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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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Zwertes Blatt.

^Donnerstög 13. Februar 1902.

44. JahrgMg. — 37.

rschelnt täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gcbracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgcholt 40 Pfg. Durch die Post bc-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

Nzeigcnpreis: 20 Pfg. fur die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeilc 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahmc von Anzeigen au besttmmt
vorgeschriebencn Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

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Hr. Linke üöer seine fünfstündige Mallon-
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Dic Braunschweigcr „Neuesten Nachrichten", deren
ertreter mit dem Begleiter des vernnglückten Haupt-
dtanns v. Sigsfeld eine Unteredung in Helmstedt
Hatte, bringen interessante Mitteilungen aus dem Munde
^r. Linkes über die Fahrt. Das genannte Blatt schreibt:
<>r. Linke, der über Nacht ein bekannter Mann geworden,
i'kht im 24. Lebensjahre; er ist von kleiner Figur, aber
^Us den schwarzen Augen und aus der bestimmten Rede-
-Ueise, die immer den Kernpunkt des angeschnittenen
^hemas trifft, spricht ungemein viel Energie. Er trägt
t rechten Arm, den Dr. Denecke gestern „geschient",
Uf der Binde, empfindet jedoch intensive 'Schmerzen
Uichp Selbswerständlich hat der junge Gelehrte durch
Ae grauenvolleKatastrophe seelisch gelitten,ist aber keines-
u>egs, wie in manchen Blättern zu lesen war, stark nieder-
keschlagen, sondern er schaut vielmehr mit Zuversicht
^Uf seine zukünftigen Luftreisen, mit denen er, sobald
!ein Attnr gebrauchsfähig geworden, wieder beginnen
Dill. Seine einzige Sorge ist die, ob er so rasch wieder
»ieisegefährten findet, der über eine so umfassende Praxis
«erfügt, wie sie Hauptmann von Sigsfeld sein eigen
Uennen konnte. Nur nach langen inneren Kämpfen und
Uiit Rücksicht auf die Verschlimmerung seines Armes hat
sr seine' ursprügliche Absicht, dem toten jGesährten
Ui Ballenstedt das letzte Geleite zu geben, fallen gelassen.
^ Ueber den Aufstieg und die Fahrt erzählt Dr. Linke
polgendes: Es war eigentlich eine Privatfahrt, 'oie
ursprünglich mit einem mit Leuchtgas gefüllten Ballon
hllein unternehmen wollte. Später, als ich wußte, daß
!ch genug Wasserstoff zur Füllung erhalten konnte, teilte
ich Herrn Hauptmann von Sigsfeld mein Vorhaben mit.
"Selbstverständlich", so antwortete er nnr, „fahre ich
'uit und übernehme die Führung!" Einen angenehmeren
Reisegesährten, wie den Hauptmann, konnte ich mir
8ar nicht denken, war er es doch, der mich in die Aero-
Uautik eingeführt hat; ihm verdanke ich viel. Es war
Uieine sechste Fahrt und die fünfte, die ich mit Herrn
Uon Sigsfeld unternahm. Es war eine Hochfahrt, die
^ein wissenschaftlichen Zwecken diente; sie galt den Mes-
wngen der Luftelektrizität nach Angaben von Elster und
hseitel in Wolfenbüttel. Die Windstärke, die wir an-
länglich vorfanden, war nach Beauforts Skala 4 (zur
dnentierung sei bemerkt, daß 0 gleich Windstille, 12 gleich
?er stärkste Orkan ist), bei der Landung schätzte ich
Ue auf 9 ; sie war doppelt zu empfinden, da das Lan-
eungsterrain sich auf sreiem, an der Schelde belegenen
Aelde, über das die Stürme ungehindert dahinbrausen
'onnten, befand. Bei dem Aufstieg hatten wir Nord-
°st, oben Ostwind mit Rechtsdrehung. An eine auf-
segende Fahrt dachten wir natürlich nicht, obschon, als
w beträchtlicher Höhe die Ges'chwindigkeit ikonstatiert
U>ar, uns das Ernste der Situation, in der wir uns
hefanden, klar wurde. Wir dachten, wir würden vielleicht
ln Frankfurt landen, es sollte indessen anders kommen.

Wir erreichten eine Höhe von etwas über 6000 Meter
Und konstatierten eine Temperatur von zwanzig Grad
^lälte oben; erwartet hatten wir eine solchc von 36 Grad.
Pelbswerständlich hatten wir Pelze mitgenommen und
lh besonderen Wärmevorrichtungen heißen Thee, den
^ir tranken; feste Nahrung zu sich zn nehmen, ist bei
Peser Temperatur un'bequem. — BieinS Frage, ob

S2)

Sneewittchen.

Roman von A. I. Mordtmann.
(Fortsetzung.)

,r-

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„ Er bcmächtigte stch wieder ihrer Hand und sagte in milderem
<one:

. „Du hast am Cnde recht. Dir kann ich nicht zumnten, was
> A einem wcniger verwöhnten Mädchcn zumutcn würdc. Jch
Uerde hinüberreisen nnd alles herrichten, so datz es Dir in der
veiicn Heimat behaglich sein wird. Jst es recht so?"

. Cäcilie nickte zerstreut. Sie hatte an dem Zukunftsbilde,
?as sich da vor ihr entrollte, keine rechte Freudc. Aber sie sah
Uinen anderen Ausweg.

„Das wäre also abgemacht", fing Zarnow wieder an.
''Nini abcr, mein Lieb, mutzt Du auch mir nachgeben. Latz
^ns, ehc ich in die Ferne gehe, vor den Altar treten . . . Wie
auch das nicht?"

Cäcilie hatte energisch den Kopf geschüttelt.

, Jctzt sagte sie: „Nein, Fritz. Es ist Thorheit, was Du
lA'derst. Jch bcgreife Dich heute garnicht. Nichts ist lächer-
^fher und trauriger zugleich, als dic Strohwitwe zu spielen.

miltzt Du doch einsehen! Wie gezwungcn nnd eingeengt
/ältzte ich scin, wcnn Du nach Brasilien gingest unmittelbar
der Hochzeit, und ich bliebe hier als junge Frau allein
Mück. Nein, das geht nicht. Jst es denn nicht einerlei, ob
Trauung crfolgt, ehe Du gchst oder nach Deiner Wieder-
^hr? Sei doch nur vernünftig, Fritz."

. Aber so fest Zarnow auch überzeugt war, dah Cäcilie ihni
^'ich ohne die Tranung treu bleiben würde, so empfand er es
^ch sehr peinlich, datz-sie sich so lange ihre Freiheit sichern
r??lltc. Er bcmühte sich, sie umzustimmcn. Jedoch auch hier
b>ß >w auf unbesieglichen Widerstand; allen scinen stürmenden
Z'stcn, Klagen nnd Vorwürfcn setzte sie cin unerschütterliches
entgegen.

Endlich ftand Zarnow auf. Ganz anders, wie er gehofst
^"c, mar diese Zusammenkunft verlanfen; aber er wutzte


sie im Bcillon unter dem empfindlichen Sturm zu leiden
gehabt hütten, verneinte Dr. Linke entschieden. Er
sagte: Oben war es ganz windstill; weil wir von dem
Sturm ja getrieben wurden. Kein Geräusch ist zu
hören, ernste feierliche Ruhe herrscht, die den Nerven
sehr wohl thut. Jch fühlte mich trotz der dünnen Luft
sehr wohl, daß ich hätte können Walzer tanzcn. Davon
zeugt auch die letzte Aufzeichuung des Hauptmanns von
Sigsfeld, der um 12 Uhr 20 Minuten nachmittags no-
tierte: „Linke wohl, beobachtet aufmerksam, sein Aus-
sehen gut." Er freute sich, daß mir die Luft so gut be-
kam. — Die dünne Luft bekommt, so berichtete Doktor
Linke, im allgemeinen so lange gut, als man sich nicht
anzustrengen braucht. Die geringste Verrichtung aber,
die man unternimmt, fällt einem schwer und verursacht
stärkeres Herzklopfen, idas bei Einatmung von Sauer-
stoff sofort wieder verschwindet.

Als der Ballon über Braunschweig schwebte, war
es 11 Uhr 63 Min., Hildesheim sahen wir um 12 Uhr
16 Min., Wesel um 1 Uhr 30 Min., und über Antwerpen,
das wir ursprünglich sür Namur hielten, waren wir
2 Uhr 36 Minuten. Die Höhe bei Braurischweig be-
trug annähernd 4000 Meter. Die Luft war herrlich,
klar und scharf gezeichnet sah ich Braunschweigs Häuser
unter mir liegen, besonders das Residenzschloß, dann
auch den Theaterpark mit seinen verschlungenen Pfaden
und fogar das Haus meines Onkels in der Kaiscr
Wilhelmstraße konnte ich deutlich erkennen. Es war
ein wunderbar schönes Bild. Ebenso klar sah ich einen
Teil des Elnis, die scharfen Höhenriicken des Wesergebirgs
mit der Porta Westfalika; Helmstedt, meine Vaterstadt,
lag total in Nebel eingehüllt. Die Geschwindigkeit, mit
der das Luftschiff dahinflog, war eine eminente; in
fünf Stunden fuhren wir von Berlin nach Antwerpen;
wir machten erst 60, dann 130 und schließlich 150 KUo-
meter in der Stunde, legten also in pst Min. 1 Kilometer
zurück. (Das wäre doppelte Blitzzugsgchchwindigkeil.)
Zu dcrselben Fahrt zurück über Vlissingen gebrauchte
ich mit deni Expreßzug 16 Stunden, meinte Dr. Linke
ironisch. Dicht vor der Landung waren unsere Karten
zu Ende, wir fuhren dann nach dem Kursbuch. 'Daß
Hauptmann von Sigsfeld die Landung bei dieser Fahrt
nicht allzu optimistifch auffaßte, geht aus seinen Aeuße-
rungen und aus seinen Aufzeichnungen hervor. Sein
letzter Gedanke war, „es inutz gutes Landungsterrain
aufgesucht werden", und seine letzten Worten lauteten:
„Es wird eine fürchterliche Landung werden!"

Tas wollte bei ihm, der sonst nie in Superlativen
sprach, und der Während der Fahrt möglichst wenig redete
— wir haben wührend der ganzen Fahrt vielleicht fünf
Sätze gesprochen — schon etwas heißen. Die Katastrophe
ist kurz erzählt. (Dr. Linke erstattete dann den Bericlst,
der nnseren Lesern schon mitgeteilt worden ist. Er-
wähnt sei daraus noch Folgendes: Hauptmann von Sigs-
feld hing nicht an dem Ballon, sondern er hielt sich
fest, er hat sich förmlich zu Tode schleifen lassen, weil
er das Material nicht Preisgeben wollte.)

Der Anblick, der sich mir bot, als ich an den eigent-
lichen Ort der Kwtastrophe kam, werde ich nie vergessen;
das Bild steht mir ewig vor Augen. Das Terrain
war, wie schon vorhin bemerkt, eine Wiese, dicht bei
der Schelde, die von zahlreichen Kanälen durchzogen
war. Der Korb mit der Leiche des Hauptmanns von
Sigsfeld lag diesseits, der Ballon jenseits eines Kanals.

nichrs zu erwidern, als ihm auf sciue Bemerkung tiarüver
Cäcilie zürneud cntgegnete:

„Nud meinst Du, ich hätte von dieser Unterredung das ber-
mutet, was sie mir gebracht hat?"

Bitterkeit im Herzen und von Groll gegencinander erfüllt,
standcn sie beidc da. Wortlos ging Zarnow zur Thür. Es war
nicht das crste Mal, datz cr einen Zank mit Cäcilic gehabt hatte
und unvcrsöhnt fortgegangen war, aber das erste Mal, datz
der Zank so crnst gewescn war und in einem so unausgleich-
baren Gegcnsatz endete.

Als er die Hand au dcn Thürdrücker lcgtc, um ohne Ab-
schied hinauszugehen, hörte er Cäcilie rufen: „Fritz!"

Er zögerte — dann legten sich plötzlich zwei weiche Arme
um seincn Hals, und ehe er sich desfen versah, fühlte er stür-
mische, heihe Küsse auf seinen Lippen brennen; noch nie hatte
Cäcilie ihn so leidenschaftlich geliebkost.

Nun war Dr. Fritz Zarnow ein sehr gelchrtcr, kluger und
erfahrcner Hcrr, aber Cäcilie kannte cr doch nicht gründlich.
Sonst wäre er nicht in dcn Jrrtum verfallcn, für Sehnsucht nach
Versöhnung zu haltcn, was in Wahrheit nur dem Bcwuhtscin
Cäciliens entsprang, dah sie unrecht gegen ihn handle. Je
tiefer sie fühltc, wie wenig die eigentlichen Gründe ihrer Wei-
gerung das Licht der Sonnc vertrugen, dcsto stärker war dcr
Antrieb, üutzerlich gut zu machen, was ihr Jnneres sündigte.

Doch sie erreicht ihren Zweck, und Zarnow horchte nur zu
willig auf ihre zärtlichen Vorwürfe, datz er wohl gar an ihr
zweifle und darum ihren Widerspruch gegen feine Wünsche so
ungnädig aufnchme. Der ernsten Untcrrcdung folgte cin
Vicrtelstündchen verliebtcn Koscns und Tändelns, das alle
finstern Wolken an Zarnows Licbeshimmel zcrstreute.

Glücklicher als Zarnow bei seiner Geliebten war Paul
Mauvillon bei Fräulein Anna Reschwitz gewesen. Von ihr
hatte er das Jawort, von Frau Delmar die freudigste Einwilli-
gung erhalten, nachdem bcide ihm noch eindringlichst versichcrt
hatten, datz er nur ein armes Mädchen heirate.

Die Arme Siegsfelds wciren nach vorn gestreckt, die Backe
von oben nach unten cinsgerissen, und die Pelzsüefel
heruntergvstreift. Die Lente auf dem Fe'lde waven
uns sehr behilflich bei der Bergung des Ballons und
auch die belgischen Gendarmen kann ich heute, wo ich
ruhiger über den Fall denke, und nachdem sich die fürchter-
liche Aufregung, in der ich mich befand, gelegt hat,
nicht mehr so sehr verurteilen. Wir befanden uns eben
im Auslande und in der Nähe einer Festung; ich habe
es übrigens ausdrücklich abgclehnt, gegen die Beamten
den Befchwerdeweg zu betreten. Auffallend und intsr-
essant war der Respekt der Leute von dem Moment
ab, in dem wir nach dem deutschen Konsulat schickten.

Trotz dieser Katastrophe hat Dr. Linke, wie gesagt, die
Lust an der Luftschiffahrt nicht verloren; er gedenkt in
Bälde wieder aufzusteigen und seineForschungen imDienste
der Wissenschaft fortzusetzen. Wenn Gustav Freytag sagt:
„Die Wissenschaft ist wie ein großes Feuer, das in
einem Volke unaufhörlich unterhalten werden muß, und
daß manche die Pflicht haben, immer neue Scheite in das
große Feuer zu werfen" — so hat er sicherlich nicht
zuletzt an die Astronomen und Meteorologen gedachü
die ihr ganzes Jch diesem Feuer weihen und deren einziger
Kummer der ist, daß sie von der unendlichen Atmosphäre
im Himmelsgewölbe so nnendlich weit entfernt sind.
Mit einem „Auf glückliche Landung bei der nächsten
Fahrt!" fchied ich von dem jungen Gelehrten, auf den
feine Vaterstadt und seine Heimat mit Recht stolz sekn
darf.

Deutsches Reich.

— Tie Umvcrsitütcn des Teutschen Reiches ein<
schließlich der Akademie zu Münster werden nach dem
amtlichen Verzeichnis im laufenden Wintersemester von
35 518 iminatrikulierten Stndenten besncht. Dieselben
verteilen sich auf die einzelnen Fakultäten folgender-
maßen: Katholisch - theologische 1671, evangelisch-

theologische 2217, juristische 10 329, medizinische 6872,
philologische einschließlich naturwissenschaftliche 14 629.
Die meisten Studenten hat Berlin mit 6857, dann Mün-
chen 4203, Leipzig 3748, die wenigsten Rostock mit 662.
Die Zahl der Dozenten beträgt 2744, davon sind 1108
ordentliche, 92 Honorar-, 682 außerordentliche Profes-
soren, 682 Privatdozenten.

— Dcr Vermögensstand der Invalidität s»
und A l t e r s v e r s i ch e r u n g s anstalten belief
sich Ende 1900, wie schon berichtet, auf 777,8 Millionen
Mark. Davon entfiel der grötzte Teil auf die Rhein-
provinz mit 89 Millionen, es solgten Königreich Sach-
sen mit 86,3 Millionen, Schlesien mit 58,9 Millionen,
Berlin mit 60,9 Btillionen, Sachsen-Anhalt mit nahezu
45 Millionen, Westfalen mit 41 Millionen, Brandenburg:
mit nahezu 40 Millionen, die Hairsestädte mit 30 Millio--
nen Mark. Die geringsten Vermögen wiesen auf: Ober-
pfalz mit 3,7 Blillionen, Oldenburg mit 4 Millionen^
Niederbayern mit 4,3 Millijmen, Ilnterfranken mit 4,8
Millionen, Oberfranken niit 6,1 Millionen, Braun-
schweig mit 8,4 Millionen, Schwaben mit 8,7 Millionen
Mecklenburg mit 9,3 und Ostpreußen mit 9,8 Millionen
Mark.

— Ein besonders guter Rechner muß der Vorsitzende
des Bundes der Landwirtc, Freiherr von Wangen-
h e i m sein. Er wird, so schreibt die „Freisinnige Ztg.",

Als er die errviende Anna in seine Arme schlotz und sie als
seine Braut kützte, durchzuckte ihu cin unerfreulicher Gedanke.
Er erinnerte sich der anmutigcn Helene, mit der Anna Resch-
witz, wenn sie auch jetzt, verschönert durch die Freude ihres
Herzens, nicht hählich aüssah, doch an Liebreiz garnicht zu ver-
gleichen war. Wenn sie uun wirklich und trotz alledcm arm
wäre?

„Ah wahrhaftigl" sagte er zu sich selbst, als er wieder auf
dcr Stratze stand, „es würde mir recht geschehenl Aber es wäre
cine verteufelte Geschichte! Es wird doch gut sein, der Sache
glcich auf den Grund zu gehen."

Er schlug dcn Weg nach der Neuenburg ein, um bei seinem
Oheim Näheres zu erfahren. Haüe er sich nicht doch am Ende
einer argcn llebereilung schuldig gcmacht, indem er sich einfach
auf die Worte des Kassenboten und des Kassierers verlietz?
Nicht doch! Er rief sich noch einmal alles zurück —- ein Jrr-
tum war ja garnicht möglich!

Herr Manvillon war nicht anwcsend, nur Herr Gcrard
war ba und beschäftigt, dic abgchenden Briefe zu unterschreiben.

„Lätzt Du Dich anch einmal sehen?" rief er dem eintreten-
dcn Neffen entgegen. „Du machst Dich ja so rar, datz man
Deine Existenz ganz vergitztl Wie ich Dich das letzte Mal sah,
trugst Du noch knrzc Hoscn und cinen Kittel."

„Jch hofsc nicht, Onkel", antwortete Paul lachend, indem er
sich sctzte und die angebotene Zigarre anzündete. „Ein solcher
Anzug würde wohl bci Delniars, Ivo wir uns gestern gesehen
habcn, einiges Aufsehen crregt haben."

„Richtig, gcstern!" brnmmte Gerard. „Wie man nur so
vergetzlich sein kannl Aber frcilich, so ein altcs sibirisches
Mammut wic ich kann kein so frisches Gedächtnis haben wie
die jungen Luftspringer, die ja»auf Gottcs weiter Welt nichts
andercs zu thun habcn als sich zu erinnernl"

„Bei Delmars war es sehr nett, nicht wahr?" fragte Paul
auf dcr Suche uach einem Anknüpfungspuntt.

„Prächrig l Und diese Milchstratze schöncr Mädchen — alle
Achtung! Beiläufig, die junge Damc, die da Klavier spielte,
Fränlcin Friedrichsen, ist doch wnnderbar schön. Sappermcntl
 
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