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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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Sauistag, I. FeLriM 1902. Zweites Blatt. 44. Jahrgank. — ür. 27.

Erscheiur täglich, SonntagS «usgenommcn. — PreiS mit FamllicnbWtern monatlich 50 Pfg. in'S HanS gcbracht, tzei der Expcdition nno ocn Zweigstellen abgcholt 40 Psg. Durch die Post bc-

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AnzeigenpreiS: 20 Pfg. für die Ispaltige Petttzeile oder deren Ranui. Reklamezelle 4V Pfg. Für hiefige Äeichästs- und Privatanzeigen ermüßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigcn an bestimmt
vvrgeschriebenen Tagen wird krine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsänleu. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Wie Amerika den ^rinzen Keinrich
empfangen mird.

(Aus dem „Berliner Lokal-Anzeiger".)

Ncwyork, End,e Janucrr,

Welche Freude in den Kreisen des Newyorker Deutsch-
tums über den Prinzcnbcsuch herrscht, lätzt sich schwer
beschreiben. Btan spricht gegenwärtig thatsächlich von
nichts anderem. Die geplanteMassendemonstration der ge-
wmten deutschen Vereine wird alle sozialen Geyensätze
verschwinden lassen, denn es nehmen an ihr sowohl der
Liederkranz und Arion, denen Großkaufleute und Rheder
angehören, wie die Volksfest-, Turn- und Kegelvereine
aus Kleinhändlern und Arbeitarn bestehend, teil. Jn der
Liste der angemeldeten Gesellschaften befindet sich eine
»Litterarische von Maisiana" und ein „deutsch-gesellig-
wissenschaftlicher Verein" von Newyork, dem Autoritäten
bsie Professor Jacobi angehören. Alle diese Vereine
aber versprechen, datz keines ihrer Mitglieder fehlen wird,
Um dein Bruder dcs Deutschen Kaisers zu huldigen und
?uch die allerkonservativste Schätzung ergiebt daher, daß
iich zu diesem Zwecke mehr Menschen versammeln werden,
?ls sich selbst zu der Gutgeldparade, die größte Demon-
siration, welche die lebende Generation in Newyork und
Zwar vor der ersten Wahl Mac Kinleys sah, zusammen-
wnden.

Zm Terrace Garden fand vor kurzem eine deutsche
^ersammlung statt, die einen Verlauf nahm, der in der
Geschichte des Deutschtums idep Vereinigten Staaten
sinzig in seiner Art dastcyen üürfte. Erschienen waren
siwa 400 Herren, deren jeder einen mehr oder minder
ansehnlichen Teil des Deutschtums von Newyork und
umgebung repräsentierte. Meist waren es die Präsi-
denten üer deutschen Vercine, zwischen denen sonst, wis
dielleicht bekauusi bitterste Eifcrsucht herrscht. Dieselben
gelegentlich einer Feier unter einen Hut zu briugen, ist
Ooch nie zuvor gelungen und so wurden auch diesmal
mejenigen, die diese Versammlung einberufen, als Enthu-
aasten verspottet. Zweck derselben war, den Empfang
aes Prinzen Heinrich vorzubereiten. Unter stürmischem
Zeifall erklärten sich zunächst sämtliche Delegierte mit
"iesem Plane einverstanden. Danu wurde zur Wahl
sines Ausschusses von 2o geschritten und dabei wollte
v>ie üblich jeder Delegat gerade seinen Verein in dem-
^lbeüi vertreten wissen. Schon glaubte man, alles werde
vsieder wie das Hornbergerschießen verlaufen, als der
allen Anwesenden bekannte Chefredakteur einer deutschen
^ewyorker Zeitnng das Wort ergriff und ausführte,
^aß es sich hier um eine deutschnationale Frage handle;
?ei der VereiNseifersüchteleien nicht am Platze seien;
!a der Sache sei man sich einig, also brauche man keine
^elegierten zu wählen, sondern könne sie durch den
^orsitzenden ernennen lassen. Hier wurde der Redner
°Urch Bravorufe und Händeklatschen unterbochen. Die
siuwesenden erhobcn sich zustimmend wie ein Mann von
^ren Sitzen und der Ausschuß wurde ernannt. Tas
Msultat aber wird sein, daß sich an der Riesendemonstra-
Mn wenigstens 100 000 Menschen beteiligen werden,
rriin mehr als diese waren durch die Delegierten reprä-
^ntiert. Geplant ist vorläufig ein Fackelzug mit Sers-
^>de und nachfolgendem Kommers, den der hiesige deutsche
^eneralkonsul unlängst befürwortete.

. Wie sehr aber auch dem amerikanischen Publikum
eMan gelegen, den prinzlichen Gast nüt allen seiner

Stellung gebührendcn Ehren zu enipfangen, geht aus
der Anzahl von Zuschristen an die Zeitungen hervor. Der
Präsident wird nämlich den Prinzen im Weißen Hause
empfangen, weil auch seine Vorgänger dort die Besuche
eines Prinzen von Wales und eines russischen Groß-
fürsten empfingen. Einige Leser der Newyorker Tribüne
wollen ihn aber, trotz dieser Präzedenzfälle, den Prinzen
am Bahnhof begrüßen sehen, weil e!r, wie ein „Ex-Atta-
chee" schreibt, als Vertreter des Kaisers komme,

Natürlich kommt die seit langer Zeit bestehende Fehde
und Eifersucht zwischen einzelnen Städten bei den Vor-
bereitungen für den Enipfang deis Prinzen aufs neus
zuni Vorschein. Die Chicagoer Zeitungen bejubeln die
Thatsache,, daß ihrer Stadt ein Besuch des Prinzen
schon als sicher bevorsteht, während es noch nicht gänzlich
genau bestimmt sei, welche anderen Orte er auf seiner
Reise beriihren wird. Auch dort sind natürlich Komitees
mit den Empfangsfeierlichkeiten beschäftigt und entschlos-
sen, sich von Newyork nicht übertrumpfen zu lassen. Ein
Newhorker Blatt bemerkt nun gelegentlich der Anstren-
gungcin Chicagos von oben herab: „Auf diese Weise
kriegen dieChicagoer wenigstens wieder einmal ihreStra-
ßen gereinigt, das heißt nur diejenigen, durch welche
der Prinz fährt."-

Für die Sicherheit um den Prinzen sind in
Newyork 32 ausgesuchte Polizeibeamte ausersehen, die
sich in drei Schichten eingcteilt, Tag und Nacht in seiner
Nähe befinden werden. Eine weitere Abteilung Polizei
wird für Ueberwachung der Landungsbrückei, an der die
„Hohenzollern" anlegt, Sorge tragen. Es ist kauni
nötig, zu erwähnen, daß vor den Prinzentagen eine Raz-
zia stattfinden wird Die amerikanische Polizei hat
die löbliche Gepflogenheit, vor Feiern, die große Men-
schenmassen in den Straßen zusammenführen, alle ihr
bekannken Gauner, namentlich Taschendiebe zu verhaften
uud nls „8ii8pioiou8 olinrriekkr^" („verdächtige Cha-
rakterej in den Gefängnissen unterzubringen. Bei diefer
Gelegenheit nun wird man sicherheitshalber auch die
bekannten Anarchisten mitnehmen. Auf alle Fälle geht
aus den Vorbereitungen, welche die Polizei trifft, hgrvor,
daß es diefe an peinlichster Wachfamkeit nicht fehlen
lassen wird.

Die zum Ehrendienst bei dem Prinzen Heinrich
bcstinnnten Herren, nämlich Adjiüant General Cor-
bin, Admiral Evans und Unterstaatssekretär Hill, bilden
nsit dem Obersten Bingham vom Jngenieurkorps und
dem Grafen Quadt von der deutschen Botschaft sowie
dem deutfchen Militärattachce ein Komitee, welches die
Empfangsfeierlichkeiten vorbereitet. General Corbin be-
kleidet nebst dem Generalissimus, General Miles, die
höchste Dienststellung im amerikanischen Heüre. Diü
Dienstobliegenheiten des Adjutant-Generals sind in be-
schränktein Maße etwa denen zu vergleichen, die bei uns
dem Chef des Großen Genelralstabs zufallen, der in Amö-
rika noch nicht existiert. Dainit nicht genug, ist er eben-
falls in beschränktem Maße, auch Chef des Militärkabi-
netts. Freilich besteht auch ein solches nicht, der Adju-
tant-General ist, wie seiu Titel andeutet, gewisse-rmaßen
als Berater (Adjutant) des Chefs der Armee und Marine,
nämlich des Präsidenten, in allen die Armee bezüglichen
Fragen auch nüt Bezug auf Beförderungen und Versetz-
ungen zu betrachteu. Admiral Evans ist in Deutschland
genugsam bekannt. klnterstaatssekretär Hill ist nächst
dem Staatssekretär Hay der höchste Beamte des Nus-

1L)

Sneewittchen.

Roman von A. I. Mordtmann.
(Fortsetzung.i'

„ Der Hamburgische Brief Ivar vom Hauptpastor Herrn Dr.
,scol. Ritzau, der darin an den Oberlehrer Herrn Dr. Fritz
si^rnow das Ersuchcn richtete, ihm im Laufe des nächsten
^ges cinen Besuch abzustatten; es waren nicht kirchliche An-
e^llgenheiwn, die der Hauptpastor mit dem Lehrcr zu bcsprechen
g?Üe, sondern Schulsachcn, wie daraus hervorging, datz der
Aistliche als Mitglicd und im Auftrage des löblichen
^wolarchats unterzeichnet hattc.

„Was mag der Paftor von mir wollen?" murmclte Zarnow
^»rrisch „Warum kann man dem Dircktor nicht mitteilcn,
wau von mir will? Die Bcsuche mit obligater Ab-
melung soll der Kuckuck holenl"

h Berdrietzlich öffnete cr den ziveiten Brief; dieser kam von
Vorsteher einer dcntschcn Kolonie in der brasilianischen
tzuhinz Sao Panlo, eincm seiner Schulfrcunde, den unruhige
chsicksale und cin nnsteter Charakter dorthin nber das Atlan-
Zche Mcer vcrschlagcn hatten. Den drüben angcsiedelten
tzsutschen, so schrieb cr, fehlte es zwar nicht an leidlichen
^itzMcn, wohl aber lietz deren Organisation an Einheitlichkeit
Gleichmätzigkcit zu wünschen übrig. Hierfür suchte man
rüchtige Kraft, und im Auftrage seiner Mitbürger fragte
h, sw, ob Zarnow Lust habc, dazu dcn brasilianischen Lands-
scine Dienste zur Verfügung zu stcllen; cr werde eine
sj^nehme, pekuniär gut dotiertc und für die Zukunft ge-
lerte Stellung einnehmen.

dr, siarnow warf achselzuckcnd den Brief beiscite. Was ihm
hj öeboten wurde, reizte ihn nicht. Cäcilie würdc wohl auch
tzjUe L^st habcn, in dcn brasilianischen Urwald überzusiedeln.
Nz, 'onnte nur in zibilisierter Gesellschaft glänzen — und
Zen solltc sic, sagte sich Zarnow mit freudigem Stolze.

, nächsten Morgen begab er sich, nachdcm er sein vor-
^UglichcZ Lehrpensum abgewickelt hattc, in dic Paulstratze

zu dem Hcrrn Hauptpastor. Ritzau galr als ciner dcr begab-
testen Vertreter der orthodoxeu Alt-Lutheraner, war aber nicht
unduldsam, und sein frcimütigcr Charakter, seine Wohl-
ihätigkeit, die hinreitzende Gewalt seiner Rede wurden auch von
seinen Gegnern anerkannt.

„Jch möchte gern eine vertrauliche nnd freundschaftliche
Unterrcdung mit Jhnen habcn, liebcr Zarnow", empfing er
seinen Besuch. „Sctzcn Sie sich — nein nicht da — bitte hicr
in den Lehnstuhl. Man kann sich nicht gemütlich und heimisch
fühlen, wenn man sich auf einem harten Stuhl herumdrückt.
Wir wollen uns einc Pfeife anzünden, dann sind wenigstens die
äutzeren Bedingungcn gcgeben, um eine Einigung zu crzielen
und zu eincm Verständnis zu gclangen."

„Es wird hoffcntlich nicht schwer sein," anwortete Zar-
now.

„Na, ich weitz nicht," sagte dcr alte Herr, indem cr seine
Pfeife stopfte und den Tabakskasten seinem Gaste hinschob,
damit dieser ein Gleiches thuc. „Mit euch jungen Dickköpfen
ist immer schwer fertig zu werden. Jch habe mir schon manches
mal die Kehle heiser gesprochen und die Lippen trocken geredet
Stnnden lang und ivar dann gcnau so weit wie im Anfangl"

„Sie werden mich fügsam findcn, wo ..."

„Wo Jhre Uebcrzeugung nicht in Frage kommt oder ange-
tastet wird", ergänzte gut gelaunt der 'Geistliche. „Die Re-
densart kenne ich schon. Und ihr jnngen Leute von heutzutage
habt Ueberzcugungen überall, und wärc es auch nur über
die Frage, ob man zum Grog drei Stücke Zucker nehmen soll
oder vicr. Und Sie nun garl Sic sind cin Friese — und das
waren schon zu Tiberius Zeitcn Eisköpfe!"

„Darum zählt Dcntschland sie auch zu scinen bcstcn
Söhnen."

„Gewiß und unlengbar," erwiderte der Hauvtpastor. Er
war es von seinen Predigten her gewohnt, mit Vorliebe jcden
Begriff durch zwei Wörter oder parallele Redensarten auszu-
drücken, Die Pfeife brannte und Zarnow harrte gcduldig
der Dingc, die da kommen sollten. Ritzau nahm aus ciner
schwarzen Mappe, die vor ihm auf dem Tische lag, cinen Bricf

wärtigen Amtes oder Staatsdepartemeiits und jvsird
bei der Person des Prinzen die Zivilpehörden, wie diS
beiden anderen Herren Armee und Marine vertreten.
— Oberst Bingham, der Elitetruppe Amerikas, dem
Jngenieurkorps, angehörig, bekleidete schon unter Präsi-
dent Mac Kinley, als dessen militärischer Begleiter, auf
Grnnd seiner gesellschaftlichen Talente das Amt eines
Zeremonienmeisters des Weißen Hauses, sreilich nicht
dem Namen nach. Der blonde, wohl kaum 49jährige
sehr große und stattliche Offizier leiteit alle Staats-
fimktionen. So kagen bei den Beerdigungsseierlichkeiten
Mac Kinlcys die Arrangements in seinen Händen und-
er ist das Orakel Washingtons in Etiquettefragen.

Gelegentlich des Stapellanses werdcln auch die ersten
Dame n Amerikas vertreten sein. Gattinnen und
Töchter der Mitglieder des Kabinetts werden diese nach
der Shoaterinsel begleiten. Auch Miß Roosevelt hat
einige Einladungen zu vergeben und die Zahl der Be-
werberinnen um diese aus dem Kreise ihrer Freudinnen
in Ncwyork und Washington soll nach den Zeitungsnach-
richten aus der Bnndeshauptstadt sich täglich mehren.
Miß Roosewelt steht in ihrem 19. Lebensjahre und sieht
weniger ihrem Vater als ihrer verstorbenen Mutter, einer
geborene Miß Lee aus Boston, ähnlich, ist blauüugig
von mehr als Mittelgröße imd trägt ihr sehr hellblondes
Haar a la Pompadour frisiert. Nachdem ihrVater Witwer
geworden, wurde sie von der damals unverheirateten
Schwester ihres Vaters erzogen, die heute Gattin des
Kommaiider Coyles vou der amerikanische^i Mqrine
ist. Miß Roosevelt, die seit der zweiten Verheiratung
ihres Vaters stets wieder in dessen Hause gelebt, ist
zwcifellos eine glückliche jnnge Dame zu nennen, ver-
machte ihr doch unlängst ein verstorbener Millionär, ob-
wohl ihrem Vater unbekannt, aus Bewunderung füv
diesen die Summe von 400 000 Mark. —

Am allerznfriedensten aber mit dem Prinzlichen Be-
such sind ganz gewiß Msirs. Townsend und Downey, die
Erbauer d e r K a i s e r y a ch t ; sie sind über Nacht
berühmt geworden nnd haben anch nicht gezögert, ihren
Ruhm praktisch zu verwerten. Die vorher keineswegs
allgemein bekannte! Firma hat sich dieser Tage in 8er
Staatshanptstadt Albany mit einem Kapital von 3^
Millionen Dollars inkorporieren lassen nnd mehr Kapi-
talisten, als nötig warvn, gefunden, um die Aktien
zu übernehmen, denn man ist sicher, daß dem jungen
Ruhm auch rcicher Gewinn folgen wird. Der Amerikaner
weiß allen Dingen die Praktischg Seite abzugewinnen.

Deutsches Reich.

K i e 1, 28. Jcm. Der^Leutnant z. S. v. Löwen -
seld vom Linienschifs >sachsen führte am Tage des
Unterganges der Wacht ein Rettungsboot nnd näherte
sich deni versinkenden Schiffe bis aust drci Bootslängen.
Der 51'ommandant der Wacht, Korvettenkapitän v. Cotz-
hausen, stand noch an Bord. Da ertönte ein fuvchtbarer
Krach, ein Schott brach, der Bug neigte sich stärker und
verschwand. Kapitän v. Cotzhausen sprang über Bord.
Zahlreiche Rettungsboote eilten auf den untergehenden
Kreuzer zn, laute Kommandos ertönten von allenSoiten.
Leutnant von Löwenfeld kommandierte „Rnder an!"
Seine Knttergäste beachteten den Befehl nicht. Der grau-
sige Nnblick des sinkenden Schiffes wirkte lähmend auf
sie. Sie holten nicht aus, sondern saßen wie erstarrt

dcn cr auseinander faltetc und noch cimnal flüchtig über-
blickte. Dann begann er:

„Eüe ich zur Sache komme, lieber Zarnow, möchte ich
Vorausschicken, datz man Jhncn bei uns sehr wohl will. Die
Berichte über Sie lauten schr zufriedenstellend und erfreulich.
Man will bemerkt haben, daß die jnngen Leute Jhnen zuge-
thcm sind, Und datz darunter die Zucht und gntc Ordmmg nicht
lcidet."

Zarnow derbeugte sich.

„Es ist Jhncn nicht verborgcn geblieben, datz man nach
reifer und eingehender Ueberlcgung den Beschlutz gefatzt hat,
Sie nach Ablanf des gcgenwärtigen Qnartals, das heißt also
zu Michaelis zum Profcssor zu ernenncn und Jhnen gleichzeitig
als Klasscnlehrer die Sckunda zu übertragen. Professor Mehl-
born ist alt und rcgierungsmüdc und die Herren Sekundcmer
tanzen ihm vergnüglich auf der Nase herum. Das geht nicht
mchr, nnd Mehlhorn hat das selbst begriffen und eingesehen.
Er wird pensioniert werdcn nnd wie weiland Kaiser Dioklc-
tianus, drautzen in Horn scinen Kohl bauen. Nun geht Jhnen
zwar Professor Ulrich in der Tertia an Anciennität vor . ."

„Professor Fischer auchl"

„Ach freilich — aber Sie wissen, den können wir in Sexta
nicht ersetzen — und Professor Ulrich steht anch schon nahe
an der Pensionierimg, dcr hat keine Lust mehr, die Odhssee
nud den L'enophon auszugebcn — also sind Sie wirklich, teils
dnrch Glück, teils durch eigenes Verdienst, so wcit vorge-
schoben, wie man es sonst in Jhrem Alter nicht zu sein pflegt!"

„Sie sind zu gütig, Ehrwürdcn. Jch kanu meinen Vorge-
sctztcn nie genug für das Wohlwollcn danken, das sie mir
bcwiescn haben."

„Nur uach Verdienst, mein Lieber, uur nach Verdicnst. Nun
aber, Herr Doktor — wissen Sie, welche Stunden dcm Ordi-
narius in Sekunda zufallen?"

„Die Jlias, dcr Ciccro, die griechischen Ertemporalicn
und Exercitien — und die Religionsstunden."

„Und die Religionsstunden! Ja, ja — Sie nennen die
Rcligion znlctzt, nls wcnn sie imwichrigere wäre als Homer
 
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