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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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Mittwoch, 29. Januar 1902.

Zweites Blatt.

44. Jahrgang. — 24.

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icheinl täqiich, Svnntkgs «uSgenov'.inen. — PreiiS mit FamilirichlLttcrn rnonatlich bt> Pfg. in'd HanS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 4V Psg. Dnrch die Polt d -
„ zogen vierteljahrlich 1.35 Mk. ausichließlich Zustrllgebühr.

"ieigenpreiS: 20 Pfg. fnr die Ifpcltige Petitzeile oder deren Ramn. Reklauiezeile 40 Pfg. Fnr hiestge Geichäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Anfnahme von Anzeigen an bestimmt
^dorgefchriebenen Tagen wird keine Bcrantwortlichkeit übernommen. — Anschlag dcr Jnserate auf dcn Plakattafeln der Heidelberger Zeitung rmd den Plakatsäulen- Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

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Der Wechsek im Keneralkommandt' des
14. Armeekorps

» (lst'neml von Äülow, der bisherige Kommandenr,
-ül, wie die „Bndische Pandeszeitnng" hervorhob, in den
nNs Fnhren, seildem er on der ^pitze des I I. Armeetorps
^ht, sich in K a r ls r n h e wie im ü m gnnzen
^hnde die nllerivärmsten TpmPathien erworben. Ge-
"iß wird bei de!r Bcgeisrernng, nüt der das dentsche Volt'
chf seineni Heere hängt, die Beziehnng zwischen Volt und
ÜN'gerbchen Behorden anf der einen, deni Heere und
inen Führern anf der anderen Seite ftets befriedigend
i i>i. General v. Bülow aber wird, je länger er hiar
- filte, imwer mehr daS Gefühl betommen haben, nin
^Nier persönlichen Eigenschasten wilien ganz besonderS
,^>'ehrt zn werden. Bon seinein Hanse ging ein be-
wnderer Zanber ans, den die Harinonie eines bedenten-
i'n Pi'annes init einer an Geist nnd Gemüt gleich reichen
A'Mahlin ansübte. Es liegt anßerhalb des Bereiches
^sserer Zusiändigl'eit wie nnserer Kenntnisse, von den
Mitärischen Eigenschaften und Leistnngen des Generals
?°>i Bülow zn sprechen. Teine Laufbahn nnd die hohen
pUszeichnnngen, die ihw zu Teil geworden sind, geben
bestd Zengnis sejnes hervorragendeu Wirkens. Gene-
M pon Bülow, Generaladjutant Leiner Bcajestät des
^ajsers und bisher t'oininandierender General des 14.
prmeekorPS, wnrde ani ll. Jannar 1837 in Berlin ge-
°ren. Fin Iahre 1.851 trat er beim 12. Hnsarenregi-
^ent ein nnd machte 1866 den Krieg gegen Oesterreich
Adjntant beim Oberkommando der Ersten Arnnv
wt. Er wnrde nach dem -lriege dnrch Verleihnng des
^oten Adlerordens vierter Klasse mit Schwertern ansge-
?ichnet. Im Kriege von 1870—71 gehörte er zunächst
Generalstabe des Olroßen Hanptquartiers, dann
°Linjenigen des OberkommandoS der Zweiten Armee an.
'-o verdiente sich damalS das Eiserne Kreuz sowohl zwei-
'ist' wie erstec Klasse. Von 1871 bis 1882 war von Bülow
uic Dentschen Botschast in PariS tominandiert nnd
iUirde 1871 Flügeladjntant Kaiser Wilhelms 1. Von
sd82 bis 1886 führte er das drittä Garde-Ulanen-Regi-
Uent, dem er von nun an a la snite wijeder angehören
^ird nnd in welcheni sein ältester Sohn jetzt als Lent-
sivnt steht. Von 1886—80 war er Koinmandenr der
stü .Kaballeriebrigade, 1800—05 dcr Hessischen Tivision.
imi 27. Fannar 1806 erhielt er das Generalkommando
^s 8. Armeetorps, das heute bekanntlich der Erbgroß-
?erzog sührt, seit 2. j>annar 1806 stelst er an der Spitze
14. Armeekorps. Nnter den 26 Orden, die selne
Zrust schmücken, finden wir den höchsten prenßischen Ov-
>Ui, den Schwarzen Adler, den (Zeneial von Bülow 1800
den Kaisernmnövern erhielt. Ten höchsten badischen
>rden, den Hansorden der Trene, hat dem nnn scheiden-
Ni General der Großherzog vor wenigen Wochen ver-
iehen. Möge das änßere Zeichen dem verehrnngs-
.üsirdigen (Zeneral noch lange Fahre sagen, daß er, wie
M dem Nirslen, so anch bei deni Volke Badens das
?mdenken eines bochsinnsgen, gerechten, wahrhaft liebenS-
^rirdigeu, das Ansehen eines Gentleman genießt.

^ issn der Bernfnng des Generals b. B o ck n n d
ola ch an Stelle Bülows an die Spitze des 11. Armee-
^rp<. in KarlSruhe wird, wie die „Straßbnrger Post"
Uanbt, inan nicht uüt Unrecht eineü Beweik des besonde-
Ni Vertranens sehen, welches sowohl der K aiser als
Ar Großharzog in diesen hervorragenden, durch seine
^rsähignng nnd seine Pslichttrene nicht minder als dnrch

besonders feinen Tat't ausgezeichneten General setzen.
General von Bock und Polach isl ans der Zeit, da er
als Ehes des Generalstabes des 16. Armeekorps in Straß-
bnrg sland, in Elsaß-Lothringen nnd in Baden noch
bestens bekannk. Alle, dch damals dienstlich oder privakim
mit ihm zn thun hatten, waren dem genannten Blatte
znsolge deS Lobes voü über das ties eindringende Pdr-
ständnis, welches er allen Angekegenheilen des lanfen
den Diensles sowohl als allen außergewöhnlichen Vor-
koininnissen entgegenbrachte nnd über seine Arbeitskraft
nnd Arbeitslnst, Seine Vorgesctztün schätzten ibn als
nngewöhnlich besäbigten Mitarbeiter, seine Untergebenen
verehrte» ihn als den wohlwolhindsten Vvrgesetzten. BUt
den Zivilbehörden nnterhieU er siets die ausgezeichnetsten
Beziehnngen. Ueberall sah nwn den hprvorragenden
Militär, der siih stets in den schlichtesten, liebenswürdig-
sten Forwen gab und vo» jeglicher Prütentioii frei war,
nnr mit schwerew Herzen scheiden, als er zum Divisions-
tommandeur in Hannover ernamit wurde. Mit anfritch-
tiger Teilnahme hat man seine glänzende Lanfbabn ver-
solgt, nnd mit anfrichtiger N'ende sieht man ibn in die.
hohe Vertimiiensstettiing in dem freundnachbarlichen
Karlsrnhe einziehen. Der Kaiser hat den rechten Biann
fiir den rechten Platz gesnnden — das ist der Eindrnck,
den diese Ernennnng nllgemesti hervorrnstü wird.

Deutsches Reich.

Die Hnmburgrr Akkurdmaurer haben an den Vor
sland der sozialdemokratischen Gesanitpartei die Anirage
gerichtet, ob sie nnn. nachdem sie von der lokalen Partei-
organisation ansgeschlossen seien, noch als „Genossen"
gälten vder nicht. Der Parteivorstand bat ihnen daranf
geantwortet, da der Parteitag in Lübeck sie nicht aus der
Partei ausgeschlossen habe, könnten sie sich weiter als
Parteigenossen betrachken, voransgesetzt, daß sie die Be-
dingnng erfüllten. die Partei dauernd durch Geldnüttel
zu nnterstützen. Als besondere Parteiorgaiiisatioii könn-
ten sie aber nicht anerkannk werden nnd dsp Ausübung
der Parteirechte stehe nnr den örklich organisierten Gi^-
nossen zn. Der Parteitag würde eine von den Akkord-
manrern gesandte Vertretung zurückweisen inüssen. Dnrch
diese Aiislegnng des Lübeckeir Beschlnsses hat der Partei-
vorstand eine Sonderart von Parteigenossen geschaffen:
Genossen nüt atten Pslichten aber ohne sedes Reckst. Es
bleibt abznwarten, ob die Akkordmanrer, die in ihren
gewerkschaft.i^chen VMiältniWi ühren sStandPnnkt iso
nachdrück'lich gewahrt haben, üiese Degradiernng zn Ge-
iwssen zweiter Klasse rnhig hiniiehmen werden.

Badc».

K a r l sr n h e, 26. Nin. Tw' badische Fabritinspek-
torin Freiin Elisabethv o n Richthose n , welche
vor etwa anderthalb Iahren an der Universität Heidel-
berg mniinm <-ui» luucko promovierte, hat dieser Tage
ihre Doktordissertatiou „Ueber die historischeu Wmidluu-
geu in der Stelluug der autoritäreu Partchieu zur Arbei-
ierschutzgesetzgebiing imd die Motion dieser Wandliingen"
im Druck erscheimsn lassen. Die Bqbandlnng dieseö
Themas lag sür die Perfasserin besonders nahe, da sie
dnrch ihre bernfliche Thätigkelt Oselegenheit hatle, sich mit
den Beftimmiingen der Gewrrbeordnnng, der Arbeiter-
schiitzgrsetzgebnng und der Arbeiterfrage bekannt ^ zn
wachen. Sie bat ihre .Kenntnisse dnrch reichliches Stu
dinin noch erweitert iind eine bedentsanie nnd beachtens-

werte Arbeir gelieferi. Da die Dainc' zweisellos jn Bälüe
dcsinittv als Fabriküispettori.n angeftettt wcrden imd die
erste wissenschastlich gebildete Bc'anitiii jjhrer Art iu
Deutschlaud ist, werdeii eüstge Dateu aus ihreiu Lebeus-
gange vou Nikeresst stin. Elisabeth von Richthofen ist
ain 8. Oktober 1871 aks Tochter des kaiserkichen Banrats
Freiherrn Friedrich v. Richthvsen in Ehakean- Salins
in Lothringen geboren: ini Herbsr 1801 legte sie das
Lehreriiinenerawen wit der Rote „sehr gnt" ab nnd be-
reitete sich, nachdmn sie eüüge u>abre iin Lebrerinnen-
berns Ujätig gewesen, privatim anf das Stndüim vor.
Vom Wintersemester 180/ an hörte sie je drei Semester
anf den UnPersitäteii Heidelberg nnd Berlin Vorlestm-
gen der pbilosophischen und jnristischeii Niknltät nlid ist
seit etwa einem stahre der F-abrikinsPektion ziigeteilt.

AusLand.

Amcrika.

Ter bevorsiehende Besuch des P r i n z e n H e i n-
r i ch belebr die Thätigkeit des Kongresses ans dem Ge-
biete der Anarchistengesetzgebimg. Ein AnSschnß des
Repräsentantenhansts hat, ivie dem „Berliner Tageblatt"
aus R'ewyork gemeldet wird, sür äußerst scharfe Strafen
gegen Atteutäter gesüwiut. Die Ausüfter werdeu deu
Thäteru vollsrändig gleichgesteUt. Den Anarchislen soll
die Laiidung verwehrt werüen. Wenn sie trotzdeni gelandet
sein iottten, erfolgt die Deportation in das Heiniatland.
Dennoch Planen dw hiesigen Anarchisten Tpmonstratio-
nen am Abend des EintrefsenS des Prinzen Heinrich. Die
Polizei witt aber während des Prinzenbesnches nichts
derartiges dnlden.

W a s hington , 26. Ian. PrinzHei n r i ch
wird nicht nach anierikanischer Sikte deu sthizelueu Leuteu
aus dew Volke die Hnnd reichen. Er wird- sich iu den
SÜidteu, die er besucheu wird, dem Volke zeigeu, doch
chak das (f.'iipsaiigskomitee angeorduet, daß das Volk
ii»r vor dem Priuzen Heiurich desiliereu soll. Alle-s wird
geschecheu, um den Prüizeu vor BeläMiuug zu schützen,
imd das .Komitee ivüuschst daß der Aufentjhalt jdes
Prinzeii so ruchig sei, wie es die vieleu Reisen zulassen.
Es ist eiue besoudere Bill des Kougresses uötig, um deil
Präsidenteu in den Stand zu setzen, ein Geschenk vom
Prinzen Heinricch anziinehmen. Diese Erlanbmis, die
nach der Versassung eingeholk werden innß, wird natür-
lich erteilt werden.

Kleiue Zeiluvü.

Trngt dcr Kaiscr Gcld bci sich'? Ättgeniein ist es
bekannt, wie der Kaiser ain Weihnachtsabend ü, der Um-
gebung des Marmorpalais in Po,ksdam promenierk,
Soidateü und Passanten mit Geld beschenkt. Fndessen
geht selbst, wie Berliner Blätter schreiben, an diesen
Tagen das Geld, das Kaiser Wilhelm lose <n der Mantel-
tasche bei sich führt, nicht über den Wert von ein paar
hnndert Bc'ark hinans, Iedenfalls trägt der Bl'onarch nie-
inals höbere Beträge in Gold, l-ilber oder Banknoten
bei sicch. (Kielst er aber Geld ans, so bedient er sich solccher
Stückc', dic' noch nicht im Verkechre warenj also direkt
aus der k. M.nze konnnen. Als einst der Kaiser ch. Pots-
dam anf offener Straße in Plötzlicher Gefüchlsaiifwallnng
cinen nüt Kriegsdenkmünzen geschmückten Leierkasten-
manii beschenl'en wollte, bemerkte er lachend, daß er kein


Sneewittchen.

Roman von A. I. Mordtniann.

(Fortsetzung.1

. „Grämt Euch uicht zu heftig," sagte sie ncckeud uud dami
^aren Zarnow uud Cäcilie allciu.

Weuu die Bilder au deu Wäudeu uicht vou bewährter
Nstretion ivärcn, so würden sie erzühlen, daß nach Helenens
stNfcrnuug Cäcilie eineu kurzen Augcnblick in Zarnows Armen
B.ht und ihn eincn jencr flüchtigcn, verstohlcnen Küsse rauben
Aßt, dcren Süßigkeit nach Anssage kompetcuter Sachber-
Hhiger bou tcinem rechtmäßigen und offiziell anerkauutcn
misst: ^Ucht wird. Aber die Bilder seheu schwcigeud zu uud
st. läßt sich absvlur uicht bcweiscu, daß dns stereotype uuweise
ssWieln das sie zur Schau trageu, durch die klciue Liebesszcne
^kanlaßt worden ist.

- Cäcilie sprach zuerst: ,,.Du nmßt meiueu Kummer nicht
Tstch auffassen. Jch sorge mich mehr um Rudkf uud Heleue
um mich. Mir bleibt doch immer etlvas . .

Eine kleine uud natürliche Ilnterbrechuug.

,Dami autwortete Zaruow: „Wie lieü bou dir, daß du das
^cht. Cäcilie. Wolle Gott, diese böse Zeit wäre erst vorüber,
.hne ench zu treffeu. Abcr was auch kommen mag und wenn
ganz arm lverdet . . ." Ein abermaliger Kutz volleudete
Satz bercdter, als biele Worte hätteu thun könuen.

Sie hielt seine Nechte umklammcrt und führte sie liebkosend
" ihre Wange.

^ „Uns soll uichts treuueu," beteucrte sie lcise, „uichts als
Tod l"

Ein heller Blitzstrahl flammte ani jenseitigen Ufer der
. üter auf und spstgelte sich unheimlich in der noch immcr be-
Ufgiingslos daliegenden seeartigen Fläche des Flusses. Das
^PUer mahnte dringeud zum Aufbruch. Aber Zarimw komne
nschx sg rasch losreißen: noch eine Wcile standen sich die
stdbeaden, Hand i n Hmid gefügt, Auge üi Auge getaucht, gcgen-
Daun kam Hekene herein uud Zarnow nahm nnt einem

imngeii Handknß von Cäcilie, mit leichtem Scherzivorte vou
ihrer Schwester Äbschied.

Jn stundenlang niederströmenden Regenflinen, in unmncr-
brocheu aufzuckeuden Blitzen und grollenden Donncrschlägen
entlud sich daS Uuwctter, das bis lange nach Miklenmcht tobre,
Aber die Bewohner dcs Hauscs au der Alster achtetcu seiuer
uicht, deun währeud des erstcn Aufrnhrs der Elemcute war
Rudols Friedrichsen in eiuer Droschke aiigefahren gekommen
und sein blciches Gesicht, seine zuckenden Lippeu hatten deu
Schwcsterii vcrrateu, wns kommcn würde, noch ehe er ein
Wort gesprochen hatte.

Eine Rcihe lveitcrer Fallisements iu Amerika uud der
Zusammeubruch eiuer groheu Jmportfirma in 'Hamburg hatten
das Haus Friedrichseu imd Thorwählen, dessen einziger Jnhaber
Herr Rudolf Friedrichsen ist, gezwungeii, um eiu Moratorium
eiuzukommen; morgcn würde Rndölf seine Glnubiger zusam-
me» bernfen; noch könne nicht übersehen werden, Ivie viel
nvch ans dem Sturze zu retteu sein würdc; aber wo ringsum
nllcs brach uud krachte, hatte die schlimmste Vermutuug die
grvhte Wahrscheiulichkeit fiir sich.

Das Abcndcssen stand miberührt auf dem Tische, uud keiner
der Anweseudeu beachtete das gcmütliche Summen der Thee-
maschine, solauge Rudolf seiueu Unglücksbericht abstattete.
Beide Schwestern uutcrbracheu nüt keiner Silbe die Ausführmi-
gen des Bruders. Cäcilie saß regungslos mit geschlosseueu
Äugen da, Hclcue strcichelte zuweileu Rudolfs Arm, wie nm
ihu zu trösten. „Und was wirst du mm anfangeu?" sragtc sie
als eudlich alles heraus war.

Rudolf fuhr sich erschöpft mit der schlanken Hand über
dcn schon dünn gcwordenen Scheitel. Die Sorgeu der jüngsteu
Zeit hatten auf ihm gelastet mid liehen noch peinlicher hcrvor-
treteu wie seiu Aussehen um viele Jahre seinem wirklicheu
Alter vorausgeeilt war.

„O ichl" anrworteie er auf die Frage der Schwester. „Die
N'age ist nur, was Fhr anfangen werdet! Das ist meiue
«orge."

„Wie löuucn wir das wisscn, ehe wir klarer sehen?" be-
merkte Cäcilie iii ruhigem Tone. „Jst denn keinc Hoffnung
mehr für die Firma?"

„O ja — eine ketzte Hvffnmig habe ich noch für die Firma",
antwortcte Rndolf. „Wir können uns wieder ausrafscn,
Ivemi der Garaiitie-Distöntovercin unscre Tratten schützt."

Cäcilie bctrachtete aufmcrksam ihren Brnder. Sie crriet,
daß cr crwas verschwieg, weil es ihm schwcr wnrde, eS zu
sage». „Weun er es thut," sagte sie. „Das bcdeutci nicht
viel. Die Frage ist: glaubst du, datz er es thun wird?"

„Jch glaube schon, deuu von uus hänge» cinige kleine
Hänser ab, die man gerne halien will, mn das Vertrauen wie-
der Herznstellen; und tritt der Vercin für mis ein, so 'wird
eine förmliche Bankerottcrklärmig vermieden iverden."

„So ist es ja gut," versetzte Cäcilie aufatmend.

„Ja — es ist gur". sagte Rudols zögernd. „Abcr es würe
besteufalls eine Ehreurettmig — unsSr Wohlstand ist dahiul"

„Der kommt wiederl" tröstete Cäcilie zuversichtlich.

„Nichr so lcieht. Weun mau alles verliert, ist es schjver."

„Dann ist ja auch miser kleiues Vcrmögen da," äußerte
Cüeilie, dcren Ange» uicht cine Sekuude des' Bruders sorgen-
voltes Antlitz verließeu.

„DaS ist es eben. Fch weiß uicht, ob ich eure Eiulagen
halteu kaun."

„Warum hast du das nicht gleich gcsagr," sragte Cäeilie.
„Jch habe es mir wohl deuken könneu, das; das Geld verloren
iieht." .. .

„Jedenfalls. Selbst wenn ich den Bankerott mache, lvurde
ich mich schämen, eure 50 000 Mark als Schuld der Firma an-
zugeben uud so zum Rachteil dcr anderen Gläubiger für euch,
das heiht für uus ctwas zu retten. Jch bin überzeugt, datz
ihr derselbcn Meinung seid." ^ -

„Selbstverständlich beteuerte die ältere Lchlvester. .pelene
schlvieg still.

(Fortsetzung folgt.)
 
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