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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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Fmtrig 14. Febrmr 1902.

Zweites Blatt.

44. Jahrgang. — 38.

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'scheint täglich, Sonntags ausgenommeii. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bci der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

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^orgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

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Zentlit'

Wochenchrouik.

(Vom 2. bis zum 8. Febr.)

- 3.: Die »Nordd. Allg. Ztg." warnt die Agrarier
sehr ernst vor einer Ueberspannung ihrer Forderungen
in Bezug auf die Getreidezölle.

4: Der Schriftwechsel zwischen Holland und
EngIand in Bezug auf dcn süd a frik a nis che n
Krieg wiid veröffentlicht. Es ergiebt stch daraus,
daß Holland sehr vorsichtig seine guten Dienste ange-
boten hat. um VertrauenSpersonen beider streitenden
Teile zusawmenzubringen, daß aber von England die
Anregung bestimmt zurückgewiesen worden ist.

5 : Dcr österreichisch.ungarischeThronfolger
begiebt sich nach Petersburg.

5. : Lord Salisbury kritifiert in einer Klubrede sehr

sarkastisch die holländische Anregung betrcffS Beendi-
gung des BurcnkriegeS.

6. : Der buigarische Unterrichtsminister Kantschew wird

von einem gcmaßregelten Lehrer durch einen Revolver-
schuß getötet.

7. : Das sächsische Ministcrium reicht seine Ent-

lassung ein, da die Zweite Kammer dem Finanz-
minister ein unumwundenes Mißtrauensvotum erteilt.

7.: Jm Reichstag verteidigt StaatSsekretär von Tirpitz
seinen geheimen Erlaß, der auf eine zukünftige
vermehrte Jndiensthaltung von KriegSschiffen abhebt.

7.: Auf dem Festmahl deS Landwirtschaftsrats bczeichnet
der Reichskanzler den Getreidczollvorschlag des
BundesratS als dte äußersten Konzessionen an dic Land-
wirtschaft.

8.: Jn England erregen die bei der Pferde- und der
Fleischlieferung für die südafrikanischen Truppen vor-
gekommenen Skandale großen Mißmut.

Schntz der persönlichen KHre.

§ Chcirakteristisch war und uoch zu wenig der Beach-
gewllrdigt wurde, daß im Reichstag^bei Beratung
^ Etats des Reichsjustizaintes der Sozialdemokrat
^ kine sich mit -schärse gegen die insbesondere auch
dem nationalliberalen Abg. Esche befllrwortete An-
^llurig einer erheblichen Berschärfung der Strafen wegen
h "eidigung wandte. So wie inan bei uus, sagte er,
Begriff der Beleidigungen auffasse, so werde eine
^urfere Bestrafung der Beleidigung geradezu zu einer
^^rhinderuNg der Kritik von öffentlichen llebolständen
. erden, und auf Freiheit der Kritik beruhe die ganze Ge-
^dheit des öffentlichen Lebens eines Volkes. Die
^vzialdemokraten also verlangen möglichst Beleidi-
xllUgsfreiheit. Ilnd dafiir wollen sie immer niehr auch
^ Tribiine des Reichstags in Anspruch nehmen. Was
„ ^ Nationalliberale Abgeordnete Esche da-
^dgen befürwortete, war dieses. Er sagte:

„ Wir mllssen den Kritikern Recht geben, die es als
MZ unzulässig bezeichnen, als dem Rechtsgefühl durchaus
entsprechend, daß schwere Beleidignngen, llble Nach-
sden oder Verleumdungen nur mit geringen Strafen
sn' werden können und infolgedessen auch so be-
2,u,ft werden. Diese llnzulänglichkcit des Gesetzbuches
o 3iebt sich recht deutlich, wenn man die Strafandrohun-
in den Bestimmungen llber den Diebstahl und in den
r ^tinunungen llber Beleidigung vergleicht. Der ein-
nchle Diebstahl, bei dem es sich um ganz minderwertige
handelt, durch deren Wegnahme der Verletzte häu-
-x» Uur ganz minimal geschädigt wird, kann mit fiinf
Mren Gefängnis bestraft werden, schwerer Diebstahl
^Dzehn Jahren oder beim Rückfall mit zwei bis fiinf-

zehn Jahren Zuchthaus. Die einfache Beleidignng kann
nur mit 600 Mark, niit Hast oder mit Gefängnis bis
zu einem Jahre bestraft werden, die thätliche Beleidigung
gar nur mit Gefängnis bis zu zwei Jahren, also nicht
einmal so hoch wie der einfache Diebstahl; die üble
Nachrede bloß niit 600 Mark oder Haft oder Gefängnis
bis zu einem Jahre, Verleumdung bloß mit Gefängnis
bis zu einem Jahr — wenn sie öffentlich ist, mit Ge-
fängnis von einem Monat bis zu fünf Jahren; Rllck-
fall ist in keiner Weise erschwerend. Mir scheint, daß
die Ehre in diesen Bestimmungen viel zu gering einge-
schätzt ist. Wir wissen alle, daß durch eine verleiimderische
Nachrede die Existenz nicht allein des Beleidigten, sondern
auch seiner Familic einfach ruiniert werden kann. Durch
die Verleumdung eines sittlichen Lumpen kann so etwas
geschehen; denn die Welt glaubt nur gar zu gern das
Schlechte, was jemandem nachgesagt ivird, auch wenn
der Betreffende verurteilt wird, daß doch wenigstens
etwas davon wahr sein miißte. Jch meine, da nillßten
ganz andere Strafen an die Stelle treten, und ich
trage keino Bedenken, zu sagen, daß fllr eine Verleum-
dung, bei der der Betreffende darauf ausgeht, die Ehre
eines anderen nnd seincr Familie zu vernichten, Zuchthaus
am Platze ist, und die Aberkennung der bürgerlichen
Ehrenrechte den Betrefsenden nicht zu schwer treffen
wllrde. Was fiir die ganze Nation gilt uach dem Worte
unseres Schiller: „Nichtswllrdig ist die Nation, >die
nicht ibr alles setzt an ihre Ehre," das gilt auch für
den einzelnen. Die Ehre, der gute Name, ist meines
Erachtens fllr die Menschen, die etwas auf sich halten,
das höchste irdische Gut, und das muß noch ganz anders
geschlltzt werden.

Die Nationalliberalen also treten fiir einen größeren
Schutz der Persönlichen Ehre ein, die Sozialdemokraten
hingegen fllr eine größere Preisgabe derselben. Die
Folge davon muß sich auch im Parlament immer mehr
zeigen, wenn nicht in dieser Beziehung bald von maß-
gebender Seite vorgebcugt wird.

Deutsches Reich.

— Der nationalliberale Mgeordnete Dr. S a t t-
ler hat einen Knöchelbruch erlitten und sieht sich deshalb
genötigt, längere Zeit das Zimmer zu hiiten. Der Pa-
tient ist aber, wie immer, arbeitsfrisch und arbeits-
freudig.

Bade».

LL. K arlsru h e ^12. Februar. Eine L e h r e r-
konferenz fand am isonntag in Lahr statt. Abgeord-
neter Heimbnrger war als Vertreter des Wahl-
kreises Lahr--Land ebensalls auf der Konferenz anwesend,
um die Wllnsche der Lehrer entgegenzunehnien. Er hielt
bei dieser Gelcgenheit eine Rede, in der er u. a.
ausführte, daß dcr Wirksamke^ der Abgeordneten ge-
wisse Grenzen gesteK seien. Es mllssen die Machtver-
hältnisse zwischen Regierung und Kammer in Betracht
gezogen werden. Mit der Lehrerbesoldungsvorlage der
Regierung sei kaum ein Abgeordneter zufrieden, doch
lasse sich der Vorschlag der sozialdemokratischen Fraktion
nicht vrwirklichen, denn man mllsse nsit den Verhältnis-
sen rechnen und deshalb fllhre eine praktische Politik eher
znin Ziele. Es scheint daher geboten, in dieser. Ange-
legenheit den goldenen Mittelweg einziischlagen.

S8)

Sneewütchen.

Roman von A. I. Mordtmann.
(Fortsetzung.)

5 30

"Anna hat doch eigene Einnahmen aus cigenem Ver-
W^n?" Paul, dem es immer bänglicher ums Herz

Cm"^'gene Einnahmen wohl, eigenes Vermögen nicht. Die
itzEi^wen gehen mit dem heusigen Tage auf eincn schr kleinen
c>vfzurück nnd mit dem Tage der Hochzeit hören sie gänzlich

Zimmer drehte sich mit Paul hcrum, er erfatzte mit
loZ den Tischrand, um nicht vom Stuhlc zu sinken; wort-

offenem Munde und weitgeöffneten Augen starrte er
's Onkel an.

das ist eine ganz, ganz kleine Ueberraschung". fuhr
Tei^" „und wenn ich nicht überzeugt wäre, datz es lveder
Liebe zu Anna Eintrag thun, noch Dein Eheglück er-
^ick, i sterringcrn wird, so würde es mir um Anna und um
eiy/ E'd ich Du wäre, Paul — ich würde jetzt

glÜ^. Wsten, mamihaften Entschlutz fassen, den Entschlutz,
Tlnng l ?u scin. Zu fein, sage ich, denn dann ivirst Du auch
Uin A.6lücklich machcn. Wenn ich Du wäre und ich hätte mich
ivürül"?" beworben, weil ich sie irrtümlich für reich hielt, ich
ehen i "^Eer nic cin Wort verlieren, sondern das gute Mäd-
selbli''? Zfrn Glauben lassen, dah ich fie wirklich nur uni ihrer
ir willen gesucht hätte."

rnagst recht haben, Onkel", erklärte Paul niederge-
'l w „Es bleibt mir nichts anderes übrig."

dei allen Göttern der Verblendung, bist Du nur
^verfalleN' Anna für reich zn halten?" fragte Gcrard.
iährO-n"'? 1"6te es allgemein, und ich irmtzte, datz sic viertel-
^ eine grotze Summe bon Euch erhielt."
cin 'sDll? ld'uunt — nnd ich will zugebcn, datz dadurch auch
ocfierer Mann als Du getäuscht wcrdcn konnte. Da ich

nuii aber einmal das greuliche Katertier aus dem Sack ge-
lassen habe, will ich Dir auch erzählen, wie es mit diescm
Gelde zusammenhängt. Es wird Dich ja immcr noch inter-
essieren — oder nicht?"

„Natürlich, Onkel. Bitte, erzähle."

„Also: Das wirst Du ja wissen, dah die Muttcr von Anna
Reschwitz und Frau Delmars Mann Geschwister warcn.
Annas Grohvater, der alte Morris Delmar war ein Deutsch-
amerikaner, der von Haus aus Moritz Dellmer hietz und fich
unter den Uankces ein grotzes Vermögen zusammenscharrte —
ein paar Millionen wohl. Später verspekulierte er sich und das
Vermögen schmolz zusammen, dah es drüben in Amerika, wo
man niit zehn Millionen noch ein armer Mann ist, für ihn nicht
mehr gut leben war. Jmmerhin hatte cr noch Lbcr anderthalb
Millionen im Vermögen, als er wicder herüberkam. Annas
Mutter heiratetc einen Gutsbesitzer aus dem Hannöverschen,
einen prächtigen Kerl, aber argen Verschwcndcr. Der Reschwitz
brachte es fertig, die Mitgift seiner Frau in zwci Jahren zu
verputzen; dann suchte er scin Glück in Amerika und wurde da
bei einer wüsten Prügelei von einem rotköpfigcn Jrländer tot-
geschlagen. Seine Frau starb bald danach. Der alte Delmar
aber konnte sich mit seinem Sohne, der an Stelle dcs Herzens
nur einen Geldsack besatz, nicht vertragen, und ging wieder
nach Newyork zurück. Da ist er denn auch gestorben. Vicl
Glück hat cr mit all seinem Gelde nicht gehabt. Denn auch
den Tod seines Sohnes hatte er noch zu betraucrn, und die
beiden Enkelinnen Alice und Ellen, die er danach auf cin paar
Jahre zu sich nahm, sind drüben richtige Nankce-Mädcls gc-
worden. Jn seincm Testamcnt nun hat er mich und Dcinen
Freund Rudvlf Friedrichsen zn Testamciitsvollstreckcrn gc-
macht. Nun patz' einmal auf. Sein Vermögen bctrug
1 600 000 Mark, wovon er die Hälfte seiner Tochtcr gab,
als sie jencn Reschwitz hciratete. Sie, oder viclmchr ihr .Kind,
hatte dahcr eigcntlich nichts mehr zu beanspruchcii. Es war
also die Aufgabe dcs altcn Mannes, sein Tcstamcnt so cinzu-
richten, datz dic arme Anna nicht dem Eleude odcr dcr Gnade

LL K arlrsuhe , 12. Februar. „K irche und
K Iöste r", lautet iXw Titel einer iiberaus zeitgemäßen
kleiueu Schrift, welche soebeu im Verlage der „Badischen
Landeszeituug" erschienen ist. Auf kaum 30 Druckseiten
giebt hier uuter der Chiffre A. F. ein -sachkuudiger, der
iu der Geschichte der römischen Erche wie ihrer derzeitigen
Versassung iu selteuec Weise Bescheid weitz, iu lesbarster
Form reichliche Belehruug. Daß die Klöster keine Grund-
einrichtungen oder unentbehrliche „Jnstitutionen" der
römisch-katholischeu Kirche siud, hat uuter anderem der
Erzbischof Assre von Paris ausdrllcklich hervorgehoben..
Dieselbeu sind vielmehr, einerlei wie der betrefsende
Orden heißt uud orgauisiert sein mag, von jeher nur
Verfechter der päpstlichen Macht gewesen uud als solche
auch meist mit der Weltgeistlichkeit, so lauge diese uoch.
irgend welche Uuabhäugigkeit besaß, in tötlichen Konflikt.
geraten. So unschuldig es aussieht, wenu ein Häusleim
„stiller" Möuche, sei es auf der Reichenau oder bei Wall-
dllrn Einzug iu das badische Land halten sollen, es sind
nur Pioniere eines iriilitärisch orgauisierteu Ordens,.
eines Regiments der Ecclesia nsilitans, der „küuipsenden"
römischen Papstkirche. Als solche kennen sie selbstver-
ständlich keine andere Direktion, als die ihres auswär-
tigeu General. Der Staat, welcher sie zuläßt und schützt,.
vermag nichts llber sie uud zieht sich in Wahrheit nur
unversöhuliche Gegner am eigeuen Busen. Nichts kurz-
sichtiger und verkehrter, als der Wahn derjenigeu, welchL'
sich habeu eiuredeu lassen, daß die Wiederzulassung der
Jesuiten sclbst und die Gewährung von Klösteru als ver--
meintliche Jnstitutionen der rönuschen Kirche die Auf--
hebimg eines „Ausnahme"-Gesetzes bedeute, eine Forde-
rung der Gerechtigkeit sei. Jn Wirklichkeit haudelt eA
sich um das Privileg von Vorkämpfern Roms, welchs-
sich selbst außerhalb des L-taatswesens stellen, dessen
Schutz sie aurufen, damit sie unter einem ausländischen
OberhauPt als Staat nn Staate, diesen ihren Ernährev
nach Kräften so lange untergraben, vergiften und zer»
klllften, bis derselbe in ihrem römischen Weltreich aufgeht.
Das Bediirfnis des badischen Volks nach Klösteru hat
uoch uicmand uachzuweisen auch nur versucht. Selbst
in den gläubigsteu rein römisch-katholischen Gegenden
werden dieselbcn weit eher gefürchtet und verwlluscht,
als herbeigeschut. Selbst diejenigeu, die so laut uach
ihuen ruseu, thun es uicht selten im Gruude ihrer Seele
widerwillig, nur aus Gehorsam, weil die Losung von
Oben ausgegeben ist. Uud so gelte uach wie vor daK
zllndende Wort uuseres weit und klar ausschauenden
heimatlichen Dichters Robert Haas: „Wir lassen sic
iiicht durch! — Wir lassen sie uicht hereiu!"

Aits Stadt und Land.

ö.o. Areiburg, 12. Febr. (Schneeschuh-Wettläufe.)
Dr. C. Röder in Darmstadt erzählt in der „Frankf. Ztg." einige
Abenteuer, die sich kürzlich, gelegentlich der Schneeschuh-Wettläufe
auf dem Feldberg ereigneten. Er berichtet da u. A.: Punkt 12
Uhr kam der erste Dauerläufer, ein Norweger, am Ziel an; er
hatte genan drei Stunden zu der Strecke gebraucht und schien
durchaus nicht ermüdet, doch sagtc er, daß der Sturm so furcht-
bar gewesen sei, daß er ein Gefühl gehabt habe, als ob er gar
keine Kleidung angehabt habe. Eine halbe Stunde darauf kam
der zweite Dauerläufer, ein Oberjäger, an, er hatte cine Kopfbe-
deckung und seine Handschuhe verloren und die Bindung seines
einen Skis war gebrochen, der ganze Kopf war völlig vereist
uud die eine Hand erfroreu. Der Mmm war auf's äutzerste
erschöpft. Etwas später kam noch ein Teilnehmer an dem

ihrcr värcrlichcn Verwandtcn, die selbst arg hcruntcrgekommene
Habenichtse sind, prcisgegeben wurde, und datz dennoch die Ge-
rcchtigkeit gegcn seiuc 'andcrn bcideu Enkelkindcr nicht zu kurz
kam. Das fing er nnn folgendcrmaßen an. Fran Delmar
und ihrc Kindcr bckamen,500 000 Mark zur freien Verfügung,
und sic habcn darübcr auch so frei vcrfügt, datz bei der Krisis
LLcr dic Hälfte zmn Tcufel gegangen ist. Für Anna wurden
in dcr Girobank nntcr meinem Konto 300 000 Mark eingelegt,
davon crhielt sie alle Vierteljahr die Zinsen ansbezahlt, mit der
Bcdingnng jedoch, datz sie bei den Dclmars wohnic und ein«
bcstimmte, ziemlich hoch bemcssene Smnme zn den Kostcn des
gcnieinsamcn Haushaltes beitrüge. Sic hat abcr, das weiß
ich, vicl mchr bcigcsteueri und thatsächlich nur so viel für sich
behalten, als sic für die dringcndstcn Ansgabcn bednrfte. Das
Kapital von 300 000 Mark solltc Eigcntum dcr Delmars blei-
ben, und Anna mn Tage ihrer Hochzeit jedcn Anspruch daran,
auch an bie Zinscn, verlicrcn. llnd nun sieh, was der alte
Delmar für cine mitzirauische Wasserrasie war. Er fürchteie,
datz bei einer Vcrlobnng, wcnn dic ganze schönc Pastete ans
Tagcslicht käme, der Bräutigam, falls er nicht ein ganz ein-
wandfreicr Ehremnann wärc, die Hochzeit aufschieben könnte,
bis sich aus dcn Zinscn ein klcines Kapital angesammelt hätte.
Das wollte er nicht, weil es nach seiner Ansicht nnrccht gegen
die Delmars gclvescn wäre. Findest Du nicht, datz dcr alte
Herr iu dicscr Voraussicht ein gut Stück Menschenkcnntnis be-
wiescn hat?"

Paul ließ djc Frage, die dcn Nagel auf den Kopf traf, nn-
bcantwortet. Seine Luftschlösser waren zusammengebrochen,
was machtc cs da aus, daß von der Katastrophe anch der
kleinste Winkel dcs trügerischen Baucs bctroffcn wurde?

„Darum bestimmte Delmar", so berichtcte Gerard weiter»
„datz vom Tage der Verlobung an nnr ein Bctrag von zweihun-
deri Alark monatlich an Aima, der Rest aber an die Dclmars
zu zahlcn wäre. Dicse Bestiminung tritt mit dem heutigen
Tage in Kraft."

„Durch Annas Berhciratung werden also die Delmars
reiche Leute", bcmcrkte Paul bitter.
 
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