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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0321

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liche Können, will sageu, um dic mrgeivandte Wissenschaft.
Die Ausländer, die tvegen unserer Jurisprudenz, unstrer Theo-
logie oder Philosophie zn uns kommen, fallen nicht ins Ge-
wicht. Heute kommen sie, um von uns die beste Art des
Schiffbaues, der Elektrotechnik, des Maschinenbaues und der-
gleichen zu lernen und dann zu Hause ihre geivonnenen
technischen Kenntnisse zu verwerten und ztvar zu unserem tvirt-
schaftlichen Schaden. Zur Jllustrierung wird beigefügt, daß
hier unter 1002 Studierenden 286 Ausländer sind, darunter
aus Russisch-Polen allein 1801 Letztere haben sich unter den
Studierenden besonders unbeliebt zu machen gewutzt. Bei der
Clektrotechnik befinden sich 20S deutsche und 170 ausländische
Studierende. Man braucht nicht engherzig zu sein, um eine
so weitgehende Gastfreundschaft bedenklich zu finden, nament-
lich da die Vermutung begründet ist, man mache den Aus-
ländern leichtere Bcdingungen, als den Jnländern, was schon
dadurch geschieht, datz man russisch-polnische Mittelschulzeugnisse
solchen deutscher Mittelschulen gleichstellt.

» ' S. L. Karlsruhe, 16. Febr. lVerein für b a d.
Bli'nde.) Der unter dem Protektorate der Grotzhcrzogin
stehende Verein für Badische Blinde veröffentlicht soeben seinen
2. Rechenschaftsbericht, aus dem zu ersehen ist, wie rasch sich die-
ses ebenso humane als für die Blinden Badens dringend
nötige Werk cntwickeltc. Bekanntlich erstrebt der Vcreiu die
Errichtung einer Kranken- und Unterstützungskasse für Blinde,
die Vermittlung von Arbeitsgelegenheit namentlich durch
Gründung einer Beschäftigungsanstalt, sowie die Verschaffung
tzon Lektüre in Blindenschrift. Um dem Vcreine die zur Er-
reichung seiner Ziele nötigen Mittel zu beschaffen, haben bercits
in einer Anzahl von Städten und Landorten angeschene Per-
sönlrchkeiten Sammelstellen für denselben übernommcn. Möge
dieses Beispiel recht bald in den Orten, wo es bis jetzt nicht ge-
schah, Nachahmung finden; möge aber vor Allem das badische
Volk dcn bliuden Landslcuten seine Sympathie durch reiche
Opferwilligkeit beweisen, damit der Verein in den Stand geseht
wird, ihr Unglück zu mildern.

80. Karlsruhe, 16. Februar. (Zur Jubiläums-
feier.) Der Stadtrat hat an die Grotzherzogliche Eisen-
bahnverwaltung das Ersuchen gcrichtet, schon jeht genehmigcn
und bekannt MPben zu wollen, daß die in den Jubiläumsfest-
tagen vom 28. bis 28. April dieses Jahres nach Karlsruhe ge-
lösten cinfachen Fahrkarten zur Hin- und Rückfahrt berech-
tigen. Jn das Programm für die Festlichkeiten wurden noch
aufgenommen: Samstag, 26. Upril, nachmittags 4 Uhr, und
Montag, den 28. April, nachmittags 4 Uhr: Festkonzert und
Luftballonauffahrten im Stadtgarten.

X Patentbericht für Baden vom 12. Februar 1902, mit-
geteilt vom Jnternationalen Patentbureau C. Kleyer in
Karlsruhe lBaden). Kriegsstratze 77. lAuskünfte obne Recherchsn
werden den Abonnenten dieser Zeitung kostenfrei erteilt.
Die Ziffern vor den betreffeuden Nummern bezeichnen die Klaffe.
Patentanmeldungen: 64o Sch. 17S22. Thongefäß mit
nnten seitlich anqeordnetem Ausflußstutzen. Gebr. Schwabenland,
Mannheim, S. 7. 38. 2 November 1901. 6a. W. 18 527. Malz-
wender mit Vorrichtung zur Durcharbeitung des Guies am Ende
seines Lagerraumes vor erfolgter Umstenerung der Antriebs-
sieuerung. Carl Weihe, Kalsruhe i. B., Kiauprechtstratze 29.
18. Dezember 1901. P a tentert e i lun g e n: 34g. 129608.
Bettsopha. W. Landes Söhne, Mannheim, 24. April 1901. 49 a.
129 638. Vorrtchtung zum Umkehren der Bewegungsvorrichiung
der Arbeits- oder Leitspindel bei Werkzeugmaschinen Matthias
LaaS, St. Georgen i. Schwarzwald 15.Mai 1900. 63 o. 129662.
Mit Federn zwischen Nabe und Achse versehenes Rad für Motor-
wagen. Wilhelm Lorenz,Karlsruhe.Kri-gstr. 66/61. 24. Nov. 1900.
Gebrau ch s m uster-Eintr ag un g en: 34 o. 167954.

Parkettputzer, bestehend aus einem Eisenblock, auf welchem eiu
oder zwei Sttelhülsen derartig bewegltch angebracht sind, dah
dieselben in jeder beliebigen Stellung und nach jeder Seite hin
festgeschraubt werdcn können. Bürsten- und Pinselfabrik Donau-
rschingen (Mez u. Co ), Donaueschingen. 6 Januar 1902 34 k.
Klosett-Doppelsitz, bct welchem der obere für Kindcr b-stimmte
Sitz vermöge eineS Federdrucks nach Entlastung sich obhebt uvd
den unteren Sitz für Erwachsene frei gicbt Iakob Keimer,
Gaggenau i. B. 30. November 1901. 33 a. 167 907. Anschlteß-
vorrichtung für Schirme und Stöcke, bestebend aus einem im
Griff angeordneten gezahnten Bügel, einem federnden Sperrhacken
und einer spiralförmigen Ausstotzfeder. Heinrich Hammelmann
und Karl Tabler, Heidelberg. 19 September 1901.

Kleine Zeitung.

— Hochschulnachrichte». Zürich, 15. F-br. Der
Professor für Experimentalpbystk am Eidgenösstschen Poly-
technikum Jegn Pernet ist :m Alter oo: 53 Jahre» g e-
st o r b e n.

— Münchcn, 14. Febr. Der Kaiser hat dem hiesigen
ethnographischen Btuseum zwei Stücke (große Halb-
vasen) aus den Geschenken des Prinzen Tschnn übermittelt,
die dieser ans Anlaß seiner Snhnereise in Berlin dar-
gebracht hatte. — Das Geschenk, das der Kronobersthof-
meister Fürst Albrecht zn Oettingen-Spielberg als Ver-
treter des Prinzregenteu dem Papst zu dessen
25jährigem Jubiläum überreichen wird, besteht, den „Münch.
N. Nachr." zufolge, in einem Kreuz botlendetster Kunst-

goldschmiedearbeit, das anf der Weltausstellnng zn Ghieago
den ersteu Preis erhieli.

— München, 16. Febr. Vom Konfettiwerfen.
Wie der „Allg. Ztg." mitgeteilt wird, befinden sich eine
Anzahl Personen in augenärztlicher Behandlung, bei denen
sich durch das leidige Konfettiwerfen Entzündungen der
Augen entwickelt haben.

— Berliu, 15. Febr. Die elektrische Hoch- und
Untergrundbahn wurde heute Vormittag durch eine
festliche Probefahrt eröffnet, an der die Minister v. Thie-
len und v. Goßler, Staatssekretär Kraetke, dte Vertreter
zahlreicher Reichs- und Staatsbehörden, die Parlaments-
Prästdenten, sowie Vertreter der Stadtverwaltung von
Berlin, Schlorndorf und Schöneberg teilnahmen.

— Aus der Stadt der Gebetsheilungen. Daß man
in der Weltstadt Berlin anch sonst nicht ganz frei bon
Aberglauben ist, beweist ein Inserat in einem Lokalblatt,
worin eine zn vermietende Wohnung in dem Hause Fried-
richstraße 242, nahe der Puttkamerstraße, mit der Be-
merknng empfohlen wird: „Jn dieser Wohnung wurde
während eines Zeitraumes von fünf Jahren dreimal das
große Los gewonnen."

— Jalta, 15. Febr. HeuteNachmittag um 1 Ubrwurde
über das Befinden des Grafen Tolstoi Folgendes be-
kannt gegeben: Der Entzündungsprozeß dauert fort, der
Puls ist befriedigend, besondere Veränderungen liegen
nicht vor.

— Eine Franzosenkugel uach einunddreißig Jahren
entfernt wurde einem Teilnehmer an dem deuisch-französischen
Krieg. Der „Frankf. G.-Anz." schreibt darüber: Der
in Frankfurt wohnhafte Händler Johann Döll machte im
Jahre 1870/71 den Fcldzug gegen Frankreich als Soldat
beim 6. Bayerischen Chevauxleger-Regiment mit und wurde
bei Versailles auf Vorposten durch einen Schuß in den
Unterschenkel verwundet. Als er wieder hergestsllt war,
machte er den Feldzug bis zum Ende mit und kehrts dann
nach Deutschland zurück. Da bei der damaligen wund-
ärztlichen Behandlung die Kugcl nicht gefunden wurde, so
blieb dieselbe im Beine stecken, ohne dem Betroffenen Be-
schwerden zu bereiten; nur bei starkem Witterungswechsel
verspürte er an der Stelle, wo die Kugel saß, cin gewisses
Unbehagen. Mit der Länge der Zeit senkte sich die Kugel
im Körper des Mannes immer mehr, bis sie an der Fuß-
sohle ankam und sich hier einen Ausgang zu verschaffen
suchte, was einen drückenden Schmerz hervorrief. Der alte
Krieger erklärte sich das jedoch so, daß er meinte, er habe
dort ein Hühnerauge. Nachdem die Schmerzen immer mehr
zunahmen, begab er sich zu einem hiestgen bekannten Arzte
und ließ stch von diesem untersuchen. Als er die Frage
des Arztes, ob er vielleicht einmal einen Schuß ins Bein
erhalten habe, bejahte, erklärte der Arzt mit Bestimmtheit,
daß der Schmerz von der im Jahre 1870 erhaltenen Kugel
herrühre, welche stch so tief gesenkt habe. Nach einer leichten
Operation kam denn auch die Kugel zum Vorschein und
der Mann war seine Schmerzen los. Für die vorgefundene
Kugel erhielt Herr Döll von dem Arzt als Gsgengeschenk
ein Zwanziamarkstück.

— Für dcn Naturforscher Ernst Häckel wurde von
einem begeisterten Anhänger ein Dcnkmal gestiftet. Ueber
die Person des Stifters erfährt „Ueber Land nnd Meer"
des Näheren, daß es sich um den in Basel wohnhaften,
auS Lübeck stammenden Dr. Paul b. Ritter, einen be-
geisterten Freund und Förderer der modernen Natnrwissen-
schaft handelt. Jm Mai 1886, als Prof. Häckel die ersten
25 Jahre seiner Lehrthätigkeit in Jena vollendet hatte,
wurde er dnrch die Mittcilnng überraschl, daß Dr. v. Ritter
znr bleibendcn Erinnerung daran der Universität Jena die
Snmme von 300 000 Mk. zum Geschenk mache; den jähr-
lichen Zinsertrag dieses Kapitals, im Betrng von 10000
Mk., solle Häckel nach seinem Ermessen, nachdem seine Vor-
schläge von dem Kurator der Universität und dem Ministerium
in Weimar gebilligt worden seien, für wissenschaftliche
Zwecke verwenden, namentlich znr Förderung der von ihm
begründeten „Phylogenetischen Zoologie" (Stammesgeschichte
der Tiere). Mit Hilfe dieser Erträge wnrden 2 nene
außerordentliche Professuren gegründet (die erste sür Phylo-
genie, die zweite für Paläontologie und Geologie); ferner
wurden daraus schon mehr als 30 Reisestipendien für junge
Naturforscher, sowie reichere Mittel für die Ausstattung

des Zoologischen Jnstitnts in Jcna nnd der dazu gehorigs
Bibliothek gewonnen. Das Denkmal, das jetzt Dr. v. Rltte
zur bleibendcn Erinnernng an Häckels akademische u»
schriftstellerische Thätigkeit zn ftiften beschlossen hat,
einem Bronzestandbild des Matnrforschers bestehen,
erst nach dessen Tod enthüllt werden. Das Standbild s»

3 in hoch werden nnd sich auf einem Granitsockel erhebe'»
AULrt dcr Aufftellnng ist der Platz bor dem neu('
Zoologischen Jnstitut in Jcna gewnhlt, mit freiem Ausbü
ans das „Paradies" zu Füßen und darüber die Berge
Saalethals Tie Ansführung des Denkmals, für das
Ganzen 60 000 Mk. znr Verfügung stehcn, ist dem Biw'
hauer Harro Magnnssen übertragen.

— Ein clfjährigcr Knabe als Mvrder. Aus
burg wird gcmeldot: Jn Abwesenheit seiner Eltern spiev
ein elfjähriger Knabe niit seinem Schwesterchen Kntsa>e
nnd Pferde, indcm er dem Kinde eine lange Schnur u»
den Hals legte. Als das Kind nicht mchr laufen wolue'
begmm er im Zorne so heftig an der Schnur zu zerrci'
daß das Kind bewußtlos zn Boden.fiel. Jn seiner MSi
legte der Knabe das Llind ins Bett und erstickte ^
mit Polstern. .

—- Dcr Bn»ziistaud dcr St. Pauls Kathcdrale
London erregt immer größere Besorgnisse. Die Sackusw
des südlichen Schiffs schreitet unaufhaltsam weiter, »
durch 1>as „unterirdische London", namentlich durch ei>P>
unweit der Kirche geführten Hauptabzugskanast ew
Entwässernng des Bodens herbeigeführt worden ist, ch
ein beständiges Znsammenschrnmpfen" und damit ens
Sackung znr Folge hat, der nicht abzuhelfen ist. D>
Manerrisse, die sich jetzt auch schon in der Kuppel zergew
werden immer bedenklicher und Sachverständige ertlärew
daß es der Aufwendung von mmdestens 500 000 Ps'j'
Sterl. (10 MMonen Mark) bedürfen würde, um de»
Zusammensturz des berühmten Domes zu verhinderw
Ein Teil des Seitenschiffes gilt bereits für so gefährnw'
daß er für das Publiknm abgesperrt worden ist.

Protzig. „Warum willst Du denn nicht mit Fräulein Berih»
tanzen?" — „Unter 100 Mille tanz' ich überhaupt nichtl"

„Suche das junge Herz in seiner natürlichen Lcbens^
wärme zu erhalten; nur in ihr, nicht an dcm LampenschimnN
moralischer Sentenzen entfalten sich die Keime des Gutcn-
Handle vor dem Kinde und gegen dasselbe nach GesiimuNlP»'
die du auch in ihm erzeugen möchtest. Setze dich in ein solchcs
Verhältms zu ihni, daß es dich liebt, dir ganz vertraut.

Pestalozzi.

Willst die Welt du klar erschauen,

Schauc erst, was bor dir liegt,

Wie aus Stoffen und aus Kräften
Sich ein Ban zusammenfügt.

Lass' die Starrheit des Gewordenen
.Wnden, was belebend treibt;

Jn dcm Wechsel der Erscheinung
Ahne das, was ewig bleib't.

Aus dein Dünkcl eignen Meinens
Nie entkeimt die frische Saat,

Jm Nachöeiikcn nur erschwingt sich
Mcnschengeist zur Schöpferthat.

Viktor vo-n Scheffel.

I)i<; intolürü-ÜLlio Ishimstw bsuostfruZs NLeü nnssrok
Iktrtsn ^sidnaolitspräillis

Kwkl MklH II.

VOQ'MsedritzL'

I» Allr. L.—

küe ^.donnsntsn cksr „II sickslb srAsr 2si tun^
vsrnvlnsst nns, nook HsstsIInnAsn sntASASnrunsIiwoa
unä solobs, kg.Ü8 o us AsnÜASnäs ^.nrialil HsstollnnAo»
sinüiukt, nusli )st?.t nooli 7.UN1 ssllisn dilliAsn krsis^
2n lisksin.

VerlaK äer IleiilelberKvr Xeitimss'

bei Gott, von Herzen. Wir haben Sie alle lieb, sogar das
imvernünstige Vieh, der Ikero, hat Sie in sein Herz ge-
schlossen. Jch trinke auf Jhr Wohl, Zarnow — ich wollte,
meine Worte genügten, um Sie hier festzuhalten I Denn ich
will nicht der hundertjährige Meergreis sein, der ich bin, wenn
mir nicht der Gedanke, datz ich Sie heute zum letztenmale
sehe, einen Schatten auf das Fest geworfen hat. Jch —. ich —
nun — auf Jhr Wohl, Zarnow l"

Als Gerard die letzten Worte mit erstickter Stimme sagte,
Lrach Juanita plötzlich in Schluchzen aus und eilte aus dem
Zimmer, es dauerte ein Weilchen, bis sie mit geröteten Augen
wieder hereinkam und nachträglich mit Zarnow anstietz.

Daran mußte der Doktor immer wieder denken, als
ihn der Schnellzug über die schneebedeckten Gefilde Hannovers
und Westfalens entführte. Und als mit der englischen Küste
das letzte Stück von Europa versank, drängte sich in seine Ge-
danken an Cäcilie das Bild der keuschen Holdseligkeit Juanitas.
Erst nach und nach verblaßte es wieder, um Cäciliens stolze
Schönheit als Alleinherrscherin zurückzulasscn.

Nach Zarnows Abreise führte Gerard den Plan auZ, den
er vorher vielfach und ernstlich mit ihm durchgesprochen hatle.
Es war notwendig, dem heranwachsendcn Mädchen eine Leh-
rerin zu geben, die in dieser Eigenschaft und als Gesellschafterin
die letzte ausfeilende Hand an Jnanitas Ausbildung lcgen
sollte. Eine geeignete Persönlichkeit dafür zn findcn, war
nicht leicht. Denn Gerard, dem Zarnow natürlich darin bei-
pflichtete, wollte aus Inanita keine oberflächliche Weltdame
machen, sondern strebte eine ideale Herzensbildung, verbnndcn
mit Beherrschung der äußeren Formen an. Wo abcr eine
Dame finden, die alle dazu gehörenden Eigenschaften in sich
vereinigte?

Der „nicht mehr nngewöhnliche Weg" toar Gerard
gründlich verhatzt; er fand ihn so ordinär, daß „selbst dre
Patagonier und Feuerländer" sich seiner schämen mützten, ganz
abgesehen von der unermeßlichen Arbeit, „sich durch einen
Himalaya von Offerten durchzufressen", und von der

Gefahr, durch den Ansturm der Bewerberinnen eine beträcht-
liche Verkehrsstörung vor dem Dammthor zu veranlassen.

Ein. nnerwartetes Zusammeistreffen befreite Gerard aus
dieser Berlegenhcit. Friedrichsen erbat sich llrlaub, üm seine
aus Kairo heimkehrende Dchwester vom Bahnhof abzuholen.
Auf Gerards teilnehmende Frage, ob Fräulein Cäcilie ihrer
Gesundheit wegen in Aegypten geweilt habe, crfuhr er zu seiner
Ueberraschung, datz sie dort als Gesellschafterin einer alten
Dame gewesen und durch deren kürzlich erfolgten Tod stellenlos
geworden sei.

„Hm — hm — natürlichl" brummte er verdrietzlich.
„Wenn man nicht mit dem Alter das Gehirn einer Spitzmaus
bekäme, so hätte ich mir sagen müssen, daß Sie Jhre Schwester
nicht zur Knr nach Kairo schicken können. Ich werde wieder
in die Klippschule gehen, um wenigstcns soviel verständiges
Denken zu lernen, wie ein ABC-Schütze allenfalls braucht.
— Nun also gehen Sie, Friedrichsen, selbstverständlich, und
empfehlen Sie mich fein Jhrer Schwester — ich erinnere mich
ihrer von den Delmars her — ein schönes und hochgebildetes
Mädchen ..."

Die letzten Worte aber, die er sprach, weckten eine Jdcen-
vcrbindung in ihm, die zu ganz ungeahnten Folgen führcn
sollte; zunächst allerdings nur zu einer Einladung an Herrn
Friedrichsen und dessen beiden Schwestern, am nächsten Sonn-,
tag bei ihm zu Mittag zu speisen.

Dies kleine Familiendincr verlief in der üblichen Weise,
nur mit dem Unterschiede, daß Gerard diesmal eifrig mit
Fräulein CLcilie über sein Lieblingsthema sprach, tvährend
Mauvillon an Fräulein Helene eine verständnisvolle Zu-
hörerin für scine künstlerischen Jdeen fand. Nach Tische suchte
Gerard Gelegenheit. mit Cäcilie ein ungestörtes Gespräch
zu führen, das er mit grotzer Geschicklichkeit nach dem Punkte
hin zu steuern ivußtx, auf den es ihm ankam.

Cäcilie erriet seine Absicht, wenigstens zur Hälfte. Sie
glaubte, es liege ihm daran, bon seinem schönen Pflegekinde
zu sprechen und als wohlerzogene Dame kam sie dicsem

Wunsche auf halbem Wege entgegen, indcm sie einige liebeE

würdige Worte über das junge Mädchen sagte.

„Es freut mich, dies gerade von Jhnen zu hören", äutzerv
daranf Gerard, „Jch bin ein Mann und in Bezug auf Jua^
nita, die mir nun cinmal ganz närrisch ans Herz gewachst»
ist, befangen, Jch möchte wissen, wie Damen, die ganz utt''
parteiisch sind, über sie denken,"

Cäcilie wollte cinigc allgemeine Redensarten hinzufügeU'
aber Gerard nnterbrach sie:

„Nein, mcin Fräulein, so war es nicht gemeint. M
wollte nicht wie nnvernünftige Eltern das Lob ihrer Kindet
von den Gästen des Hauses hören, sondern ein ernstes urw
ehrliches Urteil," „

„Halten Sie mein Urteil nicht sür beides?" fragte Cäcst^
lächelnd,

„O gewitz, gewitz, Aber Sie wissen ja, für jedes lobe'M
Urteil giebt es in der Welt ein Anhängsel, ein tückisches
Aber oder ein boshaftes Nur, Und .— ist es nicht so?
wer uneingeschränkt lobt, der behält eben das einschränkeno
?lber stillschweigend in sich."

„Meistenteils, Und das ist gut so. Warum soll ich ciu
gutes Diner nicht loben, weil mir eine Kleinigkeit n«^
gelungen, die Suppe ein ganz klein wenig versalzen schien-
Verschweige ich dies, so liegt darin noch keine Heuchele>'
sondern nur das Gefühl, datz es engherzig wäre, einem woht-
verdienten Lobe einen Tadel, wäre er auch noch so winzig, aU-
zuhängen,"

„Richtig. Aber wenn nun die Hausfrau Jhre intirnst^
Freundin wäre und zu Jhnen mit der Bitte käme, Sie möchtcu
ihr den Gefallen, den grohen Gefallen thun, ihr die Mänget'
die Sie an dem sonst trefflichen Diner hie und da bewiuut
hätten, mitzuteilen?"

„Dann würde ich es ehrlich sagen."

(Fortsetzung folgt.)

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