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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0234

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Mittwoch, 5. Februar 1902

Iweites Blatt.

44. Jahrgang. — ülr. 30.

^rscheint täglich, Sonntags ausgenommen.

Preis mit Familienblättern monatlich bv Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch dic Post
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlrch Znstellgebühr.

'Nzeigcnpreis: 20 Pfg. die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiestge Geschästs- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufuahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebcnen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Iagdpässe.

Die Grotzherzoglichen Bezirksämter haben folgenden Ertrag
»er Taxen für die in der Zeit vom 1. November 1900 bis
°ahin 1901 ansgestellten Hagdpässs aufzuweisen: Achern
lS70 M., Adelsheim 1695 M.. Baden 8130 M.. Bonndorf
-280 M., Bvxberg 1890 M., Breisach 2340 M.. Bretten 1460
Dk.. Bruchsal 4520 M.. Buchen 2985 M., Bühl 1635 M.,
Donaueschingen 2080 M., Durlach 2405 M.. Eberbach 2160
A., Emmendingen 5306 M.> Engen 2620 M., Eppingen 1360
A, Ettenheim 1626 M., Ettlingen 1705 M-, Freiburg 5540
Zr., Heidelberg 4880 M., Karlsruhe 5985 M., Kehl 5290 M-,
Konstcmz 3870 M., Lahr 3875 M., Lörrach 6085 M., Mann-
heim 4340 M.. Metzkirch 1865 M.. Mosbach 2530 M.. Müll-
heim 3845 M., Neustadt 1990 M., Oberkirch 2785 M., Offen-
bvrg 7405 M.. Pforzheim 3255 M.. Pfullendorf 1225 M.,
Rastatt 5325 M-, Säckingen 1875 M., St. Blasien 2015 M.,
Ahönau 1500 M., Schopfheim 3495 M., Schwetzingen 1865
M., Sinsheim 2150 M., Staufen 2410 M., Stockach 3185 M.,
^auberbischofsheim 3266 M., Triberg 2160 M., Ueberlingen
-775 M.. Villingen 2095 M., Waldkirch 2300 M., Waldshut
V400 M., Weinheim 1860 M., Wertheim 2480 M., Wiesloch
l280 M., Wolfach 3340 M. Jm ganzen 158 257 Mark. Jn
ben vorausgegangenen vier Jahren stellte sich der Ertrag:
I8g9—i9<,g auf 155 150 M., 1898—1899 auf 155 866 M.
1897—1898 auf 149 784 M. 1896—1897 auf 150 258 M.

Arrs Stadt rrrrd Land.

^ ) Die Schrödlsche Brauerei-Gesellschaft Heidelberg hat, wie
?ir hören, der Gesellschaft für Lindes Eismaschinen in Wies-
vaden eine neue Eismaschine mit einer Leistungsfähigkeit bon
Zentner Eis pro Tag in Auftrag gegeben. Dieselbe soll
ifreits im Juni diescs Jahres in Äetrieb sein, so dah die
Mrödlsche Brauereigesellschaft alsdann in der Lage ist, in
Irrbindung mit ihrer bisherigen Einrichtung täglich 700
«ntner Eis herzustellen.

, f Kaiserpanorama. Eine wunderschöne Reise nach Griechcn-
Md gewährt das Kaiserpanorama dem Besucher in dieser
Soche. Es führt uns zuerst nach Korfu; wir besuchen das
Achileion, dessen Gruppen und Siatuen am Auge des Be-
wchers vorüberziehen. Sodann noch einige Fernsichtcn, von
?snen besonders die von der Jnsel Vido schön ist. Hieran
Mietzt sich das Panorama von Patras und einige Gebirgs-
^enen, worauf die schöne Stadt Athen sichtbar wird. Dieselbe
^ffd nns nach allen Richtupgen hin gezeigt. Besonderes Jnter-
rste verdienen die Tempel der alten Griechen, die wir auf dieser
wiechischen Reise zu sehen bekommen, z. B. der Theseustempel,
M Partenon und die Tempelruine von Olympia. Allen, die
Ifch für Griechenland und seine Vcrgangenheit interessieren,
fbvnen wir einen Besuch dcs Katscrpanoramas bestens em-
blehlen.

Baden-Baden, 3. Februar. (Der Jnternationale
§lub) giebt soeben die Propositionen beziehungsweise das
Itogramm für die diesjährigen Rennen heraus, die sam
s^nntag, den 24., Dienstag, 26., Donnerstag, 28., Samstag
und Sonntag 31. August abgehalten werden. An diesen
^uf Tagen gelangen insgesamt 30 Konkurrenzen zur Entschci-
Mg. iinr dem Meeting den Charakter der Jnternationalität
ffonders aufzudrückcn, sind sämtliche Rennen offen für Pferde
."er Länder. Das Programm bewegt sich, abgesehen bon eini-
kleinen Abänderungen technischer Natur, im Rahmen des
^igjährigen und verfügt über eine gewaltige Summe von
Misen und Züchterprämien mit rund 420 000 Mark und über
Ljstf Ehrenpreise. Die Hauptrennen sind: am crsten Tag das
^rstenberg Memorial, Ehrenpreis und garantierte Preishöhe
58 000 M, an welchem Rennen noch 66 Pferde konkur-
-chzbcrechtigt sind, ferner Altes Badener Jagdrennen, Preis
a"000 Mark; am zweiten Toge das Zukunftsrennen, Preis
zch 000 Mark. Preis der Stadt Äaden'20 000 Mark und das
jl°s-Handicap (10 000 Mark), am dritten Tage der Grotze

Preis von Baden, Goldpokal, gegeben vom Grohherzog von
Baden und garantierte Preishöhe von 80 000 Mark, in diesem
Rennen sind 53 Pferde, nämlich 35 deutsche, 13 französische,
7 österreichische und drei englische, konkurrenzberechtigt. Am
dritten Tage ist dann noch die Saida-Steeple-chase (10 000
Mark) bemerkenswert. Am vierten Tage gelangen die Badener
Prinz of Wales Stakes (24 000 M.) und das Heidelberg-
Handicap (10 000 Mark) zur Entscheidung. Der fünste Tag
ist durch das Prinz Hermann von Sachsen-Weimar-Memorial
(16 000 M), das Kincsem-Rennen (10 000 M) und die
Grotze Badener Handicap-Steeple-Chase (25 000 Mark) wich-
tig. Das genial ausgearbeitete Programm verbirgt wiederum
ein grotzartiges internationales Meeting, das durch seine vor-
nehme Eigenart Jahr für Jahr einen so starken Reiz auszu-
üben im Stande ist, und wird deshalb allüberall mit grotzer
Freude begrützt werden. Man mutz wohl der grotzen Opfer-
willigkeit des Jnternationalen Clubs, ebenso der Stadtgemeinde
Baden und den beteiligten Kreisen, welche dem hiesigen inter-
nationalen Sport ihre Unterstützung angedeihen lassen, öffent-
lich Dank wissen.

Stockach, 31. Jan. (Ein Grotzfeuer,) das in der
Nacht zu Donnerstag fünf Gebäude in Asche legte, brach der
„Konst. Ztg." zufolge in der zur „Post" (Gastwirt Kuhn) ge-
hörigen Scheune aus und ergriff sofort auch die angebmite
Scheune der Herren Gebr. Frank, ein von der früheren Post-
halterei verbliebenes, zur Zeit leerstehendes Gebäude. Anfäng-
lich schien sich das Feuer auf die zwei Scheunen zu beschränken,
da völlige Windstille herrschte und die wackere Feuerwehr sofort
auf dem Platze war. Allein die Hitze und der Funkenregen
setzten der Brauerei Metzmer und einer weiteren Scheune mit
Stallung und angebautem Wohnhause so zu, datz dieselben eine
Stunde später ebenfalls in Flammen standen. Jetzt schien auch
die Wirtschaft zum „Deutschen Hause" stark gefährdet, was
äutzerste Umsicht der Feuerivehr erforderte. Auch das neue
Pfarrhaus und besonders die nebenstehendcn Holz- und Wagen-
remisen mutzten reichlich mit Wasser bcgossen werden. Eine tot-
kranke Frau mutzte aus einem gefährdeten Wohnhaus get ßrgen
werden. Vieh und Schweine wurden gerettet, dagegen ver-
brannten Fahrnisse und Futtervorräte. Von 70 vollen Bier-
fässcrn wurden 10 durch die gerade anwesenden Gäfte gerettet;
die übrigen wurden heute unversehrt in ihrem Eisverschlag ge-
funden.

Die»st«ochrichte«. Bei den Amtsgerichten Lörrach, Freiburg,
Karlsruhe, Pforzheim, Heidelberg urd Mannbeim sind Gerichts.
vollzieherstellen zu besetzen. Bewerbungen sind alsbald an doS
Justizministerium durch Verwitlelung desjenigen AmtSgerichts,
bei wclchem der bewerbende Gerichtsvollzieher vngestellt ist, zu
richten.

Kleiue Zeituug.

—' Elberfcld, 3. Februar. Vor der hiesigen Straf-
kamnier begann heute die dur-ch Reichsgerichtsbeschluß
angeordnete nochmalige Verhandlung des Militärbefrer-
ungsprozesses gegen dreizehn Angeklagte, darunter den
Rentner Hermann Baumann und Witwe Therese Diek-
tzofs von hier. Den Vorsitz führte Landgerichtsdirektor
Schulte-Uffelage. Die Antlage vertreten der erste Staats-
anwalt Jonen und Staatsanwalt Atberts. Als mili-
tärische Sachverständige sind Korpsgeneralarzt Doktor
Stricker vom Gardekorps und Generalarzt Dr. Korn vom
2. Armeekorps in Stettin geladen.

— Scltsamcs Fnndobjckt. Vor öinigen Tagen fand
ein Matrose von samrishamn in Schweden bei seichtem
Wasser südlich von besagter Stadt in der sogenannten
Massakasbncht einen Theelöffel aus Messing zwischen
Steinen eingeklemmt. Er nahm den Löffel mit und fand,
nachdem er denselben gereinigt, auf dessen Jnnenseite
ein Panzerschisf nnt der Jnschrift „Maine" darüber und

„0000 Tons" darunter emgraviert; der Löffel muß
demnach aus dem Jnventar des amerikanischen Kreuzers
„Maine" stammen, der im Frühling 1898 im Hafen
Havannas in die Luft gesprsngt wurde, unö die Meeres-
strömung brauchte vier Jahre, um den kleinen Lösfel
an die Küste des südlichen Schweden zu treiben.

— Ein sonderbarer neuer Sport. „Wie der „Velo"
erzählt, ist ein neuer Sport bei den Ssterkämpfen in
den tetzten Tagen auf der Plaza von Madrid eingeführt
worden. Es handelte sich darum, einen Stier wie ein
Pferd zu reiten. Ein Jockey fand sich bereit, dieses Wag-
nis zu versuchen. Der Platz war mit einem sehr inter-
essierten Publikum besetzt. Als der Stier, der einen
Sattel aus dem Rücken trug, plötzlich in der Arena er»
schien, hörte man begeistertes Fußstampfen. Der Jockeh
erwartete das Tier. Es glückte ihm auch, es rittlings
zu besteigen. Bravos, donnernde Beifallssalven und ver-
Medene Rufe ertönten. Aber ein Riemen zerriß und
der Jockey wäre beinahe zu Boden gestürzt. Der Vor-
sitzende des Rennens, der .den Versuch als beendigt be-
trachtete, gab den Befehl, den gesattelten Novillo zurück-
zuziehen und zu den gewöhnlichen Stierkämpfen über-
zugehen._

Eines nur ist Glück hienieden,

Eins: des Jnnern stiller Frieden
Und die schuldbefreite Brust!

Und die Größe ist gcfährlich,

Und dcr Ruhm cin lecres Spiel:

WaS er giebt, stnd nicht'ge Schattcn;

Was er nimmt, cs ist so viel!

(Franz Grillparzer.)

* » *

Jm Tod stnd wir alle aleich,

Gioß, klein, klug, närrisch, arm mid reich.

_ _Rollenh agrn.

Berlosttugr«.

Prä«ienzieh«ng der «Sln-Rindener 8-se. Ziehung am
1. Februar 1902. 45000 Thaler fielen auf Nr. 135424, 5000 auf
Nr. 104 366, 3000 auf Nr. 9', 388, 2000 auf Nr. 187 705, fe
1000 Thaler auf Nr. 3437, 131627 und 174 475, je 500 auf
Nr. 74085 und 187 709, je 200 Thaler auf Nr. 21068. 23 645.
70 243. 71679. 114 868 124 741. 130189, 153 678. 157 489!
190 992, 190 993. Die übrlgen Nummern der am 2. Dezember
1901 gezogenen 68 Serien: 69 116 192 193 254 422 473 66S
9c0 1016 1(35 1053 1063 1107 1228 1282 1403 1405 1434,
1482 1534 1593 1713 1834 19 B 1977 2063 2004 2046 2072

2088 2145 2186 2266 2291 2L93 2867 2381 2399 2423 2463

2467 2495 2604 2633 2709 2712 2722 2744 2969 2989 3069

3074 3076 3150 3171 3283 3214 3490 3582 3648 3698 3755

3785 3820 3389 3893 3898 sind mit je 110 Thaler gezoaen
Die Auszahlung findet am 1. April 1302 statt.

Braunschweig. 1. Febr. Serienziehung der Braunkchweiger
20 Tbaler-Lose 350 395 1111 1158 1810 2343 2470 2561 306S
3244 3358 3389 4481 5741 5912 6912 7121 7132 7204 7749
7929 8(68 8473 8602 9266 9604 9734.

Kandek und MerLeHr.

Mannheim, 3. Feöruar. (Produktenbörse.) Per 100 Kilo.
Weizen Pfälzer 17.50 bis 17 50, Norddcutscher —bis —.
A,ima 17.50 bis 18.00, Tbeodosta 18.- biS 18,25 Saronska
18.— bis —.—, Girka 17.50 bis —.—, Taganrog 17.50 bis
18,00 rnmänische 17,25 bis 17.75, amcrikanische Winter 18.25,

bis —omerikan. Spring-bis —, Kannsas II

13 — bis 18 25, Kalisornicr 18 00 biS —, La Plata 17.5»
bis —. Walla-Walla I7 75 bis-Babia blanca 17.75 bis
—, Semence Russe 18.25 bis —, bis —. Kcrnen 17L0

^ Sneewittchen.

Roman von A. I. Mordtmann.

(Forffetzung.)

og, Estlerie aber war nicht im mindesten überrascht, als sie
nächsten Tage einen acht Seiten langen Brief von Herrn
^"Ul Mauvillon erhiclt.

st »Cr hat's sich was kosten lassen, der brave Herrl" rief sie
"ex Schwester zu, die zwei Bogen mit dcn Fingerspitzen
den Ecken fassend und hoch haltend.

»Und was schreibt — der — Lump?" fragte Cäcilie.

^ --Das errate ich an der Länge. Willst du's lesen? Nein?
z^'.Mch nicht. Jch denke das Ende genügt. Sehen wir einmal

Und sie las mit komischem Pathos vor:
kiw/'So könncn wir, bis bessere Zeiten eintreten, gute Freunde
Bewahren Sie mir eine freundliche Erinnerung, und
d>o mir nicht den Schmerz an, bei irgend eincrGelegenheit,
des Rats und Beistandes bedüffen, nicht zuerst zu
an Jhren treu ergebenen und unglücklichen Paul
^illou."

Helene nahm vorsichtig dies denkwürdige Astenstück zwischen
lhywrlen nnd Zeigefinger, trug es in die Küche hinaus urid
ins Feuer, worauf sie sich sehr sorgfältig die Hände

^ie hatte Paul nie geliebt,

5. Kapitel.

Die Donnerstags-Gesellschaft
in Hamburg wütende Krisis haste auch in Nord-
- ' ^ri ino sie ursprünglich ausgegangen ivar, zahlreiche
"er?°9eu und Existenzen zertrümmert. Beim Sturze eines
g.^igen Bankhäuser verlor auch Frau Delmar, die Tante
diügffwna Reschwitz, einen so ansehnlichen Teil ihres Ver-
datz es ihr unmöglich schien, noch fernerhin auf dem
Fuhe zu leben, wie sie es bis dahin gewohnt gewesen

war. Nicht als ob sie arm gcwvrden wäre: die alte Delmar
hatte, durch böse Effahrungen gewitzigt, dafür gesorgt, datz
das seinem Sohne Arthur zufallende Erbteil in seinem Haupt-
bestande nicht angegriffen werden konnte; es Ivar in sicheren
Papieren angelegt, die sich in der Obhut der Hamburgischen
Bank befanden. Aber jener kleinere, wenn auch nicht unbe-
trächtliche Teil, der einem amerikanischen Bankhause anver-
traut war, ging verloren.

Frau Delmar rief ihre beiden Töchter zu sich, um ihnen
Mitteilung von dem Schlage zu machen, der sie betroffen
hatte. Dabci zeigte es sich denn, dah das grotze Unwester, dessen
berheerende Schläge Trauer und Entsetzcn über Hamburg ver-
breiteten, doch auch eine gute Seite habe. Wo ringsum die
Vernichtung tobte, ertrugen sich kleine Schicksalsschläge leichter
und die beiden Mädchen Ivaren geneigt, das Unglück, das ihnen
nur einen Teil ihres Vermögens raubte, mit philosophischer
Ruhe zu betrachten.

Wesentlich beruhigt durch den Verlauf diescs Teiles der
Unterredung, schloh Frau Delmar:

„Wir werden also nicht entbehren, abcr ein wenig ein-
schränken müssen wir uns doch. Und da habe ich gemeint, lvir
kömiten gleich einen guten Anfang machen, indem wir unsere
Gesellschaft für nächsten Donnerstag absagenl"

„Das würde ich nicht thun, Mama," sagte lebhaft die älteste
Tochter Ellen. „Erstens ist es doch nicht so schlimm und zwei-
tens würde es sehr schlecht aussehen und könnte manchen
abschrecken . . ." sie warf einen etwas spöttischen Blick auf
ihre jüngere und hübschere Schwester Alice.

Diese nahm kampflustig den hingcworfenen Fehdehaud-
schuh auf.

„Aengstige dich nicht, Ellen," versetzts sie. „Der Fisch sir
fest an der Angel und rcitzt sich nicht mehr loZ."

„Wie du nur wieder burschikos redest!" schalt die Mutter.
„Diese Manieren, die garnicht für ein junges Mädchen passen,
solltest du doch endlich einmal ablegen."

„Ja warum denn? Jch finde sie sehr angenehm und was
in Amerika erlaubt ist, kann doch hier nicht verpönt sein?"

„Man ist hier strenger, das solltest du doch wissen. Es
hat mir schon oft leid gethan ..."

„Dah wir solange bei Grotzpapa gelebt haben?" unter-
brach Ellen unehrerbietig die Mutter. „Das hast du schon
oft gesagt, und es wird darum doch nicht anders."

„Leider. Wenn ich denke, wie früher . . ."

„Aber Mama, so lah doch nur jetzt das ewige Predigen,"
fuhr nun auch Alice dazwischen. „Wir haben jetzt an anders
Dinge zu denken. Wenn du die Donnerstag-Gesellschaft ah-
sagst, so sürchte ich nur eins."

„Was denn? sprich es nur aus!"

„Ja, mein Gott, ich weih immer nicht, ob ich mcht Anstotz
bei dir errege, wenn ich frei und deutlich von den Dingen
rede, wie sie sind."

Mrau Delmar seufzte. Ihr deutsches Gemüt konnte dis
geschäftsmätzige Art zu denken uud zu reden, die ihre Töchter
sich in Amerika angewöhnt hatten, nicht ertragen und dochi
war sie zu schwach, ihr ernstlich entgegen zu kämpfen. So
war sie bei den kleinen Streiiigkeiteii, die aus diesen unter-
denartigen Lebensanschauungen entsprangen, immer der unter-
liegcnde Teil. „So latz hören, was du meinst," sagte sie re-
signiert.

„Es wäre für uns ein groher Glücksfall, wenn Anna hei-
ratete, nicht wahr?" fragte Alice.

„Jn gewisscm Sinne ja", antwortete die Mutter. „Aber
ich sähe sie ungern aus dem Hause gehen."

„Nun ja doch," versetzte Alice ärgerlich und ungeduldig.
„Wir wisscn schon, dah sie dein Jdeal ist, weil du in ihr findest,
was du bei uns vergebens suchst. Aber du kannst sie doch nicht
immer bei dir behalten l"

„Wenn sie nicht heiratet, warum nicht?"

„Das ist es ja eben. Es ist ein Bewerber in Sicht. Der
juuge Mauvillon beschäfstgt sich ausfallend viel mit ihr —-
du weiht, der Neffe der Firma."

(Fortsetzung folgt.)
 
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