar Mößncr nnd Eouard Ostertag
zur Betriebssckrctäre» ernamit.

Karlsruhe, 28. Jan. Der Großhcrzog empfiag
heute Vormittag von 11 bis 1 Udr den Slaatsminister
von Brauer zum Vortrag. Zur Fsühstückstafel crschien
die Priiizessin Wilhclm. Nachmittags hörte d:r Großher-
zog die Voiträge des Major- von Schwerin und des Le-
gationsrats Dr. Scyb.

Ausland.

Jtalicn.

R o in, 28. Jaii. Die A n two r t des F ü r st e n
Colonna auf das Telegrainm des Kaisers lautet:
„Das Geschenk der Statue Goethes an die Stadt Nom,
in deren Mauern er als viel beneideter Gast weilte und
in der sein Genie erglänzte, und sich zu unsterblichen
Werken begeisterte, bewegt nnser Herz, welches in dieser
That des erhabenen Gebers eine Bekräftigung der alten
Hinneigung Deutschlands zu Jtalien, ansgedrückt durch
den großen Goethe, erkennt. 'Jm Einklang mit dein
GedankeN Eurer Majestät wird das Bildnis Goethes
in dicsem nnserem Rom, das er so besonders liebte, iminer
mehr ein llnterpfand beständiger unberbrüchlicher
Frenndschaft sein, welche beide Völker verbindet. Jm
Nanien Roms, nach welchem Enre Majestät an diesem
glücklichen Tage die Gedanken richtete, danke ich für das
denkwürdige Geschenk und sends die glühendsten Wünsche
für das Wohl Eurer Majestät und Dentschlands."

Amerika.

—^ Allerwärts rüsten sich die Deutschen in den Ver-
einigten Staaten von Amerika, den Prtnzen Hein-
rich von Prenßen mit besonders herzlichen
Ehrungen zu empfangen. Wie stark das dentsche Element
in den Vereinigten Staaten ist, erhellt aus einer Zu-
sammenstellung des „Allgenieinen Deutschen Schulver-

eins". Darnach leben dort nicht weniger als 10
Tentsche, von denen fast drei Millionen noch selbst >"
Deutschland geboren sind. Die übrigen sind rein deut"
scher Abstainmnng. In Newyork allein sitzen fast 600 000
Deutfche, in Chicago über 400 000. Jn Milwaukee siM
66, in Hoboken und Detroit 67 und 48 vom Hunder>
aller Einwohner Deutsche. Jn Cincinnati mit 121 000,
in Bnffalo mit 106 000, in Jersey City mit 65 000,
in Cleveland niit 104 000) in Newark mit 67 000 u»»
in St. Louis mit 168 000 Seelen stellen die Deutsche"
nüt geringen Schivankungen im Dnrchschnitt 40 ocM
Hundert aller Bewohner. Dabei sind die Städte Phiün
delphia und Baltimore mit 189 000 und 101 000 Deiw
schen oder wie San Francisco und Pittsburg nU'
71 000 nnd 66 000 deutschen Einwohnern noch garnich^
genannt. Die Massen deutscher Volkskraft. die dort eiN
gutes Element des Gedeihens bilden, in ihren Herzen?"
beziehungen mit dem Bciitterlande zu erhalten, ist ein^
wichtige nationale Anfgnbe, woran die Reise des PrinznN
Heinrich in hoffentlich frnchtbarer Weise erinnert.

Aus Stadt und Land.

H eidelb erg, 29. Jan-

K Enteignungsverfahren. Wie aus dem heuügen Jn'era!ei>'
ieil zn ersehen tst, hat dte Stadt gegenüber ciner Anzabl
Grundstückbisitzern am Kicchbe'msr Weg zum Enteininngs' e fchr v
schretken müssen, da eine gntliche Vereinbarnng nicht zu Stanc-
kaw- Das bktreffende Gclände ist für estren Exerziervlatz n«
Stklle des Jnbilänmsplatzcs bestimmt. ...

* Dem Eisenbahngehilfen Weipert ist es im Gcfängnis w»'
besser ergangen, wie jedem anderen Strafgefaiigenen auch. D«
„Bad. Corrcsp." beklagt das, indem sie erzählt: Die Untersuchimgs^
haft, die Weipsrt im Gefängnis zn Heidelberg zngleich mit dei«
seither hingerichteten Mörder Heckmann erlitten hat, ist eine st
strenge gewesen, daß selbst seine alte Mntter ihn längere Ze"
garnicht nnd anch später nnr spärlich hat besuchen dürfen. 3!?
Gefängnis zn Mannheini, wo er die restierenden 4 bezw. 3 Monan
Strashaft hat verbüßen müssen, ist er genan so behandelt wordely
wie die „Andern", will heißen Diebe, Betrnger n. s. w. au«.''
Demgemäß ist er alsbald in die Sträflingstracht von grober SMs
leinwand gesteckt nnd mit einer Nummer versehen worden. NsN
den „Andern" ist er dann zweimal des Tages auf eine halv-
Stunde zu einem Spaziergang in den Hofranm beordert wordeü'
wo er mit 30 bis 40 Leidensgefährten 56 Schritte in der Ru»^
machen mußte, wobci jedes Wort oder auch nnr Lächeln, das
die Lippen kam, mit Hungerkost bedroht war. Ueberhaupt diirw
niemals und nirgends gesprochen werden. Auch die täglia«
„Schule" mußte Weipert, trotz seiner Bitte von dieser Qnal bst
freit zu werden, mitmachcn, bis er infolge anderweitiger EinfliM
gegen Weihnachten endlich von derselben dispensiert wordcn >«'
Anch in seiuer einsamen Zelle gehörte ihm kanm eine MiiM^'
Mußte er doch täglich 900 Diiten kleben, welche nach Ablauf
ersten 4 Wochen — so viel Zeit wnrde ihm znm Einarbeiten ci»'
geräumt — nnerbittlich von ihm verlangt wnrden, nnter A»'
drohnng von Hmigerkost! Um dieser drakonischen Fordernng naw'
znkommen, hat sich Herr Weipert die Finger wmid gcarbciff^
Als seine gramgebengte, greise Mntter, deren Stntze er ist, M>m
November mn Erlaß der restierenden Strafe einkommcn woM'
wurde ihr seitens dcr Gefängnisverwaltung geratcn, damit Z»'
zuwarten, bis ihr Sohn genug Düten täglich liefere! Bei seiE
Entlassnng am17. Jamiar hat er für die3monatige Sträflingsarbe»
volle 65 Pfg. ausbezahlt bekommen; dabei beträgt das „Qnartiek'
geld" im Gefängnis täglich 1 Mk. 20 Pfg. Die Bitte, sich mit Biiches!
versehen zu dürfen, znr Vorbereitung für sein Assistentenexamen,
ihm rundweg abgeschlagen worden. Unmöglich, so sagt das genaN»/
Organ, kann der Herr Präsident des Justizministcrinnis diese
handlnng, wie sie lhm hiermit zur Kenntnis gebracht wird, >"s
keine „unwnrdige" ansehcn, noch weit weniger dürfte der He»
Eisenbahnminister diesclbe einem nur wegen „Fahrlässigkeit" ve>'
nrteilten jnngen Beamten angemessen finden, dem seine vorgesetzll
Bebörde nnd auch der strenge Gerichtshof, der ihn in GemäW'!
der bestehenden Gesetze glanbte vernrteilen zn müssen, in stds!
Hinsicht nur das beste Lenmnndszeugnis ansgestellt hat nnd de>«
die Wiederverwendung im Eisenbahndienst zngesagt ist.

st Todesfall. Eine vielen Heidelbergeii! wo-ilvekannte Perl^
lichkeik. der Dicner der akadeniüchen Buchl?andlung von G. KocstO'
Herr Leopold Bauer, welcher ssinem Arbtttgeder 26 Zad>°
treu gedient hat, ist rach kurzsm Kcankenlager an Bronchst,
gestorben. B. hat ein Blter von 75 Jahren erre'cht und »>->1
bis Tonncrstag im Geschäft thätig. Seine Sehkrast war di»^
S:ar tehr geschwächt, bei ciner Operation hatte er das Auge»,,
ltcht deS linken Augcs ganz verlorev. Bevor er in dcn Tst'',
des Herrn Koester trat, wvr B. Postbeamter, nachdem er om,
Jahre, zuletzt als Feldwebel, in badischen Diensten gestalld>'
hatte. B. war cin g.borener Heidelderger- „

ss Die Nebenbahn Mannheim-Weintzeini—Heidelberg—
heim yat im Dezcmkcr 53 322 Mk. eingenommen. d. i 1127 M '
weniger als im giciÄen Monat des Lorja'gres. — Die Nrbi»,
babn WieslaÄ—Meckesheim—Waldangelloch hat im Drzciiid'
8660 Mk. vereinnabmt. ,

(?) Eine bedeuklich starke Frequenz weist schon seit täng>I
Zeit unier hiesiges „yotel Viereck" aut. Außer den oielen so»vü
gen. Missethätern komwt noch fortwübreno eine große An?»,,
Betiler, um Wohnung darin. zu erhalten. So wurden geftsst
wleder von der hiesigen Schutzmannschaft n.icht veniger clL z»»,)


Peisonen wegen Beitelns verhaflet, was bei der fast allero»
noch immer hcrrschen.den Arveitslosigkeit nicht gerade Wu>«
nehmen kann.

* Berichtigung. Jn dem qestrigen „Eingesandt" (2. B!»"s
ist in dcr drittlctzien Zeile statt „Auffassung" Auffarsr»"
zu lesen. -

8 Saalbautheater in Mannheim. — Boettge - Kv '
zerte. Die großen Erwartungen, die sich an das freudig

.. ..-K

grützte Erscheinen der trefflichen Kapelle des Bad. Lem,
grenadier-Regiments unter ihrem bewährten Führer >>'^
Meister Boettge knüpfen, werden durch die hochinteressaNsK
Programrne noch gesteigert. Mittwoch Abend bringt dassstZ,
ein „Musikalisches Ueberbrettl", in welchem zahlreiche H»E,
ristische und gesangliche Vorträge usw.. enthalten sind, mit ^
nütznng aller möglichen und unmöglichen Ueberinstrurneslb
Donnerstag giebt es ein Konzert de Mnsique Franqaise
historischer Streich- und Militärmusik von Louis XIII-
Napoleon III. und endlich Freitag „Wien bleibt Wien" >^)
seiner herzgewinnenden, gemütlichen Musik. Mit Fug >I
Recht dürfen die Besucher bei dem künstlerischen Ruf der KapBj
genuszreiche Abende crwarten. Wir verweisen auf die beka»
gegebenen Programme. ,,

O Aus dem Kreis Heidelberg 28 Jan. (Z u r Znspekt' .
der Feuerlöschgeräte.) Der Landesverband der F»,^)
Feuerwehren im Großherzogtum Baden (LandesfeuerwehrveU'ji
tst beim Ministerium des Jnnern dahin vorstellig gewordeN,
in sinigen Bezirken cingerichteten Fe ucr!ös chinsp ekti o»,-F
auf das ganze Land auszudehnen und die Sache obligatoU'j,
zu machen. Die Generalbrandkasse in Karlsruhe hat sick
erklärt, bci freiwilligei Unterwerknng unter solche Jnspcktio>
seitens der Gemeinden die Kosten auf die Generalbrandkassk „st
übernehmen. wenn die Pcrsönlichkeit, die mit der Jnspektto» ,"j<
Feuerlöscheinrichtung betraut wird, eine ersprießliche Thät'äs,,»'
verbürgt. — Da diesen Jnspektoren nicht nur Gemeinden A'
Feuerwehr sondern auch solche mit Feuerwehr unterstellt
so hat man von maßgebender Seite bei den Freiw. FeuernK"^
angefragt, wie dtese sich dazu stellen. Vielfach ist nun in
Kreisen dte Anstcht laut geworden, daß wohl bei Gemeinden
 
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