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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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Dienstag, 11. FeLruar 1902. Zweites Blatt. 44. Jahrgang. — M. 35.

^'rscheliit täglich, Sonntags aiisgenoinineii. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Hans gebracht, bei der Expedition nnd den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Dnrch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ansschließlich Znstellgebühr.

^rizeigenpreis: 20 Pfg. fnr die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Fnr hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Fnr die Anfnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitnng nnd den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

°«

Deutsches Reich.

Gegenübvr beniüiigeliiden Bemerkungen des „Lok.°
Anz.", als vb es sich bei dem E'iugreifen des
ü' a i s e r s zur Bekämpsniig dcr Gesundbcterei um eine
^i'in zusällige Erörterung ge'bandelt habe, wiederholt die
-llNordd. Allgem. Ztg." auf Grund bestimmtester Jnfor-
Uiationen, datz der Kaiser den Polizeipräsidenten von
Tindheim und den Geiieralsuperintendeiiten Faber zu
lsch beschieden habe, um ihnen seine Willensmsinung über
^ineii llnfug tund zn thnu, der unserer Zeit wie der
-ileichshauptstadt uuwürdig ist. Der Kaiser, der diesen
'liifug sehr enist vsrurteilte, ließ teincn Zweisel darüber,
"af; die Personen, die sich am Treiben der Spiritisten, am
^esundbeten oder verwandter Richtnngen beteiligen, vom
Zntritt zum Hofe ausgeschlossen werden. — BemerkenS-
ivext ist, datz die Benierkung im „Lotalanzeiger", wonach
me Begegnung mit dem .Kaiser ein mehr zufäüiges ge-
ioosen sei, auf deu Präsiüenten v. Windheim selbst zurück-
lleführt wird. llnd die „Ilationalzeitung" bringt folgende
^rwiderung anf die Auslassnng der „Norddeutschen All-
llein. Ztg.":

„lleber die Acutzerungen des Kaisers gegeu das Oiesund-
bcte„ habeu Ivir vou dcm Herrn Polizeipräsideuteu vou
^ i „ dheim anthcntische Mitteilungeu erhalten. Die Mel-
diing dcr „Nordd. Allg. Ztg.", sagte dcr Präsideut, ist i» ihrer
nassuug nicht ganz richtig. General-Superiuteudent
naber und ich waren nicht zur Audienz empfohlen, um über
stchßregeln gegen den Obsknraiidismus Vortrag zu halten, souderu
>vir wareu am Douuerstag zur Abendrafel g e l a d e u.
-l>! derselüen nahmen autzer dem Kaiser und dcr Kaiserin teil:
üriuz Joachim Sllbrecht als wachthabeuder Offizier, Gcneral-
oberst v. Hahuke, der Hofniarschall des Kaisers, dcr Kammer-
berr der Kaiseriu, das Gefolgc, Gcneral-Supcriutendeut Faber
'l»d ich. Währcud dcr Tafel lenkte dcr Kaiser das Gcspräch
c>uf das Gesuiidbercu. Der Kaiser hattc die in der „National-
ücitung" hicrüber crschiencnen Artikel mit vielem Jnteresse
üelcsen und äutzertc siiv sehr mitzbilligeud über deu ganzen
uufug. Auch die Kaiserin bereiligte sich iu gleichem Siune au
oeu, Gespräch; ebeusv Geueralobcrst d. Hahnke. Bei der
lllgarettc fragte mich der Kaiscr, ob ich irgend wel ch e
M a tz r e g e I ii g e g e n d e n II n f u g e r g r e i f e n w o l l e.
M crwidcrte: „Jch halte dafür, datz es richtiger wäre, vor-
uulfig n i ch ts iu der Sache zu t h u u. Jch fttrchte, ich
^ache der Gesellschast nur Rcklame, wenn ich bei einem Vor-
Üs'hei, „jcht ganzei' Linie den Erfolg für mich habe.

>'-i deu lviedcrholten Niederlageu, wclche diese Gesellschaft jetzt
>u dcr Stadtverordueteuversammlung, im Reichstag mid in
K'l: Presse erlitteu hat, darf man hoffen, datz eiu entschei -
i.l'udcr Ruckgang bald cintritt." Der Kaiser, welcher
bch iu der Frage sehr unterrichtet zeigte, sprach nochmals seine
-l'ltzbilligung über das Gesundbeten und die Ablehmmg des
bwizen ObskurantismuS aus und pflichtetc meiucr Anschauung
, l'i. iudem er meiute, man dürfc, wenu man dcm iicbel abhelfeu
lvollc, kei„e Märtyrcr schaffeu."

„ Es hesteht also übor den Charakter, oder wenigstens
u»er d,e> Veranlassuug der Uuterredung zwischen den
^uspiratoren der „Nd. Allgem. Ztg." und dem Polizei-
Masidentm eine Bleinungsverschiedenheit. Ju der Sache
stlbst steht sest, datz der Kaiser den Umfug der Gesuud-
^terei, der gsrade iu höheren Kreiseu Verbreituug gefuu-
hat, srustlich mWilligt.

^ . — Generalleutnant v. Lessel, der während des China-
lEldzuges Kommandeur des ostasiatischen Expeditionskorps
und jetzt in Genehmigung seines Abschiedsgesuchs zur
^lsposition gestellt worden ist, hat lange Zelt im General-
llabe gestanden. Am 7. April 1866 aus deni Kadetten-

hause beim 2. Garderegiment als Leutnant eingestellt, machte
er bei diesem Regiment die Kriege 1866 nnd 1870/71 mit,
besnchte dann die Kriegsakademie und kam 1873 als Ober-
leutnant in das 27. Jnfanterie-Regiment. 1876 wnrde er
znm Generalstab kommandiert und 1878 als Hanptmann
in den Generalstab versetzt, wo er im großen Generalstab,
dann im Stabe des III. Korps und der 7. Division thätig
war. Jm April 1884 wurde er Kompagniechef im
30. Jnfanterie-Regiment, kehrte aber schon nach 1 'Z Jahren
wieder in den großen Generalstab zurück, in deni er im
November 1885 Major wnrde. Er stand dann von 1886
bis 1888 bei der 20. Division und von 1888 bis 1889
beim 10. Korps in Haunover. 1890 wurde er Chef des
Stabes des 1. Armeekorps, 1896 wurde er Kommandeur
des 2. Grenadier-RegimentS und im April 1897 General-
major nnd Kommandeur der 28. Jnsanterie-Brigade in
Düsseldorf. Vom 8. Oktober 1898 bis 22. Mai 1900
war er mit Wahrnehmung der Geschafte eines Ober-
qnartiermeisters beauftragt, dann wurde ihm die Führung
der 28. Division in Karlsruhe übertragen, von wo aus er
nach China berufen wurde. Nach Anflösung des ostasiat.
Expeditionskorps wurde v. L. am 30. September 1901 zu
den Osfizieren von der Armee versetzt.

Tie Petitivnskoinmissivn des Reichstagcs verhandelte
am 8. ds. über eine Petition der Gesellschast für soziale
Nesormeu (Berlepsch und Geiwssen), iu welcher die Ge-
währuiig des Politischeu Nereiusrechts sür
F r a u e u verlangt wird. Dr. Müller-Meiuingeu bean-
lragte Ueberweisung zur Berücksichtigung. Der Antrag
wnrde aber gegen 6 Stimmeu abgelehut. Maßgebcnd
sür die Mehrheit war der Umstand, daß erst im vorigeu
Zahre von der Konimission in eiuer ähnlichen Sache eut-
schiedeu wordeu isl, derartige Petitioueu vou Fraueu dem
llleichslanzler als Material zu überweiseu. Zahlreiche
Petitiouen, zum Teil recht souderbaren Jnhalts, wurden
für uiigeeiguet zur Erörterung im Plenum erklärt. So
fordert jemaud die Beseitigung der Briefe des Apostels
Paulus aus deni Lehrplau der Schuleu und hält seine
Eiugabe sür wichtiger als alle Vorlagen, welchc deu
Reichslag bisher beschäftigt haben uud noch beschäftigen.
Erhebliche Heiterkeit erregteu nanientlich zwei Petitionen
bei ihrer Verlesung. Iu der eincn verlangte eiu Herr
Krause aus Magdeburg dic Beseitigung des Zwischeu-
handels im Fleisch- und Brotverkaus. Aleischer und
Bäcker mützteu verschwiuden, weil sie die Ware um 200
Prozent verteuerten. Die zweite Petition war mit dem
Üiameu Blaier ohue Ortsangabe uuterschrieben und ver-
langte die Errichtuug einer „sreien Republik Deutsch-
land". Der Peteut scheint aber eüi Maun von humauer
Gesiimung zu seiu. Er verlangte, datz die deutschen
Bundessürsten mit einer „anständigen Pension" in den
Ruhestaud versetzt würden.

Bade«.

lü si K a r l s r u h e , 9. Februar. Der natioual-
liberale Vereiu Offenburg hat kürßlich
einen Bcschlutz gegen die Ordensniederlassung gesaßt.
Offenburg ersuchte zugleich dic iu Vereiuen organisieilleu
Parteigenossen im Laude um Beschlußfassung in dieser
Sache. Die Generalversammluug des uationalliberaleii
Vereins Waldshut hat uuu die Offenburger Resolu-
tion eiüstimmig aiigeuommeu, jedoch mit der Modifika-
tion, daß dem Bestreben nach Zulassuug vou Männer-

klöstern entgegeuzutreten, aber eine Aenderung des Ge-
setzes vom 9. Oktober 1860 uicht anzustrebeu sei, da
dec Paragraph 11 desselbeu eiue wertvolle Bestimmnng
enthalte, die der Grotzherzoglichen Regierung auch d!e
Vertretung der Ansichten, der zeitweise iu der Btiuderheit
befindlichen Volkskreise ermögliche.

11V. K a r l s r u h e, 9. Februar. Bei dem V e r w a l-
t u u gsgericht h o s siud im vorigen JahiH 139
Fälle angäugig gestwrden, und zwar 55 Berufuugen
veziehungsweise Beschwerden gegen Entscheidungeu der
Bezirksräte und 104 Klagen in Sachen, iu deneu der
VerwaltungSgerichtshof iu erster uud letzter Iustanz er-
teiiut. Vou 1900 wareu auf das vergaugene Zahr 27
Fälle übergegangeii. Vou diesen 166 Fallen wurden 124
erledigt, und zwar 84 durch llrteil, 16 durch llnzu-
lässigteitsesttlärung und 25 durch Vergleich, Verzicht
und Beruhenlassen. lluerledigt aingen 42 Fälle in das
Zahr 1902 über.

Ausland.

Afrika.

— Einen Eiublick in deu Teil der Arbeit auf dem
s ii d a f r i k a u i s ch e u K r i e g 8 s ch a u p l a tz, vou
dem man sür gewöhulich wenig oder gar uichts hört,
gewährt ein telegraphischer Bericht der Agentnr Lassau
aus Bloemsouteiu. Die stetige Zunahme in der Zahl
der Blockhäuser und Forts iu größerer Entfernung vou
der Bahnliuie — heitzt es darin — bürdet dem Ochseu ,
Maultier und Dampftransportweseu große Lasteu auf.
Die Zahl der Blockhäuser und die großen Eiitferuimgen,
auf welche eiiimal das Baumaterial und daun der Pro-
viant der Besatzimgeu befördert werden müssen, macht
eine Vermehruiig des Trains uuter dieseu Rubrikeu uu-
bedingt notweudig, aber Zugochsen namentlich sind im
Angenblick schwer zu beschafseu. Der rein nülitärische
Train allein beschästigt in ruuder Summe gegenwärtig
1100 große Wagen, die jeder mit 16 Ochsen bespannt
sind, was allein schou 17 600 Ochseu ergiebt. Dazu
kommcu aber noch 1000 Maultierwagen mit je einem
Gespauu von zehu Tiereu, also im ganzeu 10 000 Maull
tiere. Nicht weiüger als 4200 Eingeboreue sind als
Fuhrleute, Treiber und Führer in Thätigkeit. Außer-
dcm ist ein grotzer Dampstrausportdieust östlich und west-
tich Pon Bloemsontein und östlich von Llrooustad au der
Arbeil. Er ist hauptsächlich beschäftigt, den besetzteu
Stüdteu und Lagern Lebensmittel uud Futter zuzu
süliren uud auch die fliegendeu Kolonueu mit Lebens-
mittelu zu versehen. Eigentlich vermögeu nur die
Augeiizeugen an Ort und Stelle sich eineii aunäherudeii
Begrrfs davou zu uiachen, iu welchem Grade die Bodeu
schwierigkeiten und zettweilig kaum Passierbare Furteu
auf weiteu Strecken den Transportdienst für Manu und
Vieh erschwert wird. _

Aus Stadt und Land.

sj. L. Karlsruhc, 9. Fcbr. (A b s ch i e d s f e i e r.) Zu
Ehren des kommandierenden Generals von Bülow
fand Donnerstag Abend im Museum ein Abschiedsessen statr.
an dem sich die Spitzen der Behörden beteiligtcn. Den Reigen
der Tischreden erösfnete Prinz Max mit einem Toast aus Kaiser
und Großhcrzog. Alsdann feierte General von Hindcnburg
den Scheidenden, während Staatsminister von Brauer seiner
Gemahlin gedachte. Tief bewegt dankte Herr von Vülow imd

Sneewittchen.

''O) Roman von A. I. Mordtmaiin.

(Fortsetzung.)

6. Kapirel.

E n t t ä u s ch n n g e n.

Am Tage nach der Delmarschen Donnerstag-Gesellschaft
st'chien Dr. Zarnow wieder einmal bei Friedrichsens. Er hatte
>nv Ostliebten seinen Besuch angekiindigt, weil cr wichtige Dinge
wi 3» besprechen habc, die er ungcrn imter dcm ver-
hB^nden Getöse der Gesellschaft und deu damit verbuudeuen
nlsigeu Störungen vorbringcn wolltc.

^/-Was mag Zarnow wollen?" fragtc Cäcilie, als sie ihrer
etn ^ster beim Nachhausegehen mitteiltc, wie cr iu beinahe
"ns feierlicher Weise seineu Besuch angckündigt hatte.
."Errätst du es uicht, Cilli?" fragte Helene etwas verwun-
„Jch kann mir gauz gut dcnkcu, was er will."
n»s 's,. 6 wollre ich vou dir uur höreu. Du bist jedenfalls
> meselbe Vermutung gekommen wie ich."

lächelte uud seufztc dabei. Wohl gönnte sie der
l„„4?/Üer neidlos ihr Glück, aber doch kounte sie sich bei dem
nllurlicheii Vergleich der ungleichen Lose, die beiden zuge-
lvareu, trüber Gedanken uicht gauz erwchren. „Das
wj^."»ch „icht so schwer zu erraten," mcinte sie. „Und was
hu antworteu?"

errötete leisc, denn sic sprach eiue llnwahrheit
'' Üe erwiderre:

»scht sein Wunsch auch der meiuige? Warum sollteu
'» > länger etwas ersehneu, dessen Erfüllung ja jederzcit

"''Ürer Macht liegt?»

^mersten Grunde ihres Herzens wutzte sic, datz der
llwer u'- „ ^ Zaruoiv verbuuden zu sein, mir zum Teil
fie ihm entspringe, überwiegeud aber in den für

ßine Ä^"i»lllchen Verhältnissen, die im Hause obwalteten,
L, y lllle habe.

'Veiene stimmte ihrer Schwester bei und unterdrückre ihre

stillen Gedankeu. Sie war nicht mehr von der uneigennützigen
Liebe Cäciliens überzeugt. Diese würde durch eiue baldige
Vcrheiratmig der Notwendigkeit entgeheu, eine Stellung als
Gesellschafterin oder Erzieherin zu sucheu, was sich sonst kaum
vcrmcideu lietz. Deun wcnu auch eine der Schwestern wegen
dcr Notwendigkeit, dem Bruder den Haushalt zu führen, bei
ihm bleibeu mutzte, die zweite kouure nicht den Anspruch erhebeu,
seiu schmäles Einkommen mit ihm zu teilen. Sie Ivaren darin
wic iu dem weitereu Schlusse einig, datz Helene zu Hause blei-
beu müssc, weil sie mit Rudolfs Eigeuheiteu am bertrautesteu
war uud auch, wie Cäcilie bereitwillig zugab, mehr Selbst-
verleuguung besatz, als sie selbst.

Als Zarnow kam, eutfernte sich Helene, um die beidcn
Liebeudeu bei ihrem vcrtraulicheu Gespräch nicht zu störcu.
Alleiu geblieben, setzten sich beidc nebeneinauder; Zarnow
legre deu Arm um Cäcilieus Taille imd erfatzte mit der freien
Haud ihre Rechte.

Jn der zwischeu zärtlich Liebenden üblichen Weisc wurdc
das Gespräch eingeleitet, dem Zarnow, ohne datz er es sich
selbst ciuzugestehen wagte, mit eiuiger Baugigkeit entgcgen-
sah. Cäcilic bczwang uur schwcr ihre Ilugeduld, zur Sachc
zu kommeu, uud sagte endlich:

„Nuu, Du thörichter Meusch, was hast Du mir eigentlich
mitzutcilen? Oder bist Du uur gckommeu, um ein Stüudcheu
zu verplaudern?"

„Würdest Du mir böse seiu, wcun cs nur das wäre?"
fragte er scherzeud.

Sic schüttelte lächelnd den Kopf und duldete es, datz er,
eutzückt über diese Berucinung. den Vorwaud beuutzte, Cäcilie
noch eiumal zärtlich zu küsscu.

Danu aber sagte er:

„Neiu, Cäcilie, das allein ist es doch nicht. Jch habe Dir
vicl zu erzählen uud, im Auschlutz daran, Dich viel zu bitteu."

Cäcilie schmiegte sich inmger au ihn; sie bezweifelte uicht
mehr, datz er die Beförderung erhalten habe, von der so lange
die Rede gewesen war, uud er sie nun bitten wollte, den Tag
ihrer Vereiuigung uicht länger hinauszuschieben. Sie hatte

also richtig gerateu, und da sie darüber glücklich war, warum
sollte sie uicht auch ihn glücklich machcn?

„Also was ist es?" fragte sie.

„Kauust Du Dich entschließen, recht bald meine Frau zu
werden? Das ist meiue Bttte. Kamist Du mcincn heitzesten
Wunsch früher erfüllcn, als wir eigcutlich wollteu?" sagte er
in einem Tone schusüchtiger Lcideuschaft, dcr ihr zu Herzeu

Ü'ng.

Cäcilie war glühendrot geworden uud ihr Gesicht mi seiuer
Schulter vcrbergend, flüsterte sic:

„Wemi es sciu mutz, Lieb. Du mußt es ja wisseu."

„Ja, es muß sciu. Denn höre mir zu — jctzt kommeu
meine wichtigen Mitteiluugen —" er stürzte sich mit Wagemut
iu dic Braudung uud sprach mit Lberhastetcn Worten — „ich
reise nach Brasilicn — mcine hiesige Stellung ist aufgekün-
digt — und zum Oktobcr muß ich fort — Dich aber uehme
ich mit."

Cäcilie war wie vom Donucr gerührt; sie traute ihren
Ohren nicht, uud zurückfahreud starrte sie Zarnow au, als
glaubte sie, daß er scherze.

„Wie ist das möglich?" stammelte sie. „Fort gehst Du?
Nach Brasiiien? llnd Deine Stelle hier hast Du vertoreu?"

„Verloren — ja, das heißt, auf meine Veranlassung. Jch
habe gekündigt, uicht das Scholarchat."

„Deiue ganze Zukuuft verlorenl"

„Jch konnte uicht bleiben."

„Warum deun nicht?" Thränen des Verdrusses traten
iu CäcilicW Augen, und ihrc Lippen zittertcu. „Hat man
Dir das Ordinariat uicht gegeben, das man Dir doch ver-
sprochen hatte?"

„O, daran licgt es nicht", erwiderte Zarnow, der CäcilieuS
llumut falsch auslegtc uud dessen Ursache iu der ihm vermcint-
lich wider'fahreneii Zurücksctzuug suchte. „Es hiug uur von
mir ab, im Oktober Ordiuarius vou Sekunda zu werden mit
den schöusten Anwartschaften für die Zukiinft. Aber ich wollte

nicht."

(Fortsetzung folgt.)
 
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