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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0231

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halten lasse, sonsr müßten die Notare eine besondere kavalle-
ristische Ausbildung erhalten oder die Natur der Centauren
haben (Heiterkeit). Durch Verbessernng und Verbilligung der
Verkehrsmittel könnte man das Aufsuchen der Grundbuchämter
wesentlich erleichtern. Redner giebt sciner Freude Ausdruck,
datz sich die Beiziehung des Laienelements znr Strafrechts-
pflege bewährt hat; er hoffe, datz das konfessionelle Moment
bei der Rechtsprechung keine Rolle spielen wcrde. Den
Schöffen und Geschworenen sollte man eine Entschädigung ge-
währeu Bei der Rechtsbelchrung werde häufig von der absolut
notwendigen Objektivität abgewichen. Gegen die Besser-
stellung der Richter habe seine Partei nichts einzuwenden, aber
sie verlange gleiches Recht für alle Stände; man dürfc nicht auf
der einen Seite dem Arbeitcr das Brot vericucrn, anf der an-
dern aber Aufbesserung für die andern Stände verlangen. Er
begrütze es, datz der oberste Richter des Landes am Samstag
in der 1. Kammcr cine intensive Philippika gcgcn dic Brotvcr-
teuerung gehaltcn hat. Es sei nicht zu zwcifeln, dah er der
Ansicht weiter Bcamtenkreise Ansdruck gegeben hat (Wider-
spruch). Rednsr hofft, datz diese Erscheinung nicht ohne Ein-
flutz auf weitere Kreise bleiben wird.

Präsident Gönner könstatiert, datz Geck in „notdürftiger"
Weise (Heiterkeit) dcn Zusammcnhang' des Beratungsgcgen-
standes mit der Zollvorlage gefunden hat; er bitte dem Beispiel
nicht zu folgen.

Abg. Frühanf (Frcis.) bedauert, datz das Budget immer
noch zu wenig Aiittel sür die Rcchtspflcge aufweist, was zur
Folge habe.i datz die Prozesse häufig verschlcppt werden. Das
Jnstituk der reisendcn Notare lasse sich auf die Dauer nnmög-
lich halten. Man dürfe nicht länger znwarten, sondern müsse
die Frage als brenncnd behandeln und alles auffordern, an der
schleunigen Abhilfe mitzuhelfcn. Die jctzige Zusammcnstellung
der Geschworenenlistcn erachten die Verteidiger als gänzlich
unhaltbar. Man kommc nnwillkürlich zu dcm Schlutz, datz

der Bevölkerung von diesem Ehrenamt ausgeschlossen wer-
den. Redner bcklagt dcn dominierenden Einflntz dcr Staats-
anwaltschaft in unscrer Rechtspflegc und in der gcsamten
Justizverwaltung. Es sci höchst merkwürdig, das; hente „zu-
sällig" die höchsten Stellen im Lande von ehemaligen Staats-
anwälten besetzt sind, trotzdem den 234 Richterstellen nnr 20
Staatsanwaltsstcllen gegenüberstehen. Dic Strafprozetzord-
nung habe sich in einer Weise entwickelt, datz man sich nicht zu
wundern braucht, wenn sich neuerdings ein Vcrein znm Schutz
gegen das Juristenrecht gebildct hat. Redncr beklagt weiter
die rigorose Bchandlung Angeschuldigter währcnd dcr Vor-
untersuchung. Der Expeditionsgehilfe Weipert habe nach
seiner Verhaftung einen Brief an ihn gerichtct nnd ihn um
einen Besuch gebeten. Der Staatsanwalt in Heidelbcrg habc
aber im Widerspruch mit dcn gesetzlichcn Bestimmungen ge-
sagt: Ouod nonl Zuerst müsse Weipert die Erlaubnis des
UntersuchungsrichterS habcn. Dieses mit den Paragraphen
437 nnd 148 der St. P. O. in direktem Widcrspruch stehende
Verfahren müsse aufs schärfstc gebrandmarkt werden. Jm
Fall Stubenrauch wurde dem Angeklagten verüoten, mit seinem
Anwalt zu sprechcn. Man wollte in dicsen Fällen offenbar nicht,
datz der Untersuchungsgefangene übcr seine Rechte Aufklärung
erhält. Auch Bücher nnd Zeitschriften wurden Weipert wäh-
rend der Untersuchungshaft verweigert; diese war also strenger,
als in den vormärzlichen Zeiten in Preuhen. Zu bcdauern sei
ferner die Verlegung des Schwerpunktes der Böruntersuchung
in die Hände untergeordneter Organe, lvas hauptsächlich auf
den Personalmangel zurückzuführen sei. Nach den Paragraphen
141 nnd 142 der St. P. O. kann schon im Vorvcrfahren ein
Verreidiger aufgestellt werden, wenn das Gcricht es für »ot-
wendig erachtet. Er kenne keincn Fall, datz das Gericht von
sich aus von dieser Befugnis Gebrauch gcmacht hat. Es wäre
eine Kulturaufgabc ersten Ranges, hier Wandel zu schaffen,
dcnn die Möglichkeit, sich in der Voruntersuchung eingehend
zu informieren, sei dem Verteidiger so gut wie ganz benom-
men. Der Justizminister sollte unverzüglich an eine liberale
Reform im Rahmen dcr Reichsgesetze herantreten. Redner
bemängelt sodann die knrze Frist, die dem Verteidiger zur
Beantwortung der Anklageschrift belassen wird. Diese solltc
doch nicht nach der Schablone, sondern nach dcm konkrcten Fall
bemessen werden. Jn der Behandlung freigcsprochcner An-
geklagter schenken dic Gerichte den Anträgen der Staatsanwälte
zu viel Beachtung. so dah ein armcr Teufel häufig noch die
Kosten tragen mutz, nur weil er in formeller Hinsicht Grund
zur Auklage gebotcn hat. Zum Schlutz bcmängclt Redner
den Strafvollzug. Sehr häufig wcrden Landwirte, die im
Juni wegen einer Schlägerci zu sechs Wochcn vcrurteilt wor-
den sind, im August eingezogen und dadurch nicht nnr ihrer
Freiheit beraubt, sondern auch materiell schwcr gcschädigt. Ein
liberaler Staat sollte doch grundsätzlich alle Härten ver-
meidcn. Weipert mutzte bei Strafe des Hungerns taglich
800 Düten kleben. Wcnn man ehrenhaftc Leute so behandelt,
dreht sich einem das Herz im Leibe. Solchc Zustände, die all-
gemein verurteilt werden, wirken verwirrend auf das Rechts-
bewutztsein. Was soll man denken, wenn Lente, wie jüngst
ein konservativer Redakteur, erst in der niederträchtigsten Weise
behandelt und dann wieder zu dem Ehrenamt eines Schössen
berufen werden? Selbst dcr offizielle Bericht des preutzischen
Justizministeriums habe konstaticrt, dah das Ansehen der
Strafrechtspflege im Sinken begriffen sei. Alle Hochachtung
vor der Zivilrechtspflcgercil Dort werden Zeugcn in der lie-
benswürdigsten Weise eingcladen, Platz zu nchmen, in den
Strafprozessen dagegen werdcn sie grob angefahren. Woher
kommt denn dieser Unterschicd? Der Minister, der aus der
Staatsanwaltschaft hervorginge und die Verhältnisse kcnne,
würde sich ein unvcrglcichlichcs Verdienst erwcrbcn, wcnn er
einmal gründlich Kehraus machen würde. (Bravo!)

Staatsrat Freiherr v. Dus ch bestrcitet, dah das Bild,
das Frühauf von unserer Strafrechtspflege gezeichnet habe,
zutreffe. Die persönlichen Empfindungen Frühaufs ioerden
im Hause wohl kaum Beifall finden. Die Strafprozehordnung
können wir nicht ändcrn, wie der Herr Verteidiger (Heiterkeit)
wünscht. Die Frist zur Beantwortung der Klageschrift sei
hinreichend, da ja die Verteidigung während der Voruntcr-
suchung, die z. B. im Falle Weipert drei Mouatc dauerte)
Zeit genug habe, Anträge zu stellen. Hinsichtlich des Kreuz-
verhörs liege kein Grund zu Mihtrauen vor, da der Richter
das Verhör stets eingehend vornehme. Auch hinsichtlich des Ver-
kehrs zwischen Vertcidiger nnd Ilngeklagten werdcn die gesetz-
lichen Vorschriften beachtet; für das Gcgenteil müssen Veweise
erbracht werden. (Frühauf: Stubenrauch!) Die Wünsche be-
züglich der Entschädigung der Geschworenen nnd der RechtS-
belehrung können nur durch eine Reform der Strafprozetzord-
nung befriedigt werden. Was die Besetznng der höchsten
Stellen mit ehemaligen Staatsanwälten betrifft, so wäre
«llerdings ein gröherer Wechsel zwischen Richkern und Staais-
anwälten wünschenswert; allein die Kollegialrichter entschliehen
sich nur schwer, in den aufreibenden Beruf der Staatsanwälke
überzutreten. Daher komme auch das verhältnismähig rasche
Avancement der Staatsanwälte. llebrigens verbürge gerade
die Thätigkeir als Staatsanwalt die denkbar grötzte Objer-
tivität des späteren Richters. Er könne vcrsichern, datz seine
jetzige Stellung nichts an Objektivität verliere, weil er längere
Zeit Staatsanwalt gewesen sei.

Ministerialdirektor Hübsch wundert sich über Frühaufs
Beschwerden berreffend den Strafvollzug. Man höre doch
sonst nur klagen, datz man in unseren Gefängnissen wirklich
so human vorgehe, dah die Strafe eine Art Genutz ivird.
(Heiterkeit.) Nach seinen Erfahrungen seien im Herbst und
Winter die Strafanstalten in der Regel überfüllt wegen der
Strafaufschübe im Sommer. Er könne sich auch auf das Zeug-
nis verschiedener Redakteure berufen, dah sie in unseren Ge-

fängnissen human behandelt ivordcn sind. Die Strafe mutz
immerhin ein llebel bleiben; innerhalb dieses Rahmcns
wcrden unnötige Härten vermieden. Die Teilnahme mit Wei-
pcrt dürfe nicht so weii gehcn, datz man, entgegen dcm klaren
Willcn des Gesetzes, den direkten Veranlasser der Katastrophe
als ein Opfer der Verkettung unglücklicher Umstände oder
als ein Opfer des Systems ansieht ; anch gehe es nicht an, von
drakonischen Strafen zu sprechen. Wenn man den direkt fahr-
lässig Handelnden immer als einen Märthrer betrachten ond
ihn ziim Gegenstand parlamentarischer Verhandlungen macht,
so erlcidct das Rcchtsbewutztsein einen unheilbaren Stoh. Wei-
pert habe niemals Beschwerde erhoben. Wenn man entgegne,
cin Gcsangcner wird sich hüten (Frühauf: sehr richtig!), so
sage er: So bescheiden sind unscre Gefangenen nicht. Jn
Weipert war schlietzlich jedes Gefühl deü Verantwortunig
geschwnnden, er trat mit dem Bewutztsein eines Märtyrers
in das Gefängnis. Jn dcm eincn oder anderen Falle hätte
er allerdings eine andere Behandlung erfahren sollen, alletn
im Mannhcimer Gefängnis war eine Jndividualisiernng nicht
möglich. Auf dem Tagespensmn häite man ivahrscheinlich
nicht bestandcn, wenn Weipert sich bcklagt HLtte. Darin lag
übrigens keine Grausamkeit (Frühanf: Hungerl). Er möchte
ivünschen, datz der Fall Wcipert endlich Ruhe finde.

Abg. Dreher (natlib.) bcfürwortet die Anstellnng eines
ivcitercn Amtsrichters in Lörrach und die Errichtnng cincs
Amtsgcrichics in Kandern und empfiehlt dic bczügliche Petition
eincr ivohlwollenden Prüfung. Mit der neuen Organisation
des Grundbuchwesens sei man auch in seinem Bezicke nicht
ganz zufriedcn, darüber abcr hcrrsche nur cine Meinung, datz
die Grundbücher den Gemcindcn belassen werden müsscn.

Abg. Fehrenbach (Zentr.) tritt für Beibehaltung der
städtischen Grundbuchämter ein, dcren Einnahmen er nicht
beschnitten wissen möchte. Den Notarcn nehme er die Chaisen-
fahrien nicht übel; wenn sie auch die Sache unklugerweise
übertrieben haben, so dah sie jctzt gleich den Amtsrichtern
und Oberamtmännern die Bahnen benützen müssen. Das
harte llrteil Frühaufs über die badische Strafjustiz sei nicht
gcrcchtfcrtigt, wcnn auch manche Beschwerden berechtigt sind.
Der Strafvollzug sei im allgcmeincn human, manche halten
ihn sogar für zu human.

Um halb 2 Uhr wird die Beraiung abgebrochen. Fortsetzung
Donncrstag halb 10 Uhr.

Aus der Karlsruher Zeituug.

—'Seine Königliche Hohüt dcr Grotzherzog haben dem
Domänemvaldhüter Stephan Bös in Langenbrücken dic silberne
Veidienstmedaille verlichen.

Karlsruhe, 4. Febr. Der Großherzog cmpfing
heute Vormittag deu Staatsmiuister von Brauer zu länge-
rem Vortrag. Die Prinzessin Wilhelm nahm an der
Großherzoglichen Frühstückstafel teil. Später hörte der
Großherzog die Vorträge des Geheimcn Legationsrats Dr.
Freiherrn von Babo und des Lcgcitlonsrats Dr. Seyb.

Ausland.

Tnrkei.

K o n st a >ltino p o l, 3. Febr. Ein amtliches Tele-
grainm aus Newrokop meldet, daß es denr ersten
Dragoman der hiesigen amerikanischen Gesandtschaft,
Gargiulo und Herrn Pect, ivelche nnt dem Lösegeld
für die von Räubern gefangene amerrkanische Missionarin
Ellen Stone nach Macedonien gereist waren, nicht
gelnngen, mit den Briganten znsammenzutreffen. Beide
siird über Drama nach Konstantinopel zurückgereist, nm
einen nenen Plan zur Befreinng der Miß Stone aufzn-
stellen.

Amrrika.

— Wie der „Times" ans Newyork gemeldet wird,
erwähnt die „Evening Post" einen Artikel ans der
„Manila Times", in dem behanptet wird, daß ein Oberst-
leutnant — der Name wird genannt — eine Anzah-l
verdächtrger Leute aus Samar foltern ließ, um Ge-
ständnisse von ihneir zn erpressen. „Dieser Offizier",
sagt die „Evening Post", „ist seit 1866 in der Armee
nnd hat Kriegsdienst gethan, rrm Knba von den Schrecken
des Weylerismns zu retten."

Newyork, 4. Febr, Nach der Rückkehr des
Prinzwn Heinrich vom Stapellauf werden die
städtischen Behörden dem Prinzen feierlich das Gast-
recht der Stadt anbieten — eine sehr seltene
Ehrung. Außerdem werden ihm dann künstlerisch aus-
gestattete Resolutionen überreicht.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, ?. Febr ar.

Von dcr Universität. Das Vorlesungsverzeichnis Som-
mer 1902 ist erschienen nnd durch die hiesigen Bnchhandlun-
gen zn beziehen.

e Der vierte akademischc Vortrag zum Besten des Franeu-
vereins, der gestern stattfand, betraf die Wundcr der Sternen-
ivelt nnd hiervon insbesondere die neuen und beränderlichen
Sternc. Wir können hier natürlich nicht die wissenschaftlichen
Ausführnngen des Redners Professor Valentinier mii M
ihren Einzelheiten wiedergcben und müssen nns anf e!ne
kurze Skizze beschränken; aber in mehr als in einer Hinsicht
verdiente das reiche Thema allgemeine Beachtung, dcnn anch
beim Laicn müssen die zum Teil nvch nnerforschten wnnderbaren
Erscheinnngen am Stcrnenlsimmcl reges Jnteresse erwecken.
Gar manchcs wntzte Professvr Valentiner über die neuen und
vcründerlichen Sterne zu erzählen, von dem erstcn bedentenden
Astronomen Tycho und dem von ihm 1673 entdecktcn nnd nach
ihrn der Tychonische Stern oder stella nova benannten
Himmelskörpcr bis in die Neuzeit der Entdeckung
dcr stella I»ersei nnd dcr dazwischen liegenden grotzen
Reihc ivissenschafilicher Entdcckungcn. Ueber die Größen- und
Klassenverhältnisse der veränderlichen Sterne, deren haupisäch-
lichsten das Nova-, das Mira- und das Algol-Gestirn sind,
die Zeiidauer ihrer Veränderlichkeit, die Bewegungen, die
Unierschiede zwischen ihnen, die Siärke und Dauer ihrer
Lenchikraft und über die Lichtfarben, wie sie airf G«nnd wissen-
schaftlicher Forschung miitels der Spektralanalyse festgestellt
sind und noch isieles andcre gab der Redner ein anschaulichcs,
interessantes Bild. Ferner sprach er dann über die Doppel-
sternc, gab eine Erklärung zu deren Bewegung, tvie auch
zn der Erscheinung der Sonnenflecke, erwähnte ferner die An-
zahl der entdeckten Sternobjekie und die Enifernung der
Gestirne von der Erde im Allgemeinen ,die Sternschnuppen und
die Milchstraße und verbreitete sich dann znm Schlusse über die
neuenGestirne'. Die ganzenDarlegungen boten eine Fülle reichen
Wissens aus der Sternenweli und fesselten die Zuhörer in
ihrer erzählenden Form ungemein.

O Der Verein gegen Haus- nnd Straßenbettel hat mit
dem 1. Dezember des zu Ende gegangenen Jahres das zweite
Jahrzehnt seines Bestehens vollendet; vom Jahre 1881 bis 1891,
als Verein gegen Hausbettel in Heidelberg und Neuenhelm und
seitdem unter dem Namen Verein gegcn Haus- und Straßen-
bettel. Wenn er ouf diese Zeit znrückblickt, so kann er im Groben
und Ganzen sich dem onschließen, was im ausführlicheren Be-
richte über das Jahr 1891 gesagt worden. Auch seitdem hat sich

dcr Verein in den oltbcwährten Bahnen bewegt und wic segens'
reich seine Thätigkeit gewcsen, zeigt ein Bltck auf die großcn
Zahlen von Unterstützungcn, die er tm letzten Jahrzehnte gewährt
bat, und die gerade in Zeiten mit ungünstigen wirtschaftlichen
Verbälmissen Dank unserer spa-rsamen Berwaltung in reichlicherew
Maße gegeben wcrden konnten. Auch die Mitgliederzahl, welche
ost eine rückläufige Bcwegung gezeigt hat, ist in dem letzten
Jahre wieder etwas gesticgen. Von den 564 Mitgliedern, welche
am 31. Dezember 1900 vorhanden warcn, gingen dem Vereio 10
durch Austritt, 17 durch Weamg und 7 durch den Tod verloren.
Es iraten gegmüber diesen 34 Perfonen jcdoch 36 neu als Mit'
glieder ein, so daß der Bestand der Letzteren auf Jahresschluß
566 betiug. Daß die Anforderungen an den Verein während
deS vergangenen Jahres wtederum gan; erhrblich und zmar in
vi.l höherem Maße gestiegen sind, als im Vorjahre, bcdarf bei
der bekonnlen Loge uwerer allgemeineii wirtschafltichen Verhält-
nisse ke-ner nähercn Begründung. Der Zuwachs an Unter-
stützungen beträgt tm litzicn Jabre über 50 Proz. (9591 gege»
6275 des Voijahrrs). Die Uebung, der Herberge znr Heimal
zwet Dritteile uud dem Gasthius znm Roten Löoen ein Driitel
der uniesitütztcu Peisoncn zuzuMeisen, wurde auch im Bcrichts-
jahre wicdec eingehalten. Ebenso wurden wie in den letzten
Zahren Kletdungestückc als Unteistützung verabsolgt und in einzel-
nen Fällen größere Reiseuntcrstützungen wicder gewährt Möge
das drilte Jahrzchnt, in welches der Verein nunmehr eintrilt,
ihm eine gute Zukunft eröffnen und es thm ermöglichen, seine
hilfceiche Thätigkeit im Dienste der Allgemetnyeit noch weiler
nuszudcynenl

O Vortrag Ziegler. Wir weisen noch einmal auf den heute
Abend 6 Uhr im Saalbau (Museum) stattfiadenden Vortrag über
„Ein Retlungswerk an den gefährdeten Töchtern unserer
Heimat" hin.

— Poltzerbericht Verbaftet wurde cin von der Staats-
anwaltschafi in Speyer wegen Diebstahls verfolgter Tnglöhner,
wkiime 3 Peisonen wcgen Beltetns und ein Limstmäa-ym wegsir
Umhersikheni. Wmen Unin-s kamm 5 Pe ivveu ; >r Anrei-ie.

Wiesloch, 4. Febr. (S a a t g u t a u s st e l l u n g.) Am
Sonntag Nachmittag fand im Saalc der „Pfakz" die ange-
kündigte Saatguiausstellung statt. .Dieselbe war nur mätzig
beschickt, was sich darans erklären lützt, datz die Landwirte des
Bezirkes sich nur selten mit Saatguterzeugung abgeben. UM
sv crfrcnlicher ivar der sehr gute Besuch, besonders von aus-
ivärts. Der Saal erwies sich leider als viel zu klein, sodatz
viele Erschicncnen ans Mangel an Platz wiedcr weggehen mutz-
ten. Herr Domäneninspektor Zimmermann hieß die An-
wesenden willkvmmen tiitd Herr Landwirtschaftslehrer Viel-
hauer hielt eiuen Vortrag über: „Die Entstehung und Bcdeu-
tung der Sortcn".

-t-Mamlhetm 4. Febr. (Bürgc rausschuß.) Ju etwa
zweistündiger Sitzung crledigte d-r Bürgerausschuß heute eine
Neihe von Vorlagen des Stadirats. Die wichttgste derselben
betrof die Gemhmigung eines zwischen der Stadigemeinde nnd
der deutsch-hollündischen Baugesellschaft abgeschlossenen Vergleichs-
Die genannte Gesellschaft hatte bei einer im Jahre 1899 voM
hiesigen Stadtrat ansgeschriebenen Submtssion auf Licferung und
Anschüttung von Füllmaterial, samt den damit verbundenen
Arbeiisleislungen, zur Herstellung von Straßen tn der östltchen
Stodterweiterung ein Offert eingereichi, welches wesentltch
niedrtger war alS die übrigen Offerten. Es lautete auf 1211760
Mark, d'e anderen Offerteu daargea auf 1 160014, 1506 390
und 1 639 742 Mark. Einige Wochen nach dem Submissions'
iermine erhielt die deutschchoUänvtsche Baugescllschaft in Düffel-
dorf die Arbeiten übertragen, diese lehnte aber die Arbeit ab
unter dem Vorgeben, daß die slädtischen Vwtragsentwürfe ntcht
den Besingungen des seinerzeitigen Angebots entsprächen. Es
kam zu einem Prozeß zwtschen der Stadtgemeinde und der Bau-
gesellschaft, der am hiesigen Landaerichte zu Ungunsten der BaU-
gesillscl aft autfiel. Lctztere legte Berufung ein. Vor dem Karls-
ruher Oberlandcsaericyt kam ein Vergleich zu Stande, wonacü
die Bougesellschaft an dte Stadt cine Entschädigung von
80 000 Mcnk zu zahlen hatte. Bemerkt sei, daß die Klagesumwe
auf Mk. 350590 lautete, also diejentge Summe, um welche dst
Forderung der Firma Grün u. Btlfingec in Manvheim, dte die
Arbeiten inzwischen ausgeführt hat, den von der deutsch-hollän-
dischea Baugesellschaft geforderten Betrag überstieg. Der Stadt-
rat halte dem Lürgerausschuß die Genehmigung des Vergletchs
auf der Basis einer Entschädigung von 80 000 Mk. vorgeschlageN-
Auf Veranlassung des Vorstandes des Bürgerausschusses knüpfte
der Stadtral in letzter Stunde erneute Verhandlungcn mit der
deutsch-holländischen Bangesellschaft an und dtese verstand stcb
auch dazu, die Enlschädigunz auf 100 000 Mk. zu erhöhen. Der
Bürgerausschnß ftimmke dieiem VergleiÄ zu.

LO. Karlsruhe, 4. Februar. (Der furchtbaro

Schneest>urm) in den letzten Tageiy hauste in deN
Fürstenbergschcn Waldungen besonders schlimm bei Heiligcn-
berg. Der Hohenstein, die Zierde von Heiligenberg, bekannt
durch die prächrigen Spaziergänge, sieht teilweise auS, als
seien Kahlhiebe gemacht worden. Der Verlust dürfte dort
über 10 000 Fcstmeier betragen. Auch der Nagelstein ist schwer
geschädigt. Leider fiel dort dem Sturm am Samsrag Vor-
mittag ein Menschenleben zum Opfer. Der 60jährige Holz-
macher Witwer Georg Ströhle von Beuren war, wie dic'
„Konstanzer Zeitung" berichtet, mit seincm Sohne imd einsM
Arbeiter beschüftigt, den Weg nach Bothcrrbrunn von den gc-'
fallenen Stämmen freizumachen, als eine Buche, vom Sturw
gebrochen, anf ihn stürzte, und ihm nichi blotz den Fuh ab^
schlug, sondern ihn auch am Kopf so stark verletzte, datz cr'
alsbald starb. Jn St. Illrich hat der Sturm das gemanerte
Haus des Bürgermeisters Sumscr auf der Vorderseite ganZ
abgedeckt und an zwei Itachbarhänsern wnrden Stücke vow
Dache weggerissen. Jn den Privat-, besonders aber in deN
Herrschaftswaldnngen sind nngczählte Bäume teils entwurzclt

teils abgebrochen, sv datz viele hundert Festmeter Hvlz
in grausigem Wircwarr zu Bodcn liegen. Furchrbare Ver-
wüstungen richtete der Sturm im Säckinger Wald an. Dorl
soll man übcr 6000 Tannen gezählt haben, die teils entwurzelt
teils abgeknickt am Boden liegen. Vom Schutzhaus auf der
Hornisgrinde ist die eine Hälfte des Daches herabgeworfcN
und ein grotzes Stück etwa 100 Meter weit fortgeweht wor-
den. J-m Jnncrn der Hütte licgen zahlreiche Steintrümmer'
des Nkauerwerks unter Schneemassen.

L.ll. Pforzhetm, 4. Febr. <Selb stmord.) Heute früh 9
Uhr erfchoß sich auf dem biesigen Friedhof der verhetratete
Etuüfabrikavt Rühling. Das Motiv zur That soll in finanzieller
Schwierigkeiten licgen.

8.6. Waldkirch, 4 Febr, (Bahnprojekt.) Jn den Ge-
meinden des Glotterthals denkt man ernstlich an den Bau einer
elektrischen Bahn von Denzlingen ins Glotterthal. Jngenieur
Meyerhofer aus Freiburg entwcirf am letztcn Sonntag in einer
Versammlmig ein klares Bild der beabsichttgten Anlage, dereU
Gesamtkosten rund 100 000 Mark betragen dürften. Ein Haupt-
erfordernis aber ist, daß die Glotterthalstraße (Kreisstraße) eiue
ganz wesentliche Verbesserung erfährt. Eine Kommission aus deN
Gemeinden Denzlingen. Heuweiler, Föhrenthal, Unterglotterthal,
Ohrensbach und Oberglotterthal will jich znnächst eingehcnd nm
dem Projekt befassen.

Konstanz, 3. Febr. (I r r e n a n st a l t.) Letzte
Woche wurden rn Wollmatingen und Reichenau die notariellc"
Fertigungen der GLtererwerbungen für die neu zu errichiend^
Jrvenheilanstalt vorgciwmmen. Der Fiskus / >vat
durch Herrn Geometer Bosch vsrtreten. Der Morgen Larm
^ 36 Ar kommt durchschnittlich auf 1600 M. zu stehen, was
eine beträchtliche Steigerung des ursprünglichen Wertes be^
deutet. Der Gesamtwert der verkanften Güter beträgt aw
Reichenauer Gemarkung 160 000 M. uud auf Wollmatinge^
Gemarkung 100 000 M. Letztere Summe verteilt sich auf 7-
Grundstücke, von denen nur neun mit Hypotheken belast^
waren, alle anderen sind vollständig frei. Das ist gewitz eip

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